Chapel Of Disease
"Das Schöne an dieser Band ist, dass wir Musik machen, die wir selbst mögen und uns herausfordert."
Interview
Genug der Personalia. Lass uns über das Album sprechen. Ich empfinde die Entwicklung vom Vorgänger zu “Echoes …” als sehr organisch und nachvollziehbar, hätte allerdings nicht erwartet, dass ihr euch mit diesem Album schon so weit vom Death Metal emanzipieren würdet.
Ich werde jetzt ganz häufig gefragt, ob ich das Album noch als ein Death-Metal-Album bezeichnen würde. Ganz abgesehen davon, dass ich bei der Frage immer etwas ins Stocken komme, fällt mir dabei auf, dass wir uns einfach sehr wenige Gedanken über die Entwicklung gemacht haben – ähnlich wie bei der “Storm” bereits. Wahrscheinlich kann ich es deshalb auch so schlecht beantworten. Rückblickend verstehe ich natürlich total, was du meinst, aber in dem Prozess selber war es kein konkreter Plan, sich mehr und mehr vom klassischen Death Metal zu lösen.
Das Schöne an der Band war bereits seit einigen Jahren, dass es sehr wenig um fixe Vorstellungen oder Prinzipien ging, sondern immer darum, ob uns die Musik, die wir machen, gefällt und selber herausfordert. Und während ich selber nicht mehr sagen würde, “Echoes …” wäre ein wirkliches Death-Metal-Album, so finde ich, dass man die Band an sich sehr gut hier raushören kann. Man erkennt sie schnell wieder, wie ich finde, was eventuell an das anknüpft, was du oben als organische Entwicklung beschreibst.
Schon beim Vorgänger hatte man nicht unbedingt den Eindruck, dass euch stilistische Grenzen noch irgendwas bedeuten, “Echoes Of Light” hört sich allerdings dennoch viel befreiter an. Außerdem finde ich, dass das Album ein Stückchen “runder” wirkt – die verschiedenen Parts und Übergänge in den Songs fügen sich ein Stück schlüssiger aneinander.
Das finde ich auch und das schließt den Kreis zu dem, was ich vorhin erwähnt habe, als ich davon sprach, dass manche Dinge eben auch “Neuland” für uns waren. Der Fokus verschob sich durchaus etwas mehr auf den Song an sich. Sie sind zwar nicht kürzer geworden, aber dennoch etwas kompakter aufgestellt. Ich persönlich empfand diese Herangehensweise durchaus als Herausforderung. Die “Storm”-Platte ist noch etwas jammiger, die Songs offener gehalten und dieses Mal ist es im gewissen Sinne eben etwas komponierter.
Im gewissen Sinne hat das auch damit zu tun, dass man die Aufgabe hatte, dem cleanen Gesang etwas Platz zu lassen. Da sonst fast durchgehend relativ viel bei uns instrumental passiert, musste man sich stellenweise zurücknehmen und umdenken, damit sich der Song am Ende auch richtig entfalten kann, ohne überladen zu wirken. Und tatsächlich, wie du schon sagst, haben wir dabei über stilistische Einschränkungen nie gesprochen – es geht lediglich darum, ob es sich nach CHAPEL OF DISEASE anhört und ob uns das Material selber gefällt.
“Echoes Of Light” klingt für mich in einem nicht-religiösen Sinne spirituell. Ist das Album noch persönlicher für dich?
Es ist sehr persönlich geworden, was mir jedoch selber erst im Nachhinein so richtig auffällt. Es ist ein Album, das sich selbst reflektiert, seinen Schaffensprozess quasi mit kommentiert. Von den Texten her ist alles sehr eng an persönliche Erinnerungen oder Erfahrungen gekoppelt, weniger allgemein gehalten. Ich persönlich kann jeden meiner Texte mit einem sehr spezifischen Gedanken oder Moment verbinden und weiß, worum es mir ging. Gut finde ich jedoch immer, wenn es so gehalten wird, dass auch jeder Hörer hoffentlich mit dem Gesagten etwas ganz eigenes für sich verbinden kann und eine neue Erfahrungen daraus macht.
Neben der schon vorher deutlich zu hörenden Klassik-Rock-Kante gibt es inzwischen Stellen, die fast schon grungy klingen, so z.B. “Shallow Nights”. Findet inzwischen die gesamte Plattensammlung des Laurent Teubl Einzug in die Musik von CHAPEL OF DISEASE?
Spätestens seit der “Storm” ging eigentlich alles als Einfluss für die Band in Ordnung, egal aus welcher Ecke es kam. Wenn mich etwas inspiriert und mich dazu bewegt, meine Gitarre in die Hand zu nehmen, kann es wo auch immer herkommen. Wichtig ist dann nur, dass man es am Ende zu seinem eigenen Sound macht, man sollte sich nicht wie eine reine Kopie anhören, was ich jedoch bei uns nie als Gefahr gesehen habe. Der Grunge-Verweis zu “Shallow Nights” kam zum ersten Mal bei Michael Zech im Studio auf, was mir vorher nicht zu bewusst war, aber absolut nachvollziehbar ist. Ich persönlich habe den Song beim Schreiben deutlich psychedelische 70s-Vibes vor Augen gehabt, es kam jedoch was anderes dabei heraus. Und genau das meine ich, dass man Inspirationen am Ende zu etwas eigenem verarbeitet und den Ursprung eventuell am Ende gar nicht richtig raushört.
Spannend finde ich auch den Ansatz von “Gold/Dust”. Hätte auch mit den bisher typischen Growls gepasst, aber der inzwischen noch mal verbesserte Clean-Gesang hat seinen ganz eigenen Reiz. Denkst du, auch in diesem Bereich könnte in Zukunft noch mehr Abkehr von traditionellen-Death-Metal-Normen geschehen?
Das stimmt, hier hätte man durchaus auch drüber schreien können, aber es war von Anfang an die Idee da, mit relativ “hartem” Instrumental und ziemlich seichten Vocals zu spielen bei der Nummer. Übrigens wahrscheinlich einer meiner Favoriten auf dem Album, ganz nebenbei. Ob das etwas ist, was man für die Zukunft noch weiter verfeinern könnte, kann ich jedoch gerade noch gar nicht sagen. Ich denke auch hier, dass die Live-Erfahrungen dabei viel zeigen werden.
Ist der Text von “A Death Though No Loss“ so zynisch, wie der Titel vermuten lässt?
Doch, das kann man sagen. “No Loss“ bezieht sich dabei auf die Sicht der Außenstehenden und stellt zeitgleich den Vorwurf des Erzählers an seine Außenwelt dar. Auch diese Nummer ist recht persönlich und ich tendiere immer dazu, nicht allzu viel zu kommentieren, damit alles offen genug bleibt für den Hörer… Und bestimmt auch, weil ich mich nicht immer wohl damit fühle, konkret zu beschreiben, worum es mir geht. Wobei ich auch denke, dass “A Death Though No Loss” durchaus einer der offensichtlichsten Lyrics ist.
Fantastisch ist auch der Sound von Michael Zech. Du hast ja eure vorige Platte allein produziert – welche Gründe gab es, nun wieder ein externes Paar Ohren ins Boot zu holen?
Ich habe Michael Zech im Zuge der Kollaboration mit SULPHUR AEON kennengelernt. Wir haben zusammen den Titeltrack ihres aktuellen Albums geschrieben und für die Aufnahmen bin ich einen Tag runter in den Süden gefahren, um meine Parts einzuspielen.
Ich hatte vorher schon den Gedanken, jemand anderem die Produktion zu überlassen, um mir und auch allen anderen etwas Druck rauszunehmen. Alle drei von uns fanden die Idee gut, wir haben uns sonst schließlich immer selber produziert und sahen es auch als neue Erfahrung an, nun mal jemanden anderen mit reinzuholen.
Ich selber war vorher noch nie in der Situation, mich lediglich auf das Instrument zu konzentrieren, es war immer auch noch die technische Seite dabei, was auch einfach sehr viel werden kann. Zugegeben, ganz abschalten kann man die technische Seite auch einfach nicht, aber Michael hat mir unglaublich viel abgenommen und auch einfach mal Dinge entschieden, für die ich eine Ewigkeit gebraucht hätte… ich tendiere dazu, die Dinge auch zu überdenken. Und da wir nicht nur menschlich, sondern eben auch was die tontechnischen Aspekte anging so gut funktionierten, war es wirklich ein Traum zusammen zu arbeiten und es war das richtige für dieses Album. Ich selber hätte dieses Mal nicht den Überblick behalten können und hätte es generell nicht so klingen lassen können, wir er es am Ende getan hat. Es war insofern ziemlich optimal, da wir beide schließlich das Gefühl hatten, man nehme von der Erfahrung etwas mit.
Werdet ihr “Echoes Of Light” bei Live-Konzerten auch wieder am Stück spielen, wie ihr das damals bei “… And As We Have Seen …” gemacht habt?
Die “Storm” haben wir eigentlich nie ganz am Stück gespielt – “1.000 Different Paths” ist bis heute nie aufgeführt worden. [Shame on me, ich habe die Band auf der Tour zwei Mal gesehen und mir ist gar nicht aufgefallen, dass dieser Song fehlte. – Anm. JW] Aber sonst hast du recht, alle restlichen fünf Stücke wurden gespielt. Aber nein, dieses Mal wird es etwas durchmischter, da man nun auch einfach das Material von der “Storm” weiter mit einbeziehen will und es dann ganz schnell zu knapp wird, was die Spielzeit betrifft bei der Länge unserer Songs. Ich glaube auch, dass man sich hier etwas finden müssen wird, verschiedene Dinge ausprobieren und gucken muss, was gut harmoniert und was eventuell weniger gut klappt.
Ich hätte tatsächlich auch Lust, die ein oder andere Nummer von unserer zweiten Platte in der Setlist beizubehalten. Wir werden sehen, wie sich was anfühlt und demnach die Setlist immer wieder anpassen. Ich habe letzten durch Zufall die Setlist unseres Release-Gigs von der “Storm” in Köln gefunden und war sehr überrascht, welche Nummern wir dort teilweise noch live gespielt haben, die später überhaupt nicht mehr für uns in Frage kamen.
Welche weiteren Pläne habt ihr für die nähere Zukunft?
Live spielen und es abgesehen davon möglichst entspannt angehen. Vorab wenig über weitere Pläne nachdenken, sondern alles erstmal sacken lassen und gucken, wie sich alles anfühlt. Alles andere wird sich dann ergeben und man wird schon wissen, was zu tun ist.
Vielen Dank für deine Zeit. Die letzten Worte gehören dir.
Vielen Dank für das Interview. All hail the Plexi!
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Stile | Art Rock, Classic Rock, Gothic Metal, Heavy Metal, Progressive Death Metal |
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