Callejon
Interview mit Gitarrist Bernhard
Interview
CALLEJON sind inzwischen keine Unbekannten mehr, sondern eine durchaus ernstzunehmende Hausnummer im Hause Nuclear Blast. Etabliert, aber nicht von allen Seiten geliebt, kommt nun mit „Videodrom“ das bereits dritte Album der Düsseldorfer Burschen raus und wie bereits beim letzten Album „Zombieactionhauptquartier“ nahm sich Gitarrist Bernhard die Zeit, um unsere Fragen zu beantworten.
Zweites Album bei Nuclear Blast, im zweiten Jahr bei diesem großen Label, ich finde es ist Zeit für ein kurzes Resümee. Fühlt ihr euch immer noch so wohl wie am Anfang und wie verlief die Zusammenarbeit bis zum jetzigen, eurem insgesamt dritten Album „Videodrom“?
Wir sind auf jeden Fall zufrieden, auch, wenn die anfängliche Euphorie etwas verflogen ist… Das hat aber auch damit zu tun, dass wir etwas ernüchtert sind im Hinblick auf die Entwicklung des Musikbusiness im Allgemeinen. Jedenfalls sind wir sehr glücklich mit dem neuen Album, auch, wenn es ein anstrengender Weg war bis zur Fertigstellung.
Beim letzten Interview mit euch ist Bodo gerade neu in die Band gekommen, nun steht ihr gänzlich ohne Drummer da, was aber scheinbar für die anstehende Tour kein Problem darstellt. Habt ihr für die Tour einen Session-Schlagzeuger dabei oder geht ihr davon aus, ein neues, festes Bandmitglied in den Reihen CALLEJONs vorstellen zu können?
Wir sind bei der kommenden Tour mit einem Sessiondrummer unterwegs, aber der Plan ist natürlich, wieder einen festen Schlagzeuger in die Band zu holen. Wir haben auch was das angeht schon jemanden im Hinterkopf, aber diesbezüglich werden sich die Leute noch etwas gedulden müssen.
Um jetzt mal auf euer neues Album „Videodrom“ zu sprechen zu kommen. Ich hab das Gefühl es ist härter, direkter und fetter produziert. Wo seht ihr die Hauptentwicklungspunkte nach „Zombieactionhauptquartier“?
Das ist schwierig, „Videodrom“ ist noch relativ frisch. Wir haben das Album allerdings ohne die Intention geschrieben, uns in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Ob es insgesamt auf musikalischer Ebene härter ist als „Zombieaction Hauptquartier“, lasse ich mal dahingestellt, aber es sind mit Sicherheit einige Nummern auf dem Album, die härter sind als die auf dem letzten. Insgesamt ist die neue Platte auch definitiv direkter, schnörkelloser und absoluter als der Vorgänger. Vor allem auf inhaltlicher Ebene ist „Videodrom“ aber härter, ernsthafter, negativer als „Zombiaction Hauptquartier“ und ich gebe dir in puncto Produktion absolut recht, wir haben sehr viel Zeit in dieses Album gesteckt und sehr vieles besser gemacht als beim letzten Mal.
Zwischen den beiden Alben lag ja nicht unbedingt viel Zeit, welche ihr dann auch größtenteils On The Road gewesen seid. Wann habt ihr denn die Zeit gefunden, um am Album zu arbeiten und vor allem auch soweit zu verfeinern, dass es dann aus eurer Sicht veröffentlichungswürdig war?
Nach „Zombieaction Hauptquartier“ wollten wir bis zum nächsten Album nicht allzu viele Jahre ins Land ziehen lassen, aber natürlich ist Zeit ein knappes Gut, wenn man viel unterwegs ist. Wir haben uns dann teilweise auf Tour mit dem Songwriting befasst und Vorproduktionen im Bus aufgenommen…
Auch das Artwork, das, wie ich annehme, erneut von Basti gezeichnet wurde, wirkt nicht mehr so verspielt, farbenfroh und, wie soll ich sagen, fantastisch (?), sondern realer und härter. Seid ihr ernster geworden, mit nicht mehr ganz so viel Augenzwinkern?
Stimmt, Basti hat, wie alle unsere Artworks, auch das aktuelle entworfen. Aber es ist witzig, dass du das neue Cover als realer und härter empfindest, weil es diesmal ja wieder im typischen BastiBasti-Zeichenstil gehalten ist, und kein bearbeitetes Foto wie beim letzten mal. Auf alle Fälle ist aber die Grundausrichtung des Albums schnörkelloser, absoluter und ernster als bei „ZAHQ“, und dass sich das auch im Artwork niederschlägt, ist natürlich ganz in unserem Sinne.
Da bei euch schon immer die Texte einen erheblichen Wert für die gesamte Musik hatten und laut der Info alles noch wichtiger geworden zu sein scheint, würde ich mich sehr freuen, wenn du eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Themen auf „Videodrom“ geben könntest. Denn Titel wie „Kinder der Nacht“ oder „Dieses Lied Macht Betroffen“ klingt nach ernsthafter Thematik, die einen jeden betreffen könnten.
Eigentlich ist das Album „Videodrom“ ein langer Song mit vielen unterschiedlichen Facetten und es dreht sich grundsätzlich sehr viel um unsere Wahrnehmung und den Wahrheitsanspruch, den wir damit verbinden, vor allem auch darum, dass sehr viele Dinge, die sicher und offensichtlich scheinen, tatsächlich ganz anders sind, bzw. alles eine tiefer liegende Ambiguität beinhaltet. Daher auch der Titel und die Verbindung zu David Cronenbergs „Videodrome“. Das alles hört sich erst mal recht abstrakt an, ist aber gerade auch im Hinblick auf unseren persönlichen Input sehr konkret. Wir haben in der Zeit seit dem letzten Album sehr viele Erfahrungen gemacht, die uns viele Dinge anders sehen lassen. In Bezug auf verschiedene Personen, auf die Musikindustrie und auf das Musikmachen allgemein haben wir die andere Seite der Medaille kennengelernt, was wir dann im neuen Album verarbeitet haben.
„Dieses Lied macht betroffen“ zum Beispiel ist eigentlich eine vereinfachte Kulturkritik, die ja auch relativ explizit formuliert ist, ohne das wir uns selber davon freimachen wollten… Wir, bzw. Basti, haben die Texte schon von einem sehr subjektiven Standpunkt aus formuliert, aber bestimmt können viele Leute sich mit vielen Aspekten davon identifizieren. In einer grundsätzlichen Vieldeutigkeit liegt ja auch der Reiz einer Interpretation.
Ihr wart im vergangen Jahr fast durchgehend auf Tourneen oder Festivals unterwegs, sofern ich das richtig mitbekommen habe, bevor ihr dann Ende des Jahres ins Studio seid. Ist das nicht ungemein anstrengend und leiden darunter nicht auch soziale und familiäre Kontakte? Habt ihr nicht manchmal den Wunsch, auch wirklich mal eine längere Zeit an einem Ort zu sein oder liebt ihr das Leben auf Tour so ungemein, dass ihr darauf auch schlichtweg nicht mehr verzichten könnt/wollt?
Puh, da sprichst du wirklich einen wunden Punkt bei uns an. Es gab noch kein Album, das uns so viel Kraft und Zeit gekostet hat, wie „Videodrom“. Es lief ja seit dem letzten Release sehr gut für Callejon, was aber teuer erkauft werden musste. Privatleben, Familie, Beziehung, Job oder Studium, all das mussten wir auf ein absolutes Minimum reduzieren oder auch ganz absägen. Es gab Monate, in denen wir 18 Stunden am Tag sieben Tage die Woche für die Band gearbeitet haben. Wenn man dann nach Hause kommt und nicht weiß, wie man seine Miete bezahlen soll, kommt man schon ins Grübeln, ob es das alles wirklich wert ist. Aber letztendlich können wir sowieso nichts anderes, diese Band ist mittlerweile so sehr in unseren Lebensmittelpunkt gerückt, dass wir ohne das gar nicht mehr können. Und letztendlich lieben wir es natürlich, auf Tourneen und Shows zu spielen. Nach dem ganzen Albumstress ist das fast schon wieder wie Urlaub… Wir freuen uns jedenfalls schon wieder ohne Ende auf das Tourleben.
Ich hab euch sowohl auf Club-Shows als auch im vergangenen Jahr auf dem Summer Breeze gesehen. Dabei fand ich es gerade auf dem SB faszinierend, wie verschieden das Publikum doch war, das euch seine Aufmerksamkeit geschenkt hat. Konnte man im Club Alter und Szenezugehörigkeit noch deutlich erkennen, war auf dem SB alles von Jung bis Alt, vom Death Metaller hin zum Core-Fan vertreten, das fand ich unglaublich faszinierend. Wo steht ihr denn lieber auf der Bühne und was für ein Publikum habt ihr dabei lieber, ein eher einheitliches oder ein bunt gemischtes, aber auch kritischeres?
Mir ist es ehrlich gesagt vollkommen egal, aus welchem „Lager“ die Leute kommen, wenn sie unser Konzert besuchen, solange sie sich mit unserer Musik beschäftigen. Aber es ist andererseits auch eine sehr geile Erfahrung für uns, zu sehen, dass wir viele unterschiedliche Leute ansprechen, wir verbinden ja auch unterschiedliche musikalische Ansätze. Und es gibt auch immer wieder kritische Beobachter, die vielleicht gerade aufgrund der Erscheinungsform einiger Fans von uns Vorbehalte gegen Callejon haben, sich aber trotzdem unsere Show anschauen und am Ende von der Musik überzeugen lassen oder eben nicht. Letzten Endes sind das aber alles Dinge, über die man sich nicht zuviel den Kopf zerbrechen sollte, wir haben immer den Anspruch an uns selbst, eine gute Show zu machen, und den Rest kann man eh nicht beeinflussen. Was die Frage nach Club oder Festival angeht, hat beides seinen Reiz, aber ich persönlich mag Clubshows noch etwas lieber, da ist mehr Nähe, mehr Intimität, mehr Schweiß.
Ihr werdet ja oft in die Ecke des Metalcore gedrängt, als typische moderne Szeneband bezeichnet, die sich den Trends beugt usw. Ohne das weiter ausführen zu wollen, worin seht ihr den Grund für die teils etwas feindselige Stimmung gegen euch? Sie kommt ja aus allen möglichen Lagern, ob nun aus dem Metal, dem Hardcore und selbst von einigen, die mit einer Mischung aus diesen etwas anfangen können.
Ich habe keine Ahnung und auch besseres zu tun, als mir um so etwas Gedanken zu machen. Es ist ja nicht so, dass wir ständig versuchen, alle Leute vor den Kopf zu stoßen und möglichst starke Kontroversen auszulösen. Aber wir verstellen uns auch nicht, wir sind, wie wir sind, wir machen die Musik, die wir machen und haben damit etwas erreicht, wir brechen mit einigen Konventionen und spielen mit einigen Klischees, und das reicht halt, um in einer Kultur des Missgönnens anzuecken. Unsere Aufmerksamkeit gilt unseren Fans, und nicht unseren Hatern und Neidern.
Ihr habt auf den größten Festivals in Deutschland gespielt, auch dem Wacken Open Air, seid ausgiebig getourt, habt euer drittes Album draußen, gibt es da eigentlich noch Träume, welche die Band betreffen, die ihr euch noch nicht erfüllt habt?
Haha, mehr als genug, zum Beispiel mal eine Tour im weiter entfernten Ausland zu spielen, Asien wäre ein Traum, oder Iron Maiden oder Bon Jovi supporten, oder auch einfach mal die Miete mit der Band zu bezahlen…
Das war es soweit, ich danke dir vielmals für deine Zeit und gebe dir hiermit noch die Möglichkeit, alles loszuwerden, was du den metal.de-Lesern und natürlich euren Fans schon immer vor den Latz knallen wolltest.
Danke für das Interview! Hört euch unsere neue Platte an, kauft sie euch, auch wenn sie euch nicht gefällt, kommt zu unseren Shows und hört auf, Metal zu hören, das ist kacke, poppiges Emogewäsch ist die Macht!
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Callejon auf Tour
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