ColdWorld
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Interview
Das Debüt-Album "Melancholie²" des Ein-Mann-Projektes COLDWORLD war zweifelsohne eins der bemerkenswertesten Black-Metal-Veröffentlichungen aus deutschen Landen diesen Jahres. Gerade weil sich die Musik nicht nur auf Black-Metal beschränkt, sondern auch andere Einflüsse zulässt, ist hier ein authentisches Werk entstanden, das sich klar vom klischeeüberfrachteten Durschnitt abhebt. Grund genug, um sich mit Bandkopf Georg Börner darüber zu unterhalten, was dahinter steht.
Hallo Georg, auch wenn Du mit COLDWORLD klar im Black-Metal verwurzelt bist, strebst Du nach eigener Aussage danach, Konventionen hinter Dir zu lassen und nach neuen Ausdrucksformen zu suchen. Außerdem benutzt Du, obwohl es in diesem Genre weitläufig üblich ist, weder ein Pseudonym, noch bildest Du Dich auf Photos geschminkt oder sonst wie verändert ab. Das führt mich zu der Frage, wofür Black-Metal für Dich persönlich steht und was er Dir bedeutet? Gleichzeitig würde ich gerne wissen, was Dich antreibt, derlei Konventionen hinter Dir zu lassen?
Black-Metal ist das Fundament meiner Musik. Es gibt wenige Musikstile, die es so gut verstehen, Emotionen zu transportieren, wie Black-Metal. Da ich allerdings vielen anderen Richtungen sehr offen gegenüberstehe, ließ es sich mit der Zeit nicht vermeiden, andere Elemente in meine Musik mit einfließen zu lassen. Ich beschränke mich sehr auf die Musik als solche und lasse szenetypische Gepflogenheiten beiseite – gibt mir nichts. Ich bin sowieso nicht das, was man als den typischen „Black-Metaller“ bezeichnen würde.
Wie siehst Du Black-Metal in Deutschland? Verfolgst Du aktuelle Veröffentlichungen und ist es Dir wichtig, mit COLDWORLD Teil einer Underground-Szene zu sein? Gibt es derzeit neue Alben, die Dir besonders gefallen haben?
Natürlich beobachte ich die Black-Metal-Szene, nicht nur die deutsche. Es gibt einige wenige aktuelle Veröffentlichungen, die mich zu einem Plattenkauf bewegt haben. Allerdings wird es immer schwieriger, sich die wirklich guten Bands oder Projekte rauszufiltern. Der Markt wird mit einer Menge Scheiße überschwemmt, in welcher es die wenigen guten Künstler immer schwieriger haben, nach oben zu kommen. Besonders gut gefallen haben mir die letzten Alben von FARSOT und WOLVES IN THE THRONEROOM. Sollte man wirklich mal antesten. Was die Underground-Szene angeht: Ich zähle mich zu keiner Szene. In welche Schublade mich die Leute stecken ist mir reichlich egal.
Auf Deiner Myspace-Seite hast Du ein Zitat des jüdischen Komponisten und Kabarettisten Gerhard Bronner, das mir persönlich sehr gefällt:
„Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi.“
Was hat Dich dazu veranlasst, so explizit Stellung zu beziehen und wie beurteilst Du nationalistische Tendenzen im Black-Metal? Sollten sich mehr unpolitische Black-Metal-Bands klar abgrenzen?
Ich möchte anderen Bands nicht vorschreiben, wie sie mit dieser Thematik umzugehen haben. Mir allerdings war es ein tiefes Bedürfnis, Stellung zu beziehen. Es kotzt mich einfach an, wenn ich sehe, wie viel Gleichgültigkeit sich breit macht, wenn es um dieses Thema geht. Viele Bands beteuern immer und immer wieder, wie unpolitisch sie doch seien. Doch man ist nicht unpolitisch, wenn man faschistische und rassistische Äußerungen duldet und verharmlost. Außerdem möchte ich nicht, dass die Musikrichtung Black-Metal verkommt, weil sie als Plattform für irgendwelchen Idioten herhalten muss.
Auf der anderen Seite wurde auch von linker Seite gegen Black-Metal agitiert. Wie beurteilst Du zum Beispiel ein Buch wie „Unheilige Allianzen“ oder die Probleme mit Konzertabsagen, mit denen nach eigener Aussage unpolitische Bands wie IMPALED NAZARENE zu kämpfen hatten?
Das Buch „Unheilige Allianzen“ habe ich nicht gelesen, kann also darüber nichts sagen. Und wenn die „linke Fraktion“ gegen Nazis mobil macht, sollten sie sich vorher ein bisschen besser informieren. Ob links oder rechts – Kleingeister gibt es offensichtlich auf beiden Seiten reichlich!
Kommen wir zurück zur Musik: Du verarbeitest auch klassische Musik in Deinem Werk, was hat für Dich den Ausschlag dafür gegeben? Gibt es Komponisten, die Dich besonders beeindruckt oder inspiriert haben? Die Verarbeitung von Streichern oder Bläsern im Metal ist allerdings nun auch nicht wirklich neu, wie denkst Du über Bands wie beispielsweise EMPEROR oder DIMMU BORGIR, die fast schon soundtrackartige Klangteppiche erzeugen? Könnte man solche Gruppen mit COLDWOLRD in Verbindung setzen, oder würdest Du dagegen protestieren?
Die älteren Alben von DIMMU BORGIR halte ich für wegweisend, was die Entwicklung des Black-Metal anbelangt. Über EMPEROR müssen wir erst gar nicht reden, denke ich. Und genau wie diese beiden Bands es sicherlich getan haben, habe auch ich mich von klassischer Musik inspirieren lassen. Ich bin ein großer Fan von J. S. BACG, aber auch von zeitgenössischen Komponisten sehr angetan, wie z. B. ARVO PÄRT oder ZBIGNIEW PREISNER.
Nun eine Frage zu Deinem Label: Wie ist der Kontakt zu Cold Dimensions zustande gekommen und was war für Dich ausschlaggebend für eine Zusammenarbeit? Ich persönlich finde, dass COLDWOLRD und Cold Dimensions sehr gut zusammenpassen, nicht nur des Namens wegen. Wenn man allerdings durch Internetforen surft, findet man recht geteilte Meinungen: Viele schwärmen von Cold Dimensions und nehmen den Namen als Qualitätssiegel, andere sehen das Ganze als eine Art „Hype“ an. Was bedeutet es für Dich, das Cold Dimensions-Logo auf Deiner CD zu haben? Denkst Du, dass das Label die Hörer in ihrer Herangehensweise an die Musik beeinflusst?
Die Zusammenarbeit ist eher zufällig zustande gekommen. Ich wurde gewissermaßen vermittelt. Der Mensch hinter Trist bzw. Sperber Illustrationen hat mich empfohlen, da ihm meine Musik gefiel. Und so kam eins zum anderen. Cold Dimensions ist das perfekte Label: Idealismus und Professionalität in perfekter Harmonie. Nicht zu „groß“, aber auch keins von den Underground-Labels, von denen man noch nie gehört hat. Außerdem gefallen mir die meisten Veröffentlichungen der letzten Jahre sehr gut und ich bin stolz, mich da mit einreihen zu dürfen.
Und weil es gerade so gut zum Thema passt, möchte ich an dieser Stelle den Labels Wolsgrimm und Deviant Rec. danken, die meine Demo-CD „The Stars are dead now“ auf LP wiederveröffentlicht haben. Ist wirklich schön geworden.
Man stößt auch immer wieder auf die Meinung, dass „Melancholie²“ nicht an Dein Demo „TheStarsAreDeadNow“ heranreicht. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich Letzteres nicht kenne. Wie stehst Du zu solchen Meinungen und wie gehst Du mit Erwartungen von Hörerseite an Deine (kommenden) Veröffentlichungen insgesamt um?
Das Demo war anders: dunkler, depressiver und ein Ding „räudiger“. Klar, dass es Hörer gibt, denen das besser gefallen hat, als das neue Material. Allerdings werde ich mich davon kaum beeinflussen lassen. Auch die Erwartungen, was die kommenden Veröffentlichungen angeht, interessieren mich reichlich wenig. Ich weiß selbst noch nicht, wie das neue Album klingen wird. Das braucht alles seine Zeit.
Ich würde gerne noch mal die Brücke zum Anfang schlagen: neue Ausdrucksformen im Black-Metal! Du hast auf Deiner Myspace-Seite Post-Rock-Gruppen wie ISIS oder EXPLOSIONS IN THE SKY verlinkt, sind diese auch ein Einfluss für Dich? Ich habe insgesamt das Gefühl, dass immer mehr Black-Metaller, die halbwegs aufgeschlossen sind, beginnen, sich für Post-Rock zu interessieren und dass dieser auch für immer mehr Bands eine Inspirationsquelle darstellt. Würdest Du mir da zustimmen?
Ich für meinen Teil höre selbst deutlich mehr Post-Rock, als Black-Metal. Folglich ist diese Musik eine recht große Inspirationsquelle für mich, klar. Und es gibt tatsächlich schon einige Bands aus dem Black-Metal-Sektor, die sich diesem Genre zuwenden und fabelhafte Symbiosen entstehen lassen. Die Franzosen von AMESOEURS zum Beispiel gehen recht stark in diese Richtung und was ich bis jetzt von ihnen gehört habe, klingt einfach wunderbar.
Erwartungsgemäß stehen natürlich auch genug Szenewächter derlei Fremdeinflüssen ablehnend gegenüber. Darüber möchte ich jetzt allerdings auch gar nicht groß reden, im Gegenteil: Wo würdest Du die Grenze ziehen, welche Einflüsse lassen sich überhaupt nicht mit Black-Metal vereinbaren und wann kann man eine Band nicht mehr als Black-Metal bezeichnen?
Jeder hat seine ganz eigenen Vorstellungen von Black-Metal, so auch ich. Und wenn jemand der Meinung sein sollte, meine Musik sei kein „wahrer“ Black-Metal, dann darf er mich auch gern einem anderen Genre zuordnen. Ich persönlich halte mir alle Grenzen offen und werde mich sicher nicht durch Kategorisierungen in irgendeiner Weise einschränken lassen.
Okay, kommen wir damit zum letzten Punkt: Wie bist Du mit der Veröffentlichung von „Melancholie²“ und der damit verbundenen Aufmerksamkeit bezüglich COLDWORD zufrieden? Und vor allen Dingen, wie geht es jetzt für Dich weiter? Hast Du konkrete Zukunftspläne? Ich von meiner Seite aus danke Dir für das Interview und wenn Du noch etwas abschließend hinzufügen möchtest, steht Dir dies an dieser Stelle selbstverständlich frei.
Mit der Veröffentlichung bin ich voll zufrieden! Cold Dimensions und Prophecy haben hervorragende Arbeit geleistet. Was die Aufmerksamkeit anbelangt, bin ich wirklich überrascht, wie vielen Menschen meine Musik gefällt. Hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten. Konkrete Zukunftspläne gibt es noch nicht. Ideen gibt es, aber mir fehlt im Moment ein bisschen die Zeit und Muße, etwas Handfestes daraus zu machen. Aber das nächste Album kommt bestimmt. Ich bin selbst gespannt, wie es klingen wird.
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