Conjurer
"Ein Abend mit fünf Death-Metal-Bands hintereinander und auch in den Umbaupausen Death Metal kann ganz schön anstrengend werden"
Interview
metal.de: Wenn du irgendwas in der Musikindustrie ändern könntest, was wäre das?
Das ist eine harte Frage, es gibt einige Dinge. Das soll nun nicht nach Meckern klingen, denn wir haben mit einem Album schon so viel mehr erreicht als wir uns je vorzustellen gewagt hätten, bevor es jetzt mit „Pathos“ erneut Wellen geschlagen hat, daher leben wir quasi gerade den Traum, aber natürlich gibt es einige Punkte wie den finanziellen Aspekt. Es wird viel gestreamt, davon bleibt aber wenig bei den Künstlern hängen. Dabei geht es mir gar nicht so sehr um das Geld selbst, wir machen das hier nicht wegen Geld, aber wenn du mehr verdienen würdest, wärst du vielleicht nicht mehr auf deine tägliche Arbeit angewiesen und das wäre ziemlich angenehm. Und das würde die Band verbessern, denn wir könnten mehr Zeit mit allem möglichen verbringen, mehr touren, schneller Alben heraus bringen und so weiter.
Dann ein anderer Aspekt, der glaube ich unterschiedlich von Leuten bewertet wird, denn manche Künstler mögen es, andere nicht und das ist der „Konsumaspekt“ der Musik. Es geht heute nicht mehr nur um die Musik, sondern auch um den Look, bist du auch auf TikTok, solche Fragen. Wenn dich als Band dieser ganze Zirkus nicht interessiert mag das deinem Bekanntheitsgrad schaden. Es hört sich sich nach Klischee an, aber ich persönlich würde mir wünschen, wir würden uns wieder ein wenig mehr auf die Musik an sich konzentrieren und weniger auf das Drumherum. Ich mag Social Media und betreue zusammen mit Brady unsere Kanäle für CONJURER und scrolle selber den halben Tag durch mein Telefon, aber ich denke es nimmt heutzutage zu viel Platz ein. Im Metal ist das vielleicht noch nicht ganz so ausgeprägt, aber man sieht es bei Popkünstlern oder Hip Hop wo es nur noch um Singles und Social Media Content geht. Das wären die zwei Dinge die mich wahrscheinlich am meisten aufregen.
Es ist ein zweischneidiges Schwert. Denn so sehr ich hier über Streaming oder Social Media meckere, so sehr bin ich natürlich mit schuldig, denn ich nutze es ja selber. Als Konsument ist es ein Schlaraffenland, ich kann so viel Musik hören wie ich will mit ein paar Klicks in meiner Hosentasche, früher musste ich noch einzelne CDs kaufen, als Produzent dieser Musik ist diese Entwicklung eher schlecht.
metal.de: Da gibt es sicher Vor- und Nachteile. Deshalb gehen heute viele Bands ja auch vermehrt ins Netz um da eigene Strukturen aufzubauen oder sich zu finanzieren, ich erinnere mich an eine GoFundMe-Kampagne von NE OBLIVISCARIS für ein Album, Bands wie SPIRITBOX oder KARDASHEV nutzen das Internet und die Interaktion mit den Fans auch sehr gezielt für sich zu verstärken. Siehst du in solchen Vorgängen gute Alternativkonzepte?
Wie du schon sagtest, es gibt Vor- und Nachteile, auch als Fan ist das natürlich eine super Gelegenheit, seine Lieblingsbands zu unterstützen. Wir sind natürlich auch als Band selber immer noch große Fans von anderen Bands. Die Möglichkeit immer näher an einem Künstler zu sein ist einerseits gut, es gibt viel mehr Einblicke hinter die Kulissen, die Musik ist inklusiver. Wir Musiker sind immer noch normale Menschen mit Träumen, also dass eine Band wie SPIRITBOX so explodiert ist fantastisch! Wenn die also erfolgreich werden mit ihren Träumen ist das super. Aber es ist auf der anderen Seite glaube ich dieser Forderungsdrang auf Fanseite. Wenn SPIRITBOX sich entscheiden würden, zwei Jahre Pause zu nehmen zum Schreiben und wieder runterkommen könnte sie das ziemlich was kosten an Bekanntheit, Verkäufen und so weiter.
metal.de: Würdest du sagen, dass viele Fans auch vielleicht eine zu romantisierte Vorstellung vom Bandleben haben? Was würdest du sagen ist der nervigste Aspekt daran, in einer Band aktiv zu sein?
Was mich am meisten stresst ist dieser Balance-Aspekt mit dem „normalen Leben“. Da bin ich vorhin ja schon drauf eingegangen, wenn ich es mir leisten könnte würde ich meinen Job kündigen und Vollzeit Musik machen, aber das geht eben nicht. Jedes Tourangebot das wir bekommen, muss ich erst einmal mit meinem Boss besprechen und Urlaub dafür nehmen. Das ist definitiv der nervigste Aspekt, denn das würde bedeuten, ich muss vielleicht fantastische Möglichkeiten für die Band hinten anstellen, da ich keinen Urlaub bekomme. Der Rest der Band hat zum Beispiel ohne mich ein Festival in Tasmanien gespielt, was ich natürlich verpasst habe und dadurch diese Erfahrung nicht machen konnte. Das kann schon sehr frustrierend sein.
Wir haben alle natürlich auch Partner, Ehefrauen und so weiter und glücklicherweise supporten die uns zu 100 %, aber es ist natürlich auch hart für die, wenn wir wochenlang weg sind und sie uns nicht sehen können. Sie müssen allein zu Haus bleiben, während wir in einem Bus durch Europa sausen, das ist auch hart für die andere Seite. Dieser Balanceakt ist nicht ganz einfach. Hoffentlich wird das eines Tages besser.
metal.de: Kannst du uns etwas über dich oder einen deiner Buddies in der Band erzählen, was die Fans vielleicht noch nicht wissen?
Das ist schwer, wir sind alles sehr langweilige Typen (lacht). Ich denke wir haben das auch gut dokumentiert in dem Material was es über uns gibt. Wir machen nicht wahnsinnig viel, haben keine ausgefallenen Hobbies oder so. Brady und Dan sind ziemliche Filmnerds, aber das ist heutzutage glaube ich nicht mehr sonderlich ungewöhnlich. Ich glaube das einzige was ein bisschen komisch ist, waren die Bands auf die wir uns mit Jan zu seiner Zeit in der Band einigen konnten. Das waren SYSTEM OF A DOWN, SLIPKNOT und CARLY RAE JEPSEN, das war das einzige Konzert wo wir als Band zusammen hingegangen sind. Ich sehe CARLY RAE JEPSEN bald auch live in London. Aber die Leute die die Band eh schon kennen wissen das eh schon. Also wenn ihr neu seid, jetzt wisst ihr es auch: Wir mögen CARLY RAE JEPSEN (lacht).
metal.de: Ich habe eure Landsmänner FAMYNE schon gefragt, was wäre ein Song den ihr bei einer Einladung zur Queen spielen würdet und warum gerade den Song?
Sie würde wahrscheinlich keinen unserer Songs hören wollen (lacht). Es gibt zwei Wege um das anzugehen. Entweder zeigen wir unseren „besten“ Song der sie am ehesten überzeugen könnte oder wir nutzen das krasseste Zeug was wir gemacht haben, um ein Statement zu setzen. Also sollten wir entweder „All You Will Remember“ vom neuesten Album nehmen, der auch mein persönlicher Liebling ist, oder wir nehmen „Suffer Alone“, auch vom neuen Album, der quasi die CONVERGE-2-Minuten-Abrissbirne ist. Wir könnten also der Queen unsere experimentelle Seite zeigen oder einfach nur sagen „Ab in den Pit mit dir“.
metal.de: Vielen Dank, viel Erfolg mit „Páthos“ und alles Gute!
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