Conjurer
"Ein Abend mit fünf Death-Metal-Bands hintereinander und auch in den Umbaupausen Death Metal kann ganz schön anstrengend werden"
Interview
metal.de: Etwas was ihr tut und das ich sehr toll und nachahmenswert finde, ist das Veröffentlichen der kompletten Transkriptionen eurer Songs. Für Gitarre und Bass habt ihr das bei „Mire“ gemacht. Gibt es Pläne, das auch für „Páthos“ zu wiederholen?
Ich glaube sogar, dass wir alles transkribiert haben, die Schlagzeugspuren sollten auch mit dabei sein. Für „Páthos“ ist das auch geplant, wir wissen nur noch nicht wann. Wir wollten es ursprünglich zusammen mit dem Album heraus bringen, aber haben uns dann doch dagegen entschieden. Aber ja, das machen wir gerne, denn wir schreiben schon ständig in GuitarPro für unser Songwriting und es ist so oder so da, also warum nicht teilen? Deshalb haben wir es auch für PWYW (Pay what you want – Anm. d. Redaktion) auf unserer Bandcampseite. Wir haben kurz darüber nachgedacht, ob wir es vielleicht verheften und bei irgendeinem Verlag herausbringen sollten, aber warum? Wir lernen die Parts selber so. Wenn ich einen Basspart geschickt bekomme den wer anders geschrieben hat, mache ich das auch mit Guitarpro. Und es ist ein leichtes, das dann zu bündeln und allen zur Verfügung zu stellen. Manche zahlen dann einen Cent und manche etwas mehr, das ist vollkommen in Ordnung für uns, macht was immer ihr möchtet. Wir hatten weder hohe Kosten noch großen Mehraufwand deswegen, deshalb PWYW.
metal.de: Toll, dass ihr das macht! Häufig werden Bands ja von Fans gefragt oder es kommt ein Playthroughvideo auf Youtube oder was auch immer, daher die Frage: War das eine Idee von euch oder wurde das quasi von außen an euch heran getragen?
Ja, du hast Recht, solche Fragen kommen definitiv immer mal wieder rein: „Welches Tuning spielt ihr?“ oder „Hast du Tabs für diesen Song?“. Es kam nicht häufig vor bei uns, aber immer mal wieder und früher oder später hätten wir dem Drängen wahrscheinlich nachgegeben, aber die Idee kam definitiv von uns ausgehend, denn wir hatten die Tabs ja eh schon, warum dann nicht rausgeben? Und es ist immer cool, wenn du ein Cover von deiner eigenen Band auf Youtube entdeckst. Die Leute scheinen sie zu kaufen und zu mögen, also ja, alles gut!
metal.de: Es passt wundervoll zu eurer kleinen Beschreibung auf Bandcamp – „UK RIFF MUSIC“ – , daher vielleicht die Frage an dich, was ein gutes Riff ausmacht?
Niemand bei uns in der Band ist wirklich musiktheoretisch irgendwie begnadet, wir können alle natürlich ein wenig und nutzen das vielleicht, aber uns geht es immer erst ums Gefühl und wenn du das spürst, ist es für mich ein gutes Riff. Alles was wir tun ist gefühlsbasiert, wenn du ein gutes Riff hörst und sich dein Ausdruck verändert, vielleicht zu dem typischen „Stank-Face“, dann weißt du, es ist ein gutes Riff. Das einzige was wir beim Spielen einer Show wollen ist in die Menschenmenge zu blicken und zu sehen, wie alle bei einem bestimmten Riff abgehen, also eine Reaktion zu bekommen. Wenn ein Riff dich etwas fühlen lässt oder du eine wie auch immer geartete Reaktion darauf hast, es kann auch Traurigkeit sein oder Fröhlichkeit, dann ist es ein gutes Riff für mich.
metal.de: Ihr habt definitiv einen sehr eigenen und ich würde sagen, auch schwermütigen Vibe in eurer Musik. „Mire“ war schon sehr düster, desolat, aber auch ziemlich heavy. Das neueste Album hat ein wenig mehr Diversität und auch Entschleunigung, aber es brodelt definitiv immer noch etwas unter der Oberfläche. Mir persönlich hat diese Öffnung im Sound sehr gefallen, es gibt aber natürlich wahrscheinlich auch Fans, die eher die „schwere“ Seite von „Mire“ bevorzugen. Was ist die wichtigste Komponente für euch dabei, diesen sehr distinkten Sound zu bekommen? Du hörst kurz rein in einen Song und weißt eigentlich nach ein paar Sekunden: Ja, das sind CONJURER.
Das ist etwas, worüber ich nie nachgedacht habe, denn wir sitzen beim Songschreiben nicht wirklich herum und überlegen uns, wie etwas klingen muss oder ob das nach uns klingt oder nicht. Es kommt ziemlich natürlich aus uns. Und das finale Produkt ist quasi der Kompromiss aus uns allen Vieren, was wir alle mögen. Die Art und Weise wie wir schreiben und was wir selber mögen hat auch ein wenig etwas damit zu tun, dass wir sehr langsam sind beim Produzieren neuer Alben, denn wenn nicht alle von uns dahinter stehen oder wir Ideen noch einmal und noch einmal durchkauen muss das solange passieren bis alle zufrieden sind. Das ist manchmal ziemlich hart, aber ich denke daher kommt auch unser Sound. Dan, unser Gitarrist und Sänger, ist ein wenig unser Hauptsongwriter, daher würde ich sagen das Hauptfeeling und wie unsere Songs klingen kommt durch ihn zustande. Das ist einfach, wie er schreibt. Aber es ist natürlich auch durch uns beeinflusst. Wie höre ich ein Riff, wie hat Jan ein Riff gehört und interpretiert und dazu dann Drumparts probiert und so weiter.
Wir gehen dann alle gemeinsam durch diesen Prozess. Ein Song ist nicht fertig ehe alle von uns zufrieden oder zumindest nicht alle total abgeneigt sind. Der CONJURER-Sound kommt durch diesen Prozess. Dan ist zwar Hauptsongschreiber, aber wir alle geben unseren Senf dazu. Es klingt nach uns, weil es wir SIND. Es ist nicht einfach eine Bande von Musikern, die die Ideen eines einzelnen Hauptsongschreibers verwirklichen. Alle hatten einen Input auf ein Riff oder einen Song, auch wenn wir nicht alle daran geschrieben haben. Ich und Brady schreiben sehr viel weniger, aber kommen auch mit eigenen Ideen an und probieren an kleinen Stellschrauben zu drehen. METALLICA klingen wie METALLICA wahrscheinlich wegen James und Lars und Kirk wird wahrscheinlich auch noch ein wenig mitzureden haben, auch wenn er nicht so direkt involviert ist. Aber ja, der Punkt ist, wir klingen wie wir, weil wir alle die Band sind, falls das irgendwie Sinn macht.
metal.de: Als ihr mit dem Schreiben oder Ideen sammeln zu „Páthos“ angefangen habt, gab es irgendein Ziel oder eine Herangehensweise, habt ihr euch irgendwelche Herausforderungen gesteckt oder so?
Ja, wir wollten uns definitiv ein wenig herausfordern, das einzige Ziel das wir uns gesetzt haben war eigentlich uns nicht zu wiederholen und ein zweites „Mire“ zu schreiben. Also wir wollten schon ein wenig mehr experimentieren. Aber das war eigentlich auch schon das einzige Ziel. Niemand hat sich selber irgendwelche Ziele gesetzt im Sinne von ich muss unbedingt dieses Arpeggio spielen oder ich muss noch besser spielen können oder meine Schlagzeugparts müssen noch schneller werden. Es ist eher die Art, ständig daran zu denken, nach was der Song verlangt.
Also wenn der Song nach einem langsameren oder ruhigeren Part verlangt, kommt er mit hinein. Oder anders, wenn er nach einem krassen Drumfill verlangt, dann hat Jan eins eingebaut. Aber nicht im Sinne von der Song braucht einen krassen Schlagzeugpart, sondern eher hier passt ein krasser Schlagzeug. Wir wollten also neue Gebiete auskundschaften. Wir sind immer noch heavy wie auf „Mire“, wollten aber ein wenig mehr die Atmosphäre und die musikalischen Ideen ausreizen anstatt „nur“ heavy Riffs zu haben.
metal.de: Ich finde gerade die Rhythmusgruppe scheint ziemlich, also die Parts, wo nur du zusammen mit Jan zu hören bist oder die Gitarren ein wenig im Hintergrund sind, tragen auch wegen dem tollen Sound einfach ungeheuer viel zu eurer Musik bei. Gab es irgendetwas, was ihr verglichen mit „Mire“ anders gemacht habt? „Mire“ habt ihr ja alleine produziert und jetzt für „Páthos“ mit Will Putney zusammen gearbeitet, trotzdem hat sich der Sound nicht wahnsinnig verändert, nur in kleinen Nuancen. Lag das an den kleinen „finishing touches“ von Will oder war das so geplant?
Es ist ein bisschen was von beidem. Wir haben speziell mit Will zusammen gearbeitet, da wir seine Arbeit und wie seine produzierten Alben klingen sehr mögen. Wir wussten, wie wir verglichen mit „Mire“ klingen wollten. Es ist nicht so, dass wir den Sound von „Mire“ nicht mögen, aber wir wollten einen verschiedenen Sound zu „Mire“ und mochten Wills Sound und wussten, dass er eine der besten Adressen dafür wäre. Vor allem, da er einen Liveauftritt von Kerrang! auf unserer Nordamerikatour 2019 für uns gemixt hat, der dürfte auch auf Youtube zu finden sein. Zu dem Zeitpunkt wussten wir nicht, dass er die Audiospur vom Video gemixt hatte.
Aber wir haben das Video gefunden und so wollten wir klingen oder so sollte unser Album klingen: Wie unser Livesound, nur ein wenig „polierter“. Der ursprüngliche Plan war es, alles bei Will in seinem Studio aufzunehmen und zu ihm zu fliegen, er hat fantastisches Equipment und Bedingungen, aber dann hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Also haben wir alles bei uns selber aufgenommen und ihm dann rübergeschickt. Was du sagtest hinsichtlich der eher stilleren Parts wo nur Bass und Schlagzeug zu hören ist, ich betone noch einmal, das hat sich einfach so natürlich ergeben.
Wir sind nicht extra hingegangen und haben uns überlegt „hier muss der Song noch einen Bass- und Schlagzeugpart“ haben. Ich denke es kommt einfach davon, wie Jan komponiert, oft muss ich bei seinen Bassparts gar nichts mehr justieren oder verändern, das meiste spiele ich einfach nach. Was den Sound angeht, wir haben tatsächlich gegenüber „Mire“ nicht viel verändert. Und wie du schon sagtest, Will hat seine „finishing touches“ hineingebracht und deshalb klingt „Páthos“ so, wie es klingt.
Und ich denke wir haben ein bisschen mehr Zeit mit Details verbracht, am Ton gearbeitet, Effekten, Mikrofonpositionierung, diese ganzen kleinen Handgriffe, die sich letztlich auf den Sound auswirken. Wie du schon sagtest, auf „Mire“ gab es solche Parts auch schon, aber noch nicht ganz so ausgereizt, es war mehr auf die Zwölf und nach vorne raus, dieses mal haben wir uns mehr um einen besseren Sound bemüht, eben weil wir viel mehr von diesen ruhigen Parts mit drin hatten, da fällt das eher auf. Also das war die einzige bewusste Entscheidung von uns und den Rest verdanken wir Will Putney, er hat einen fantastischen Job gemacht.
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