Cruadalach
"Ich würde mich freuen, wenn die Menschen offen zueinander wären" - Interview mit Jan "Radalf" Vrobel zu "Rebel Against Me"
Interview
Mit dem zweiten Album „Rebel Against Me“ hat sich die achtköpfige tschechische Folk Metal-Band CRUADALACH auf interessante Weise jenseits von Genre-Grenzen ausprobiert und ist sich dabei stets treu geblieben. Lead-Sänger Jan „Radalf“ Vrobel über die kreative Arbeit zu acht, politische Statements und die Bedeutung von gegenseitigem Verständnis.
Mit „Rebel Against Me“ habt ihr euer zweites Studio-Album veröffentlicht. Inwieweit habt ihr euch denn im Vergleich zu eurem Debüt-Album musikalisch und inhaltlich weiterentwickelt?
Ich denke, wir haben uns über die Jahre viel weiterentwickelt, möglicherweise sogar mehr als einige Leute akzeptieren könnten. Aber wir waren nie die Art von Band, die nur an einer Stelle stehen bleibt. Wir begannen als Mittelalter / Folk Metal Band. Heute nehmen wir viel mehr Inhalte auf, sowohl musik- als auch textbezogen. Unser größtes Ziel war es eigentlich, wir selbst zu sein. Nicht den Grenzen irgendeines Genres zu folgen, aber einzigartig zu sein, unseren Sound weiter auszubauen, uns mit Themen zu beschäftigen, mit denen wir uns beschäftigen wollten usw. Einige Leute mögen das problematisch finden, aber ich glaube, das ist so, weil sie nicht an Musik gewöhnt sind, die so klingt.
Wenn ich es kurz machen soll, würde ich sagen: „Lead – Not Follow“ war ein Folk Metal-Album. „Rebel Against Me“ ist ein CRUADALACH-Album.
An der Komposition der Werke ist meist das ganze Oktett beteiligt. Wie steht es denn mit den Lyrics? Gibt es jemanden, der hauptsächlich für die Texte verantwortlich ist oder entstehen die Texte ebenfalls in Gemeinschaftsarbeit?
Die entscheidenden Schmiede unserer Songs sind beide Gitarristen und der Drummer „Datel“, aber du hast Recht, die ganze Band ist involviert, mehr oder weniger. Mit den Lyrics ist das eine etwas andere Sache. Sie kommen von mir selbst, ich betrachte es als extrem wichtig, sodass ich auch alle selbst schreibe. Jedoch diskutiere ich sie mit allen Mitgliedern der Band. Sie müssen die Message verstehen, sie müssen sich selbst damit identifizieren. Wir besprechen die Gedanken, Gefühle und Geschichten hinter meinen Texten und ich bin ehrlich gesagt sehr froh, dass sich die Jungs und Mädels von CRUADALACH um die Message Gedanken machen. Sie können sogar die meisten Tracks mitsingen.
Wie gestaltete sich die Aufnahme des neuen Albums? Die verschiedenen Instrumente in guter Soundqualität in Szene zu setzen war bestimmt wieder eine Herausforderung?
Ehrlich, ich habe das nicht erwartet, aber es war viel einfacher als je zuvor. Nicht dass wir uns nicht angestrengt hätten – wir haben sogar extrem viel Mühe in die Produktion von „Rebel Against Me“ investiert, aber irgendwie wussten wir viel besser, was wir anstreben und erreichen wollten, wie man die gewünschten Ergebnisse bekam. Es steckt eine Unmenge an Arbeit in dem Album, aber wir wussten, WIE man es angeht. Ich würde sagen, bei „Lead – Not Follow“ haben wir den Aufnahme-Teil als am allerwichtigsten angesehen. Nun haben wir uns gesagt, wenn wir die Aufnahme beenden, haben wir nur das Rohmaterial. Nun beginnt die eigentliche Alchemie!
Würdet ihr euch als eine „politische“ Band beschreiben?
Hmm, ich bin traurig über die Tatsache, dass einfache Gedanken zu einem Thema von Mitgefühl zwischen den Menschen heute als ein politisches Statement gelten. Ich würde mich freuen, wenn die Menschen offen zueinander wären, wenn sie die Einzigartigkeit jedes Menschen begrüßen würden, wenn Sexismus, Rassismus und alle Formen und Konzepte von Hass in der Geschichte verschwinden würden, wo sie hingehören, denn für mich sind all diese Phänomene nichts als Belastung auf dem Weg der Evolution des Menschen. Wenn das bedeutet, dass ich politische Texte schreibe, dann ist das so, aber ich würde sagen, ich schreibe einfach „nicht ignorante“ Texte.
In den letzten Jahren habt ihr u. a. mit Folk- und Pagan-Metal-Größen wie ELUVEITIE, KORPIKLAANI oder ARKONA auf der Bühne gestanden. Haben sich zu Kollegen in der Metal-Szene Freundschaften gebildet?
Wir wollten nie mit jemandem sprechen, nur weil er oder sie berühmt ist, wir haben das immer auf natürlichem Weg geschehen lassen. Und natürlich wollen Leute von diesen großen Bands nach der Show ihre Ruhe haben und mit ihren Freunden rumhängen. Wir sind mit kleineren Bands befreundet, die aber aus wundervollen Menschen bestehen. Ich sage nicht, dass die Leute von ELUVEITIE nicht nett sind, das sind sie wirklich, aber wir hatten keine größere Chance miteinander zu sprechen. Aber einen lieben Gruß an Päde, den früheren Dudelsack-Spieler von ELUVEITIE, er ist so ein großartiger Kerl!
Mittlerweile habt ihr bereits über 120 Shows in elf verschiedenen europäischen Ländern gespielt. Habt ihr also auch außerhalb Tschechiens eine internationale Fanbase aufgebaut? Gibt es Unterschiede zu den tschechischen Fans?
Ich weiß nicht. Ich mag das Wort „Fan“ nicht. „Fan“ ist abgeleitet von dem Wort „Fanatiker“ und erstens wir haben keine Fanatiker und zweitens würden wir gar keine haben wollen. Wir haben Unterstützer und Freunde in der ganzen Welt, aber ich würde sagen, das sind Individuen, keine Gemeinschaften oder etwas in der Art. Wir lieben es neue Leute auf den Shows zu treffen und ehrlich, ich spreche mit jedem von ihnen einzeln. Ich mag es nicht, irgendwelche Unterschiede auf einer nationalen Ebene zu verallgemeinern. So was ist mir vollkommen egal.
Haben euch die letzten Jahre auch als Freunde enger zusammengeschweißt? Inspiriert ihr euch immer noch gegenseitig?
Die letzten Jahre haben uns eine Menge über einander gelehrt, über Respekt und Verständnis. Wir sind zu acht und das bedeutet, dass es zahlreiche Arten von Bindungen untereinander gibt. Es ist nicht einfach in so einem großen Kollektiv zu arbeiten und es ist unser Stolz, dass wir es können. Es gibt so viele Bands da draußen, die nur verschwunden sind, weil ihre Mitglieder einander als Idioten betrachtet haben. Wir kennen unsere Stärken und Schwächen und wir sind trotz der Unterschiede und Probleme, die jede Band, jede Beziehung hat, zusammen geblieben. Ich bin stolz darauf.
Im August stehen ja auch wieder ein paar Auftritte in Deutschland und Österreich an. Freut ihr euch schon auf die deutschsprachigen Fans? Was sind eure weiteren Pläne für dieses Jahr?
Oh ja. Ich liebe die deutschen und österreichischen Leute. Es ist immer toll, in diesen beiden Ländern zu sein und Gigs zu spielen. Wir haben viele Shows in Deutschland gespielt und ehrlich, sie werden besser und besser. Es fühlt sich tatsächlich so an, als würden die deutschen Leute langsam beginnen zu verstehen, was wir tun. Ich fühle mich dadurch geehrt. Und die weiteren Pläne? Wir sind im Augenblick ziemlich spontan. Alles könnte passieren und das ist ziemlich aufregend!
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