Callenish Circle
Drummer Gav über "Pitch.Black.Effects"
Interview
CALLENISH CIRCLE gehören mittlerweile zur Speerspitze des europäischen Metals und haben sich diese Position mit konstant weit überdurchschnittlichen Alben redlich verdient. Mit „Pitch.Black.Effects“ steht das neue Album mittlerweile in den Regalen und weiß an vielen Stellen mit neuen Ideen zu überzeugen, die dem Metal neues Leben einhauchen. Ich habe mich mit dem sehr sympathischen Drummer Gav über die Band und die sehr interessante Geschichte hinter dem neuen Album unterhalten. Aber lest selbst.
Norman: Hey togeter. Ich hoffe, es geht Euch gut soweit. Wart ihr sehr aufgeregt, was den Release des neuen Albums anbelangt?
Gav: Wir waren wirklich richtig nervös bei dieser Veröffentlichung. Ich muss zugeben, dass es bei diesem Album ein bisschen anders war, da wir wussten, dass die Scheibe schon stückweise verschieden war zu der Musik, die wir bisher gemacht hatten. Aber wir sehen das eher als Prüfung. Viele Leute schreiben, dass wir das beste Album bisher eingezimmert haben. Einige, wahrscheinlich die, die mehr in den konventionellen Death Metal Klängen verwurzelt sind, haben schon das eine oder andere Problem mit der Scheibe. Was ich weiß, ist, dass wir uns mit diesem Album sehr vertraut fühlen. Wir haben bereits einige Stücke des neuen Albums live gespielt und es hat wirklich gerockt, das kann ich dir versichern.
Norman: Als ich zum ersten Mal in das Album reingehört hatte, war der erste Gedanke „Wow, jetzt haben die Jungs endlich ihren Stil gefunden“. Versteh mich bitte nicht falsch, jedes Album hatte wirklich großartige Momente, aber „Pitch.Balck.Effects“ ist einfach anders und noch reifer. Gav, was denkst du, ist der Grund dafür, oder seid ihr einfach nur älter geworden?
Gav: Nun, mein Antrieb ist hauptsächlich der, sich als Musiker und Songwriter zu entwickeln. Und ja, wir sind wirklich älter und reifer geworden. Als wir das Album geschrieben haben, konzentrierten wir uns mehr auf den Groove als auf rasende Geschwindigkeit. Wir haben uns selbst herausgefordert und wollten wissen, ob es möglich ist, ein hartes Album zu machen, ohne nur auf das Stilmittel Geschwindigkeit zu setzen. Außerdem haben wir etwas mehr auf Synth-Elemente gebaut, was in meinen Ohren sehr erfrischend klingt. Ein weiter Unterscheid liegt darin, dass wir die Songs in anderer Weise arrangiert haben, als noch bei den letzten Alben. All diese Faktoren tragen maßgeblich dazu bei, dass das aktuelle Album schlicht besser ist als die letzten. Es macht mich einfach stolz, wenn ich sehe, dass wir bei unserem fünften Album noch immer an Bedeutung gewinnen und klasse Kritiken bekommen.
Norman: Das sehe ich absolut auch so wie du. Ich denke es ist heute nicht mehr so selbstverständlich, dass eine Band ihr Niveau halten kann oder gar noch steigern kann. Was bedeutet denn eigentlich der Albumtitel?
Gav: Das ist eine lange Geschichte, aber du hast es so gewollt…haha. Vor ein paar Jahren war ich in Berlin und habe dort das jüdische Museum besucht. Neben der ganzen jüdischen Geschichte, war der wohl beeindruckenste Teil, so schlimm es auch ist, die Zeit rund um den Holocaust. Ein Raum des Museums war so gestaltet, dass der Besucher zumindest nur annähernd nachempfinden konnte, wie es damals gewesen sein muss, in einem der Camps gefangen zu sein. Man muss sich vorstellen, in einem Betongebäude gefangen zu sein, dunkel, kalt, nass, alleine und das einzige kleine Licht ist so weit entfernt, dass man es nicht erreichen kann. Das hat mich richtig beeindruckt und als ich vor einiger Zeit ein Gedicht las, hat es mich sofort an diesen Besuch erinnert. Das Gedicht handelte von einem Menschen in einer schier ausweglosen Situation, der seine Energie aus den wirklich kleinen Dingen des Lebens zieht, wie der kleine Lichtstrahl der sich am Morgen den Weg durch die Dunkelheit bahnt. Das Gedicht beschrieb auf symbolische Weise den Weg von der kompletten Dunkelheit (pitch black) ins Licht. Wenn man das wörtlich nimmt, reagiert das Auge sehr Extrem und es gibt einen starken Effekt (pitch black effect). Der Song „Schwarzes Licht“ handelt übrigens auch davon.
Norman: Wirklich sehr interessant. Damit haben wir auch in gewisser Weise deinen persönlichen Part in diesem Album. In welcher Form repräsentiert das Album die anderen Mitglieder?
Gav: Natürlich hat jeder seinen Anteil am Album. Es ist wirklich schwierig, das Album auf eine Ebene herunter zu brechen, so dass man es jedem Mitglied zuordnen könnte. Nun, die Hauptsongwriter sind Ronny und ich. Wir beide sind ziemlich aufgeschlossene, was andere Ideen angeht, die auch abseits des melodischen Death Metals liegen. So viel zum Sound des Albums.
Wenn man allerdings die Lyrics genauer betrachtet, gibt es nicht sehr viele persönliche Erlebisse, die darin verarbeitet werden würden. Es ist mehr eine Sammlung von Eindrücken aus unserer Umgebung oder auch Shows aus dem TV. Somit sind die Texte nicht sonderlich repräsentativ für die einzelnen Mitglieder.
Norman: Wie du schon sagtest sind hauptsächlich du und Ronny für das Schreiben neuer Stücke verantwortlich. Wie läuft das generell ab und habt ihr gewisse Eigenheiten beim Schreiben eines Albums?
Gav: Puhhh…schwer zu sagen. Du meinst so etwas wie man kommt mit Frauenkleidung ins Studio? (lacht) Nein, ganz so aufregend ist es nicht. Jeder macht das, was er am besten kann. Keine ausgefallenen Sachen und komische Rituale.
Norman: Woher nehmt ihr die Inspiration für ein neues Album oder für eure Musik generell?
Gav. Ich würde sagen meine Inspiration und Energie schöpfe ich aus dem täglichen Leben. Ich versuche mich so wenig wie möglich von anderem Bands beeinflussen zu lassen. Deshalb höre ich auch kaum Metal während wir uns ein neues Album vorbereiten. Das ist einfach gut, um nicht zu offensichtlich fremde Einflüsse in die Musik zu bringen. Die Hauptinspiration für dieses Album kommt von mehr experimenteller Musik, die nicht so festgelegt ist in ihren Arrangements. Ich weiß, wir sind auch nicht gar so experimentierfreudig, aber es hilft, nicht den gleichen Weg zu gehen wie andere Bands auch. Wir versuchen die Sache aus einem etwas anderen Blickwinkel zu betrachten.
Norman: Ihr habt meines Wissens nach mit Tue Madsen gearbeitet, der so in der letzten Zeit eine Menge gemacht hat. Was war für euch der Grund mit ihm zu arbeiten?
Gav: Wohl weil wir seinen Sound richtig gerne mögen. Er schafft es einen rauen und zugleich transparenten Sound zu kreieren. Viel zu viele Platten klingen einfach überprodudziert in der letzten Zeit und genau das wollte ich vermeiden.
Norman: Ich mag den Sound auch ziemlich gerne und er hat zweifelsfrei seinen eigenen Stil, den man immer erkennt. Auf der anderen Seite ist es eben auch vielleicht ein Problem, wenn man sofort sagen kann, dass das Album von Tue gemixt wurde. Seht ihr das mehr als Vorteil oder eher als Nachteil?
Gav: Nun, ich denke Tue verpasst jeder Band einen ganz eigenen Sound. Aber da ist schon was dran, er macht sehr viel und entwickelt so seinen ganz eigen „Tue-Sound“. Aber ich denke wir haben das verhindert, indem wir das Album mit Gail Liebling aufgenommen haben. Man sollte die Aufnahmen nie unterschätzen. Wir haben eine Menge Zeit auf diesen Teil verwendet. Wir gingen gar so weit, dass wir bei Gitarren, die uns nicht gefallen haben nicht einfach an den Reglern gedreht haben, sondern die Parts neu eingespielt haben.
Norman: Noch mal zum Song „Schwarzes Licht“, den du bereits erwähnt hattest. Erzähl noch ein wenig über den Song und warum er phasenweise in Deutsch ist.
Gav: Wie schon gesagt hat der Song als Hintergrund den Museumsbesuch und das Gedicht, was dann auch zum Albumtitel geführt hat. Die weibliche deutsche Stimme haben wir deshalb gewählt, da sie sehr gut zu der Hintergrundstory passt. Es ist wirklich schwer zu erklären und ich will damit sicherlich auch niemanden in irgendeiner Form zu nahe treten.
Norman: Was wolltet ihr unbedingt in das neue Album einfließen lassen?
Gav: Ich denke das Wichtigste war, dass wir nicht ein zweites „My Passion – Your Pain“ machen wollten. Das Album ist klasse, keine Frage, aber es ist Vergangenheit. Wir haben ganz neue Sachen ausprobiert. Das Schreiben des neuen Albums sollte eine Herausforderung für uns sein. Wir haben das durch die modernen Einflüsse glaub ich auch ganz gut erreicht, indem wir sie passend in die Songs integriert haben.
Norman: Ihr seid ja nun schon ne Weile bei Metal Blade. Wo liegen die Hauptunterscheide zu eurem alten Label DSFA?
Gav: Ich würde sagen, seit wir bei Metal Blade sind, haben sich ganz andere Möglichkeiten eröffnet. Wir haben ein gutes Budget, alles läuft einfach prima. Alles ist super arrangiert und wir können uns wirklich nicht beschweren. Wir können nur nach vorne sehen und eben weiterhin fetten Metal machen.
Norman: ich hab vor einiger Zeit ein Interview von euch gelesen, in dem ihr sagtet, dass es ein Traum wäre irgendwann mit METALLICA auf der Bühne zu stehen. Seid ihr eurem Traum ein bisschen näher gekommen?
Gav: METALLICA sollten richtig dankbar sein, wenn wir sie als Support nehmen würden…hahaha.
Norman: Hahaha, ja ganz bestimmt. Aber Spaß beiseite, war die Band ein großer Einfluss für Euch?
Gav: Ja sicher, sie haben eine Menge Bands in irgendeiner Form beeinflusst. Ich war zu den Hochzeiten ein großer METALLICA Fan. Ich hab mal früher in einer Band gespielt in der wir neben eigenen Stücken ne Menge METALLICA Material gezockt haben. Ich fand Lars Ulrich immer klasse und ich glaube gewisse Einflüsse sind geblieben.
Norman: Was war das letzte Album, das dich richt weggeblasen hat und warum?
Gav: Das neue NEVERMORE Album! Es ist großartig und eben ganz typisch NEVERMORE. Außerdem AUDREY HORNE, eine neue Band bestehend aus Mitgliedern von ENSLAVED und GORGOROTH. Es ist nicht wirklich Black oder Death Metal, sondern einfach sehr gut gemachte Musik.
Norman: Was bedeutet Metal für dich?
Gav: Metal bedeutet für mich eine starke Form sich auszudrücken und Musik auf einem energetisch sehr hohen Level zu spielen. Metal sitzt bei mir sehr tief und er ist auch sehr schwer dort herauszubekommen.
Norman: Gibt es schon Infos zur einer Tour?
Gav: Eine ganze Tour ist nicht geplant. Wir werden eine kleinere Tour spielen. Außerdem werden wir PARADISE LOST auf ihrer Mexiko Tour supporten. Ich freue mich schon richtig darauf. 2006 werden wir hoffentlich das eine oder andere Festival spielen können, was nicht ganz so leicht ist, da wir alle ganz reguläre Jobs haben. Somit ist es nicht ganz so leicht etwas zu planen, aber wir werden kommen.
Danke für das Interview!