Colony 5
Colony 5
Interview
Ihr erstes Album "Lifeline" war gerade mal ein Jahr alt, da legten sie schon nach: Colony5 brachten im Mai ihr Zweitwerk "Structures" heraus. Und das kann sich mehr als sehen lassen. Die erste Single-Auskopplung "Black" sorgte in so manchen Clubs für tanzbare Beats und sogar Onyx widmete dem Elektro-Trio aus Schweden kürzlich eine Stunde im "Startalk". Auf dem diesjährigen M’era Luna mussten sie als allererste Band ran und erledigten ihre Aufgabe bravourös. Anschließend nahm sich Johan Zeit, um einige Fragen zu beantworten und bekam am Ende noch Unterstützung von seinen Bandkollegen, die zu einigen vorherigen Themen noch einmal Stellung bezogen.
Johan: Hmmm, ich weiß nicht. Es war schon ziemlich hart. Das erste Album war aus alten Demos aufgebaut – das zweite besteht aus ganz neuen Sachen. Wir haben nichts aus der Zeit von „Lifeline“ auf „Structures“ verwendet. Alle Songs entstanden nach der „Follow Your Heart“-Single, die im Sommer 2002 heraus kam. Ich weiß wirklich nicht, wie wir es geschafft haben, aber irgendwie klappte es einfach.
Wenn man ein neues Album herausbringt, kann man nie vorhersagen, wie das Feedback sein wird, sondern einfach nur das beste hoffen. Für „Structures“ habt ihr gute Reviews eingeheimst und hier bei uns sogar 10/10 Punkten.
Johan: Wir haben versucht uns vom ersten zum zweiten Album zu steigern, was aber ganz schön hart war. Bei „Lifeline“ haben wir die Demo-Songs immer wieder und wieder neu gemacht und irgendwann war alles auf dem Album. Dieses Mal war es anders: Wir haben die Demo-Versionen nicht so stark verändert und alles in unserem eigenen Studio zu Hause aufgenommen… die Lyrics, die Syntheziser… und haben die Platte alleine gemixt. „Structures“ bietet mehr Colony5 als das Debüt.
Warum fiel die Entscheidung, alles alleine zu machen?
Johan: Es ist einfach ein wunderbares Gefühl, alles in den Händen zu haben und selbst machen zu können. Natürlich spielt auch das Geld eine Rolle – so war es auf jeden Fall billiger. Der Produzent kostet, das Studio kostet… wir waren in unserem eigenen. Wir entwickeln das Studio und damit auch den Sound immer weiter.
Das Studio ist in der Wohnung von einem von Euch…
Johan: Ja, in meiner Wohnung… im Moment jedenfalls.
Bist Du immer noch willkommen bei Deinen Nachbarn?
Johan: Sie finden es nicht wirklich toll. Wir versuchen so oft wie möglich mit Kopfhörern zu arbeiten, aber wenn du am Mischen bist, geht das nicht. Das ist unmöglich.
So lange Du noch dort wohnen darfst… Gibt es Pläne, dass Studio woanders unterzubringen?
Johan: Das Problem ist, dass du dann natürlich etwas dafür bezahlen musst. Vielleicht 200 – 300 Euro. Dann kommen noch andere Dinge wie das Isolieren dazu. Vielleicht kaufe ich mir ein Haus, wenn wir so viele Platten verkauft haben, dass ich es mir leisten kann. Das ist ein Traum. In meinem Job verdiene ich ganz gut…
Was machst Du denn beruflich?
Johan: Ich bin Elektriker bei “Karlskrona Varvet”, einer Schiffswerft, die dem deutschen Unternehmen HDW gehört. P-O arbeitet dort als Installateur an U-Booten des neusten technischen Standards, die dort entwickelt werden. Ich arbeite an streng geheimen Stealth-Booten. Magnus studiert Medientechnik an der Universität.
Neben der gesamten Platte, habt Ihr auch das Video selbst produziert, genauer Magnus. Wie kam es dazu?
Magnus: Das hing mit meinem Studium zusammen. Wir sollten einen kurzen Film machen. Also dachte ich, es wäre eine gute Idee, diese Möglichkeit dazu zu nutzen, um ein Video zu der Single zu machen. Es ist wirklich gut geworden und dann haben wir es zu unserer Plattenfirma geschickt. Sie mochten es und wollten es aufs Album bringen. Lorenz Macke hatte schließlich die Idee, einen Multimedia-Part anzuhängen, bei dem man per Menü das Video, die Lyrics der Platte und Fotos aufrufen kann.
Warum habt Ihr eigentlich „Black“ als erste Singleauskopplung gewählt?
Johan: Ich glaube es war einer der ersten Songs, den wir für das neue Album hatten und es ist einer der stärksten. Ich mag ihn. Es gab einige Diskussionen darüber, welches Lied wir auskoppeln sollen. Sowohl unser schwedisches als auch unser deutsches Label waren für „Black“. Der Song bleibt in deinem Kopf, du wirst ihn nicht mehr los.
Wird es ein Video zu einem der anderen Songs der neuen Platte geben?
Johan: Ich bin mir nicht ganz sicher. Im Moment arbeiten wir gerade an unserer Homepage und anderen Sachen… vielleicht wird es eine neue Single geben, für die wir dann hoffentlich auch ein Video drehen werden. Eventuell werden wir die Besucher der Webseite darüber abstimmen lassen, welches die neue Single sein soll.
Wie funktioniert es bei Euch, wenn ein neuer Song entsteht? Wie arbeitet Ihr zusammen?
P-O: Bei “Lifeline” entstanden meistens erst die Harmonien und dann die Texte. Mit Magnus als drittes Bandmitglied – er kam im Sommer 2002 dazu – hat sich das geändert. Jetzt erhalte ich meistens fertige oder Teile der Lyrics von ihm und teste sie mit verschiedenen Soundgrundlagen aus, um ein paar nette Harmonien für die Gesangszeilen zu finden.
Manchmal bekomme ich auch einen fast fertigen musikalischen Hintergrund von Johan and arbeite dann daran, die Worte und die Musik zu einem Colony5-Produkt zusammenzubringen. Wir senden die Demos dann immer wieder untereinander hin und her, so dass wir alle voll mit Ideen sind, wenn wir ins Studio gehen. Die letzten Schritte machen wir immer gemeinsam, um das beste herauszuholen.
Magnus: Man muss den Maschinen Herz einflößen – darum geht es. Unsere – oder generell diese Richtung der Musik ist nicht kalt.
Covenant und Depeche Mode sind sicherlich Bands, die Euch auf Eurem musikalischen Weg beeinflusst haben… aber bestimmt auch nicht die einzigen.
Johan: Ich denke, die Inspiration kommt von überall, von allem, was du hörst. Ich kann eine Maschine bei der Arbeit hören und mir daraus Ideen ziehen. Ich kann mir Elvis Presley oder die Beatles anhören… es kann fast alles sein. Puff Daddy vielleicht nicht gerade… das ist nicht so mein Ding …und er fing an ihn nachzumachen… Ich höre eigentlich viele verschiedene Musikstile und das tut jeder in der Band, aber jeder hat natürlich seine Favoriten, so dass wir das dann alles so gut wie möglich kombinieren.
Magnus, ist das Leben im Allgemeinen Deine Inspiration für die Texte oder kannst Du das etwas genauer beschreiben?
Magnus: Natürlich gibt es auch spezielle Dinge, aber man mischt sie mit allem, was man erlebt. Nicht jeder Text steht für dich selbst, für dein Leben, einige Texte erzählen von Freunden oder von etwas, dass du in einem Film gesehen hast oder von etwas ganz anderem, dass dich inspiriert hat. Ich kann gar nicht wirklich immer sagen, um was es geht. Es ist nicht gesund, sich selbst zu analysieren. Das überlasse ich lieber anderen. Seit ich klein bin schreibe ich Kurzgeschichten und Gedichte, so dass es fast schon natürlich für mich ist und es ohne gar nicht ginge. Ohne einen Stift in der Hand und einen alten Notizblock in der Tasche? Nein, nicht vorstellbar.
Wo seht Ihr selbst – außer der Tatsache, dass ihr „Structures“ selbst produziert habt – die Unterschiede zum Debüt?
P-O: Insbesondere in den Lyrics und in der Stimme, die meiner Meinung nach relaxter klingt. Wenn man im eigenen Studio arbeiten kann, ist man unter sich. Es ist lockerer und man kann Dinge tausendmal ausprobieren. Wenn man versucht, den Sound der Demo-Versionen exakt zu kopieren, klingt das oft nicht unbedingt besser als das Demo, bei dem man viel lockerer war. Man hört den Songs dann manchmal an, dass man zu stark VERSUCHT hat. Das Problem hatten wir durch das eigene Studio und die daraus resultierende Atmosphäre nicht.
Gibt es schon nähere Infos über eine mögliche Tour in Deutschland?
Johan: Im Januar vielleicht. Das ist aber alles noch nicht entschieden. Unser allererster Gig, nachdem wir den Plattenvertrag unterschrieben hatten, war in der Markthalle in Hamburg während einer Depeche Mode-Party. 500 Leute waren etwa da und kräftig am Feiern. Als wir noch Backstage waren, dachten wir, es wären 10.000 anwesend. Und dann musst du auf die Bühne – dein erster Auftritt mit einem Plattendeal in der Tasche, das erste Mal außerhalb von Schweden.
Ihr ward also ein bisschen nervös…
Johan: Ja! Als wir die Tür öffneten, kam uns erstmal die Hitze entgegen. In dem Saal waren es vielleicht 10 Grad mehr als hinten und alle standen sie mit verschränktem Armen da. Ich denke, es ist ziemlich hart für eine neue Band, gerade auf einer Depeche Mode-Party zu spielen.
Das Hamburger Publikum – das wird jedenfalls manchmal behauptet – ist ja vielleicht auch nicht immer das einfachste.
Johan: Wir spielen überall – wir lieben es, live auf der Bühne zu stehen. Uns macht es nichts aus, wenn das Publikum uns lediglich das Konzert über ansieht, so lange ihnen die Musik gefällt. Man gewöhnt sich daran. Es gibt oft einen Unterschied zwischen Schweden und Deutschland. Heute war es wirklich großartig und ich war ziemlich überrascht, wie sehr die Leute gefeiert haben. Ich hab fast Angst bekommen und wollte wieder nach Hause… nein, nicht wirklich. Wenn Du siehst, dass vom Publikum etwas zurück kommt… das war ich von Deutschland so bisher nicht gewohnt. Die Leute kennen uns jetzt vielleicht ein bisschen. Das war vergleichbar mit Schweden. Schade nur, dass man bei Konzerten keine Zeit, sich die Städte anzusehen. In Hamburg kennen wir jetzt die Markthalle und ein Hotel. Heute haben wir den Hangar, den Backstage-Bereich und den Bahnhof gesehen. Das ist wirklich sehr inspirierend.
Gibt es ein Konzert, dass aus welchen Gründen auch immer in besonderer Erinnerung geblieben ist?
P-O: Wir hatten ein Konzert, dass anders war als alle anderen: Das war im K17 in Berlin und es waren vielleicht 50 Leute da. Wir dachten, es würde unsere schlechteste Show überhaupt werden. Aber alle haben wie verrückt mitgesungen und getanzt – das kann ich kaum beschreiben. Die wollten uns gar nicht mehr gehen lassen. Johan dachte nur: „Scheiße, ich muss mal auf Klo!“ Und Backstage gab es keine Toiletten. Wir sind dann zurück auf die Bühne und haben die Leute gefragt, was sie hören wollten, denn wir hatten alles durch. Sie wollten, dass wir „My World“, eine B-Seite, noch mal spielen. Danach ist Johan dann schnell zum Klo gelaufen.
Ihr musstet heute schon recht früh spielen: Als allererste Band im Hangar. Das ist nicht gerade das, was sich eine Band wünscht…
Johan: Wir sind keine große Band hier, es war wirklich okay für uns. Ich meine… immerhin spielen wir hier beim M’era Luna, einem der größten Festivals dieser Art in Europa… Wir waren dieses Jahr auch schon beim Wave Gotik Treffen. Es macht nichts, als erste Band auf der Bühne zu stehen, wenn so früh auch schon Zuschauer kommen. Man hat aber immer Angst davor, dass vielleicht nur 20 Leute da sind.
Im Hangar war heute morgen jedenfalls schon eine Menge los bei Euch. Das hatte ich so gar nicht erwartet.
Johan: Nein, ich auch nicht. Ich war wirklich überrascht.
P-O: Ich glaube, wir haben fast den Hangar gefüllt. Das war großartig.
Immerhin konnte man Euch beim „Startalk“ auf Onyx sehen und das Video zu “Black” lief auch auf dem Sender. Nicht schlecht…
Johan: Ich kann schlecht einschätzen, ob das ein großer Schritt für uns ist. Ich weiß nicht, wie oft Bands dieser Musikrichtung hier im Fernsehen zu sehen sind. Wenn das wirklich selten vorkommt… großartig für uns!
Wenn Ihr an Colony5 und an alles, das kommen wird, kommen könnte und kommen soll denkt – welchen Traum habt Ihr?
Johan: Von der Musik leben zu können. Das ist das absolut größte Problem für jede Band glaube ich. Du musst um sechs Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen, um 17 Uhr bist du fertig, kümmerst dich dann um deine Musik und bist um drei Uhr nachts wieder zu Hause. Das ist nicht immer lustig. Für eine Weile ist es okay, aber wenn du so ein Jahr lang gearbeitet hast, ist es zu hart.
Was gibt es für Zukunftspläne neben der Musik?
Johan: Ich hätte Spaß daran, Musik für Filme oder Videospiele zu machen. Remixe machen wir so oft es uns zeitlich möglich ist. Der letzte war „I Regret“ für De/Vision. Wir haben auch einen für Bruderschaft aufgenommen.