Christopher Lee
Christopher Lee
Interview
Gleichgültig, mit welchem Film-Genre man sich als gepflegter Cineast beschäftigt, der Name Christopher Lee ist jedem ein Begriff. Der britische Gentleman, der bereits in hunderten Filmen agiert hat und wohl zu den bekanntesten und auch beliebtesten Akteuren Großbritanniens zählt, erfüllt sich in seinem 88. Lebenjahr endlich einen lange gehegten Traum. Mit „Charlemagne: By The Sword And The Cross“ wird Mitte Mai ein bombastisches Symphonie-Album erscheinen, welches mit Orchester, zwei Metal-Bands und alles Drum und Dran aufgenommen und produziert wurde. Sir Christopher Lee übernahm dabei die konzeptuelle Hauptrolle des Stücks, den Geist von König Charlemagne. Als ob das nicht schön genügen würde, folgt sogleich die nächste sensationelle Nachricht: Christopher Lee hat sich für metal.de kurz Zeit genommen, um mit mir über sein „Charlemagne“-Projekt, persönliche Musikvorlieben und seine Zukunftspläne zu plaudern. Ein wirklich magischer Moment für einen Interviewer…
Sehr geehrter Sir Christopher, zuallererst möchte ich Ihnen für diese großartige Möglichkeit danken, Ihnen an dieser Stelle ein paar Fragen zu stellen. Vielen Dank, dass Sie sich für mich Zeit nehmen. Vor ein paar Wochen ist mir zu Ohren gekommen, dass Sie eine Art Metal-Album mit konzeptuellem Hintergrund veröffentlichen möchten. Ich muss zugeben, dass ich von dieser Nachricht überrascht war. Wie ist es denn zu dieser Idee und dem letztendlichen Projekt gekommen?
C. Lee: Lieber Mathias, ich muss mich bei dir bedanken, dass ich ein wenig über mein Projekt sprechen darf. Du nanntest zuvor den Begriff „überrascht“. Das trifft absolut auf mich und meine ganze Karriere zu. Es war immer mein Ziel gewesen, das Publikum zu überraschen, indem ich Sachen mache, die es nicht erwartet. Um so etwas erreichen zu können, darf man keine Angst davor haben, neue Herausforderungen anzunehmen. Die Produzenten des Albums sind mit dieser finalen Idee an mich herangetreten und von da an haben wir eifrig zusammengearbeitet, um das ganze Projekt möglich zu machen.
Nach über 280 Filmen, in denen Sie als Schauspieler agiert haben, bezeichnen Sie dieses Album als eine Art Lebenstraum. Woher und warum haben Sie die Passion für diese Art von Musik?
C. Lee: Ich liebe die Musik und habe auch schon in all den Jahren auf vielen Alben und in etlichen Filmen verschiedene Arten von Musik gesungen. Das Genre Symphonic Metal habe ich vor allem durch RHAPSODY OF FIRE entdeckt, mit denen ich schon vor fünf Jahren intensiv zusammengearbeitet habe. Es ist das perfekte Medium, um auf dramatische Art und Weise Geschichten zu erzählen. Metal ist sehr dynamisch, er bietet einem außerdem die Möglichkeit radikale Stimmungsveränderungen zu verursachen. Und das von einer Zeile zur nächsten. Metal-Parts transportieren weiterhin Power und Kraft, die von keinem anderen Genre in dieser Form ausgedrückt werden können. Im Endeffekt ist es eine Form von musikalischem Kino.
Wie gesagt, hat diese Passion mit RHAPSODY OF FIRE begonnen. Wir haben zusammen einen Song namens „The Magic Of The Wizard’s Dream“ in vier verschiedenen Sprachen aufgenommen (auf Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch). Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich auf drei ihrer Alben mitgewirkt. Außerdem habe ich für MANOWAR ein paar erzählende Parts übernommen. Neben den eben erwähnten Aspekten, gefällt mir an diesem Genre vor allem die Tatsache, dass die partizipierenden Musiker dieselben Werte und die Liebe zur Fantasie teilen. RHAPSODY OF FIREs musikalische Welt weist viele Parallelen zu „Der Herr der Ringe“ auf, welches wohl das ultimativste Fantasy-Werk aller Zeiten ist.
Auch die Story des Albums mutet sehr cineastisch an. Es geht um die Geschichte von König Charlemagne, dem „Ersten Heiligen Römischen Eroberer“. Können Sie uns mehr über diese Story und die Gründe erzählen, warum sie diese Thematik unbedingt in Musik transformieren wollten?
C. Lee: Charlemagne war der König der Franken, der sein Reich über weite Teile Europas ausgeweitet hat. Er wurde außerdem König der Lombarden und zum – wie du schon sagtest – „Ersten Heiligen Römischen Eroberer“ gekrönt. Er war ein christlicher Kriegergott und wird weiters als „Vater Europas“ bezeichnet. Soweit zu den historischen Fakten. Ich wollte diese spektakuläre Figur immer schon in einem Film darstellen und vor einigen Jahren hätte sich mir fast die Chance dazu geboten. Ich war damals viel jünger und hätte Charlemagne in seiner Blütezeit darstellen können. Heute trete ich in der Gestalt des Geistes von König Charlemagne auf, was mir die Möglichkeit gibt, näher und wirklicher an der Story zu sein, als ich es vor Jahren hätte sein können. Der Geist schaut zurück auf sein Leben und versucht mit seinem Gott Frieden zu schließen, ihn zu beschwichtigen. Ich hätte das damals nicht in dieser Form machen können, da mir die nötige Erfahrung gefehlt hätte. Ich wollte ihn nicht als rücksichtslosen, kriegerischen König präsentieren, sondern als einen Mann, einen Sohn, einen Bruder, einen Ehemann und Vater. Ich wollte die Beweggründe und Folgen hinter seinen Handlungen zusätzlich beleuchten.
Wie Sie bereits erwähnt haben, übernehmen Sie die konzeptuelle Rolle des Geistes von König Charlemagne. Wird diese Rolle in gesungenen und gesprochenen Parts umgesetzt?
C. Lee: Ja, ich singe und spreche außerdem ein paar Dialoge, die die Story verbinden sollen.
„Charlemagne“ ist ein sehr ambitioniertes Projekt geworden, an dem sich ein Orchester, zwei Metal-Bands und viele verschiedene Musiker eingebracht haben. Wie gestalteten sich die Arbeiten zu dem Album aus Ihrer Sicht? Wie kann man sich Ihre Zusammenarbeit mit den beiden Metal-Bands vorstellen?
C. Lee: Eigentlich waren es sogar drei Metal-Bands, die an der Story von Charlemagne mitgewirkt haben, obwohl letztendlich nur zwei davon auf dem Album „By The Sword And The Cross“ präsentiert werden. Die dritte Band wird dann in der Musical-Version auftreten, um die Story sinngemäß fortzusetzen. Die Geschichte beginnt mit König Charlemagne auf seinem Totenbett. Daher nehmen das Orchester und die Chöre im ersten Akt auch eine zentralere Rolle ein. Im zweiten Akt beginnt sich der Anteil der Bands langsam in die musikalische Umsetzung einzugliedern, um im dritten Akt schlussendlich im Vordergrund zu stehen.
Für die Metal-Musiker war das ganze Projekt sehr schwierig, da sie noch nie zuvor mit einem Symphonieorchester zusammengearbeitet hatten und ihre Rolle eine Art Eingliederung darstellte. Sie sollten eine Erweiterung zu den orchestralen Parts sein und nicht unmittelbar im Fokus stehen. Metal ist sehr kraftvoll, manchmal fehlt aber die Dynamik, welche in den softeren Parts vonnöten ist. Marco Sabiu, der für mich einer der talentiertesten Komponisten der Welt ist, ist ein Mann, der genau weiß, was er will und wie er diese Ziele erreichen kann. „Charlemagne“ ist kein normales Symphonic Metal-Album, auf dem ganz einfach zwei verschiedene Stilistiken zusammengemischt werden. Auf „Charlemagne“ folgt die Musik der Story und die Charakteristik des Metals wird nur an passenden Schlüsselstellen verwendet. Der Prozess ist ähnlich aufgebaut wie das Drehen eines Filmes. Die Kollaboration mit den Musikern stellte für mich aber definitiv einen großen Spaß dar.
Ihren Worten zufolge dürfen Ihre Fans ein äußerst aufregendes Album erwarten. Wie würden Sie das gesamte Songmaterial in Kürze beschreiben?
C. Lee: Es ist ein Film ohne visuelle Elemente. Es schafft genügend Raum für den Hörer und die Hörerinnen, um ihre eigene Vorstellungskraft arbeiten zu lassen und die Story in ihrem eigenen Verstand zu reproduzieren und darzustellen. Die historischen Fakten werden wahrheitsgetreu wiedergegeben, aber im Endeffekt sind es die RezipientenInnen, die letztendlich über die Handlungen von König Charlemagne Urteil ablegen werden.
Um diese historischen Fakten in dieser Form und Ausprägung in das Songwriting einzuweben, dürfte es eine Menge an Komponisten gebraucht haben. Wer war für die Gesamtkonzeption verantwortlich?
C. Lee: Da gibt es sehr viele Menschen, die dafür verantwortlich sind. Zuallererst Einhard, der Charlemagne’s Freund und Biograf war. Er hat alle historischen Fakten aufgezeichnet und die in der Geschichte vorkommenden Charaktere beschrieben. Diese Daten wurden von den Produzenten übernommen, die die Story so überarbeitet haben, sodass ich König Charlemagne spielen kann. Eine junge Frau, die auf europäische Geschichte und die Hintergründe des konzeptuellen Songwritings spezialisiert ist, hat einige Texte beigesteuert. Außerdem war ein Mann namens Ramirez beteiligt, der die Musik und die Lyrics für den fünften Akt und „Iberia“ geschrieben hat, welches die Brücke zum zweiten Teil der Story darstellt. Die Musik ist größtenteils von Marco Sabiu und Ramirez geschrieben worden. Nebenbei gab es auch noch einen Drehbuchautor aus Hollywood, der in die Umsetzung der Musicalversion involviert war und natürlich gibt es noch Dutzende an Personen, die ich an dieser Stelle noch nicht genannt habe.
Die Thematik Musical haben Sie schon zuvor angesprochen. Welche Pläne schweben Ihnen neben der Bühnenumsetzung von „Charlemagne“ in nächster Zeit vor?
C. Lee: Für 2011 wünsche ich mir, dass ich noch immer bei bester Gesundheit bin. Die Premierenfeier der Bühnenversion wird in Deutschland stattfinden und ich werde da sein! Ich bin gefragt worden, ob ich an der Musicalumsetzung als Regisseur mitarbeiten möchte. Ich ziehe es zurzeit durchaus in Betracht, vorausgesetzt ein junger Regisseur übernimmt für mich das Tagegeschäft, die täglichen Verpflichtungen. Außerdem wird der zweite, zusammenhängende Teil der Story als Album in nicht allzu ferner Zukunft auf den Markt kommen.
Darauf freuen wir uns natürlich schon sehr. Sir Christopher, bevor wir dieses Interview beenden, möchte ich Ihnen noch eine persönliche Frage stellen. Welche Musik hören Sie sich privat gerne an?
C. Lee: Ich höre mir sämtliche Werke klassischer Komponisten an, speziell Wagner. Außerdem höre ich gerne Country und Musicals. Wenn es um modernere Stilistiken geht, kann ich mich nur mit Metal identifizieren, wobei ich auch in diesem Bereich sicherlich nicht alle Stilistiken mag. Ich fühle mich mit fantastischen Themen sehr verbunden, daher bevorzuge ich vor allem RHAPSODY OF FIRE und MANOWAR. Nicht nur, weil ich mit ihnen gearbeitet habe, was ich nie getan hätte, wenn mir ihre Musik nicht gefallen hätte! Am heutigen Punkt meiner Karriere werde ich nämlich nur noch Dinge machen, die wirklich zu mir passen und mir gefallen!
Zum Abschluss noch ein kurzer thematischer Wechsel. Können wir Sie in nächster Zukunft wieder in einem Kinofilm bewundern?
C. Lee: Ihr könnt mich in mehreren Filmen sehen. Ich glaube sieben oder acht Filme, an denen ich mitgearbeitet habe, sind gerade in Deutschland angelaufen bzw. erscheinen bald. Zurzeit arbeite ich an drei Projekten und einige werden derzeit verhandelt.
Um ein paar Beispiele zu nennen, die derzeit aktuell sind: „Alice In Wonderland“, „The Heavy“, „The Season Of The Witch“, „The Wicker Tree“, „Boogie Woogie“, „Monstermania“, „The Resident“, „Triage“ und „Burke And Hare“.
An diesem Punkt haben wir leider schon das Ende unseres Interviews erreicht. Möchten Sie noch ein paar Worte an Ihre Fans und unsere Leser richten?
C. Lee: Sehr gerne. Ich habe viel Zeit damit verbracht, in Deutschland zu arbeiten. Aus diesem Grund möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um meinen deutschen Fans für ihre jahrelange Liebe und Unterstützung zu danken, die sie mir entgegengebracht haben. Danke sehr!
Lieber Sir Christopher, es war mir eine große Ehre, mit Ihnen dieses Interview führen zu dürfen. Ich bedanke mich herzlich für Ihre Bemühungen und wünsche Ihnen alles Gute.
C. Lee: Vielen Dank.
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