Corpus Christii
"Vielleicht bin ich auch einfach ein schlechter Geschäftsmann, doch im Endeffekt mache ich diese Musik auch nur, weil es meine eigene Form von Kunst ist" – Interview mit Nocturnus Horrendus zu "PaleMoon"
Interview
Folgt ihr dem Wort Satans? Dann bedankt sich Herr Horrendus ganz herzlich bei euch. Aber auch so ist das Neuwerk vom CORPUS-CHRISTII-Alleinunterhalter nicht nur einen Durchlauf wert! Wobei das mit dem Alleinunterhalter seit diesem Jahr nicht mehr ganz richtig ist, da ein gewisser J. Goat inzwischen als festes Bandmitglied akzeptiert wurde – eine Entwicklung, die immerhin sechs Jahre gedauert hat. Was Nocturnus Horrendus noch so alles zum neuen Album „PaleMoon“, zum Musikbusiness an sich und zum portugiesischen Underground zu sagen hat, lest ihr in unserem Interview.
Hallo. So einige positive Reviews sind jetzt da. Wie nimmst Du das Medien-Echo auf: völlig neutral oder bedeutet Dir das Feedback und insbesondere die Bewertung schon etwas?
Es ist immer schön, ein paar gute Reviews zu sehen. Ich habe einige Alben veröffentlicht, manche davon mit sehr positiver Resonanz. Wenn ein neues Album dann weniger gut aufgenommen wird, fühlt sich das natürlich nicht besonders gut an. Aber so ist das Leben, all zu viele Sorgen macht mir das letztlich nicht. Ich werde meine Musik niemals aufgrund von Reviews verändern. Wenn die Leute sie mögen, gut, wenn nicht, ist das nicht mein Problem.
Die neuen Songs sind insgesamt etwas schneller, aber wo liegen die Unterschiede zwischen „PaleMoon“ und „Luciferian Frequencies“ aus Deiner Sicht?
Das neue Album ist eigentlich nicht schneller, in vielen Phasen sogar langsamer, dafür aber sehr viel intensiver. Die Songs sind geradliniger, verfolgen auf gewisse Weise eher einem punkigen Ansatz, würde ich sagen. Sie sind weniger komplex als auf „Luciferian Frequencies“ und orientieren sich mehr am Black Metal der frühen 90er-Jahre. Ich hatte einfach genug von komplizierterem Kram und wollte schneller auf den Punkt kommen.
Auch die Vocals klingen noch intensiver und energischer, vor allem die bloßen Schreie. War das so geplant oder ist es einfach während der Aufnahmen passiert?
Nichts war geplant und ich hatte im Vorfeld nichts vorbereitet. Alles ist erst im Studio entstanden. Die meisten Songs sind eher improvisiert und wurden innerhalb von zehn Minuten aufgenommen. Ich denke, dass man diese ehrliche, aufrichtige Attitüde in der Musik selbst hören kann. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Meiner Meinung nach ist die Variation auf „PaleMoon“ die interessanteste Entwicklung. Man hört beispielsweise viele starke Melodien wie das Main-Riff in „Far Beyond The Light“, aber auch einige Thrash-Parts und gewissermaßen einen sehr spannenden dissonanten Minimalismus wie in einigen „Last Eclips“-Parts. War es Deine Absicht, die neuen Songs im Vergleich zu „Luciferian Frequencies“ abwechslungsreicher zu gestalten?
Nein, ich plane generell nichts. Ich nehme mir meine Gitarre und spiele drauflos. Wenn mir etwas gefällt, nehme ich es auf, das war’s. Natürlich arrangiere ich die Teile dann im Studio, verändere ein paar Kleinigkeiten oder Akkorde, aber insgesamt verfolge ich immer den Ansatz der Improvisation. Ich denke, dass Musik echt und unverfälscht sein sollte. Je mehr man darüber nachdenkt, desto weniger wird sie ihren Zweck erfüllen.
„The Great Death“ versprüht etwas INQUISITION-Stimmung. Gibt es Bands, die Deinen Sound beeinflussen?
Und was hörst Du bei Inquisition? Solche Diskussionen führen zu nichts, denke ich. Klar ist da immer ein gewisser Hintergrund, wenn man auf Details achtet. Ich höre da zum Beispiel eher einen alten Satyricon-Vibe, vor allem bei den Drums. Aber ehrlich gesagt denke ich über solche Dinge nicht wirklich nach. Wenn ich es mag, setze ich es um. Ich habe meine Musik schon immer für mich selbst gemacht. Im Endeffekt hat jede Band, die ich höre, irgendeinen Einfluss, von Pop-Rock bis Black Metal.
Welche Bands aus dem portugiesischen Underground würdest Du denn empfehlen?
Aktive starke Bands sind für mich zur Zeit Alchemist, Goatfukk, Decayed, Bleeding Display, Dawnrider, Vaee Solis, Irae, Morte Incandescente, Infra, Oniromant, Process of Guilt … da gibt es schon einige. Es ist nicht wirklich eine Szene, aber da sind ohne Zweifel etliche gute Bands.
Letztes Jahr hast Du bei einem deutschen Label unterzeichnet. Warum hast Du Folter Records gewählt, und bist Du zufrieden mit der bisherigen Zusammenarbeit?
Ich war für zwei Alben bei Undercover Records aus Deutschland und auch mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Daher war es nur logisch, zu einem anderen passenden deutschen Underground-Label zurückzukehren. Die Erfahrungen mit Candlelight Records waren alles andere als gut. Sie haben viele Dinge vermasselt.
Was müsste passieren, um aus CORPUS CHRISTII eine klassische Band mit festen Mitgliedern zu machen? Oder schließt Du das generell aus?
Da es bisher nicht dazu gekommen ist, bezweifle ich, dass das jemals so sein wird. Außerdem sehe ich auch keinen Grund dafür. Mehrere Leute mit verschiedenen Meinungen bedeuten auch immer mehr Probleme. Corpus Christii ist meine Band, und es hat schon allein sechs Jahre gebraucht, um J. Goat (seit 2015 als Gitarrist und Bassist tätig, Anm. der Red.) vom Session-Musiker zu einem Bandmitglied zu erheben. Insgesamt genieße ich es einfach, die Dinge auf meine Art und Weise zu machen.
Du kennst das Business, aber mal ehrlich: Ist CORPUS CHRISTII ein Geschäft für Dich oder lediglich ein Ventil für Deine persönliche Ideologie?
Es gab eine Zeit, in der wir etwas Geld verdienen konnten, aber gegenwärtig ist das anders. Wir können gerade mal so die Kosten decken. Der Business-Aspekt existiert also nur für die Labels, nicht für die Band selbst. Es würde mich nicht stören, etwas Geld für Equipment zu bekommen oder um Studioaufnahmen zu bezahlen, aber das meiste Geld kommt aus dem eigenen Portemonnaie. Vielleicht bin ich auch einfach ein schlechter Geschäftsmann, doch im Endeffekt mache ich diese Musik auch nur, weil es meine eigene Form von Kunst ist. Und Kunst hat keinen Preis.
Erzähl uns doch bitte noch etwas über die aktuellen Tourpläne. Hast Du eine spezielle Verbindung zu THE STONE und/oder MUERT?
Ich bin mit einigen aus beiden Bands sehr eng befreundet, zum Beispiel mit Ebola von Muert, wir kennen uns schon viele Jahre. Also ja, man kennt sich insgesamt, und das macht die Sache auch sehr viel interessanter. Keine Rockstars, kein Bullshit, nur Black Metal und Brüderschaft. Darum geht es ja letztlich auch nur.
Neun von zehn Punkte – da kann ich nur zu einem großartigen Album gratulieren. Die letzten Worte gehören aber natürlich Dir.
Danke an alle, die nach wie vor an uns glauben und dem Wort Satans folgen!