Capra
Lass die Vergangenheit sterben

Interview

CAPRA legen mit ihrem Debüt „In Transmission“ eine alles andere als gewöhnliche Platte vor. Die Band vermeidet gewohnte Songstrukturen und haut Hörenden eine halbe Stunde pure Wut um die Ohren. Sängerin Crow Lotus verleiht in jedem Track ihrem Frust über die Welt ausdruck. Wir baten die Sängerin zum offenen Gespräch über Ängste, Inspiration und die Überwindungder Vergangenheit.

CAPRA und die Pandemie

Hey Crow, das erste CAPRA-Album „In Transmission“ ist vor Kurzem erschienen. Vergangenes Jahr hattet ihr bereits die beiden Songs „Torture Ship“ und „Paper Tongues“ als EP veröffentlicht. Warum sind beide trotzdem auf der Platte gelandet?

Wir wollten „Torture Ship“ und „Paper Tongues“ immer auf dem Album habe, aber wir lieben sie so sehr, dass wir sie einfach schon vorab veröffentlichen mussten. Außerdem wollten wir etwas haben, das wir vorzeigen können, weil wir bis dato noch keine Musik veröffentlicht hatten.

Den Großteil des Albums habt ihr im Dezember 2019 aufgenommen, aber drei Songs musstet ihr während der Pandemie aufnehmen. Wie hat sich das auf die Tracks ausgewirkt? Der Aufnahmeprozess hat sich vermutlich anders abgespielt.

Wir nahmen „Mutt“, „Transfiguration“ und „Deadbeat Assailant“ etwas später als die anderen Songs auf und zu diesem Zeitpunkt hatte ich damit angefangen, mit einem etwas anderen Gesangsstil zu experimentieren. Deswegen habe ich das Gefühl, dass der Gesang in diesen drei Songs anders klingt als auf dem Rest des Albums. Außerdem haben wir unsere Spuren für diese Tracks jeweils alleine aufgenommen, was sich ein wenig seltsam anfühlte.

Lieber laut als leise

Habt ihr noch ein paar überschüssige Songs? Oder befindet sich auf „In Transmission“ alles Material, das ihr aktuell habt?

Es gibt definitiv ein paar fertige Songs, die es nicht aufs Album geschafft haben, weil sie unserem Gefühl nach weder musikalisch noch lyrisch zum Rest passten. Wer weiß, vielleicht tauchen diese Songs irgendwann noch mal als Bonustracks oder Singles wieder auf.

Das Album zeichnet sich durch pure Energie aus, was manchmal überwältigend wirkt. Habt ihr darüber nachgedacht, auch ein paar softere Tracks zu schreiben, um das Ganze etwas aufzulockern?

Hm, nicht wirklich. Nichts von dem, worüber wir schreiben, fühlte sich nach etwas an, dass auf eine softe Art gesagt werden könnte.

CAPRA legen etwas Theatralik drauf

Die meisten Songs auf „In Transmission“ folgen nicht der typischen Strophe-Refrain-Struktur. Habt ihr euch bei Songwriting bewusst für diesen Weg entschieden oder hat sich das einfach bei der Arbeit am Album entwickelt?

Tatsächlich macht es diese Art der Struktur auf instrumenteller Eben schwierig, Texte dazu zu schreiben. Es ist einfach, Lyrics zu schreiben, die zu einer klaren Struktur passen, aber es nicht so einfach, zu Songs mit solch vertracktem Timing zu schreiben. Doch mir gefällt diese Unberechenbarkeit der Songs, da sie wiedergibt, wie sich das Leben und Emotionen anfühlen.

Das Video zu „The Locust Preacher“ ist sehr düster und verstörend. Was war die Idee für den Clip? Und wie ist er mit dem Songtext verbunden?

Die Lyrics zu „The Locust Preacher“ basieren auf meinen Erfahrungen mit Schlafparalyse, womit ich zu kämpfen habe, seit ich jung war. Ich wollte beschreiben, wie sich das anfühlt, in diesem Zustand zu sein, hilflos und entsetzt. Das Video basiert lose darauf, wurde aber natürlich um ein wenig Theatralik erweitert.

„Paper Tongues“ handelt von der manchmal schwierigen Beziehung zwischen dir und deiner Mutter. Wie hat das deinen Lebensweg beeinflusst?

Ich habe Jahre gebraucht, um bestimmte Unsicherheiten abzulegen, aber ich denke, meine Kindheitserfahrungen haben aus mir eine sehr viel unabhängigere Person gemacht.

„Red Guillotine“ handelt von der anhaltenden Belästigung und Unterdrückung, die Frauen in unserer Gesellschaft erleben. Welche Erfahrungen hast du in der Musikszene, von der du Teil bist, dahingehend gemacht?

Egal um welche Kunstform es geht, ist es unbestreitbar, dass Frauen mit der Lupe betrachtet werden, vor allem in einer Szene, die so von Männern dominiert ist. Mich inspirieren viele Metal-Künstler, die zufällig Männer sind, aber es wird Zeit, dass Frauen im Metal nicht länger als Gimmick wahrgenommen werden. In einer Szene, die inklusiv sein sollen, sollten diese Dynamik uns allen Sorgen bereiten.

Ohne Absurdität geht’s nicht

Viele der Texte auf „In Transmission“ behandeln persönliche Probleme von dir. Wie fühlst du dich damit, so viel von deinem Inneren nach außen zu kehren?

Es ist ein wenig beängstigend, sich vor Fremden so verletzlich zu zeigen, doch zum Leben und Erwachsenwerden gehört es, solche Ängste zu überwinden. Mich treibt der Gedanke an, dass ich durch die Überwindung der Vergangenheit eine Inspiration für andere Menschen sein kann, die die gleichen Erfahrungen durchleben.

Der letzte Song des Albums trägt den Titel „Samuraiah Carey“, was sicherlich manche an Pop-Sängerin Mariah Carey erinnern wird. Ein so humorvoller Titel kommt im Kontext von „In Transmission“ recht überraschend. Was steckt dahinter?

Das ist wirklich nur ein Witz. Es steckt eine große Geschichte dahinter und der Titel hat nichts mit dem Songtext zu tun. Wir mussten einfach einen absurden Songtitel auf dem Album haben, sonst hätte es sich nicht richtig angefühlt.

28.04.2021

"Irgendeiner wartet immer."

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