Cavalera Conspiracy
Cavalera Conspiracy

Interview

Sie sind wieder da! Nach über 10 Jahren Funktstille zwischen den beiden Brüdern, können die Fans nun endlich wieder aufatmen: Die Cavaleras sind zurück! Und natürlich haben die Jungs eine neue Platte im Gepäck. Iggor Cavalera stand uns Rede und Antwort.

Iggor, ich denke mit der Nachricht, dass ihr beiden Cavaleras wieder zusammenarbeitet, habt ihr die Herzen der Fans von SEPULTURA sowie auch SOULFLY höher schlagen lassen. Aber wie ist es dazu gekommen, dass ihr beiden euch wieder vertragen habt? Habt ihr euren Zoff endlich zu Grabe getragen?

Nun, mein Wunsch war es natürlich die ganze Zeit über, dass Max und ich wenigstens familiär wieder vereint sein könnten. Es hatte eigentlich gar nichts mit der Musik zu tun, denn als ich mit ihm wieder in Kontakt kam, hatte ich SEPULTURA bereits verlassen. Zu der Zeit war ich mit meinen anderen Projekten beschäftigt, die in eine ganz andere Richtung gehen. Na ja, ich rief ihn jedenfalls irgendwann an und wollte wieder eine Verbindung zu ihm aufbauen. Später dann, als wir uns sozusagen wieder vertragen haben, fingen wir an, über Musik zu reden. Und so wurde dann die Idee von CAVALERA CONSPIRACY geboren. Ich möchte aber nach wie vor betonen, dass die Schlichtung zwischen uns nichts mit Musik zu tun hatte, ich wollte einfach wieder mit ihm zusammen sein.

Und wer hat den größten Teil zur Idee von CAVALERA CONSPIRACY beigetragen?

Max war eigentlich die treibende Kraft zu dieser Band. Und ich habe mich sehr über diesen Vorschlag gefreut.

Hattet ihr denn in den 10 Jahren nach seinem Ausstieg bei SEPULTURA gar keinen Kontakt? Oder habt ihr euch hin und wieder mal gesehen?

Nein, ich habe lediglich immer wieder bei meiner Mutter nachgefragt, wie es Max geht usw. Gesprochen haben wir in der Zwischenzeit überhaupt nicht.

CAVALERA CONSPIRACY hören sich für mich nach den klassischen SEPULTURA an, gemischt mit einer Prise modernen Songwritings. Die ganze Platte ist mit Hits gespickt, die an der richtigen Stelle zünden und sofort in den Kopf gehen. Besonders Songs wie „Inflikted“, „Sanctuary“, „Terrorize“, „Black Ark“ oder „Must Kill“ z.B. sind einfach gnadenlose Thrash-Granaten. Wann habt ihr diese Stücke geschrieben und was waren die größten Einflüsse dabei?

Max schickte mir eine CD mit einem Haufen Riffs, ohne Gesang. Zu der Zeit war ich gerade wieder in Brasilien und dachte über die passenden Schlagzeugparts und dem Arrangement nach. Als wir dann ins Studio gingen, machten wir die Songs eigentlich ziemlich spontan fertig. Natürlich hat sich Max viele Gedanken um die Gesanglinien und Texte gemacht, das war kein Schnellschuss. Aber da das Grundgerüst stand, war das Ausarbeiten nicht mehr sonderlich schwer. Jeder kam mit seinen Ideen ins Studio und zusätzlich erhielten wir noch Feedback von Joe (Duplantier, Bass) und Mark (Rizzo, Gitarre). Tja, und dann machten wir uns an die Aufnahmen. Supersimpel!

Haben du und Max „Infliked“ quasi im Alleingang geschrieben oder waren auch die anderen Bandmitglieder richtig involviert?

Hauptsächlich ist das Album aus unseren Ideen entstanden. Aber wie gesagt, Mark und Joe haben auch ihren Teil dazu beigetragen.

Versteht ihr CAVALERA CONSPIRACY nun als Band oder seht ihr es eher als ein Projekt von euch beiden?

Das ist eine gute Frage, über deren Thema wir schon währen der gesamten Promotiontour sprechen. Es ist auf jeden Fall mehr als ein Projekt, da wir nicht nur ein Album aufnehmen werden und uns dann wieder anderen Themen auf Dauer widmen. Wir legen derzeit unser Hauptaugenmerk darauf. Auf der anderen Seite ist CAVALERA CONSPIRACY aber auch keine Band, mit der wir uns 24 Stunden am Tag beschäftigen werden, da wir auch andere Dinge zu erledigen haben. Ich denke, CAVALERA CONSPIRACY ist eine Art Mix zwischen einem Projekt und einer Band. Eine ganz neue Form wenn du so willst.

Wer ist denn sonst noch bei CAVALERA CONSPIRACY involviert?

Eigentlich nur noch die erwähnten Joe Duplantier und Mark Rizzo, der ja auch bei SOULFLY aktiv war. Das ist das Team. Dann hatten wir noch einen Gast an Bord, nämlich Rex Brown von PANTERA.

Die Aufteilung zwischen euch ist aber die gleiche geblieben, so dass du Schlagzeug spielst und Max die Gitarre und das Mikro bedient?

Yep, so ist es.

Wird es denn eine richtige Tour geben, um das Album zu promoten?

Klar, im Moment planen wir eine Art Comebacktour, und zahlreiche Auftritte auf Festivals (derzeit sind CAVALERA CONSPIRACY u.a. beim Graspop Metal Meeting bestätigt, Anm. d. Red.) sind vorgesehen.

Was meinst du denn, welche Reaktion eure Zusammenarbeit im Lager von SEPULTURA verursacht hat, gerade im Bezug auf Derrick Green? Wird die neue Situation irgendwelche Ereignisse in naher Zukunft mit sich bringen, welche die Besetzung von SEPULTURA betreffen?

Keine Ahnung. Wie ich bereits sagte, verließ ich SEPULTURA bevor ich mit Max wieder in Kontakt gekommen bin. Ich habe keine Idee, was kommen wird oder wie die Reaktionen meiner ehemaligen Mitstreiter waren.

Okay. Hast du die musikalischen Ergüsse von SOULFLY denn in irgendeiner Weise beachtet?

Hm, nein, nicht wirklich. Ich habe zwar ein paar Songs gehört und eben den Kram, den meine Mutter mir vorspielte.

Was denkst sind die Gründe, warum SEPULTURA mit Derrick Green nicht mehr so erfolgreich waren, als in Zeiten mit Max?

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung (lacht).

Lag es vielleicht an der allgemeinen Entwicklung? Ich meine, selbst Bands wie ANTHRAX oder SLAYER verkaufen mittlerweile nicht mehr so viele Scheiben, wie es noch Anfang der 90er der Fall war. Könnten Trends dafür verantwortlich gewesen sein oder sind die Platten mit Derrick nicht mehr so gut wie die Veröffentlichungen mit Max?

Das ist schwer zu beantworten. Ich denke, dass jeder seine eigene Meinung dazu hat. Genau beantworten kann das wohl niemand. Weißt du, das ganze Musikbusiness ist zeitweise total verrückt. Es gibt so viele fantastische Platten die ich mag, die sich jedoch nicht verkauft haben. Und andererseits gibt es so viel Schrott, der sich millionenfach verkauft, was ich nie begreifen werde. Ich für meinen Teil versuche einfach, nicht dahinter zukommen (lacht). Es ist einfach verrückt.

SEPULTURA waren ja von Beginn an eine Art Trendsetter im Metal. Ihr habt genrefremde Elemente benutzt wie z.B. Tribes oder Junglevibes. Wart ihr euch immer darüber bewusst, dass ihr etwas ganz Neues schaffen werdet oder kamen diese Faktoren zufällig in eure Musik?

Nun, wir waren eigentlich immer für neue Sachen offen. Klar war auch, dass nicht jeder das mögen würde, was wir da fabrizieren. Wir haben auch immer berücksichtigt, dass wir mit unserer Musik nicht jeden zufrieden stellen würden, aber uns war das egal. Dass wir eine Art Pionierarbeit leisten, lag auf der Hand. Ebenfalls der Zustand, dass wir junge und neue Bands beeinflussen würden. Aber dafür haben wir das alles nicht gemacht. Wir mochten die Experimente, den Einsatz von verschiedenen Elementen.

Hat es denn vergleichbar mit damals wieder Spaß gemacht, zusammen mit Max die Songs für CAVALERA CONSPIRACY zu schreiben? Können wir also davon ausgehen, dass ein weiteres Album definitiv folgen wird?

Es hat sehr viel Spaß gemacht. Und vor allem hat es sich sehr von der Arbeit unterschieden, die ich jemals davor gemacht habe. Max denkt übrigens genauso. Diese Band hat ein cooles Format, was mir sehr gefällt. In Bezug auf eine zweite Platte kann ich dir jetzt noch nichts sagen. Das neue Album ist noch gar nicht veröffentlicht. Es fällt mir schwer eine Aussage dazu zu treffen, wann und wie wir eine weitere Scheibe veröffentlichen werden. Auf jeden Fall ist „Inflikted“ keine Eintagsfliege, soviel ist sicher.

Also können all diejenigen verstummen die der Meinung sind, dass eure Zusammenarbeit nur des reinen Geldverdienens unterlegen ist?

Auf jeden Fall.

Verfolgst du eigentlich die momentane Metalszene? Kennst du all die neuen, hungrigen Bands, die auch garantiert SEPULTURA als Einfluss haben?

Soll ich ehrlich sein? Ich habe nicht allzu viel neues Zeug gehört, aber von dem was ich gehört habe, war ich nicht sonderlich begeistert. Ich höre Metal nun schon eine sehr lange Zeit, habe ihm aber nicht mehr so viel Beachtung geschenkt wie früher.

Ich weiß jetzt nicht genau, ob es wahr ist, aber Gerüchten zufolge verbringst du deine Zeit auch als Techno-DJ?

Nee, also richtiger Techno ist das nicht. Es ist richtig, dass ich auch elektronische Musik mache. So ein Electro-Clash-Zeug eben. Die Musik enthält aber auch ein paar ziemlich harte Elemente. Ich bin als DJ jedoch schon eine längere Zeit unterwegs, auch bevor ich SEPULTURA verließ, habe ich mich anderer Musik gewidmet, bei der u.a. auch meine Frau mitwirkt. Wir haben auch schon mal ein paar Shows zusammen gespielt.

Siehst du denn vielleicht in der Zukunft ein Zusammentreffen von SOULFLY und SEPULTURA auf einer Bühne?

(lacht) Keine Ahnung. Das liegt nicht in unserem Fokus. Was ich sagen kann ist, dass der Gedanke, dass ich wieder bei SEPULTURA einsteigen würde, mir sehr seltsam vorkommt. Ich möchte eigentlich etwas Neues machen und schaue momentan nicht zurück. Bei CAVALERA CONSPIRACY konzentrieren wir uns auch auf die Vibes, die nicht SEPULTURA oder SOULFLY betreffen.

Und für mich als Fan vom klassischen SEPULTURA Sound, hören sich die neuen Songs einfach nur geil an!

Ich bestreite auch gar nicht, dass wir sind wer wir sind. Aber es macht mir einfach Freude, neues Zeug zu schreiben, anstelle den alten Kram zu spielen.

Würdest du mir vielleicht verraten, was genau die Gründe waren, die deinen Ausstieg von SEPULTURA ausgelöst haben? Mittlerweile hast du doch bestimmt genug Abstand zu der Sache!

Es waren eigentlich ganz klassische Gründe. Ich war einfach müde. Müde vom Touren und dem ganzen Brimborium. Außerdem wollte ich mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Mein damaliges Projekt war ja eine Zusammenarbeit mit meiner Frau. Wenn ich unterwegs war, dann war sie immer dabei. Bei CAVALERA CONSPIRACY möchte ich es genauso halten. Wenn wir auf Tour gehen, dann möchte ich meine Familie dabei haben. Es ist der einzige Weg, wie ich das alles schaffen kann. Ich habe keine Lust mehr darauf, dass es sich so verhält, wie die ganzen Jahre mit SEPULTURA auf Tour.

Gibt es denn zwischen dir und den Jungs von SEPULTURA böses Blut oder seid ihr in aller Freundschaft auseinandergegangen?

Nun, ich würde es nicht gerade Freundschaft bezeichnen. Wie ich schon sagte, ich habe mich einfach distanziert, da ich nicht mehr das machen wollte, was die Jungs vor hatten. Es gab keine Grabenkämpfe zwischen uns. Wir haben uns einfach auseinanderentwickelt. Wir lebten in verschiedenen Welten.

Wenn ich richtig informiert bin, dann lebt Max in der Südhälfte von Nordamerika…

Er lebt in Arizona.

…und du lebst immer noch in Brasilien?

Ich lebe in Sao Paulo. Joe lebt in Frankreich und Mark Rizzo lebt in New York. Es ist eine sehr komplizierte Band (lacht).

Wie oft schafft ihr es dann euch zu treffen oder zu proben?

Wir proben nie. Niemals. Noch nie. Wir haben das Album ohne jegliche Einarbeitung eingespielt. Nur für unsere erste Show in Phoenix haben wir geprobt…beim Soundscheck. Wir arbeiten hauptsächlich spontan, und es funktioniert.

Oh, dann kann man euch durchaus gute musikalische Fähigkeiten zusprechen.

(lacht) Das hoffe ich doch! Nach all den Jahren hoffe ich doch, dass ich als Musiker ein gewisses Können erarbeitet habe.

Wenn du auf deine Karriere im Musikbusiness zurückschaust, was waren deine persönlichen Highlights?

Das Beste an meiner Karriere ist, dass ich heute machen kann, was ich mag. Die Musik spielen kann, die mir gefällt. Und natürlich ist es klasse, dass ich meine Familie finanziell unterstützen kann. Ich muss mir keinen Job suchen…und das ist das Beste. Ich kann mich Dingen widmen, die ich liebe. Musik. Ich kann da sein für meine Frau, meine Kinder und meine Mutter. Das ist toll. Alles, was um mich herum passiert ist cool, klar. Shows zu spielen macht Spaß, Reisen sind blöd (lacht), wenn du verstehst. Im Flugzeug zu sitzen und weit, weit weg von zu Hause zu sein gefällt mir nicht so sehr. Wenn ich diese ganzen Dinge jedoch zusammen betrachte, dann bin ich am Ende des Tages ein glücklicher Mensch.

Tja, du gehörst zu den wenigen Menschen auf der Welt, die machen können, was sie wollen.

Ja, uns es erfüllt mich schon ein wenig mit Stolz, dass ich so leben kann.

Sind denn deine Kinder schon in dem Alter, dass sie Musik hören?

Klar, sie sind alle auf dem Weg dorthin. Wie du vielleicht weist, habe ich fünf Kinder zwischen elf und zwei.

Mögen sie denn die Musik ihres Vaters?

Nicht wirklich (lacht). Sie mögen THE BEATLES. Das ist ihre Lieblingsgruppe.

Na, das ist doch schon mal eine Basis, auf der man bauen kann.

Genau. Das ist zwar musikalisch ein ziemlicher Unterschied zu meiner Mucke aber, hey, ich bin Happy darüber, dass sie Musik hören, die Inhalt hat. Es ist gute Musik. Es kann natürlich auch sein, dass sie eines Tages Kram von BRITNEY SPEARS hören, was mich ziemlich traurig machen würde. Sie mögen auch Rockmusik, wenn auch nicht gerade die schwere Kost. Sie sind auf dem richtigen Weg. Vielleicht werden sie in der Zukunft ja mal sagen „Hey, die Musik von Daddy ist ja doch cool!“ (lacht). Ich zwinge sie jedoch nicht dazu, meine Musik zu hören.

Das Einzige was du zu befürchten hast ist doch, dass eines Tages ein Kind von dir mit dem Cover von „Arise“ zu dir kommt und fragt: „Was sollte das denn bloß?“.

Dann kann ich ja ganz einfach erklären, dass ich eines Tages schlechte Meeresfrüchte gegessen habe und davon einen Albtraum hatte.

Ist das wirklich der Hintergrund des Covers?

Nein, aber das ist meine Interpretation davon (lacht). Bestimmt hatte mal jemand schlechte Austern gegessen und im Schlaf vom Ozean geträumt. Und heraus kam das Cover. Böse Meeresfrüchte! Das bedeutet „Arise“ für mich.

Iggor, vielen Dank für das Interview.

Ich habe zu danken. Wir sehen uns!

10.03.2008
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