Conception
"Wir dachten, es könnte unser Durchbruch werden, aber das Universum hatte offenbar andere Pläne ..."

Interview

Die norwegische Progressive-Metal-Kultband CONCEPTION dürfte jüngeren Leser:innen in erster Linie als erster Arbeitgeber des späteren KAMELOT-Goldkehlchens Roy S. Khan bekannt sein. Die Nachricht, dass Sony/BMG die ersten vier Alben der Band aus Raufoss in der Region Toten neu auflegt, sorgte für Neugier bei den Kollegen Kleemann und Werner, sind sie doch beide große Freunde des Khan’schen Gesangstalents. Mit einem wuchtigen Paket voller CDs und Vinyl konnten sich nun beide durch das spannende Frühwerk von CONCEPTION wühlen und es einer Retrospektive zu unterziehen. Wer von beiden findet, dass (Progressive) Power Metal nie besser war als in den frühen Neunzigern? Das lest ihr in unseren jeweiligen Reviews zu den vier Alben. In diesem Interview sprechen wir aber zunächst mit Roy Khan über die frühen Jahre von CONCEPTION, seine liebsten Erinnerungen und natürlich die weitere Zukunft.

Von Jannik Kleemann & Johannes Werner

Conception Bandfoto 1996

Conception in den Neunzigern.

JK: Danke, dass du dir die Zeit nimmst, unsere Fragen zu beantworten. Nach eurem Comeback-Album “State Of Deception” und dem Re-Release dieses Albums kommen nun Re-Releases eurer ersten vier Alben. Warum?

RK: Unser Backkatalog war jahrzehntelang vergriffen und wir sind immer noch sehr stolz auf das, was wir damals erreicht haben. Sowohl BMG als auch CONCEPTION wollen, dass nun alte und neue Fans die Möglichkeit haben, das Material aus dieser wichtigen Phase ungehindert und klanglich verbessert zu hören.

JK: Wer besorgte das Remastering und wie gefällt es dir im Vergleich zum Original?

RK: BMG dachten sich, dass die Alben etwas moderne Technik gut vertragen könnten und heuerten Andy Pearce für die Remasters an. Vor allem die älteren Aufnahmen klingen besser, aber auch “Flow” klingt nun offener, wärmer und “größer”.

JK: Warum habt ihr euch damals eigentlich aufgelöst und seid 2018 wiedergekommen?

RK: Wir wollten CONCEPTION damals eigentlich gar nicht auflösen, nur auf Halde legen, während wir mit anderen Projekten beschäftigt waren. Ich trat KAMELOT bei und Tore gründete ARK [mit Jorn Lande – Anm. d. Red.]. Die “Pause” zog sich einfach etwas länger als erwartet. Wir haben 2016 wieder angefangen, als Tore und Arve [Gitarre und Drums – Anm. d. Red.] zu mir kamen und meinten, sie hätten ein paar Ideen, die perfekt zu CONCEPTION passen würden. Wir fühlten dann wohl alle, dass die Zeit reif für etwas Neues von CONCEPTION wäre.

JK: Welches von den Klassikern ist dein liebstes CONCEPTION-Album und warum?

RK: Ich liebe sie alle, einfach weil jedes Album individuell perfekt repräsentiert, wo wir zum jeweiligen Zeitpunkt standen. “Flow” höre ich vielleicht am häufigsten aufgrund der großartigen Produktion und dem Gefühl, dass wir zu dieser Zeit einen Sound fanden, der uns entsprach.

JW: Wie sahen eure Ambitionen damals aus? Die ganze Progressive-Power-Metal-Kiste hatte zu Beginn der Neunziger einen Run, der leider nicht so lange dauerte.

RK: Wir wollten nicht weniger als die Weltherrschaft. Bescheidenheit war nicht Teil unseres Vokabulars. Rückblickend hätte das Timing für unsere Art von Musik definitiv besser sein können, aber irgendwie haben wir es hingekriegt, einen Eindruck zu hinterlassen und eine neue Generation von Metal-Musikern und -Künstlern zu beeinflussen. Darauf sind wir sehr stolz und dankbar!

JW: Nachdem ich jetzt noch mal alle alten Alben der Reihe nach hören konnte, wurde mir noch mal bewusst, wie beeindruckend die Entwicklung von CONCEPTION innerhalb sehr kurzer Zeit war. Vom ambitionierten, aber noch sehr jugendlichen und leicht naiven Ansatz auf “The Last Sunset”, über das zeitlos gute und gereifte Songwriting auf “Parallel Minds” und “In Your Multitude” hin zu dem futuristischen und leicht experimentellen Approach auf “Flow”. Wie würdest du die Entwicklung im Nachhinein beschreiben?

RK: Du hast es hier eigentlich gut auf den Punkt gebracht. “The Last Sunset” war ein selbstfinanziertes Debüt, dass fanatische, ambitionierte junge Metalheads zeigt. Den Sprung zu “Parallel Minds” beeinflusste vieles. Wir waren nun zwei Jahre älter, aber dennoch in einer Phase, in der sich unser Horizont und unsere Fähigkeiten noch entwickelten. Ein Plattendeal sicherte uns finanzielle Unabhängikeit und mit Tommy Newton hatten wir erstmals einen externen Producer. Außerdem habe ich ab diesem Album fest am Songwriting mitgewirkt.

Mit “Flow” wollten wir einerseits experimentieren, andererseits auch CONCEPTION auf das Wesentliche reduzieren. Das schwarze Album von METALLICA und die “Empire” von QUEENSRŸCHE haben uns in der Hinsicht sehr inspiriert. Der Sound auf dem Album begeistert mich immer noch, Tommy Newton hat einen wahnsinnigen Job abgeliefert. Wir alle dachten, es könnte unser Durchbruch werden, aber das Universum hatte offensichtlich andere Ansichten.

JW: Die Alben zeigen auch sehr schön deine Entwicklung als Sänger. Anfangs war der Geoff-Tate-Einfluss noch deutlich präsenter, während sich beginnend mit “Parallel Minds” dann die Charakterstimme Roy Khan, die wir alle kennen und lieben, ausprägte. Was hast du in der Zeit getan, um das zu erreichen?

RK: Ich bin natürlich ein Bariton [Tate ist ein Tenor – Anm. d. Red.]. Obwohl ich hohe Töne treffen kann und ein gut entwickeltes Falsett habe, habe ich mich im mittleren Register immer schon wohler gefühlt. In der Spanne zwischen “The Last Sunset” bis “Flow” wurde mir das immer klarer, sodass ich mich stärker auf den mittleren Bereich konzentrierte. Die Veränderungen in der Stimme kommen aber auch durch unser Reifen als Songwriter zustande.

JW: Mit der Zeit klangst du auch weniger wie ein “typischer” Metal-Sänger, also hast du vermutlich auch einige Einflüsse von außen bezogen.

RK: Ich denke, das war Teil der Reife als Songwriter, zumal ich immer schon alle Arten von Musik gern gehört habe.

JW: Was sind deine besten und schlimmsten Erinnerungen an CONCEPTION in den Neunzigern?

RK: Einer der Gründe, weshalb wir nach “Flow” eine Pause eingelegt haben, war, dass wir von einer langen Tour mit STRATOVARIUS geschmissen wurden. Eine große Spaßbremse. Nur eine Woche, bevor wir unser neues (wenigstens in unseren Köpfen) Meisterwerk präsentieren sollten, erhielten wir die Nachricht, dass wir nicht dabei sein können, obwohl bereits Tickets in unserem Namen verkauft wurden. Eine richtige Begründung haben wir nie bekommen, aber es hat unsere Willenskraft und Entschlossenheit als Band klar gehemmt.

Meine beste Erinnerung ist unsere erste richtige Tour, die schon 1992 mit GAMMA RAY und RAGE stattfand. Nach einer Handvoll mal so, mal so besuchter lokaler Gigs, hatten wir auf einmal einen Plattenvertrag und spielten in Venues mit zwei- bis dreitausender Kapazität. Es war beängstigend, aber auch erhebend für uns. Wir dachten wirklich, nichts könne uns aufhalten.

JK: Können wir uns bald auf ein neues Album von CONCEPTION freuen? Wie ist der Stand der Dinge bei euch?

RK: Zuerst müssen wir uns nach fünf Jahren harter Arbeit und einer Pandemie, die uns alle in unvorhersehbarer Weise getroffen hat, wieder neu stabilisieren. Wir konnten unsere letzten beiden Releases “My Dark Symphony” und “State Of Deception” leider aufgrund der Einschränkungen noch nicht live präsentieren. Um deine Frage aber richtig zu beantworten: Es kommt definitiv noch mehr von CONCEPTION.

Danke dir, Roy, für die Beantwortung unserer Fragen.

Quelle: Roy Khan
02.09.2022

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