Children Of Bodom
Interview mit Janne Wirman zum neuen Album "I Worship Chaos"
Interview
Vor einer Woche veröffentlichten die finnischen Melodic-Deather CHILDREN OF BODOM ihr neuntes Studioalbum „I Worship Chaos“ – eine Platte, die der eine oder andere den Mannen um Alexi Laiho wohl nicht mehr zugetraut hätte. Grund genug, um Keyboarder Janne Wirman mal an die Strippe zu holen und ein bisschen über das neue Scheibchen zu plaudern.
Als ich euer neues Album das erste Mal hörte, war ich ehrlich gesagt überrascht, wie frisch und tight die Scheibe klingt. Ich hatte keine großartigen Erwartungen – und wurde dann tatsächlich überrascht, im positiven Sinne. Wie zufrieden bist du mit „I Worship Chaos“?
Haha, natürlich bin ich mit der Platte sehr zufrieden. Das muss ich als beteiligter Musiker ja auch sagen, nicht wahr? Haha, nein ernsthaft. Tatsächlich war ich manchmal nicht wirklich happy mit unseren Alben. Was die neue Platte angeht, denke ich aber, dass wir tatsächlich etwas Großartiges geleistet haben. Ich finde, „I Worship Chaos“ ist wahrscheinlich das beste Album, das wir in den vergangenen zehn Jahren gemacht haben. Wie du schon gesagt hast, es ist nicht einfach, die Dinge frisch zu halten, wenn du schon acht Platten veröffentlicht hast.
Wie habt Ihr diese Frische denn wiedererlangt? Wie habt Ihr euch im Proberaum und im Studio gepusht, um dieses Resultat zu erreichen?
Tatsächlich finde ich, dass genau das immer einfacher wird, je länger du mit denselben Jungs in einer Band spielst. Du wirst immer professioneller, du gehst nicht einfach in den Proberaum und lärmst drauflos. Du weißt, worauf es ankommt, du arbeitest konzentriert und ergebnisorientiert. Monatelang jeden Tag in den Proberaum zu fahren ist wie ein alltäglicher Job für uns geworden. Und ich liebe es, wenn ich einen geregelten Tagesablauf habe, haha. Wenn du älter wirst, nimmst du die Band auch ernster. Du siehst es nicht mehr nur als „Ich will Spaß auf der Bühne haben“-Ding an. Ernsthaft, ich glaube, es fällt uns mittlerweile wesentlich leichter, konzentriert zu sein und Musik zu schreiben und zu arrangieren.
Es gab also keinen musikalischen Masterplan?
Tatsächlich gab es den nicht. Wir haben eigentlich nichts anders gemacht als bei den vorherigen Platten. Wir sind einfach in den Proberaum gefahren und haben angefangen, Musik zu schreiben. Allerdings haben wir bei den Proben diesmal wesentlich mehr aufgenommen. Ich habe die jeweiligen Dateien dann am Abend an die anderen Jungs geschickt, was sicherlich dazu beigetragen hat, dass wir bei den Arrangements wieder eine Schippe drauflegen konnten. Das lief dann irgendwann wie eine geölte Maschine.
Der Begriff „Chaos“ stand für mich nie in irgendeinem Bezug zu CHILDREN OF BODOM. Und ich finde auch, dass die Platte nicht sonderlich chaotisch klingt. Was hat es also mit dem Titel auf sich?
Das ist natürlich im Wesentlichen Alexis Ding. Aber du hast recht, eigentlich war und ist das „Chaos“ nie ein Gegenstand unserer Musik gewesen. Und ehrlich gesagt hoffe ich auch, dass die Hörer die Platte nicht chaotisch finden, haha. Aber ich denke, es passt dennoch irgendwie ins Bild und auch in den Heavy-Metal-Kontext generell.
Beim Mixing und Mastering habt ihr auf bewährtes Personal gesetzt.
Ja, wir haben wieder mit Peter Tägtgren sowie Mikko Karmila und seinem Team zusammengearbeitet, mit denen wir ja schon seit Ewigkeiten unsere Alben machen. Das Artwork hat ein neuer Künstler gestaltet, Tuomas Korpi. Er kommt…ähm…aus Finnland, haha.
Es gibt nicht allzu viele Bands, die es bis zum neunten Studioalbum schaffen. Bist du stolz auf das, was du erreichst hast? Und verspürt Ihr angesichts des „magischen zehnten Albums“ bereits einen gewissen Druck?
Verdammt, du hast recht. Ich habe mir über „das magische zehnte Album“ noch gar nicht so richtig Gedanken gemacht. Aber ja, klar bin ich stolz auf das, was wir erreicht haben. Es ist tatsächlich auch so, dass du solche Dinge erst mit den Jahren zu schätzen lernst. Wir hatten eine wundervolle Zeit mit der Band bis hierher. Wir haben großartige Shows und wahnsinnig coole Touren gespielt. Und je mehr Touren du absolvierst, desto dankbarer wirst du, dass du das alles machen darfst. So sehe ich das jedenfalls.
CHILDREN OF BODOM haben sich seinerzeit des „Mythos Lake Bodom“ bedient, wie viel ist davon heute noch präsent innerhalb der Band?
Natürlich ist das etwas, was nach wie vor da ist. Du musst wissen, dass diese Vorfälle nach wie vor einmal im Jahr durch die finnischen Nachrichten gehen. Aber wir selbst beschäftigen uns nicht Tag und Nacht damit. Aber klar, es ist nach wie vor präsent innerhalb der Band und hin und wieder auch Thema unserer Gespräche.
Du bist seit fast 20 Jahren bei CHILDREN OF BODOM. Welche Entwicklungen innerhalb der Metalszene hast du in den vergangenen zwei Jahrzehnten beobachtet, in positiver wie in negativer Hinsicht?
Nun, die Metalszene lebt ihr eigenes Leben. Trends kommen und verschwinden. Es fällt mir schwer, konkrete Dinge zu benennen, die mir wirklich negativ aufgefallen sind. Das gilt allerdings auch für positive Erscheinungen innerhalb der Szene. Manchmal entsteht eine neue Strömung oder ein neuer Stil, der das Potenzial hätte, um eine richtige Bewegung zu starten. Aber dann verschwindet er wieder in der Versenkung. Und aktuell kann ich nicht Frisches und Neues benennen, das mich wirklich gepackt hat. Aber, weißt du, es ist einfach wie es ist, haha.
Ihr seid eine der verkaufsstärksten Bands Finnlands. Was bedeutet dir das?
Ich habe das Gefühl, dass die finnische Musikszene und die Musikliebhaber in unserer Heimat uns respektieren, sogar die, die mit Metal überhaupt nichts am Hut haben. Ich glaube das ist so, weil wir gewissermaßen Botschafter der finnischen Musik in der Welt sind. In einem Maße, in dem es anderen Bands und Künstlern vielleicht nicht möglich ist. Da bin ich ehrlich gesagt wirklich stolz darauf.
Eure Fans schätzen euch auch für eure herausragenden Fähigkeiten an euren Instrumenten. Wie wichtig ist es, sein Instrument zu beherrschen, um erfolgreich zu werden?
Es ist verdammt wichtig, und zwar für jeden, der in einer Band spielt und da draußen gehört werden will. Vor allem in unseren jungen Jahren haben wir großen Wert darauf gelegt, wir saßen teilweise den ganzen Tag im Proberaum und habe um die Wette geshreddet, haha. Dann, in den verrückten Jahren, mit dem ganzen Alkohol, haben wir es schleifen lassen. Es fühlt sich toll an, nun wieder zusammenzukommen und diesen Dingen wieder Aufmerksamkeit zu widmen. Es ist uns wieder wichtig geworden. Wir hatten diese Phase, aber gut, das passiert eben. Und jetzt sind wir zurück.