Carpenter Brut
"Es wäre ein Traum, mal mit Dave Gahan von DEPECHE MODE zu arbeiten"
Interview
Gerade haben CARPENTER BRUT ihr famoses Album „Leather Terror“ veröffentlicht. Mastermind Franck Hueso wurde daraufhin von uns mit ein paar Fragen heimgesucht – und insbesondere zu den vielen gelungenen Gastauftritten, den anstehenden Tourplänen und dem CARPENTER BURT-Maskottchen Bret Halford befragt.
metal.de: Zunächst Glückwunsch zu „Leather Terror“! Eine unterhaltsame Reise mit etlichen Höhepunkten, insbesondere dem Mittelteil von „Widow Maker“, dem starken „Imaginary Fire“ und nicht zuletzt „Lipstick Masquerade“. Was treibst Du gerade, direkt nach der Veröffentlichung des Albums?
Carpenter Brut: Danke erstmal für das positive Feedback! Im Augenblick arbeite ich an meinen Live-Shows, ich bereite die Setlist vor und ich arbeite mit Dehn Sora und Polygon1993, die sich um die visuelle Gestaltung kümmern. Wie Du siehst: Ich stehe nicht still. Ich hätte schon gern eine Pause, aber das muss wohl bis November warten, der ersten Unterbrechung der Tour.
Lass uns mal mit den Gastauftritten auf „Leather Terror“ beginnen. Insbesondere die Beiträge weiblicher Künstlerinnen sind herausragend. Wie bist Du auf die Idee gekommen Kathrine Shepard von SYLVAINE in deine Arbeit einzubinden? Und wo hast Du die tolle Stimme von PERSHA entdeckt?
Ich wollte einen Song auf dem Album haben, der sich mit elterlicher Liebe beschäftigt, der Abhängigkeit von Bret Halford, dem Protagonisten der Leather-Trilogie, von der Zuneigung seiner Mutter. Also brauchte ich eine reine Stimme, sehr himmlisch. Ich schätze die Arbeit von SYLVAINE sehr, also kontaktierte ich sie und erklärte das Konzept der „Leather Terror“-Story und was ich von ihr erwartete. Und so lieferte sie diesen tollen Gesangspart und schrieb auch noch die Texte. Bei PERSHA war das etwas gewöhnlicher, weil sie unser Label No Quarter Prod anschrieb und sich als Sängerin bewarb. Meine Frau, die das Label managt, hörte sich ihre Songs an und mochte ihre Stimme sofort, sie spielte mir das Material vor. In ihrer Stimme erkannte ich das Potential einen MADONNA-ähnlichen Pop-Song zu machen – und so war LIPSTICK MASQUERADE geboren.
Wie hast Du Greg Puciato zu fassen gekriegt und ihn überzeugt mit dir gemeinsam an einem Album von CARPENTER BRUT zu arbeiten? Alex Westaway (GUNSHIP) und Kristoffer Rygg (ULVER) scheinen eine offensichtliche Wahl, aber ein Sänger aus dem Hardcore scheint doch eher ungewöhnlich…
Also eigentlich hatte ich „Imaginary Fire“ für Chino Moreno (DEFTONES) geschrieben, mit dem wir über eine Beteiligung am neuen Album gesprochen haben. Aus zeitlichen Gründen hat das nicht geklappt, also fragte ich Ben Koller (CONVERGE), ob er jemanden wüsste, der den Gesang zu „Imaginary Fire“ beisteuern könnte – und er schlug mir sofort Greg Puciato vor. Ben brachte uns dann in Kontakt und wir arbeiten zusammen – ausschließlich per Text-Nachrichten (lacht). Greg lieferte sofort das Hauptthema des Songs, er sagte, sein Gehirn sei „on fire“ (lacht). Weißt Du, Gregs Stimme hat eine enorme Variabilität und Vielfalt, das hört man bei THE DILLINGER ESCAPE PLAN auch durchaus. Es gibt wenige Dinge, die ihm gesanglich Angst machen, denke ich.
Wen würdest Du eigentlich als Beitrag zu deiner Arbeit oder eine Kollaboration auswählen, wenn Du eine Wahl frei hättest – realistisch oder nicht? Also eine Zusammenarbeit von CARPENTER BRUT und KING DIAMOND in einem okkulten Horror-Setting wäre doch eine tolle Sache.
Ohne jegliches Zögern würde ich Dave Gahan von DEPECHE MODE wählen. Es wäre natürlich ein Traum, weil ich wohl nicht die Art von Künstler bin, mit der er arbeiten würde (lacht). Aber ja, Dave Gahan wäre eine Errungenschaft für mich, danach könnte ich wohl mit allem aufhören (lacht). Ich bin ein großer Fan von DEPECHE MODE. Martin Gore an Gahan sind Genies. Und eine andere Zusammenarbeit, die leider unmöglich ist: Peter Steele. [Und das hätten wir wirklich gern gehört; Anm. der Red.]
Mit Greg Puciato und Johannes „Jonka“ Andersson (TRIBULATION), der vorpreschenden und treibenden Energy eines Thrash-Metal-Albums und einigen düsteren Elementen hat „Leather Terror“ viele Elemente eines guten Metal-Albums – und wird auch einige Metalheads begeistern. Wieviel Metal ist denn in der DNA von CARPENTER BRUT enthalten?
Ich selbst bin im Metal verwurzelt seit meiner Kindheit. Das erste Metal-Album, das ich als Kind in den Händen hielt, da war ich so acht Jahre alt, war „Seventh Son Of A Seventh Son“ von IRON MAIDEN. Weißt Du, ich bin ein großer IRON MAIDEN-Fan. Als Teenager entdeckte ich dann meine Zuneigung zu Thrash, Death, Black Metal und Grindcore. Und dann, in meinen Zwanzigern, hörte ich eine Menge Hardcore und Post-Hardcore. Wie Du siehst habe ich Metal und extreme Musik in meinem Blut, auch wenn ich nicht ausschließlich Musik aus diesen Genres höre. Ich mag auch Prog Rock, Pop, Electronica, Funk – Elemente, die man auch deutlich in meinen Songs hört. Ich würde sogar sagen, mit CARPENTER BRUT stelle ich die Musik, die ich mag, zur Schau.
Es ist Dir sehr gut gelungen, die Besonderheiten und Trademarks deiner Gäste hinsichtlich deren Stimme und dem Stil ihrer eigenen Projekte in den Sound von CARPENTER BRUT zu integrieren. Aber wie entwickelst Du einen Song mit Gast-Beitrag? Entwickelst Du den Song, nachdem Du weißt, wer singen soll? Oder hast Du einen fertigen Song oder eine Idee davon und wählst den Gesang danach aus?
Also wenn ich einen Song schreibe, dann habe ich erstmal zwei Möglichkeiten: Instrumental oder mit Gesang. Wenn ich mich für einen Song mit Gesang entscheide, dann habe ich schon jemanden im Hinterkopf. Aber natürlich jemanden, mit dem ich auch realistisch arbeiten kann, ansonsten würde ich mir alle meine Songs mit Dave Gahan vorstellen (lacht). Und wenn derjenige als Gesangsbeitrag nicht verüfgbar ist, dann suche ich jemanden in der selben Spannbreite. Nur beim Track „The Widow Maker“ ging ich von Till Lindemann zu Jaz Coleman (KILLING JOKE) um dann mit Alex Westaway (GUNSHIP) den Song zu machen. Drei komplett unterschiedliche Ausrichtungen (lacht).
Das führt mich zu einer generellen Frage: Was ist deiner Meinung nach die Essenz eines guten Albums?
Gute Frage… Über allem steht ein guter Aufbau, eine gute Tracklist, sodass das Ganze stimmig und schlüssig wirkt. Aber vor allem ist ein gutes Album eines, das du persönlich gern hörst, wieder und wieder, egal was andere oder Kritiker dazu sagen.
Nun steht der Live-Auftritt wieder auf der Menükarte – zumindest sieht es so aus und wir alle hoffen, dass es auch so bleibt. CARPENTER BRUT spielen erst live in den USA und touren dann im Herbst durch Europa. Hat dir das Live-Auftreten gefehlt – und wie sehr ist CARPENTER BRUT überhaupt ein Live-Act?
Also um ehrlich zu sein: Nein, mir hat das Auftreten nicht so gefehlt (lacht). Weißt Du, ich bin ein Homeboy, mehr der Studio- als der Bühnentyp. Mein Zuhause zu verlassen ist nicht leicht für mich, denn es bedeutet Erschöpfung und Stress. Also, wenn ich wählen könnte, dann würde ich daheim bleiben. Also Nein, CARPENTER BRUT sind keine Live-Band, soweit es mich betrifft. Aber: Ich freue mich immer, Leute zu treffen. Die Fans singen und tanzen zu sehen, wie sie eine gute Zeit haben, ist mir ein Vergnügen. Und nebenbei: Nach all den Jahren Covid und Covid-bezogenen Einschränkungen haben wir alle ein bisschen Party und Spaß nötig.
… und welche Songs von „Leather Terror“ werden es auf die Setlist schaffen? Welchem würdest Du du meiste Live-Energie zuschreiben?
Pssssst, das ist ein Geheimnis…
Lass und doch noch einen Blick auf Bret Halford und dessen Geschichte werfen. Wie wurde die Geschichte und die Idee eines Band-Sängers/ Verrückten/ Studierenden der Wisschenschaften geboren und was kann man von ihm in der Zukunft erwarten?
Das entstammt alles meiner Vorstellung. Ich wollte eine Hommage an meine eigene Vergangenheit mit den Horror- und Slasher-Movies der 1980er schaffen. Als Kind und Teenager schaute ich eine Menge davon. Ich war – und bin es immer noch – ein Fan von Gore und sarkastischen Filmen. Wenn Du keinen Sinn für Humor hast, dann kann man keinen Slasher-Movie genießen, denke ich.
Also bevor ich „Leather Teeth“ schrieb, hörte ich mir 1980er-Rock-Playlists an, und da war eine Menge Glam-Rock drin (RATT, QUIET RIOT, MÖTLEY CRÜE etc.), eine Menge JUDAS PRIEST dazu, aus der „Screaming For Vengeance“-Ära. So kam die Idee eines klischee-beladenen Szenarios für „Leather Teeth“, wo der Hauptcharakter Bret Halford (eine Kombination von Bret Michael und Rob Halford – aber das habt ihr bestimmt schon erraten.. (lacht)) ein Geek und Glam-Rock-Fan ist, der sich in ein Cheerleader – Kendra – verliebt, die aber verliebt ist in Chip, den populären High-School-Quarterback. Ein Liebes-Dreieck, indem Bret der Verlierer ist und ständig geärgert und gehänselt wird vom High-School-Football-Team.
Im Nachfolger „Leather Terror“ nun ist Bret ein Star geworden mit seiner Glam-Rock-Band LEATHER PATROL. Er wird von allen verehrt, aber er hat Kendra nicht vergessen und auch nicht all die Erniedrigungen durch Chip und das Football-Team. Er sinnt nach Rache.
Der letzte Teil der Reihe, wird in der nahen Zukunft spielen (denkt an das Cover von „Somewhere In Time“ von IRON MAIDEN). Am Ende von „Leather Terror“ gelingt es Kendra zu entkommen, indem sie Bret in einen Kühlraum einschließt. So wird er eingefroren, wie Jack Torrance im Film THE SHINING. 300 Jahre später erwacht Bret aus seinem Kälteschlaf in Folge eines weltweiten Energie-Ausfalls. Er findet eine neue, futuristische Gesellschaft vor, mit Clans, Horden…
Danke vielmals für deine Zeit und dieses Interview. Hast du noch ein paar berühmte letzte Worte?
„Famous Last Words“… ist das nicht ein Album von SUPERTRAMP?