Cannibal Corpse
Von unvorstellbarer Gewalt und Teddybären
Interview
Heute ist Releasetag! CANNIBAL CORPSE bringen ihr fünfzehntes Studioalbum „Violence Unimagined“ auf den Markt und anlässlich der Veröffentlichung des erneut starken Albums, baten wir Schlagzeuger und Gründungsmitglied Paul Mazurkiewicz zum Interview. Der war sichtlich gut drauf und beantwortete mit Freude unsere Fragen.
Hey Paul, wie geht es dir?
Danke, mir geht es gut, ich halte durch, immer vom einen Tag zum nächsten.
„Violence Unimagined“ ist euer fünfzehntes Studioalbum. Was kannst du mir über den Schreib- und Aufnahmeprozess erzählen? Ich kann mir vorstellen, dass es dieses mal etwas anders lief als sonst.
Ja, ein bisschen, aber es war auch viel wie immer. Natürlich haben wir jetzt Erik [Rutan, Gitarre] in der Band, welcher seinen eigenen Stil mit in die Band einbringt, was aufregend ist. Er hat für das Album drei Songs geschrieben. Ansonsten war beim Schreiben alles so, wie es sich in den letzten 10, 15 Jahren eingependelt hat. Alex [Webster, Bass] schreibt seine Songs, Rob [Barrett, Gitarre] schreibt seine Songs und so weiter.
Zum Glück waren wir in der Lage, alles aufzunehmen. Das Studio war für April 2020 gebucht und als im März alles anfing, steckten wir mitten in den Vorbereitungen. Es gab natürlich eine große Unsicherheit, ob das Studio schließt oder so. Glücklicherweise befindet sich es aber hier in Florida, quasi nur die Straße runter und wir konnten pünktlich mit den Aufnahmen beginnen. Lediglich Alex konnte seine Bass-Spuren nicht hier bei uns aufnehmen, sondern hat sie in seinem Heimstudio in Portland, Oregon aufgenommen. Alles in allem hatten wir echt Glück.
Ist es schwierig, nach so langer Zeit neue Ideen für Texte zu finden, wenn die Themen auf Gewalt und Horror beschränkt sind?
Eigentlich kommen uns immer zur rechten Zeit gute Ideen, die immer etwas anders sind als das, was wir bisher gemacht haben. Wir haben auch auf diesem Album ein paar interessante Aspekte. Normalerweise nutzen wir nichts, was zu nah an der Realität dran ist, es ist meistens Fiktion. Dieses Mal haben wir aber mit „Follow The Blood“ einen Song mit recht realistischer Kriegsthematik, das haben wir so noch nicht gemacht. Die Pandemie hat uns zu „Condemnation Contagion“ inspiriert.
Es finden sich natürlich auch die üblichen Tötungsorgien, die für CANNIBAL CORPSE typisch sind, auf dem Album, aber der Vorteil an mehreren Songwritern ist, dass man mehr Ideen hat. Wenn nur einer sich um die Songs kümmern würde, würden die Ideen vielleicht eher ausgehen. Aber so kommt meistens genau dann etwas hervor, wenn du dir gerade denkst: „Hm, worüber könnte ich mal schreiben?“.
„Violence Unimagined“ hat wieder ein zensiertes Cover für Deutschland. Nachdem einige Alben ein auf der Welt einheitliches Cover hatten, seid ihr wieder zum Zwei-Cover-System zurückgekehrt. Warum?
In einer perfekten Welt wollten wir für kein Album zwei Cover haben. Als wir unser Debüt rausbrachten, hatte es dieses eine Cover und das war es. Aber dann kam unser zweites Album und unser Label meinte, dass das verboten werden könnte. Also wurde es in einer Art Papierhülle verpackt, die das Cover verdeckte. Bei unserem dritten Album war es dann bereits bekannt, dass es Probleme mit dem Cover geben könnte, also gab es dafür dann direkt eine zensierte Version.
Für „Violence Unimagined“ war klar, dass wir ein richtig krankes Cover entwerfen mussten. Der Titel bedeutet „unvorstellbare Gewalt“ verdammt noch mal. Es kann kein subtiles Cover sein, es muss intensiv sein. Wir wollten ein brutales, old-school-Cover machen. Und, wir dachten das wäre das Ende vom Lied, keiner dachte darüber nach, dass wir in dieser Zeit noch zensiert werden würden.
Also sendeten wir dieses eine Cover zu Metal Blade und was kam als Antwort? „Leute, wir brauchen eine zensierte Version, Deutschland wird das nicht akzeptieren.“. Ich meine, welches Jahr haben wir, das ist doch lächerlich. Also haben wir ein zweites Cover nachgereicht.
Es hat ja auch etwas Gutes, es ist schließlich ein zweites Stück Kunst dabei herausgekommen. Das hilft vielleicht beim Marketing oder beim Merchandise, aber eigentlich möchtest du, dass das eine, brutale Cover auch das einzige ist. Nimm‘ es an oder lass‘ es. Ich denke, jeder Fan von CANNIBAL CORPSE würde das Cover ohne weiteres nehmen. Nur gewisse Regierungen sehen das vielleicht anders.
Versucht ihr immer, euer letztes Album zu toppen? Und gibt es eins, das einen speziellen Platz in eurem Herzen hat?
Klar versuchen wir uns immer zu verbessern, wir wollen kein Album veröffentlichen nur, weil es mal wieder Zeit dafür ist. Wir wollen immer das Beste schreiben, was wir schreiben können. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Ich denke, wir werden immer besser als Songwriter, gerade in den letzten Jahren.
Was die speziellen Alben angeht hat natürlich unser Debüt immer einen besonderen Platz in meinem Herzen. Es ist einfach etwas Besonderes, zum ersten Mal die eigene Musik auf den Markt zu bringen, das fühlt sich unglaublich an.
Wenn ich versuche, mich in die Fanperspektive zu begeben und so zu tun, als hätte ich auf den Alben nicht mitgespielt, würde ich sagen „The Bleeding“ ist ein großartiges Album mit vielen, tollen Songs. „Kill“ ist noch so eins und ich liebe auch immer noch „Red Before Black“. Es mischt die alten und die neuen CANNIBAL CORPSE ziemlich gut zusammen.
Hat euch die Pandemie ansonsten hart getroffen? Hier in Deutschland hört man, sie wäre in den USA massiv außer Kontrolle geraten. In Anbetracht dieser Tatsache: Wie wollt ihr das Album promoten?
Es ist schwer zu sagen, alles ändert sich so schnell. In den USA behandelt jeder State die Pandemie anders, Texas hat kürzlich alles geöffnet, Florida hat schon länger alles offen, New York oder Kalifornien waren dahingegen ewig im Lockdown. Das ist verrückt, weil Leute die Krankheit immer noch bekommen und daran sterben.
Ich denke, du solltest klug handeln. Bleib sicher, triff Vorkehrungen wenn du rausgehst. Ich wurde persönlich aber nie getestet, daher kann ich auch nicht sagen, ob ich es hatte. Wer weiß. Aber wir sind auf einem guten Weg mit den Impfungen, der Präsident sagte wir werden Ende Mai für jede*n eine Dosis haben.
Was die Promotion angeht, gehen wir normalerweise direkt nach dem Release auf Tour und das wird natürlich nicht passieren. Manche Bands wollen auch gar nichts neues veröffentlichen, wenn sie damit nicht touren können. Wir haben uns aber gedacht, dass es eh schon über drei Jahre her ist, dass wir etwas veröffentlicht haben und das ist eine lange Zeit.
Ich denke, es ist wichtig für die Fans, neue Musik zu bekommen, auch wenn du keine Tour hast, um das Album zu promoten. Und wenn du dir die Vorverkäufe anguckst, die in astronomische Höhen steigen, frage ich mich, woher die Promotion kommt, ohne Tour und ohne etwas anderes als die erste Single, die wir veröffentlicht haben. Der Vorverkauf läuft jetzt schon besser als bei „Red Before Black“. Wir bringen also unsere Videos raus, dann das Album und irgendwann können wir auch wieder auf Tour gehen.
Kennst du die Memes über CANNIBAL CORPSE und wie findest du die?
Ich schaue nicht regelmäßig nach, aber natürlich weiß ich ungefähr, was da abgeht. Ich bin ein bisschen geschmeichelt, dass es Memes über uns gibt. Einige sind sehr lustig, wie zum Beispiel das mit George und Jon Schaffer.
George liebt seine Gewinnspiele, er möchte einfach etwas gewinnen, dabei ist ihm der Preis egal. Und wenn er etwas gewonnen hat, möchte er auch allen zeigen, was er gewonnen hat und so kam das Foto zustande. George ist einfach ein großer Teddybär, auch wenn man vielleicht das Gegenteil denkt.
Was hältst du von CANNABIS CORPSE?
Noch eine Schmeichelei. Ich kenne die Jungs und die haben uns damals tatsächlich gefragt, ob wir das okay finden, wenn sie den Bandnamen benutzen. Es gab zwar ein paar Nachrichten wie „Ich dachte, ihr spielt heute Abend!“, auf die ich dann „Nein, du musst richtig lesen, es ist CANNABIS CORPSE, nicht CANNIBAL CORPSE!“ antwortete, aber das waren Kleinigkeiten.
Aber wir fühlten uns geehrt und haben gesagt, sie sollten das ruhig machen und wenn wir es nicht okay gefunden hätten, hätten sie es auch nicht gemacht. Klar ist es lustig, dass sie Weed-Parodien unserer Songtitel machen.
Danke dir für deine Zeit, Paul, die letzten Worte kannst du an eure Fans in Deutschland richten.
Wir bedanken uns bei euch für die Unterstützung. Ohne unserer Fans in Deutschland und auf der Welt, wo würden wir sein? Deutschland hat eine großartige Metal-Community, was würde Metal ohne die deutsche Community sein? Wir freuen uns, wenn wie wieder kommen dürfen. Die Unterstützung bedeutet uns viel.