Blind Guardian
Marcus Siepen plaudert über At The Edge Of Time
Interview
Dass man BLIND GUARDIAN-Platten nicht mehr – Obacht tierisches Wortspiel – blind kaufen kann, ist seit “A Night At The Opera” nicht weg zu diskutieren. Dass die Krefelder nach zwei schwächeren Scheiben aber mit einem richtigen Kracher wieder auf der Bildfläche erscheinen, hätten wohl die wenigsten Fans erwartet. Grund genug also, mal mit Gitarrist Marcus Siepen über “At The Edge Of Time”, Downloads und die kommende Tour zu plaudern.
Hey Marcus. Wie geht’s dir?
Hi Colin. Etwas verschwitzt, aber sonst gut. Wie geht’s dir denn so?
Eigentlich genauso wie dir. Ich wohne in einer Dachgeschosswohnung und hier ist es ein wenig warm.
Großartig, haha. Da kannste nur die Fenster aufreißen und auf Wind hoffen. Aber so wirklich windig ist es momentan ja nicht gerade.
Stimmt wohl. Da es dir gut geht, denke ich, dass du mit eurer neuen Scheibe sehr zufrieden bist. Richtig?
Ja. Das kann ich, glaube ich, von mir behaupten. Mehr als zufrieden, ehrlich gesagt.
Ich habe mir die Platte zahlreiche Male angehört und wenn man die beiden letzten Scheiben mal raus nimmt, finde ich, dass “At The Edge Of Time” direkt an “Nightfall In Middle-Earth” anknüpft. Habt ihr das beim Schreiben der Songs beabsichtigt?
Nö. Wenn wir anfangen Songs zu schreiben, gibt es keinen Plan. Es ist nicht so, dass wir uns hinsetzen und sagen: ‚Wir müssen jetzt soundso klingen und wir brauchen dafür zwei schnelle Nummern, zwei Balladen, was Progressives und was Bombastisches‘. Wir fangen einfach an und gucken wohin die Reise geht. Das kristallisiert sich erst nach zwei, drei Songs heraus, die sich dann irgendwie gemeinsam in irgendeiner Richtung fortbewegen. Aber jetzt im Vorfeld war gar nichts geplant. Im Endeffekt hat es sich so heraus herauskristallisiert und das ist auch einer der Gründe, warum ich dieses Album extrem geil finde, sage ich jetzt mal ganz selbstbewusst.
Die Platte repräsentiert im Prinzip alles was BLIND GUARDIAN jemals ausgemacht hat. Das heißt, du hast wirklich Old-School Sachen dabei, die auch perfekt auf “Somewhere Far Beyond” oder “Tales From The Twilight World” gepasst hätten. Schnelle, harte, aggressive Sachen, die wir Anfang der Neunziger hatten. Du hast die progressiveren Sachen, die mit “Imaginations From The Other Side” und der “Nightfall…” kamen und dann hast Du die bombastischen Sachen, die wir mit dem Orchester gemacht haben. Aber auch Sachen, die wir vorher noch nie gemacht haben. Von daher denke ich, dass es das perfekte BLIND GUARDIAN-Album geworden ist.
Wobei es ja auch immer Kritikpunkte gibt…
Das ist ja immer alles Geschmackssache.
Klar. Der Kritikpunkt den ich habe ist der, dass ihr “Sacred Worlds” an den Anfang der Platte gestellt habt. Es ist natürlich bekannt, dass die Musik von euch nicht 08/15-Metal ist. Der Track ist aber, meiner Meinung nach, für einen Opener zu sperrig. Ich werde mit der Nummer nicht wirklich warm.
Das ist sicherlich keine Easy-Listening-Nummer am Anfang der Platte. Definitiv nicht, wobei wir die Position bewusst gewählt haben. Das war also keine Zufallsentscheidung, dass die Nummer bei uns auf eins steht. Wir haben ziemlich lange und intensiv an der Reihenfolge getüftelt, wann und wo eine Nummer auf dem Album auftaucht. Wir finden, dass “Sacred Worlds” ein sehr starker Song ist, was natürlich reine Geschmackssache ist. Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn du jetzt sagst, dass du mit dem Song aus irgendwelchen Gründen nicht warm wirst, dann muss ich das akzeptieren und respektieren, weil Geschmäcker ja nun einmal unterschiedlich sind. Da hat auch in der Band keiner Stress mit.
Warum auch? Mit sowas reibst du dich dann ja nur selbst auf.
Richtig. Das macht ja auch keinen Sinn. Wenn jemand sagt, so wie du, ‚pass auf, ich werde mit dem und dem Lied nicht warm‘, dann ist das völlig in Ordnung. Nur wenn jemand einen Song zur Sau machen will, aus dem Grund, weil man ihn gerne zur Sau machen möchte, braucht das kein Mensch.
Da hast du wohl Recht. Im Vergleich zum ersten Song, finde ich aber “Wheel Of Time” beispielsweise sehr gelungen. Da passt die Mischung aus Orchester und Band perfekt.
Danke. Den Track haben wir zum Beispiel auch bewusst ans Ende der Scheibe gepackt. Die Reise beginnt orchestral mit “Sacred Worlds” und endet ebenso orchestral mit “Wheel Of Time”.
Wie war denn die Zusammenarbeit mit dem Orchester? Das war für euch ja auch das erste Mal.
Das war natürlich eine Riesenerfahrung. Sowas haben wir vorher noch nie gemacht und jedes Orchester, was du bis jetzt auf einem BLIND GUARDIAN-Album gehört hast, kam immer aus dem Keyboard. Ein gut programmiertes Keyboardorchester kann auch gut klingen, es kann aber niemals mit einem richtigen Orchester standhalten. Für uns war bei dieser Produktion enorm wichtig so viele natürliche Sounds wie möglich zu haben. Da passte die Möglichkeit endlich mal mit einem echten Orchester aufzunehmen natürlich perfekt. Wir haben beispielsweise auch auf jegliche Schlagzeug-Samples verzichtet, die manche Bands benutzen um dem Schlagzeug mehr Dynamik oder so zu verleihen. Das gibt es auf der neuen Platte nicht zu hören. Es war eine bewusste Entscheidung und genau diesen Klang wollten wir unbedingt haben. Und, wie gesagt, mit einem Orchester aufzunehmen war ein Traum.
Wie lange habt ihr im Endeffekt an der Platte gearbeitet?
Wir haben mit dem Songwriting Ende 2007 angefangen. Also exakt nachdem wir von der “A Twist In The Myth”-Tour gekommen sind. Da hat man uns gefragt, ob wir für den zweiten Teil des Computerspiels “Sacred” einen Titel beisteuern wollen. Wir haben dann ab dem Punkt mit dem Songwriting angefangen. Was für uns eher unüblich ist, wir haben sowohl 2008 als auch 2009 Shows gespielt. So etwas haben wir vorher noch nicht gemacht und da gab es natürlich Unterbrechungen im Songwriting, was sich für uns allerdings bewährt hat, da wir so mit einer ganz anderen Energie an das Songwriting gegangen sind. Von Konzerten nimmst du eine unglaubliche Energie mit nach Hause. Normalerweise haben wir nach einer Tour immer erst eine Pause eingelegt, um die Rübe wieder frei zu bekommen für neue Ideen. Wenn du dann erst mal zwei Monate zuhause sitzt und nichts tust, ist die Energie natürlich weg. Aber dadurch, dass wir sofort nach einer Tour angefangen haben Songs zu schreiben und zwischendurch auch noch ein bisschen getourt haben, haben wir uns diese Energie erhalten. Was sich, glaube ich, sehr positiv auf das Songwriting ausgewirkt hat.
Angefangen mit den Aufnahmen haben wir im frühen Herbst letzten Jahres und fertig waren wir Ende April, Anfang Mai. Es ging eigentlich alles sehr glatt. Es gab keine Studiokatastrophen, keine großen Pannen und wir haben alle Deadlines zum ersten Mal in unserer Karriere eingehalten. Das ist ein völlig neues Gefühl, haha.
Habt ihr bei so langen Studioaufenthalten und Songs wie “Sacred Worlds” und “Wheel Of Time” nicht Angst den Faden zu verlieren? Immerhin sind beide Songs jeweils knapp zehn Minuten lang.
Hmm…nee. Wir sind sehr, sehr selbstkritisch und wirklich Perfektionisten was sowas angeht. Natürlich, hin und wieder verzettelst du dich. Das kann dann zu so Geschichten führen, wie bei dem Lied “Imaginations…”. Da haben wir uns total verzettelt und an der Nummer acht Monate geschrieben. Eigentlich war der Song nach einem Monat gegessen, aber uns gefiel der Refrain nicht. Da haben wir dann nochmal sieben Monate verschiedene Refrains ausprobiert und im Endeffekt ist der Refrain, der jetzt im Stück ist, der erste den es gab. Da haben wir uns komplett verrannt und wirklich ganz zum Schluss ist uns erst klar geworden, wir sind total bescheuert. Die Version ist wunderbar, die nehmen wir jetzt. Sowas kann natürlich mal passieren, haha. Im Großen und Ganzen versuchen wir aber den Überblick zu behalten und haben zur Not auch noch Charlie als Produzenten und Außenstehenden, der uns nochmal auf die Finger hauen kann, wenn er merkt, dass wir vollkommen bescheuert durch die Gegend rennen und nicht mehr wissen, was wir da eigentlich tun.
Wenn ich einen neuen Song länger als drei Tage liegen lasse, fange ich auch schon an zu schwimmen, haha.
Ja, es ist ja auch absolut unterschiedlich. Du hast Stücke, die fließen relativ schnell und problemlos und dann hast du Stücke, die sind ´ne ganz schwere Geburt. “Wheel Of Time” war ursprünglich ganz anders geplant. Eigentlich nicht einmal für das Album, sondern für das Orchesterprojekt. Das heißt, die Nummer war ursprünglich komplett orchestral…ohne Metal Band. Irgendwie hat das aber nicht so geklappt, wie wir uns das gedacht haben und da meinte Hansi ‚lass uns das doch mal als normale BLIND GUARDIAN-Nummer probieren‘. Dadurch kamen die ganzen Gitarren dazu und das gefiel uns wesentlich besser. Dann kam Charlie und meinte ‚klingt schon geil, aber lasst uns mal die ganzen orientalischen Sachen featuren‘. Woraufhin wir wie der Ochs vorm Berg standen: ‚Welche orientalischen Sachen?‘, haha. Dass wir diese ganzen Skalen drin hatten, haben wir gar nicht gesehen. So hat sich die Nummer aber entwickelt und ist gewachsen. Das war nur im Vorfeld so nicht geplant gewesen, aber das Ergebnis spricht, glaube ich, für sich.
Joah, sehe ich auch so. Wie geht ihr eigentlich mit den ganzen Gesangsspuren im Studio um? Habt ihr beim Schreiben der Melodien im Hinterkopf, wie sie sich wohl live reproduzieren lassen? Habt ihr Chöre, die vom Band kommen oder verlasst ihr euch auf euer Publikum?
Es gab bei noch keinem einzigen BLIND GUARDIAN-Konzert einen Gesangspart der vom Band kam. Das heißt, alles was du irgendwann einmal von uns auf dieser Erde live gehört hast, haben wir selbst gesungen, beziehungsweise die Leute in der Halle haben mitgesungen. Wir sind ja in der glücklichen Lage, immer einen Chor vor der Bühne stehen zu haben, haha.
Aber wir trennen auch strikt zwischen der Live- und der Studiosituation. Wenn wir im Studio sind und meinen die Nummer braucht da noch einen Ticken Chor, dann wird da noch ein Chor gemacht und aufgenommen. Gleiches gilt für die Gitarren. Wenn wir der Meinung sind, da muss noch ein Doppel-Lead rein oder hier müssen noch sechzehn Gitarren drauf, dann nehmen wir die auf. Wenn das Ergebnis dann auch noch geil klingt, bleiben die halt da.
Dass wir auf der Bühne nur zwei Gitarristen haben, ist natürlich eine ganz andere Geschichte. André und ich können live zwangsläufig genau zwei Stimmen spielen und das war es dann. Wir können eben keine sechzehn Stimmen reproduzieren. Wollen wir aber auch gar nicht. Wenn wir uns nach einer Produktion auf die Tour vorbereiten, müssen wir unsere eigenen Stücke im Prinzip neu lernen. Das heißt, du musst dir Gedanken über ein Livearrangement machen und ich muss mir beispielsweise überlegen wo ich eine Gitarrenwand mit Akkorden spiele, wo ich die cleane Gitarre unterstütze oder wo ich die Lead-Gitarre doppele. Wir müssen die Stücke also komplett auseinander nehmen und überlegen, welcher Part welche Stimme braucht. Dasselbe machen wir auch beim Gesang. Wir haben schon etliche Proben gehabt, wo wir nur an den Chören gefeilt haben. Ganz extrem war das bei “And Then There Was Silence”. Wir haben live fünf Stimmen und da haben wir aus den ganzen Chören fünf Stimmen ausgesucht die passen, um die Chöre zu reproduzieren.
Dann kann man ja eigentlich davon ausgehen, dass wir live schön brettharte Versionen der neuen Songs zu hören bekommen…
Öh,…das ist so bis jetzt immer passiert. Wir haben bis jetzt einen Probenblock gehabt. Ein Block heißt, wir haben vier Mal geprobt und müssen demnächst noch ein paar Proben einlegen, haha. Die Tendenz ist aber, dass unsere Songs live immer ein Stück weit härter sind. Das liegt daran, dass du mit einer ganz anderen Energie an die Sache herangehst und die Sachen vielleicht etwas brachialer spielst und es klingt natürlich auch roher, weil wir auf der Bühne ja nur die Band haben. Auf jeden Fall sind wir live härter als auf Platte, ja.
Wobei auf “At The Edge Of Time” zwischen Song zwei und neun auch genügend harte Stücke dabei sind, finde ich.
Definitiv, ja. Die Platte ist die mit Abstand härteste, die wir in den letzten Jahren aufgenommen haben. Es sind wieder sehr schnelle, aggressive Sachen dabei, die ja aber eigentlich nie komplett raus waren bei BLIND GUARDIAN. Auch auf der “A Night The The Opera” war ja mit “Punishment Divine” ja auch ein Song der nicht gerade eine Ballade ist. Diese Trademarks waren nie ganz weg. Sie sind nur auf dieser Platte wieder verstärkt in den Vordergrund getreten. Und da freue ich mich drauf, sowas wieder live zu spielen.
Du hast ja vorhin gesagt, dass die Platte sich perfekt dazu eignet Leuten, die euch nicht kennen, die Musik von BLIND GUARDIAN näher zu bringen. Das sehe ich auch so, da die Songs ja nicht nur im Albumkontext, sondern in sich sehr abwechslungsreich sind und viele Facetten eures Sounds innehaben.
Das ist ja etwas, das wir bewusst erreichen wollen. Wenn wir zehn Mal “Wheel Of Time” auf dem Album hätten, wäre es stinklangweilig und die Leute würden uns spätestens nach dem dritten Song fragen, ob wir sie noch alle haben und nur noch so’n Zeug machen. Allerdings habe ich auch keinen Bock hätte zehn Mal eine Knüppelnummer zu spielen. Dann wäre die Dynamik der Platte ja gar nicht mehr gegeben. Und für uns ist eben wichtig, dass diese Dynamik da ist und du wirklich Abwechslung hast.
Klar, sonst würde man sich ja auch selbst limitieren.
Eben. Nur Knüppel-aus-dem-Sack, nur Ultrabombast oder nur Balladen funktioniert nicht.
Ich finde, dass “War Of The Thrones” beim Hören eine gewisse Aufbruchstimmung vermittelt. Wie würdest Du denn die Emotionen in euren Songs generell beschreiben. Macht ihr euch über sowas vorher Gedanken?
Eher nicht. Es ist nicht so, dass wir uns im Vorfeld hinsetzen und überlegen, welcher Song welche Stimmung vermitteln soll. Solche Sachen entstehen auch natürlich und da ist für mich auch wieder die Dynamik wichtig. Zehn Mal reine Düsternis uns Aggression funktioniert einfach nicht. Ebenso wenig wie zehn Mal Happy-Metal. Es ist tendenziell so, dass die schnellen, härteren Nummern immer eine etwas düsterere Stimmung als ein Song wie “War Of Thrones” oder “Curse My Name”, der auch eine sehr positive Ausstrahlung hat, die beispielsweise ganz anders wirkt als „Tanelorn (Into The Void)“, wo du den Knüppel-aus-dem-Sack hast. Das ist für mich, wie gesagt, ganz eng an die Dynamik der Stücke gekoppelt.
Womit wir dann auch bei den Texten wären. Welche Themen behandelt ihr denn auf dem neuen Album?
Wir haben diesmal kein zusammenhängendes Konzept. Es gibt zwei Stücke die textlich zusammen gehören. Das sind “Wheel Of Time” und “Ride Into Obsession”. “Tanelorn (Into The Void)” handelt wie der Name schon sagt von Michael Moorcocks‘ ewigem Helden, den wir in der Vergangenheit ja schon öfter behandelt haben. “Sacred Worlds” handelt logischerweise on dem ganzen Szenario, das dem Computerspiel zugrunde liegt. War ja ´ne Auftragsarbeit sozusagen. “Valkyries” basiert an sich ganz einfach auf mythologischen Themen. Eigentlich ist es das übliche Gemisch aus Fantasy und Mythologie, das wir eigentlich immer ganz gerne dabei haben.
Da ist also alles beim Alten geblieben. Ihr habt euch für die Tour ja ein ganz schön starkes Vorprogramm gebucht. Habt ihr das Gefühl, dass ihr euch noch beweisen müsst? Gerade bei Konzerten wird Hansis Stimme ja gerne mal kritisiert. So war es jedenfalls bei den Kommentaren, die ich nach eurem Gig auf dem letztjährigen “Bang Your Head!!!”-Festival gehört habe.
Puh, dazu kann ich jetzt eigentlich gar nichts sagen. Stimmliche Leistung nach einem Konzert zu beurteilen, ist immer eine sehr zwiespältige Sache. Hansi ist ja, wie wir alle, auch nur ein Mensch und wenn er sich bei einem solchen Sauwetter, wie es in Balingen war, eine Erkältung einfängt, hat er keine Chance 100% zu geben. Da kann er sich dann auf den Kopf stellen. Wenn seine Stimmbänder angeschlagen sind, kann er nicht die volle Leistung bringen. Das ist natürlich etwas, das die Leute gerne auch mal vergessen. Die kommen zu einem Konzert und haben dann eventuell das Pech, dass der Sänger gerade angeschlagen ist und sagen dann ‚oh, war der Sänger aber scheiße‘. Kann man so nicht sagen, finde ich. Wenn fünfzehn Leute in einem Tourbus sitzen und nur einer mit Grippe ankommt, haben die anderen keine Chance. Und gerade bei Sängern macht sich das immer extrem bemerkbar. Wenn ich eine Grippe habe, kann ich immer noch Gitarre spielen, bei Hansi machen dann aber die Stimmbänder zu und er kann die Leistung, die er sonst abruft, nicht mehr bringen. Aber letztlich wirst du auch immer Leute dabei haben, die nur meckern wollen.
Sekunde mal, bitte. Ich muss mal eben die Kassette wechseln.
Kein Problem. Von mir aus kannst du auch Steno mitschreiben, wenn du möchtest, haha.
Das wäre dann eine Option für den nächsten VHS-Kurs. Ihr habt euch jetzt also nicht absichtlich starke Support-Acts für die Tour mit ins Boot geholt, um den Kritikern etwas zu beweisen.
Ich glaube nicht, dass wir irgendwem etwas beweisen müssen. Wir machen das Ganze jetzt seit 25 Jahren und haben immer versucht ein perfektes Produkt abzuliefern. Sei es auf Platte oder live. Wir stehen ja nicht umsonst an der Position, wo wir jetzt sind. Die Leute wissen schon, dass sie von uns ein gutes Konzert geboten bekommen. Dafür müssen wir uns jetzt nicht unbedingt die und die Band ins Vorprogramm holen um dann mit denen einen Wettbewerb starten. Wir versuchen halt immer den Leuten ein gutes Package anzubieten, bei dem sie auch Spaß haben. Andere Bands buchen sich Support-Acts ins Vorprogramm, die grottig sind und an denen die Leute keinen Spaß haben. Da habe ich lieber eine interessante Vorband dabei, die die Leute auch unterhält.
Für die Fans gibt es also den entsprechenden Gegenwert fürs Geld. Das ist ja nicht überall so. Wie hart trifft euch denn das Problem der illegalen Downloads?
Jede Band ist davon betroffen. Die Band die sagt ‚nö, da haben wir keine Probleme mit‘, die lügt. Selbst METALLICA merken das auf ihren Royaltychecks, wenn sie auf einmal 20 Millionen Platten weniger verkaufen. Das Problem ist meiner Meinung nach aber, dass die Leute ihre Einstellung zur Musik komplett verändert haben. Als ich angefangen habe Musik für mich zu entdecken und IRON MAIDEN für mich entdeckt habe, war das für mich ein Riesenereignis wenn MAIDEN damals ´ne Platte herausgebracht haben. Ich bin dann schon immer eine Woche vorher in die Plattenläden gegangen und habe gefragt, ob die Scheibe vielleicht doch eher herauskommt.
Das ging mir nicht anders…
…ja, siehst du? Heute ist das so, dass die Kids in die Schule gehen und auf dem Schulhof Terabyte große Festplatten tauschen, auf den wer weiß wie viele Songs sind. Die kommen nach Hause und schaffen es höchstens 0,1% der Musik zu hören, haben aber nächste Woche schon wieder eine neue Festplatte mit Musik zu Hause. Musik ist heute für viele Kids zu so einer Art Fastfood verkommen, die nur noch nebenbei konsumiert wird. Am besten noch in der Straßenbahn auf dem sehr gut klingenden Telefon. Das ist nicht meine Art Musik zu hören. Wobei ich natürlich kein Problem mit dem Medium Internet habe. Ich liebe das Internet. Wenn ich Bock habe mir am Sonntag um 17:30h eine Scheibe zu kaufen, gehe ich ins Internet, kaufe sie mir und lade sie dann runter. Damit habe ich kein Problem. Das Internet ist ja auch ein super Tool für Promotion, das Plattenfirmen nutzen müssen. Leider haben das viele Plattenfirmen noch nicht verstanden und versuchen nach wie vor das Internet zu verteufeln.
Dann nenn‘ mir doch noch bitte deine aktuellen Favoriten von der neuen Scheibe. Ich tippe mal auf “A Voice In The Dark”.
Da würde ich dir momentan auch zustimmen, wobei das bei mir extrem Stimmungsabhängig ist. Wenn du mich allerdings morgen früh nochmal fragen würdest, wäre die Antwort vermutlich eine andere. Aber momentan ist “A Voice In The Dark” wirklich mein Favorit. Als Alternative würde ich vielleicht noch “Wheel Of Time” nennen.
Das war es dann von meiner Seite aus. Möchtest du unseren Lesern noch etwas mitteilen?
Öh,…ja. Wer sich einen Eindruck von der Platte verschaffen möchte, die Single ist bereits draußen und dort kann man ein paar Stücke hören. Ebenso auf unserer Homepage. Auf Tour sind wir ab September und ich hoffe, dass wir auf der Tour viel Spaß zusammen haben werden.
Dann danke ich dir recht herzlich für das Interview, Marcus.
Ich danke dir für das nette Gespräch, Colin. Bis bald.
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