Cattle Decapitation
Wie Death-Metal, Kühe und Vegetarismus zusammenpassen

Interview

Cattle Decapitation sind schon auf den ersten Blick was nicht wirklich alltägliches. Alleine schon die netten Gore Cover, durch die den Jungs bisher der Weg nach Europa etwas verschlossen blieb, sind ein Erlebnis für sich. Aber auch der zweite Blick lohnt sich und man entdeckt einige unerwartete Seiten an den Jungs aus den USA. Ich habe mich mit Sänger Travis unterhalten und einige nette Details erfahren. Aber lest selbst und lasst euch überraschen, wie Death-Metal, Kühe und Vegetarismus zusammenpassen.

Norman: Hallo Travis – Na wie stehen die Aktien? Ich hoffe das neue Album ist bis jetzt gut durchgestartet, auch wenn es erneut Probleme bezüglich des Artworks gab.

Travis: Jawoll! Es ist alles in geordneten Bahnen. Leider wurde auch das Artwork der neuen Scheibe nicht von SPV für Europa freigegeben, was natürlich nicht förderlich ist. Wir sollten einfach mal zu euch rüber kommen und ein paar Liveshows spielen und die Leute von unseren Qualitäten überzeugen.

N: Da Ihr nicht zuletzt durch diesen Umstand noch recht unbekannt seit in Deutschland, stell dich und die Band kurz vor und erzähl etwas über die bisherige Geschichte der Band.

T: Ich für meinen Teil hab den Gesangspart inne, Troy Oftedal am Bass und Mike Laughlin am Schlagzeug bilden die Rhythmusabteilung, Josh Elmore bedient den 6-Saiter. Was die Geschichte der Band angeht, so geistern wir schon ne ganze Weile durch die Szene, bis wir bei Metal Blade gelandet sind, bei denen wir nun auch schon mit Humanure das zweite Album am Start haben. Auf dem neuen Album ist auch mit Mike am Schlagzeug unser letzter Neuzugang zu hören, der den alten Drummer ersetzt, welcher aufgrund grundlegender Meinungsverschiedenheiten was das Touren angeht, die Band verlassen musste.

N: Cattle Decapitation (deutsch: Viehenthauptung) ist auch für eine gestandene Death/Grind Band ein nicht gerade alltäglicher Name. Was habt ihr euch bei dem Namen gedacht, bzw. was wollt wollt ihr damit ausdrücken.

T: Es ist so ne Art Ironie, die man wieder nicht verstehen will. Alle in der Band sind Vegetarier und das ist verdammt nochmal Death-Metal. All unsere Texte drehen sich um die kleinen alltäglichen Gräueltaten und den Niedergang der Gesellschaft.

N: Nochmal auf den Split mit eurem letzten Mann an der Schiessbude zurückzukommen. Warum habt ihr euch letztendlich von ihm getrennt?

T: Er wollte einfach nicht touren, was uns immer mehr auf der Stelle treten ließ. Außerdem hatte er noch einige andere Dinge am Laufen. Er ging, heiratete und wurde Vater, was die Situation für uns verschlechterte und uns um einige Chancen brachte. Wenn man sich vorstellt, dass es nach wie vor einige Manager und Agenturen gibt, die sich weigern mit uns zu arbeiten, da wie drei wirklich große Touren absagten, kann man sich denken, wie idiotisch wir uns verhalten hatten und warum es letztendlich zum Split gekommen ist.

N: Aber nun zurück zur Musik. Travis was denkst du über das neue Album und wo kommen eure Einflüsse her?

T: Ich mag das Album wirklich sehr. Natürlich denkt man oft später man hätte hier oder da etwas ändern oder besser machen können, aber genau diese Momente gibt’s es für meinen Geschmack sehr wenige auf Humanure. Humanure ist in allen Belangen einfach besser und reifer geworden als der Vorgänger To Serve Man. Das Drumming, die Produktion, einfach das gesamte Album ist schlüssiger geworden. Unsere Einflüsse sind eigentlich recht vielschichtig und reichen von Gore-Metal über Hardcore bis hin zu Rock. Hardcore und rock spielt aber nicht vordergründig eine Rolle in unserer Musik.

N: Eine ganz interessante Sicht ist immer die der Musiker zu den eigen Stücken. Würdest du bitte den einen oder anderen Song des Albums aus deiner Perspektive schildern.

T: Mein persönliches Highlight ist Polyps. Es war das letzte Stück, welches geschrieben wurde und wenn ich mich recht entsinne, entstand es auch noch in der Zeit, als Travis seinen Arm gebrochen hatte. Dieser Song wird euch richtig in den Arsch treten. Textlich gesehen sind vor allem The Earthling und Cloacula: The Anthropophagic Copromatik ziemlich aufreibend. Viele der Songs sind dieses Mal ziemlich melodisch ausgefallen und erinnern an den Song Chunk Blower von To Serve Man. Aber ich verspreche euch – noch immer brutal as shit.

N: Das Album ist in Zusammenarbeit mit Bill Metoyer entstanden, der sich auch für Szenegrößen wie Six Feet Under oder gar Slayer verantwortlich zeichnet. Wie würdest du die Zusammenarbeit mit ihm bezeichnen und wie hat er das Endergebnis von Humanure beeinflusst?

T: Es war einfach unglaublich mit ihm zu arbeiten. Wir hatten jede Menge Spaß und hoffen schon jetzt ihn auch für die Zukunft gewinnen zu können. Er hatte einfach das gewisse Händchen, die Songs auf das Wesentliche zu reduzieren und das aus uns und den Songs herauszukitzeln, was wichtig ist. Er ist einfach ein unglaublicher Mann an den Reglern. Bis auf die Schlagzeugspuren wurde das gesamte Album bei mir zu Hause aufgenommen. Bill brachte einfach sein mobiles Studio zu mir und richtete sich für über einen Monat häuslich ein, was natürlich eine klasse Atmosphäre geschaffen hat.

N: Viele Menschen beschrieben eure Musik als eine Mischung aus Cannibal Corpse und Carcass. Langweilt es euch nicht langsam immer diesen Vergleich zu hören oder habt ihre euch mittlerweile daran gewöhnt bzw. empfindet es als eine Ehre.

T: Yez man – es sind immer genau diese beiden Bands, aber weißt du, was das eigentlich Lustige daran ist – wir klingen nicht mal annähernd nach einer der beiden Bands, noch nach einer Mischung aus den beiden Bands. Ich denke für meinen Teil, dass der Vergleich hauptsächlich daher kommt, dass wie ähnliche Ansatzpunkte haben, was dem lyrischen Inhalt angeht, wie die beiden genannten Kapellen.

N: Zurück zu euren Covern, dessen Inhalt euch doch mehr oder weniger einige Schwierigkeiten bringt. Blut und dieser typische Gore-Stil ist auf all euren Coverbildchen zu finden. Hast du oder die Band eine gewisse Vorliebe für diese Darstellungen oder hat das Ganze einen tieferen Sinn, wenn man das so bezeichnen kann?

T: Na wir sind schließlich eine Death-Metal Band und was soll das Resultat einer Death-Metal Band sein – ganz genau – Brutalität. Dieser Umstand und eben meine gezielte Vorliebe für Tot, Brutalität und Anatomie sind ein Grund für die Darstellungen auf den Covern. Mit den Bildern möchte ich einfach die Menschen auf der einen Seite verwirren, ja vielleicht sogar abschrecken, aber auf der anderen Seite auch in einer gewissen Weise neugierig machen und faszinieren. Die Menschheit verurteilt solche Darstellungen, kann sich ihnen aber auch nicht entziehen und man lässt sich fesseln. Die Menschen sind schon echt seltsame Wesen.

N: Die Lyrics gehen ja in eine ähnliche Richtung oder?

T: Ja durchaus und wie ich schon sagte, ich will einfach die Menschen provozieren, ich will, dass sie sich ekeln und wenn du das richtig anstellst, dann kann sich das durchaus auch bezahlt machen (lacht).

N: Du hast vorhin schon kurz angesprochen, dass ihr alle Vegetarier seit. Wie kam es dazu – so als blutige Death-Metal Band?

T: Yep das sind wir alle zusammen. Fleisch ist einfach widerlich. Ich habe schon immer so gedacht habe aber als Kind Fleisch gegessen, weil ich es einfach musste. Schau dir doch, an was alles mit dem Fleisch passiert bevor du genüsslich darauf rumkauen kannst. Das alleine ist schon Grund genug, dich dagegen zu entscheiden.

N: Aber jetzt mal ehrlich, wenn man sich die Cover anschaut, die das liebe Vieh in ziemlich heiklen Situationen darstellt und man weiß, dass ihr Vegetarier seid, kann einem das doch etwas komisch vorkommen, oder nicht?

T: Naja ein paar wenige Personen sind es schon, aber weißt du, die verstehen einfach keine Ironie oder wollen es einfach nicht, also scheiß drauf. Andere wiederum erkennen an den Bildern was wir wollen und sagen von sich aus – ja die müssen Vegetarier sein. Der dritte Kreis hat nur mal was darüber gehört und stempelt uns als Tiermörder ab. Die Menschen sind einfach dumm und genau das versuche ich in beinahe jedem Lied zum Ausdruck zu bringen.

N: Beim Durchstöbern eurer Seite viel mir ein Link zur Tierschutzorganisation PETA auf. Seit ihr bei ihnen engagiert?

T: Naja wir haben einwenig gesprochen und sie haben uns dann mit einigen Sounds versorgt für das Outro von Humanure. Es handelt sich dabei um Tiere im Schlachthaus.

N: Es besteht also durchaus das Problem, dass man euch falsch verstehen, kann durch die zuvor beschriebenen Aspekte und eine Kategorie einordnet, obwohl ihr genau das Gegenteil darstellt.

T: Ja Mann – die Leute verstehen einfach die Ironie nicht, das ist das größte Problem.

N: Genug davon zurück zu euch und dem doch etwas vernachlässigten Tourleben. Ihr wart kürzlich mit den hoffnungsvollen Newcomern von Black Dahlia Murder in den USA unterwegs. Wie war die Tour für euch? Vielleicht gibt’s auch ein paar pikante Details zu erzählen?

T: Die Jungs sind verdammt cool aber eben auch noch verdammt jung und wenn sie etwas getrunken haben sie auch ganz schön nervig werden, aber sie sind einfach cool. Sie haben mich richtig überrascht. Ich muss zugeben ich dachte sie sind ein wenig spießig, aber es war genau das Gegenteil. Der letzte Tag der Tour war in Alberquerque, ich kann leider nicht in die Einzelheiten gehen, aber Junge es war verrückt (lacht).

N: Wie schaut es aus, habt ihr endlich vor bei der nächsten Tour einen Abstecher nach Europa zu machen?

T: Oh ja – ich kanns dir sagen, wir werden versuchen, dieses Jahr zu euch zu kommen. Auch Japan ist ganz oben auf meiner Liste, was die Zukunftspläne angeht.

N: Was habt ihr euch noch vorgenommen für die Zukunft?

T: Wie bereits gesagt, raus aus den USA nach Europa und Japan. Das sind unsere Hauptpläne, was die Band angeht in der Zukunft.

N: Nenne mir 5 deiner Lieblingsalben.

Carcass – Symphonies Of Sickness
Coroner – R.I.P.
Swans – Soundtrack For The Blind
Beck – Western Harvest Field By Moonlight
Beck – Golden Feelings

N: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für die Zukunft. Wie hoffen euch bald auf deutschen Bühnen sehen zu können.

T: Vielen Dank – wir werden kommen!

07.07.2004
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