Callejon
Interview mit Gitarrist Bernhard zu "Zombieactionhauptquartier"
Interview
Nach dem Deal mit Nuclear Blast ist es endlich soweit, „Zombieactionhauptquartier“ steht kurz bevor. Es hat sich eine Menge getan im Hause CALLEJON. Ihr neustes Album klingt spritzig, frisch und stellt einen Großteil der Metalcore-Veröffentlichungen in diesem Jahr in den Schatten. Grund genug, ein paar Fragen nach Köln zu schicken, Gitarrist Bernhard war so freundlich, diese ausführlich zu beantworten.
Ich hoffe doch, ihr befindet euch alle wohlauf.
Danke, soweit ist alles super.
Da ich mir die öde Frage nach der Bandbio klemmen möchte, steigen wir doch direkt mal mit eurem Vertrag bei Nuclear Blast ein. Ich war ehrlich überrascht, dass ihr bei den Donzdorfern unterschrieben habt. Wie kam der Kontakt zustande und seid ihr bisher zufrieden mit ihrer Arbeit?
Zuerst hatte unser Verlag bei Nuclear Blast angefragt, und als diese dann Interesse bekundet hatten, sind wir nach Donzdorf runtergefahren und haben uns mit ihnen getroffen. Uns war ziemlich schnell klar, dass wir den Deal bei ihnen machen wollten, weil sie genau verstanden haben, was die Idee und das Konzept hinter CALLEJON ist und wo die Band hin will.
Wir sind bisher mehr als zufrieden mit der Labelarbeit, und natürlich ist es auch ein geiles Gefühl, wenn Du auf einem Label unter Vertrag bist, das so viele wichtige und beeindruckende Bands am Start hat. Wir fühlen uns in der familiären Atmosphäre von Nuclear Blast absolut wohl, insofern hat sich unsere Entscheidung als die absolut richtige herausgestellt.
Ein weiterer, sicherlich nicht unwichtiger Punkt, war, dass Sven die Band im letzten Jahr verlassen hat. Mit Bodo Stricker habt ihr einen würdigen Nachfolger gefunden. War die Suche nach einem neuen Mann schwierig und hat sich der Gute bis jetzt gut in die Band integriert?
Die Suche nach dem geeigneten Drummer hat sich in der Tat schwieriger gestaltet, als wir gedacht hätten. Wir hatten einige Leute zum Vorspielen im Proberaum, doch irgendein Faktor war immer störend, ob es das Spielerische war, die Persönlichkeit, die nicht mit uns zusammengepasst hat oder einfach berufliche Verpflichtungen und zu weite Entfernungen. Bodo kannten wir ja bereits von der Wintertour mit LAST ONE DYING, er wohnt ebenfalls in Köln und dass wir persönlich und spielerisch zusammenpassen, war ziemlich schnell klar. Also ist er zunächst als Aushilfsdrummer eingestiegen, und uns wurde mit der Zeit deutlich, dass wir gar keinen anderen Schlagzeuger wollen, und somit ist er dann fest bei uns eingestiegen. Er ist erst seit März diesen Jahres mit an Bord, aber es fühlt sich an, als hätten wir schon sehr lange die Ehre miteinander.
Meine erste Berührung mit euch hatte ich nach „Willkommen Im Beerdigungscafe“ und seitdem hat sich ja vieles getan. Wenn ihr „Zombieactionhauptquartier“ mit eurem Debütalbum vergleicht, finden sich sicherlich reichlich Unterschiede, aber inwieweit würdest du sagen, dass ihr euch in der Zeit entwickelt habt?
Es haben entscheidende Entwicklungen in sehr vielen Bereichen stattgefunden. Von dem Line-up, das noch zu „Willkommen Im Beerdigungscafé“ aktuell war, sind mittlerweile nur noch Basti und ich übrig, und da wir eine Band sind, in der sich alle Mitglieder im Songwriting einbringen, schlägt sich das natürlich musikalisch nieder. Wir haben, denke ich, auch unsere technischen und songwriterischen Fähigkeiten ausgebaut, Basti hat seinen Gesangsstil weiterentwickelt, und wir haben insgesamt ein abwechslungsreicheres und besseres Album gemacht.
Eine Entwicklung ist bei den Texten kaum zu leugnen, es wirkt, als würdet ihr mit der deutschen Sprache wesentlich besser umgehen können als damals. Es wirkt kompakter und runder, was hat sich denn textlich seit der Bandgründung alles getan?
Basti ist nach wie vor für alle Texte verantwortlich, aber wie im musikalischen Bereich entwickelt man sich natürlich auch in textlicher Hinsicht weiter. Man lernt, sich forcierter und überzeugender auszudrücken. Die Texte sind bei CALLEJON existenziell wichtig, für mich muss Musik immer auch Inhalte Transportieren, um zu überzeugen.
Apropos Texte, ihr seid eine der wenigen Bands im Core-Bereich, die ihre Texte auf Deutsch schreibt. Fühlt ihr euch in eurer Muttersprache sicherer oder gibt es andere Gründe, die für deutschsprachige Texte sprechen?
Der Hauptgrund dafür ist mit Sicherheit, dass man sich in seiner Muttersprache einfach besser und umfassender ausdrücken kann. Wir hatten ganz am Anfang auch mal englischsprachige Texte, aber das hat einfach nicht so gut funktioniert, weil man keine überzeugenden Lyrics produziert, wenn man diese mit dem Wörterbuch verfassen muss. Als Basti dann mit deutschsprachigen Sachen ankam, hat das sofort gezündet und deshalb haben wir das beibehalten. Mit der Entwicklung der Band ist das dann irgendwann ein Charakteristikum von CALLEJON geworden, wahrscheinlich auch genau aus dem Grund, dass in dem Musikbereich immer noch sehr wenige Bands deutschsprachige Texte verwenden.
Noch mal zu den Texten, sie waren immer mit viel Humor versehen, ich denke man kann sich ab und zu einfach ein Schmunzeln nicht verkneifen, dennoch erkennt man häufig auch ein tiefgreifenderes Thema. Was genau wollt ihr mit euren Texten transportieren? Spaß, Freude, oder doch noch so etwas wie versteckte Sozialkritik?
Tendenziell sind unsere Texte düster und ernst, so was wie „Snake Mountain“ ist da eher die Ausnahme. Allerdings geben wir uns – gerade live – nicht so todernst, weil wir trotz allem Typen sind, die unglaublich viel Spaß an dem haben, was sie machen, und das auch auf das Publikum übertragen wollen. Meiner Ansicht nach ist es wichtig, sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen, sonst droht man eine Parodie auf sich selbst zu werden, ohne es zu merken. Unsere Texte behandeln die unterschiedlichsten Dinge, alles, was uns beschäftigt: Angst und Verzweiflung, Liebe, Hass, gesellschaftliche Missstände und Probleme, innere Leere, aber immer auch Hoffnung und die Gewissheit, trotz all diesem Scheiß immer noch am Leben zu sein.
So um nun endlich mal zur Musik zu kommen: Auch hier gibt es erhebliche Entwicklungen, ich finde den Metalcore/Screamo Anteil nicht mehr so stark wie früher, viel mehr Heavy Riffs usw. Was hat sich im Songwriting bei CALLEJON getan? Stillstand gibt’s bei euch nicht, oder?
Stillstand ist der Tod, und wir haben es natürlich versucht zu vermeiden, zweimal dasselbe Album zu machen. Ich denke, man darf auch nicht außer Acht lassen, dass wir in unserer Entwicklung viele Besetzungswechsel hinnehmen mussten und dass das jetzt die erste Platte ist, die in diesem Line-Up entstanden ist. Es gehört zu unserer Philosophie, dass jedes Mitglied seine musikalischen Ideen mit einbringt und wir daraus gemeinsam die Songs formen. Bei uns gibt es keine Alleingänge.
Wie kam es eigentlich zu den beiden „Balladen“? Sie treffen nun nicht wirklich meinen Geschmack und unterscheiden sich schon ein ganzes Stück vom restlichen Songmaterial, galt es hier etwas zu verarbeiten oder etwas Neues auszuprobieren?
Wir hatten einfach Bock darauf, auch mal Songs zu schreiben, die in diese ruhigere Richtung gehen. Wir haben das nicht nur um des Experimentierens Willen gemacht, sondern weil wir der Ansicht sind, dass es wirklich gute Songs geworden sind, die die nötige musikalische Abwechslung auf dem Album gewährleisten und sich trotzdem gut in den Gesamtkontext einfügen. Uns war klar, dass wir damit wohl nicht überall Anklang finden würden, aber als Band muss man sich immer auf sein eigenes Urteil verlassen.
Ihr habt die Produktion in die Hände von Eike Freese gelegt. Meiner Meinung nach hat er einen super Job gemacht, wie kam es denn zu der Zusammenarbeit und hättet ihr irgendetwas anders haben wollen, was den Klang von „Zombieactionhauptquartier“ angeht?
Wir haben Eike von mehreren Leuten empfohlen bekommen, also sind wir zu ihm nach Hamburg gefahren und haben probeweise zwei Songs recorded. Uns war noch am selben Abend klar, dass Eike unser Mann ist, wir haben uns in musikalischer, technischer und persönlicher Hinsicht auf Anhieb verstanden. Er hat für ein entspanntes und trotzdem professionelles Arbeitsklima gesorgt, er weiß einfach, was ein Song braucht. Er hat uns an unsere Grenzen gebracht und ist selbst an seine Grenzen gegangen, er ist durch die Aufnahmen so etwas wie unser sechstes Bandmitglied und auch ein sehr enger Freund geworden. Wir alle sind der Überzeugung, dass man dieses Album unter den gegebenen (zeitlichen und finanziellen) Voraussetzungen nicht besser hätte machen können.
Was passiert jetzt mit dem Publikumsliebling „Snake Mountain“? Immerhin drückt ihr dem Hörer mit „Porn From Spain“ einen neuen Lieblingssong aufs Gehör und das auch wörtlich. Die Zusammenarbeit mit Nico von K.I.Z. Gefällt mir übrigens sehr gut, wie kamt ihr in Kontakt zu dem Rapper und wie verlief die Zusammenarbeit? Könntet ihr euch in Zukunft weitere Kooperationen dieser Art vorstellen?
„Snake Mountain“ bleibt natürlich nach wie vor in unserem Live-Repertoire, weil uns viele Leute für diesen Song kennen und ihn dann natürlich auch hören wollen. Was „Porn From Spain“ angeht, muss man natürlich erst mal abwarten, wie die Fans reagieren, aber ich denke, die Chancen stehen gut, dass das unser neuer kleiner Hit wird, der ja wie auch „Snake Mountain“ mit einem unübersehbaren Augenzwinkern daherkommt, obwohl „Porn From Spain“ einen ernsteren textlichen Hintergrund hat. In dem Song geht es um die stumpfsinnigen Szene-Dogmen und die Leute mit Scheuklappen, die zu wissen glauben, was man als Band machen darf und was nicht. Genau aus diesem Grund wollten wir auch einen Song machen, der sich nicht um gängige Konventionen schert und haben deshalb einen HipHop- bzw. Crossover-Part mit eingebaut. Und da wir K.I.Z. sehr schätzen und das halt auch eine Band ist, die nichts auf Szene-Konformität gibt, hat sich eine Zusammenarbeit einfach angeboten. Wir haben dann über den Verlag Kontakt mit Nico aufgenommen, haben ihn bei einem K.I.Z.-Konzert in Düsseldorf besucht, ihm unseren Plan vorgestellt, er hat zugesagt, wir haben ihm die Vorproduktion des Songs geschickt, und er ist zu uns nach Hamburg ins Studio gekommen und hat seinen Part eingerappt. Danach waren wir noch zusammen auf dem Kiez unterwegs, haben uns wie immer daneben benommen und hatten einfach eine extrem witzige Zeit.
Noch mal ganz kurz zum Cover. Auch wenn ich denke, dass es für sich spricht, aber warum ist es denn diesmal nicht so detailreich ausgefallen wie auf dem Debüt bzw. der letzten EP? Und wird man das Rosa eigentlich jemals los bei euch?
Wir wollten diesmal einfach mal ein Stück raus aus unserer üblichen Ecke und etwas Neues machen. Basti hat ja auch beispielsweise das Artwork für die letzte HEAVEN SHALL BURN Platte gemacht, die viel Aufmerksamkeit bekommen hat, und wir wollten unser Cover von diesem bereits etablierten, typischen Basti-Stil abheben. Aber all die Leute, die sich auf so ein Artwork gefreut haben und nun vielleicht etwas enttäuscht sind, kann ich auch beruhigen: Im Booklet sind jede Menge typischer Basti-Artworks. Und bei der letzten EP war kein einziger Klecks Rosa dabei, da wurde es einfach Zeit, das endlich wieder unterzubringen.
Langsam muss man ja mal zum Ende kommen. Ich habe Euch, aus welchen Gründen auch immer, Live immer verpasst und das trotz eurer großen Bühnenaktivität. Naja, im November werd ich euch dann endlich in Berlin sehen. Was darf man sich denn von euch Live so erwarten? Und wird es „Porn From Spain“ eigentlich mal Live zu hören geben?
Wir freuen uns auf jeden Fall tierisch auf die Tour, bei der wir mit den PARACHUTES und WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER unterwegs sein werden, und ihr könnt Euch darauf verlassen, dass wir live die Hütten abreißen werden. Ich denke, „Porn From Spain“ sollte es auch in unser Live-Set schaffen, und wie ich mir habe sagen lassen, kommen K.I.Z. ja aus Berlin…
So, mehr als mich für das Interview zu bedanken, bleibt mir nicht zu sagen. Ich hoffe, „Zombieactionhauptquartier“ bekommt die verdiente Aufmerksamkeit, wirklich ein Hammeralbum. Die letzten Worte gehen natürlich an euch.
Ja, vielen Dank für die Blumen und für das Interview. Kommt zu unseren Shows und feiert mit uns, das Album werden wir als limitierte Auflage mit Bonus-DVD und allerhand exklusivem Schnickschnak auf der Tour dabei haben.
Und noch was, das nicht nur für uns gilt: Wer sich Musik bei irgendwelchen Internetportalen runterzieht, schadet damit immens den Bands, die er eigentlich gut findet! Seid fair und holt Euch die Platte im Laden oder bei uns auf Tour, dann habt ihr das volle Programm von Mucke, Artwork, Texten, Bonus-DVD und Musiker, die ihre Stromrechnung bezahlen können.
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