Bonded
Das Recht auf Bullshit
Interview
Dann wollte ich noch ‚The Outer Rim‘ ansprechen. Ich fand es gut, dass ihr das als Finale gesetzt habt, auch nach den Bonus-Tracks. Was für eine Rolle spielt der Song für euch?
Bernemann: Wir wollen natürlich abwechslungsreich klingen, das ist für uns sehr wichtig. Wir wollten keinen langsamen Song erzwingen, aber wir hatten halt die Idee dazu. Ingo kam in die Band, als die Songs weitestgehend fertig waren und wir haben gesehen, dass auch so etwas mit ihm geht. Wir haben schon Bedenken gehabt: Ob wir jetzt zu viel riskieren und damit ein paar Leuten vor dem Kopf stoßen. Aber dann haben wir uns doch dafür entschieden, denn wir haben ja auch genug schnelle Nummern. Uns macht es Spaß, den Song zu spielen. Aber er polarisiert. Es gibt Leute, denen gefällt das, aber irgendwelche Old-School-Fanatiker halten sich den Finger in den Hals. Aber das ist egal. Wir sollten das machen, wozu wir stehen und was wir cool finden.
Und wovon handelt der Song, Ingo?
Ingo: ‚The Outer Rim‘ ist ähnlich wie ‚Godgiven‘ ein sehr persönlicher Text. Ich bin ein großer CROWBAR-Fan. Und CROWBAR war, gerade in schweren Zeiten bei Herzschmerz oder ähnlichen, eine Quelle der Kraft. Das war ein Ding, wo ich mich wiedergefunden, verstanden und aufgehoben gefühlt habe und natürlich habe ich den Wunsch, einigen Fans mit der Musik genau das geben zu können. Wenn mir das gelingt, und speziell ‚The Outer Rim‘ eine solche Nummer sein kann, dann habe ich mein Ziel erreicht. Es ist aber auch eine Nummer, wo viel Interpretationsspielraum bleibt, in welche Richtung es gehen soll. Ich finde es bei anderen Bands immer interessant, wenn man ein Lied hört und erstmal versucht, ihn zu verstehen, ihn auf seine eigenen Dinge bezieht und guckt, ob der mit mir etwas zu tun hat. Nicht nur im Sinne von Informationsübertragung, sondern auch in bezüglich Identifikation, wenn es persönlichere Texte sind. Da möchte ich unseren Hörern gerne die Freiheit lassen, zu überlegen, in welche Richtung das geht, da gibt es ja kein richtig oder falsch.
Als Musikhörer finde ich es grundsätzlich interessant, die Perspektive des Texters einzubeziehen.
Ingo: Vielleicht kann ich diesbezüglich ein klares Statement an dich und alle anderen setzen: Ich habe in einem Kommentar auf Facebook zu unserer Platte etwas gelesen, was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Da hat jemand geantwortet, dass er die Texte bislang noch nicht gelesen hat, sondern nur den Chorus von ‚To Each His Own‘ gehört hat und darauf hingewiesen hat, dass es nach seiner Meinung sehr leicht antisemitisch interpretiert werden könnte. Da ist mir das Mittagessen aus dem Gesicht gefallen, weil ich mich gefragt habe, wie der Mensch darauf kommt. „To Each His Own“ heißt „Jedem das Seine“ und ich habe relativ klar in den Sätzen von einer Abgrenzung gesprochen, im Sinne von „Jedem Tierchen sein Pläsierchen“. Es ist eben so, dass man es tolerieren muss, wenn andere Menschen Dinge machen, die man selbst nicht so cool findet oder nachvollziehen kann. Inwiefern man darin etwas antisemitisches interpretieren kann, ist mir beim besten Willen nicht aufgegangen und ich möchte hier nochmal klar sagen, dass ich definitiv gegen Nazis bin und definitiv kein Antisemit bin. Ich habe überhaupt kein Problem mit Menschen anderer Hautfarbe, Religion etc. Für mich sind Menschen in erster Linie Menschen und da spielt es keine Rolle, welche Hautfarbe oder welche Religion sie haben. Entweder, ich komme mit diesem Menschen klar oder nicht. Das ist für mich eine ganz normale Grundeinstellung und Weltansicht, die nichts besonderes ist, sondern etwas normales. Ich finde es schade, dass ich mich diesbezüglich nochmal klar positionieren muss. Lass dir von mir ganz klar bestätigen, dass ich kein Antisemit bin. Im Gegenteil, ich habe auf dem With Full Force den Stunt gebracht, mich mit so einem Nazi-Cop aus Schweden anzulegen, der die ganze Zeit judenfeindliche Sprüche gebrüllt hat, bis er mir so auf den Sack ging, dass ich zu ihm hingegangen bin und gesagt habe, dass ich jüdisch bin. Dann wurde er auf einmal ganz klein und sagte, dass er mich ja gar nicht gemeint hätte und es nicht offensiv gemeint war. Und ich fragte, was dann offensiv ist. Er verurteilt meine Religion, meine Familie, meine Leute, machte hier einen tierischen Wind. Wenn das kein Angriff ist, dann weiß ich auch nicht. Ich habe mir gesagt: „Stell dir vor, du wärst ein Jude in dieser Situation. Du würdest Angst haben und nicht einschätzen könntest, ob der Typ zuschlägt.“ Er hatte das Pech, dass ich keine Angst vor ihm hatte und ihm das klar gezeigt habe. Das sollte nochmal verdeutlichen, dass ich mit Sicherheit kein Antisemit bin.
Das zeigt aber auch eine grundsätzliche Gefahr von kryptischen Texten, dass es in die falsche Richtung gehen kann.
Ingo: Da hast du sicherlich Recht, aber das ist die Gefahr der Freiheit. Letztlich ist es ja ähnlich wie mit der Freiheit des Wortes, dass man damit auch den allergrößten Bullshit sagen darf. Ich bin gegen Zensur. Ich würde nicht auf die Idee kommen, den Leuten das Wort zu verbieten. Ich drehe mich um und gehe. Ich will mir so einen Quatsch nicht anhören und kann auch Stellung beziehen, wenn es darauf ankommt.
Kommen wir nochmal auf die Band zu sprechen. Der wesentliche Unterschied zu SODOM ist, dass BONDED eine Band mit gleichberechtigten Mitgliedern ist.
Bernemann: Das haben wir von Anfang an gesagt. Es ist scheißegal, wer einen Song schreibt oder sonst etwas macht. Wir teilen gleichmäßig, so ist das bei der GEMA angegeben. Das ist alles ganz transparent. Wir haben alle ganz normale Jobs und eine ähnliche Situation wie bei SODOM wollten wir von Anfang an verhindern. Dass die anderen nicht wissen, was wir bei Shows verdienen und solche Geschichten. Das gibt es bei uns nicht. Da weiß jeder, was in der Kasse ist. Wir haben ein Bandkonto, da kann jeder das sehen. Es ist egal, ob jemand mehr oder weniger macht. Alle Einnahmen werden gleichmäßig geteilt.
Findet ihr es dann schade, dass ihr beiden in der Außenwahrnehmung dominiert?
Makka: Nein, das war klar, dass wir erstmal im Fokus stehen. Der Bekanntheitsgrad ist da und die Leute fokussieren sich auf die Leute, die da gerade bekannt sind.
Bernemann: Das wird sich aber ändern. Man merkt das jetzt schon, wenn man in den Reviews liest, dann rückt der Sänger in den Fokus und das ist gut so. Ingo ist dann eigentlich das Gesicht und die Stimme von BONDED. Und auch Chris. Guck dir mal an, was der für Soli spielt. Im Moment ist das aber normal. Ich kenne diese Situation gut. Wenn wir mit SODOM ein Interview gemacht haben, dann hab ich stundenlang daneben gesessen und letztendlich hat der Tom geredet. Ich bin da gar nicht böse drauf. Aber ich denke, im Laufe der Zeit wird sich das auch ein bisschen ändern.
Ingo: Ich habe damit überhaupt kein Problem. Als Frontmann bin ich ohnehin bis zu einem gewissen Grad im Fokus und da genieße ich es gerade, mal nicht immer bei Interviews oder Fotos ran zu müssen. Aber es ist nicht so, dass ich mich übergangen fühle. Was ich an BONDED u.a. sehr mag, ist die momentan sehr gute Stimmung. Die anderen Jungs kennen sich teilweise schon seit Jahrzehnten. Ich kenne die Anderen jetzt noch nicht so lange, aber wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Das passt zwischenmenschlich und musikalisch seit dem ersten Moment. Deswegen ist der Bandname BONDED so passend.
Wenn ich mal aus persönlichen Interesse fragen darf: Verfolgt ihr noch die aktuellen Thrash-Veröffentlichungen und was sind da eure Highlights?
Bernemann: DUST BOLT finde ich sehr geil und frisch. Da waren ein paar Sachen dabei, die mir persönlich gut gefallen. Ich mag keine Bands, wo es die ganze Zeit nur durchgeht, sondern auch von einem Song etwas hängen bleibt. Bei vielen Bands höre ich mir das an und finde es geil, aber nach zehn Minuten fängt es an, mich zu langweilen und wenn du mich dann danach fragst, was hängen geblieben ist: Nichts. Und da waren bei DUST BOLT ein paar Sachen dabei, das hat mir ganz gut gefallen.
Makka: Ich freu mich total auf eine neue DEATH ANGEL. Ich arbeite ja auch bei Century Media. Ich habe da auch täglich mit coolen Releases zu tun und kann mir da fast alles anhören. Das macht Spaß.
Ingo: Ich muss zugeben, so richtig informiert bin ich da nicht. Das liegt einfach daran, dass ich nicht genügend Zeit habe. Ich bin bei ASSASSIN eingebunden, habe mit BONDED im letzten halben Jahr viel um die Ohren gehabt, speziell weil es sich durch organisatorischen Zufall so ergeben hat, dass ich zwei Album-Produktionen in einem halben Jahr gleichzeitig fahren musste und dadurch eine Menge um die Ohren hatte. Ich geh nebenbei auch noch 38,5 Stunden regulär arbeiten und habe mittlerweile einen vierjährigen Sohn, der auch Zeit benötigt, die ich ihm auch gerne geben möchte und all das ist natürlich eine Hausnummer. Das hat auch dazu geführt, dass ich nicht mehr so gut informiert über die aktuelle Thrash-Szene bin.
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