Bury Me Deep
Interview mit LeshiLove und Michelle Darkness
Interview
DIE FUGE ist tot, es lebe DIE FUGE. Tatsächlich sind die baden-württembergischen Darkbrothers lediglich mit neuer Identität am Start: Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix?! Doch. Denn auch musikalisch ist die Formation in den letzten paar Jahren gereift. LeshiLove und Michelle Darkness standen Rede und Antwort.
Ich muss gestehen, dass ich vor BURY ME DEEP nie von DIE FUGE erfahren habe, und es hat sich auch als extrem schwierig entpuppt, überhaupt mal einen der älteren Songs zu hören. Was hat euch DIE FUGE tatsächlich bedeutet und warum jetzt, nach fünf Jahren der Funkstille, der Namenswechsel? Wie habt ihr wieder zueinander gefunden?
LeshiLove: Ein zueinander finden war nicht nötig, weil wir diese Zeit immer zusammen waren. DIE FUGE existiert seit 1999 mit Michelle, davor schon noch ein bißchen länger, denn Carl, Pain und ich haben auch davor schon zusammen Musik gemacht. Eigentlich war es eine Spontanaktion, Michelle in einer Kneipe – wir kommen aus dem selben Kreis und besuchen wohl oder übel die gleichen Kneipen – einfach zu fragen, ob er Lust hätte bei uns zu singen. Er hat „Ja“ gesagt. Das hat uns erstmal überascht, dann gefreut…und für uns auch sehr befriedigend. Sein Gesang hatte meine Texte und unsere Musik komplettiert „Buried Love“ war für uns ein Sammelsurium an Geschichten, die traurig waren, ohne aber je einen Halt zu verlieren. Einfach Geschichten, deren Auslöser eine Sinnsuche, ein Leid aber auch die Lust und die Liebe waren. Mit „Sleepless Sorrows“, underem zweiten Album als DIE FUGE, haben wir einfach an das erste Album angeschlossen. Diese Dinge werden einen nie los… Leid, Lust und Liebe wurden fortgesetzt mit einem dicken roten Faden… „Buried Love“ und „Sleepless Sorrows“ waren zu einem großen Teil sehr sphärische Alben. „Nearly Down“, unser neues, aktuelles Werk, sollte etwas anderes werden… Das Leid war nicht gemindert, aber man kann nicht über Jahre hinweg eine Schwarzmalerei betreiben und sich damit in den Wahnsinn oder gar in den Tod treiben…ein Ding, der Funken Hoffnung, war ja bei uns nie verlorengegangen. Also musste der Funken Hoffnung auch musikalisch dazu: Fast unten ist halt nur „fast“…
Wo seht ihr selbst musikalisch aber auch menschlich Unterschiede zu DIE FUGE und BURY ME DEEP? Gibt es überhaupt Unterschiede?
LeshiLove: Menschlich gibt es keine Unterschiede… Liebe, Lust und Leid ist unser Faden…ein Abschied kommt noch in „2 Circles“ dazu. Musikalisch haben wir durch Michelles Studio viel mehr Freiheiten und Möglichkeiten experimentielle Dinge zu tun…
Michelle Darkness: Musikalisch sind wir einfach direkter, rockiger und reifer geworden. Nennen wir es eine Weiterentwicklung des alten Stils.
Habt ihr geplant die neue Formation zukünftig ernsthaft fortzuführen, also als vollwertige Band, oder bleibt es bei einem Projekt?
Michelle Darkness: Gut, wir haben jetzt ja keine neuen Bandmitglieder, nur der Schlagzeuger hat sich umbenannt (lacht). Getrennt waren wir auch nie… Ich war viel mit END OF GREEN unterwegs. Und so haben wir uns halt getroffen, wenn Zeit dafür war, und erst Mitte 2008 begonnen die Songs zu vollenden. Gut Ding will Weile haben. Wir werden jetzt auch sicherlich mehrere Konzerte spielen, als die letzten vergangenen Jahre! Denn die kannst du glaub‘ an einer Hand abzählen (lacht).
LeshiLove: BURE ME DEEP bzw. DIE FUGE war nie ein Projekt!
Michelle Darkness: Das ist richtig, Mr. Love.
Welche Bands haben euch für „Nearly Down“, ob bewusst oder unbewusst sei dabei außen vor gelassen, kompositorisch tatsächlich beeinflusst?
LeshiLove: Bei „Nearly Down“ gab es nicht wirklich äußerliche Einflüsse. Ich glaube das ist einfach so passiert… U2, PLACEBO und TYPE O NEGATIVE sind Bands, die ich mir zum Beispiel gern anhöre… Ich denke soetwas beeinflusst schon… Das Ganze findet aber wohl mehr im Unterbewusstsein statt.
Michelle Darkness: Wir sind alle Fans der 80iger, und auch mit dem Sound aufgewachsen: SISTERS OF MERCY, THE CURE, THE CULT, BAUHAUS, U2, A-HA (lacht) und die ganzen Popwave-Helden. Wir versuchen jetzt aber nicht zwanghaft so zu klingen oder gar zu kopieren. Wir machen einfach was uns gefällt! Amen.
Auch wenn der Titel des Albums, also „Nearly Down“, zum Bandnamen und zu den Songs passt, so hätte ein Titel wie „Rising Up“ in Bezug zum Neuanfang doch auch gepasst. Warum aber habt ihr euch, genauso wie für den Bandnamen, für einen von der Stimmung her negativen bzw. melancholischen Titel entschlossen?
LeshiLove: Das Traurige überwiegt über die Freude… Für „Rising Up“ würde mir keine Geschichte einfallen…
Michelle Darkness: So negativ ist der Titel ja auch nicht. Das bedeutet ja soviel wie „noch nicht ganz am Arsch“! Ein Funke Hoffnung ist ja immer noch mit dabei. Und als einen totalen Neuanfang sehen wir das Ganze ja auch nicht. Aber durch Achim, einem guten alten Freund, der das Ganze mit seinen Möglichkeiten voranbringen kann, und Silverdust, können wir jetzt unsere Musik einem größeren Publikum präsentieren.
Bleiben wir bei den Songs. Der Grundtenor ist in der Melancholie verwurzelt, und trotzdem klingt nicht alles negativ. Wovon handeln die Songs, mit welcher Thematik beschäftigt sich BURY ME DEEP hauptsächlich?
LeshiLove: Es geht um Verlust, Abweisung, Begehren…ein Begehren mit Hoffnung…
Meine Favoriten sind ganz klar „Burn My Soul“ und „The Pain“, das mich auf Anhieb an SEIGMEN erinnerte, jedenfalls von der Atmosphäre her, aber nicht ausschließlich. Was habt ihr speziell zu diesen Songs zu sagen?
LeshiLove: Also „Burn My Soul“… Ich hab‘ alles versucht, um mich vor mir selbst zu retten, bin planlos durch den Wald gerannt, um mir ein Versteck vor mir selbst zu suchen… Tja, und dann kommt wieder die Hand, die mich aus meinem Waldversteck herausholt. „Burn My Soul“ bedeutet für mich: Leg auch mal die Seele in Asche, was ja gar nicht geht, ich mir aber manchmal wünsche… „The Pain“ ist ein unglaublich langer Song geworden, dank Michelle. Ich glaube das Intro klingt tatsächlich wie Wellen…Tage, an denen dich alles ankotzt, du dich betrinkst, dich berauschst, dich selbst irreführst, dir selbst nicht mehr sagen kannst wer du bist. Das einzige was dich dort herausholt, ist ein imaginäres Gesicht aus dem Wasser…
„Nearly Down“ wirkt durchdacht und, vielleicht aufgrund der hohen Hitdichte, durchaus konstruiert. Täuscht dieser Eindruck? Wieviel Spontanität steckt in diesem Album wirklich? Wieviel Herz und wieviel Seele finden wir in „Nearly Down“?
LeshiLove: Ich bin ein Harmoniefreak…
Michelle Darkness: Oh je, mit sowas kann ich eigentlich nichts anfangen! Konstruiern, durchdenken…!? Entweder es ensteht ein Song, oder auch nicht. Entweder man findet ihn gut oder scheisse… Keine Ahnung. Ich würde aber mal behaupten noch nie einen Song ohne Herz und Seele geschrieben zu haben. Ich glaube das würde man hören. Als Hits würde ich sie auch nich beschreiben, aber es ist schön, wenn es den Leuten auch gefällt und man mitsingen kann. Sowas sollte man den Dieter (Bohlen – Anm. der Red.) mal fragen, der es schafft „Hits“ ohne Herz und Seele zu schreiben, und sich mit der Kohle den Arsch abwischt! (lacht)
END OF GREEN, Solo-Album und jetzt auch BURY ME DEEP: Wieviel Michelle Darkness braucht die Welt? Oder anders gefragt, besteht bei so vielen Bands bzw. Projekten nicht die Gefahr, dass sich die Vocals von dir, Michelle, zu schnell abnutzen oder euch die Leute aufgrund der Vocals voreilig abstempeln und in die selbe Ecke wie END OF GREEN stecken, obwohl BURY ME DEEP ja nun wirklich nichts mit END OF GREEN zu tun haben?
Michelle Darkness: Also mir ist es egal, was Andere denken… Aber der Satz „Wieviel Michelle Darkness braucht die Welt“ ist…äh…geil! (lacht) Ich komm‘ mir jetzt wie ein Verbrecher vor, Ha Ha Ha. (lacht immer noch) Nein, OK, ich meine…ich mache nunmal Musik und das auch bis zum letzten Kippenzug. Ich zwinge ja niemanden diese zu hören oder zu kaufen. Musik ist mein Leben und dabei bleibt’s. Also Sorry, es ist aber kein Ende in Sicht! Ha Ha.
He He, so war’s ja auch nicht gemeint… (lacht) Was kommt jetzt als nächstes? Habt ihr bereits Pläne für ein weiteres Album?
LeshiLove: Ja!
Michelle Darkness: Ja.
Vielen Dank für das Interview, die letzten Worte gehören euch:
Vielen Dank für alles! And don’t forget to bury us! Liebe Grüsse von den Darkbrothers.