Cradle Of Filth
Es schlägt Mitternacht
Interview
Machen wir einen kleinen Abstecher: Hast du schon Robbert Eggers Remake von Nosferatu gesehen und wenn ja, wie fandest du es?
Aber natürlich, ich habe es gleich am ersten Tag gesehen. Ich liebe den Film, er ist fantastisch. Ich liebe die Farbpalette und die Anspielungen und Verbeugungen vor vergangenen Dracula– und Nosferatu-Verfilmungen. Auch die Musik war toll. Ja, ich liebe wirklich alles daran.
Es gab nur ein paar Kleinigkeiten, wegen denen es nicht mein Lieblingsvampirfilm ist. Eine davon hat mit Count Orlok zu tun. Ich habe es geliebt, dass er aussah wie viele Porträts aus dieser Zeit, von Magyaren oder Bojaren, angesehen Leuten. Das hat bis ins letzte Detail gepasst, sehr cool. Ich fand es nur nicht besonders gruselig.
Aber das ist heute ja ohnehin recht schwer, oder?
Ja, das stimmt. Es ist auch schwierig, denn sie hätten ihm ja auch dieses typisch vampirische Aussehen geben und viel mit Green Screen und CGI arbeiten können. Und das hätte ich überhaupt nicht cool gefunden. Damit haben sie schon Dracula Untold oder wie der Film hieß versaut. Das hat so gut angefangen und sich dann in diesen CGI-Overkill verwandelt.
Ich bin da also ein bisschen pingelig, denn Vampirismus ist ja meine Szene und ich habe so viele Filme gesehen, die die Messlatte sehr hochgelegt haben. Aber ja, ich habe den Film wirklich genossen, in der Tat ein Triumph.
Ich habe gefragt, weil mich viele der Bilder im Film direkt an CRADLE OF FILTH haben denken lassen, besonders die blutigen, aber auch die erotischen Szenen des Films. Das hatte irgendwie so einen Vibe.
Ja, besonders das Finale des Films war fantastisch. Es ist cool, dass an die Metamorphose des Vampirs von Charles Baudelaire gedacht wurde, wo der Protagonist enthüllt wird und sich herausstellt, dass er diese aufgedunsene, schlaffe Leiche ist.
Dann lass uns doch mal über das Album reden. „The Screaming Of The Valkyries” klingt ein wenig nach Viking Metal. Aber mit nordischer Mythologie hat die Platte natürlich nichts zu tun. Wie seid ihr auf den Titel gekommen, worauf bezieht er sich?
Nun, zuerst einmal ist der Titel ziemlich Heavy Metal, also kann man es einfach aus dieser Richtung angehen. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Textzeile aus dem Song „When Misery Was A Stranger“, dem letzten Song auf dem Album. Es geht dabei darum, dass wir grade im Moment nur Sekunden davon entfernt sind, dass es Mitternacht auf der Weltuntergangsuhr schlägt, also kurz vor einem katastrophalen Ereignis wie z. B. dem dritten Weltkrieg.
Daher benutze ich die Analogie der Beschützerinnen von Asgard, der letzten Verteidigung vor dem Fall, vor Ragnarök, dem Ende von Allem. Also, wenn man den Angriff auf den Himmel wie auf einem frühen SLAYER-Album physisch hören könnte und wie der Himmel überrannt und die Walküren getötet würden und wenn man dann ihre Todesschreie von hoch oben hört, dann weiß man, dass es sich um ein katastrophales Ereignis handelt.
Der Schrecken wäre enorm, als würdest du am Strand liegen und eine 50 Meter hohe Welle wäre kurz davor, über dich herein zu brechen. Oder als würdest du die Straße entlang schlendern und plötzlich im Licht der Explosion einer Wasserstoffbombe gebadet werden. Der genaue Moment eines solchen kataklysmischen Ereignisses und das Wissen darum, dass es nicht rückgängig gemacht werden kann, davon handelt der Titel. Ich habe dem Cover-Künstler die Lyrics gegeben und habe ihm die komplette Entscheidungsfreiheit hinsichtlich seiner Interpretation gegeben.
Musikalisch hat das Album Anknüpfungspunkte mit den meisten Facetten eures Sounds, von den frühen Black-Metal-Einflüssen, über die finstere Opulenz von Alben wie „Midian“, bis hin zu den Gothic-Vibes von „Nymphetamine“ und den Thrash-Einflüssen von „Hammer Of The Witches“. Es gibt ein bisschen was von allem. War es euer Ziel, eine Art Best-Of-Platte mit neuen Songs zu schreiben?
Nun, wir haben einfach versucht, ein Album voller eingängiger Songs zu schreiben. Wie du feststellen wirst, gibt es keine Special Edition mit Bonustracks für Timbuktu oder so. Wir haben einfach gesagt, hier ist das Album, nehmt es so wie es ist oder lasst es liegen. Es gibt kein separates Intro und Outro, keine Sonntags-Matinee in der Mitte oder sowas. Das Album macht genau das, was auf der Verpackung steht.
Und der Grund dafür war, dass wir das Album ganz für uns selbst geschrieben haben und die Zutaten benutzt haben, auf die wir Lust hatten. Im wahrsten Sinne des Wortes kochen mit Musik. Ob das nun Black- und Death-Metal-Einflüsse, Gothic-Elemente oder NWoBHM und Thrash sind. Das war alles nur Mittel zum Zweck, um etwas Greifbares und Denkwürdiges zu erschaffen. Und ich hoffe, damit hatten wir Erfolg.
Fast jeder Song auf dem Album hat eine ganz eigene Identität, vielleicht sogar mehr als auf früheren Alben. Wart ihr an irgendeinem Punkt während der Aufnahmen besorgt, dass sich das Album auf Grund seiner vielfältigen Einflüsse unzusammenhängend anfühlen könnte?
Nein, ich denke nicht. Zwischen dem Albumtitel, der Produktion, den Texten und dem Artwork ist das Album denke ich sehr ausgewogen. Es gibt Elemente, die alles miteinander verbinden. Wenn ein Song nun z. B. primär auf einem NWoBHM-Riff aufbaut, dann ergänzt sich das trotzdem wunderbar mit dem Rest.
Die Absicht beim Komponieren des Albums war es natürlich, gute Songs zu schreiben, die miteinander kompatibel sind. Ich leite die anderen auch grundsätzlich nicht mit meinen Texten, sondern lasse sie erstmal mit ihren eigenen Ideen für die Musik ankommen. Für mich funktioniert es besser, ihnen zuzuarbeiten und sie hier und da ein wenig zu lenken, wenn ein Song z. B. einen zusätzlichen Part braucht. Ich denke, wir haben auf diesem Album eine sehr gute Balance hingekriegt.
Wenn man zwei oder drei Songs geschrieben hat, die nicht komplett unterschiedlich klingen, dann hat man ein Muster mit dem man arbeiten kann und weiß, was man für ein Album schreiben will. Es gibt aber keine Checkliste oder so. Das würde dann auch sehr gekünstelt wirken, wenn wir sagen: Wir brauchen jetzt dieses Riff hier und dann am Anfang ein pinkes Riff usw. Das wäre albern. Man arbeitet ja auch ein bis anderthalb Jahre an dem Album, bevor es überhaupt ins Studio geht. Da fließt also auch jede Menge Arbeitszeit hinein, um diese Songs zu formen.
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Stile | Melodic Black Metal, Symphonic Black Metal |
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