Cobra Spell
drehen die Rollenbilder der 80er um
Interview
Nach zwei EPs haben COBRA SPELL Anfang Dezember ihr Debütalbum „666“ veröffentlicht. Wir haben uns mit Bandleaderin Sonia Anubis über die Entstehung der Platte unterhalten, aber auch über die vielen Besetzungswechsel und die Rolle als inzwischen komplett weiblich besetzte Band in einer männlich dominierten Szene gesprochen.
Hi, erstmal Gratulation zur Veröffentlichung eures Debütalbums „666“. Bist du mit dem Ergebnis und dem bisherigen Feedback zufrieden?
Hey, vielen Dank für die Gratulation. Absolut, ich bin sehr stolz auf das neue Album „666“. Und ich bin begeistert über das bisherige Feedback aus Reviews und von unseren Fans. Wir werden in vielen Magazinen gefeaturt, teilweise sogar auf dem Frontcover, verdammt! Sehr, sehr cool. Wir sind auf jeden Fall sehr glücklich.
Ihr hattet seit der Gründung von COBRA SPELL im Jahr 2019 viele Veränderungen im Lineup. Glaubst du ihr seid endlich an einem Punkt angekommen, an dem mehr Stabilität herrscht?
Veränderung gibt es immer dort, wo Wachstum herrscht. Die Band ist seit dem Release der EPs exponentiell gewachsen und dadurch war es notwendig, die Besetzung zu einer Formation anzupassen, die professionell und für die Anforderungen bereit ist, die ein Plattenvertrag, die Veröffentlichung eines Albums und viele andere Faktoren mit sich bringen.
So stabil und professionell wie jetzt war das Lineup von COBRA SPELL aber noch nie. Ich habe das Gefühl, dass die aktuelle Besetzung lange halten wird, da wir einen guten Sinn für Teamwork und eine starke emotionale Bindung haben. Außerdem Leben wir jetzt auch näher beieinander, vorher waren COBRA SPELL eine Band, die über Distanz gearbeitet hat, was die Bindung untereinander erschwert hat.
Ihr seid außerdem von einer gemischten zu einer komplett weiblichen Besetzung gewechselt. War das irgendwann auch das Ziel oder hat sich das einfach so entwickelt?
Als ich noch bei CRYPTA war, einer komplett weiblichen Death-Metal-Band, begann ich den großen Einfluss zu erkennen, den das auf Frauen in der ganzen Welt hat. Ich bekam Nachrichten von Frauen, die mir mitteilten, dass sie dadurch selbst zum Spielen inspiriert wurden und mich als Vorbild sehen.
Dadurch habe ich realisiert, dass ich innerhalb der derzeitigen Musikwelt eine große Verantwortung trage und die Möglichkeit habe, zu einer besseren Zukunft mit mehr Gleichberechtigung für Frauen in der Musikindustrie beizutragen. Die Musikwelt wird von Männern dominiert, das ist ein Fakt. Eine musikalische Karriere zu starten kann für Frauen sehr beängstigend sein, denn wir werden oft harsch verurteilt, kritisiert, sehr genau beobachtet, objektiviert, unfair behandelt, schlechter bezahlt und vieles mehr. Wir sind eine Minderheit.
Ich finde wir brauchen mehr Vorbilder die zeigen, dass wir wertvolle, grenzenlos fähige Menschen sind, die keine Angst haben sollten, sich in der Musikwelt zu verwirklichen. Wir können talentierte Rockstars sein! Und wie kann man das besser zeigen, als mit einer Band, die aus fünf Frauen besteht? Deshalb habe ich mich dazu entschieden, COBRA SPELL zu einer reinen Frauenband zu machen, denn wir sind stärker, wenn wir als Frauen geschlossen stehen und zusammenarbeiten.
Ihr seid eine internationale Band mit Mitgliedern aus den Niederlanden, Spanien, Venezuela und Brasilien. War es schwierig, alle für die Aufnahmen zusammen ins Studio zu kriegen? Und wie läuft bei euch der Songwriting-Prozess generell ab?
Das Songwriting auf „666“ lag hauptsächlich in meinen Händen. Ich komponiere die Songs bei mir zu Hause und nehme dort auch die Demos auf. Die eine Hälfte der Lyrics habe ich geschrieben, der Rest stammt von Noelle (Gitarre) und Kristina (Gesang).
Die Studioaufnahmen fanden in Madrid statt. Ich habe alle Rhythmus- und Lead-Gitarren sowie die Bassspuren und Synthesizer eingespielt, Noelle hat ihre Solos aufgenommen, Kristina den Gesang und die Drums wurden von einem Session-Drummer (Arjan van der Wijst) eingetrommelt.
Glam- und Sleaze Metal sind traditionell ja eher männlich dominierte Subgenres mit Texten, die nicht unbedingt immer respektvoll gegenüber Frauen sind. Was bedeutet es für COBRA SPELL, als komplett weibliche Band ausgerechnet in diesen Genres unterwegs zu sein, besonders hinsichtlich eurer eigenen Lyrics und Präsentation?
Mit COBRA SPELL versuchen wir auf diesem Album die Rollen umzudrehen, die oft in 80er-Rockbands etabliert wurden. Diese Rollenbilder aus den 80ern waren Frauen gegenüber nicht immer respektvoll und oft sogar überaus frauenfeindlich. Die Texte waren immer aus einer männlichen Perspektive geschrieben, in der Frauen z. B. oft nur als Groupies vorkamen. Bei COBRA SPELL sind die Frauen an der Macht. Wir sind die Rockstars und haben die Kontrolle.
Was hat dich dazu gebracht einen Sound zu spielen, der auf seinem Höhepunkt war bevor du überhaupt geboren wurdest? Was ist deine persönliche Verbindung zum Metal der 80er, speziell Glam und Sleaze, und wo würdest du deine Haupteinflüsse verorten?
Meine Leidenschaft für Musik begann mit 14 Jahren, ich war von einer ganz bestimmten Band total besessen: KISS! Ich war und bin ein riesiger Fan; neben der Musik haben mich vor allem die Performance, das Aussehen und die expressiven Identitäten der Musiker beeindruckt, ins besondere die von „The Demon“ (Gene Simmons). KISS haben mich in die Welt des Glam, Shock Rock und Heavy Metal eingeführt. Und von da an habe ich mehr und mehr Musiker entdeckt, die mich sowohl optisch als auch musikalisch faszinierten, z. B. W.A.S.P. und ALICE COOPER. Ich liebte es und war wie besessen. So ein Rockstar wollte ich auch werden, Musikerin aber auch Performerin.
Das liebe ich an den 80ern, es war eine Zeit der Exzesse, überall Farben, verrückte Auftritte und alles total over the top. Wie Yngwie Malmsteen sagte: „More=More“! Haha. Die Musik war toll und die Musiker unglaublich talentiert, sowohl an ihren Instrumenten als auch als Performer. Es ist auch ein wichtiges Jahrzehnt für das Songwriting allgemein. Die Einflüsse der 80er sind in der heutigen Popmusik immer noch präsent, mehr als wir vielleicht denken. Ich habe dieses nostalgische Gefühl für eine Dekade, die ich selbst gar nicht erlebt habe und mit COBRA SPELL versuche ich, mir eine Zeitmaschine zu bauen und sie trotzdem zu erleben.
2022 habt ihr eine Single namens „Flaming Heart“ veröffentlicht, die mich sehr an VIXEN erinnert hat und außerdem starke Flashdance-Vibes versprühte. Auf dem Album ist „Love=Love“ der einzige Song, der teilweise in diese Richtung geht. Sollte das von Anfang an eine Ausnahme sein oder hat diese Art von Song einfach nicht zum Stil des Albums gepasst?
Diese beiden Songs haben miteinander gemein, dass sie beide 80s AOR-Songs sind, also Songs mit etwas mehr Pop-Einflüssen. Ich habe festgestellt, dass Songs die ich mit einem Synthesizer statt mit der Gitarre komponiere, wie ich es bei COBRA SPELL eigentlich üblicherweise mache, am Ende mehr nach 80s AOR klingen. Ich möchte mich mit COBRA SPELL auch nicht auf ein Sub-Genre limitieren, wir spielen 80s Heavy Rock und der kann viele Einflüsse haben. Manchmal ist eben auch ein AOR-Song dabei, denn ich liebe diesen Stil ebenfalls.
Auf „666“ gibt es eine gute Mischung aus herausstechenden Hymnen wie „Warrior from Hell“ und „The Devil Inside of Me“, einige lässige Sleaze Rocker, ein paar balladeske Sachen und mit „Love Crime“ auch einen etwas härteren Song mit starken JUDAS PRIEST-Vibes. War dieser ausgewogene Ansatz wichtig für dich und gibt es etwas, das du gerne in Zukunft ausprobieren möchtest?
Ich finde ein Album muss aus einer Ansammlung von Songs bestehen, die eine gemeinsame Geschichte erzählen und als Einheit funktionieren. Trotzdem muss jeder Song auch auf seine eigene Art speziell sein. Ich behandle jeden Song wie eine Single, weshalb sie alle recht unterschiedlich sind, aber trotzdem einen guten Fluss bilden. Ich habe viele verschiedene Einflüsse aus den 80ern und ich möchte sie alle irgendwie in meinen Kompositionen verwenden und damit herumexperimentieren.
Es gibt einige Dinge, die ich auf dem nächsten Album ausprobieren möchte, aber das bleibt erstmal noch ein Geheimnis. Für den Moment lasse ich euch erstmal „666“ genießen.
Mit Kristina Vega habt ihr eine neue Sängerin, was ja manchmal ein etwas schwieriger Wechsel sein kann. Ich finde ihre Stimme absolut toll, habt ihr mal darüber nachgedacht, die Songs der EPs mit ihr neu aufzunehmen?
Kristina ist eine unglaublich talentierte Sängerin! Ich bin sehr stolz darauf, mit ihr in einer Band zu spielen und ihre vielseitige Stimme eröffnet mit viele Möglichkeiten für COBRA SPELL. Momentan haben wir aber andere Prioritäten, als den alten Kram nochmal anzugehen. Ich finde, dass die EPs gut sind wie sie sind, ich konzentriere mich lieber darauf, mit der aktuellen Besetzung neue Musik aufzunehmen.
Ihr habt in der jüngeren Vergangenheit viele Konzerte gespielt, besonders seit Kristina der Band beigetreten ist. Wie sehen dahingehend eure Zukunftspläne aus, wird es eine Tour geben?
Wir planen eine Tour für 2024, um das Album zu promoten. Bisher haben wir eine Tour in Spanien und ein paar Dates in Deutschland angekündigt. Bleibt dran für mehr Infos!
Von mir war es das, ich wünsche euch alles Gute und danke dir für das Interview, du hast das letzte Wort.
Danke für das Gespräch und dafür, dass ihr uns eine Plattform bietet, um euren Lesern unser Album vorzustellen. Bleibt wild und spielt unser Album „666“ besonders laut!