Brannthorde
Interview mit Roman Hilser zu "Auf Teufel Komm Raus"

Interview

Brannthorde

BRANNTHORDE, das neue Projekt von Roman Hilser (FUCK YOU AND DIE) und Guiliano Barbieri (DER WEG EINER FREIHEIT, FUCK YOU AND DIE), hat ein solides und unterhaltsames Debütalbum vorgelegt. „Auf Teufel Komm Raus“ zeigt die Vorliebe der beiden Musiker für skandinavischen Black Metal und versucht erst gar nicht, sich mit Innovationspreisen zu schmücken. Trotzdem gibt es einiges zu besprechen, zumal die allseits beliebte Frage „One-Night-Stand-Projekt oder langfristiges Intermezzo?“ bei derart beschäftigen Musikern natürlich immer im Raum steht.

Fangen wir mal ganz banal an: Bisher ist das Feedback für euer Debütalbum „Auf Teufel Komm Raus“ weitestgehend positiv ausgefallen. Wie nehmt ihr die bisherige Kritik wahr und berührt euch so ein Feedback in Reviewform?

Gerade gestern kam ein Review mit recht guter Punktzahl, aber meiner Meinung nach mit komischen Formulierungen. Ich fände es schrecklich, wenn „Auf Teufel Komm Raus“ jedem gefallen würde. Dann hätten wir unglaublich viel falsch gemacht. Es war tatsächlich geplant, dass das Album an der einen oder anderen Stelle einfach unangenehm wird. Bedrückend und für manche Ohren hoffentlich ätzend. Das Feedback berührt uns insofern, dass es uns sehr freut, wenn der Schreiber verstanden hat, was wir sagen wollen. Falls das Teil auf Unverständnis trifft, passt uns das dann auf der anderen Seite auch wieder. Eigentlich ist es eine Frechheit, dass so viele Alben mit acht von zehn, neun von zehn, geschweige denn mit voller Punktzahl im Netz herumgeistern. Zehn von zehn verdienen nur die „Colors“ von BETWEEN THE BURIED AND ME und die „Sheol“ von NAGLFAR. Sonst dürfte es ruhig einmal ein paar mehr Arschtritte im Netz geben. Wobei man sich ja doch nicht über Subjektivität streiten sollte.

BRANNTHORDE, „Auf Teufel Komm Raus“. Im ersten Moment habe ich an Deutschrock und nicht an Black Metal gedacht. Was hat es mit Bandnamen und Albumtitel auf sich, das wirkt alles relativ „eigenwillig“?

„Eigenwillig“ klingt nach einem tollen Kompliment. Der Bandname war wirklich eine schnelle Entscheidung. Ich mag den Klang, für mich klingt das mächtig. Gleichzeitig weiß man aber nicht, ob es sich um eine Pyromanentruppe handelt oder um einen fantastischen Wortkrüppel. Irgendwie beides. Was, wer und wie viele BRANNTHORDE sind, ist gar nicht zu Ende gedacht. Wird so schnell auch nicht passieren.

Schaut man sich das Booklet etwas genauer an, fällt auf: Neben Tobias Schuler hat euch auch Dominik Günter im Studio unterstützt. Auf dem Bandfoto sind aber nur du und Giuliano abgebildet. Heißt das, ihr beide seid BRANNTHORDE – und die anderen nur reine Session-Musiker?

Eingespielt habe nur ich. Eingesungen haben Giuliano und ich, wobei ich selbst nur ein paar Parts beigesteuert habe. Dominik ist der Studioboss in unserem Erschafferkreis und hat die richtige Ausdauer, um BRANNTHORDE-Riffs aufzunehmen. Tobias war für die Drums zuständig, und zwar für die Programmierung. Vorgabe war: „Tobi, programmier so, dass du nach intensivem Proben alles spielen könntest!“ Deshalb sind die mit Abstand Kreativsten bei BRANNTHORDE nur Giuliano und ich. Das könnte sich aber in Zukunft ändern. Die dickste Feder beim Schreiben werde aber immer ich in Händen halten.

Ihr habt auf eurem eigenen Label Astat Entertainment veröffentlicht. Weshalb wurde das Label eigentlich ins Leben gerufen? Wolltet ihr alles in den eigenen Händen behalten und welche Vorzüge und Nachteile bietet es gegenüber einer Fremdvermarktung?

Ich werfe da einfach mal mit den verschiedensten Gründen um mich. Unser Projekt FUCK YOU AND DIE wurde von keinem Label auf die Art und Weise wahrgenommen, wie wir das wollten. Durch die Veröffentlichung unseres Albums „Elements Of Instability“ im Sommer 2014 haben wir sehr viel dazugelernt. So viel, dass wir der Meinung sind, unsere Musik selbst zufriedenstellend vermarkten und unter das Volk bringen zu können. Promotion für BRANNTHORDE mache ich selbst, das Budget ist begrenzt, aber wir nutzen unsere Stärken gut aus. Eine Stärke ist sicherlich unsere Motivation und der Platz, an dem wir uns befinden. Mit Platz meine ich, dass wir mittendrin im Geschehen sind. Dank DER WEG EINER FREIHEIT, FUCK YOU AND DIE und vielen tollen Bekanntschaften aus der Vergangenheit sind wir auf vielen Konzerten und Festivals anwesend und mit so vielen Menschen verbunden, die dem Ganzen Schub nach vorn geben. Von der Presse über Labelmenschen, Promoter und Brezelverkäufer kennen wir doch so einige, die uns guten Rat zukommen haben lassen. Zusätzlich liebe ich den Gedanken, dass wir nach unseren selbstgemachten Regeln releasen können, egal was wir auch produzieren mögen.

Außer bei BRANNTHORDE spielt ihr beide ja noch bei FUCK YOU AND DIE und Giuliano bei DER WEG EINER FREIHEIT sowie GOBLIN CLIT. Wieso jetzt noch BRANNTHORDE und vor allem, woher nehmt ihr die Zeit für die Bands? Von der Musik leben könnt ihr aktuell vermutlich ja nicht … oder doch?

Wir leben nicht von der Musik. Aber richten unser Leben ohne Musik so aus, dass es Platz für ein Leben für die Musik lässt. Die Zeit resultiert aus mangelnden Hobbys, mangelnder Motivation, weiter zu studieren und niedrigen Lebensansprüchen. BRANNTHORDE habe ich gebraucht, weil ich etwas rauslassen muss. Ich kann in der richtigen Umgebung Musik schreiben, die mir richtig gut gefällt. Und das ist momentan der Kram, der mit BRANNTHORDE entsteht. Durch die Möglichkeit bei Dominik (ASTAT Studios) aufzunehmen sehen wir hierfür auch kein Ende.



Anders gefragt: Ist BRANNTHORDE für euch eine vollwertige Band oder mehr ein Nebenprojekt? Bisher habe ich nirgends Livedates für BRANNTHORDE entdecken können. Plant ihr überhaupt, live zu spielen? Oder beschränkt ihr euch auf Studioproduktionen?

Es ist ein Projekt, das allem Anschein nach wächst und zu etwas Größerem wird, zumindest größer als im Moment. Wir wollen auch in mittelfristiger Zukunft live spielen.

Im Vergleich zu euren anderen Bands ist BRANNTHORDE hörbar im Black Metal verortet und weckt immer wieder Erinnerungen an diverse große Namen aus dem skandinavischen Raum. Was sind eure Einflüsse? Und ehren euch Vergleiche mit Bands wie beispielsweise den schwedischen NAGLFAR?

Ich freue mich sehr, dass solche Vergleiche kommen. Einer der Gründe dafür ist, dass ich im Bereich Black Metal sehr wenig Ahnung habe. Es wären freche Lügen, wenn wir uns viel Wissen in diesem Bereich zusprechen würden. Abgedroschen aber wahr: Die Einflüsse sind so breit gefächert, dass ich aus den unterschiedlichsten Dingen Inspiration ziehe. Und meine Riffs entstehen teilweise wirklich nur, weil ich etwas falsch nachspiele.

Die Produktion hat einen gewissen klinischen Charme. Gerade beim Schlagzeug habe ich zunächst an einen Drumcopmuter gedacht. Wie würdest du den Sound von „Auf Teufel Komm Raus“ beschreiben?

„Gerettet und jetzt wohl auf.“ So würde ich ihn bezeichnen. Ich habe so räudig und roh eingespielt, dass ein programmiertes Schlagzeug schwierig ins Bild passt. Im Mix und Master hat Dominik deshalb Wunder vollbracht. Wir sind mit dem Endergebnis vollkommen zufrieden.

Ich finde ja besonders die gemäßigten Momente auf „Auf Teufel Komm Raus“ stark. Wie wichtig ist es dir, bei aller Aggression noch einen Funken Atmosphäre und Melodie beizubehalten?

Ich glaube sogar, dass meine Stärke eher im Schreiben der ruhigen Passagen liegt. Und wenn dann Übergänge in etwas Gewaltiges funktionieren, dann gewinnen beide Parts. Aber im Endeffekt dirigiert das Gefühl. Und Atmosphäre in einer gefühlvollen Melodie wird so schön bedrohlich, wenn etwas Aggressives zum Zerstören vorbeirauscht. Als Beispiel kann vielleicht der Song „Dunkles Grün“ herhalten, mit dem Outro und Intro davor beim Song „Staub“.

Lyrisch geht es laut eurer Facebook-Seite um „visions and wishes“. Kannst du das spezifizieren? Ich finde ja, dass Titel wie „Durch das Finster“ im ersten Moment irgendwo zwischen verstörend und erheiternd rangieren…

„Durch Das Finster“ ist eine Besonderheit, weil es der einzige Song ist, bei dem Giuliano den Text geschrieben hat. Ich zitiere ihn einfach: „Es handelt sich bei den Lyrics zu diesem Song um Auszüge eines Textes, den ich gegen Ende meiner Schulzeit vor einigen Jahren schrieb. In diesem Text schilderte ich meine Amok- und Mordfantasien und den schieren Ekel, den die frisch herangezüchteten Übermenschen eines Gymnasiums in mir weckten.“ Was mich selbst angeht, thematisiere ich eher Impulse, die mir direkt nach einem Aufreger den Wunsch ins Hirn pflanzen, jemanden zu zerfetzen oder lebendig zu begraben. In einigen der Texte geht es darum, wie man geplant und in aller Ruhe ein Menschenleben dem Erdboden einpflanzt. Es geht um Tod, „visions und wishes“ wird dann deutlicher, wenn man sich einen Song wie „Der Verweser“ oder „Der Erste Schnee“ genauer anhört. Die Ernsthaftigkeit der Texte an sich soll sich dabei auf die reine Vorstellung beschränken. Die Gründe dafür, dass solche Vorstellungen entstehen, die sind jedoch so real, dass sie schon fast greifbar werden. „Die Welt ist wertlos – du auch!“

Dann möchte ich mich noch artig für deine Zeit bedanken und überlasse die letzten Worte des Interviews mit Freuden dir.

Lasst euch keinen Scheiß erzählen, nicht mal von mir!

05.07.2015

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