Cranial
bauen mit ihrem ersten Album ihr eigenes Labyrinth

Interview

Cranial

Artwork von Oliver Hummel

Auch wenn euer Album keine Spur klinisch sondern eher stark organisch klingt, steckt doch sicher eine Menge Technik dahinter. Wer ist bei euch der Technikverliebte und welches Equipment kommt bei CRANIAL zum Einsatz?

Bastian: Also ich bin überhaupt nicht technikverliebt. Ich spiele seit Ewigkeiten meinen guten alten Sovtec Mig 100, der hat mich noch nie im Stich gelassen und ist unverwüstlich. Ich benutze ein paar Tretminen und meine Gitarre ist ein Epiphone-Nachbau mit einem Gibson-Tonabnehmer, den mir Marco von Blacksmoker empfohlen und eingebaut hat. Michael und Julian sind die Gear-Freaks, die sich ständig neue Treter und andere Dinge besorgen und austesten.

Michael: Nach dem Ende von OMEGA MASSIF, hat mich die Tatsache, doch nochmal in einer Band nach meinem Gusto spielen zu können – ich bin vor Jahren 60 km von Würzburg entfernt in die musikalische Diaspora gezogen und hatte eigentlich sämtlichen Kontakt zu potentiellen Mitmusikern verloren – derart euphorisiert, dass ich in relativ kurzer Zeit mehrere Amps, Gitarren, Boxen und Effekte angeschafft habe, da ich mir dachte: wenn schon Neustart, dann aber von ganz vorne. Einfach ausprobieren.

Die aktuellen Waffen der Wahl sind zwei Bill Kelliher Signature Gitarren (Gibson Halcyon und LTD BK-600), was weniger einer Verbeugung vor dem musikalischen Schaffen des Herrn entspricht, sondern der Tatsache geschuldet ist, dass Herr Kelliher ein sehr gutes Händchen für schöne Gitarren mit exquisiten Pick-ups hat. Weiterhin spiele ich einen Earforce Two 100W in Verbindung mit einem Tapeziertisch-großen Effektkoffer voller Tretminen. Können und Equipment stehen in keinerlei Verhältnis, aber ich freue mich dran.

Julian: Bis heute bin ich erstaunt, welche Möglichkeiten es am Bass gibt und wie sehr auch gerade solcherlei Musik davon profitieren kann. Auch bleibt es eine Herausforderung sich gegen zwei verzerrte Gitarren in tiefster Stimmung durchzusetzen. Aber genau darin liegt die Hexerei. Absetzen statt durchsetzen ist dabei mein kleines Geheimnis. Gibt, den Effekt-Nerds sei Dank, ja Einiges was man dahingehend ausprobieren kann.

Bis dato gibt es noch kein Video zu einem eurer Songs, alle vier Lieder auf „Dark Towers / Bright Lights“ empfehlen sich bestens dafür. Habt ihr Vorstellungen davon, wie eine Visualisierung eurer Songs aussehen könnte oder sogar etwas in Planung?

Bastian: Jacub aka Chariot Of Black Moth hat für unser Album einen Trailer gebastelt und hat das wirklich großartig gemacht. Wir haben ihm einfach machen lassen. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Video in eine ähnliche Richtung gehen könnte. Allerdings müsste man schon eine Geschichte erzählen. die auch über die relativ lange Zeit unserer langen Songs interessant bleibt. Im Moment haben wir aber kein Video in Planung.

Michael: Interessant finde ich das „noch“ in deiner Frage. Das Internet ist voll von tagtäglichen Videopremieren von kleinen Bands wie wir eine sind – eine Entwicklung. die es so gefühlt vor 3, 4 Jahren gar nicht gab. Ich könnte mich zumindest nicht erinnern, dass 2011 als „Karpatia“ erschien und OMEGA MASSIF relativ bekannt waren, ein Video jemals Thema war.

Wir haben uns aktuell auch überlegt, ob wir zu Promotionszwecken ein Video in Auftrag geben sollten, entschieden uns aber dagegen. Mir erschließt sich der Sinn dieser ubiquitären Bandvideos – ein Medium was früher mal ein Werkzeug der ganz Großen war – nicht so ganz. Natürlich ist die visuelle Umsetzung eines Songs spannender als ein nacktes mp3. Aber das ist durchaus mit Zeit, Mühen und Kosten verbunden und gefühlt reiht sich das Produkt nach einem kurzen Aufenthalt im Blitzlicht im Rahmen einer „Magazin XY präsentiert“ – Aktion am Tag 2 bereits im Youtube-Datenmüll ein.

Und dann kann man als Band entweder immer wieder selbst mit der Werbetrommel durch das Internetdorf rennen und auf sein Video hinweisen, was ich bei DIY-Bands wenig charmant finde oder man muss sich fragen ob es den Aufwand wert war. Einen Videoteaser finde ich aufgrund des kurzen Formats sinnvoll, aber ein Video kann ich mir eigentlich nur dann vorstellen, wenn ein Videoschaffender Bock drauf hat und mit einer Idee um die Ecke kommt, aber nicht als Auftragsarbeit zur Werbezwecken.

Wie viel Zeit investiert ihr aktuell in CRANIAL und was wünscht ihr euch als Band für die kommenden Jahre?

Bastian: Wir versuchen einmal pro Woche zu proben, was uns auch meistens gelingt und spielen etwa 2 Shows pro Monat. Ich persönlich wünsche mir, dass wir das so beibehalten können.

Das Jahr ist nun fast um, mich würden eure persönlichen Favoriten interessieren. Nennt mir am besten eure drei Top-Alben des Jahres 2016 und euer bestes Konzert.

Bastian: Also live waren in diesem Jahr BURIED AT SEA beim Droneburg-Festival in Hamburg und Berlin mein Highlight. Wir hatten die Ehre auch Teil des Line-up zu sein. NEUROSIS und TESA in Leipzig waren auch großartig. Gute Platten die in diesem Jahr erschienen sind, da fallen mir spontan die neue RUSSIAN CIRCLES, HELMS ALEE und die letzte TRAP THEM ein.

Michael: Meine Frau hat mir mittlerweile einen dekorativen Korb in den Flur gestellt, in dem die Vinylzugänge der letzten Wochen und Monate lagern. Aufgrund deiner Frage habe ich just den Korb durchgeblättert und festgestellt, dass mir bei der Hälfte nicht mal mehr der Kauf erinnerlich ist.

Will sagen: so richtig hängengeblieben ist gar nichts. Mit der neuen BÖLZER, URFAUST und DEATHSPELL OMEGA muss ich mich noch eingehender beschäftigen, ansonsten sind mir die Enttäuschungen deutlich präsenter: sehr gefreut hatte ich mich auf die neue DILLINGER ESCAPE PLAN, die CULT OF LUNA mit Julie Christmas und vor allem die erste GRAVES AT SEA Full-length – allesamt Bands die mich immer begeistern konnten, aber deren 2016er Alben leider hinter meinen Erwartungen ziemlich zurückgeblieben sind. Das beste Konzert ist allerdings schnell benannt: YOB in Nürnberg.

Cornelius: Eine sowohl musikalisch als auch visuell intensive Show boten THE RODEO IDIOT ENGINE in Darmstadt dieses Jahr. Alben, die ich dieses Jahr gerne gehört habe, sind zum Beispiel jeweils die neuen von COBALT, DYSRYTHMIA und GREENLEAF.

Julian: Kurz und bündig: PARENTS – Great Reward, DEATH VACATION – Bones Grow Cold, YPRES – Genus Vitiosum (2015) und Konzert war am 19. August – NEUROSIS + TESA in Karlsruhe

Habt ihr, für eure Musik oder eure kreative Herangehensweise, Vorbilder im Musikbusiness – wer oder was inspiriert euch?

Bastian: Für mich sind Künstler Vorbilder, die auf kommerziellen Erfolg pfeifen und sich ihre Integrität dadurch bewahren, dass sie die Kontrolle über ihre eigene Musik haben möchten. Das kann heißen, Angebote von großen Labels oder Booking-Agenturen abzulehnen oder seine Platten selbst zu veröffentlichen.

Die Königsfrage zum Ende – fasst „Dark Towers / Bright Lights“ kurz zusammen und sagt uns: Wer sollte das Album kaufen und warum?

Bastian: Jeder, der uns unterstützen möchte, sollte unser Album kaufen.

Michael: Ich denke der eine oder andere OMEGA MASSIF Fan könnte durchaus Gefallen daran finden, da ich mir doch einbilde, dass man meine musikalische Handschrift weiterhin heraushört. Wer uns gar nicht ab kann, kann mit seinem Kauf dafür sorgen, dass die Platte vom Markt kommt. Vielleicht auch ein Anreiz.

Cranial

© Denis Barthel

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05.01.2017

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