Blind Guardian
"Im Heavy Metal ist noch längst nicht alles gesagt" - Interview mit André Olbrich zu "Beyond The Red Mirror"
Interview
„Beyond The Red Mirror“ ist insgesamt sehr facettenreich geworden – und sicherlich ein neuer, großer Schritt für BLIND GUARDIAN. Diese Entwicklung beschreibt André als eher emotionale Angelegenheit: „Eigentlich hatten wir keinen festen Plan, wir haben das Ganze nicht vorher im Kopf durchdacht – das Meiste ist aus dem Bauch, aus dem Gefühl, heraus entstanden. Wir haben wirklich nach neuen Ideen gesucht, das hat lange gedauert, aber wir haben nicht aufgegeben. Wir haben natürlich auch nach Ansätzen gesucht, die uns noch „kicken“ – insbesondere nach all dem, was wir schon gemacht haben. Wir haben unsere Ideen dann konsequent verfolgt und in den Vordergrund gearbeitet – wie zum Beispiel bei „The Ninth Wave“. Dort sind eine Menge überraschende Effekte drin, aber trotzdem ist es unverkennbar BLIND GUARDIAN: Man hätte das auch alles anders produzieren können, diesen soundtrackhaften Charakter hätte man auch glätten können: Aber das wollten wir eben nicht.“ Was allerdings unverkennbar ist, ist der progressive Anstrich von „Beyond The Red Mirror“ – hier sieht André das Ende der Fahnenstange für BLIND GUARDIAN auch noch nicht erreicht: „Es ist schon immer Teil meiner Philosophie gewesen, dass beim Heavy Metal noch längst nicht alles gesagt ist – obwohl er schon mehrfach für tot erklärt worden ist. Da ist noch viel Luft nach oben. Schon früher, als ich Alben von anderen Bands gehört habe, wie zum Beispiel QUEENSRYCHEs „Operation Mindcrime“, habe ich gedacht: Wenn das erstmal richtig zündet, wenn man da noch weiter geht, dann kommt da noch einiges bei raus. Leider ist dies in der gesamten Metal-Szene dann nicht so richtig passiert – man hat wieder angefangen rückwärts zu gucken. Aber wenn ich so auf die Kreativität in unserer Band schaue, dann habe ich keine Sorge, dass da auch noch andere viele interessante Sachen kommen können.“
Vielleicht eine logische Konsequenz, wenn man bereits zehn Jahre und fast dreißig Jahre Bandgeschichte auf dem Buckel hat – aber ist man da bei der Neuveröffentlichung eines Albums eigentlich noch nervös oder kann man da befreit aufspielen? „Gerade am Anfang unserer Karriere haben wir sehr frei aufgespielt. Da gab es keinen Druck oder keine Erwartungshaltung – da waren wir noch richtige Partylöwen. Inzwischen ist natürlich auch unser eigener Anspruch stark gewachsen, wir sind deutlich kritischer mit uns und unser Geschmack hat sich natürlich auch verändert.“
Und gerade geschmackliche Offenheit ist ja eine gute Inspiration: „Musikalisch bin ich offen für alles, was ich als qualitativ gut empfinde. Da kommt es überhaupt nicht aufs Genre an – Musik jeder Richtung, aber sie muss gut gemacht sein.“ Die Entwicklung eines Albums legt André dann auch sehr plastisch dar: „Das meiste im Songwriting spielt sich zwischen Hansi und mir ab. Wir sind ein eingespieltes Team und tauschen uns toll aus – wir können uns im Arbeitsprozess tief in einen Song fallen lassen. Wir vertrauen dabei nur unserer eigenen Meinung und lassen, bevor der Song nicht ausgereift ist, auch keinen dazwischen. Da sind wir sehr konsequent geworden, weil wir auch von niemandem irritiert werden wollen. Es muss also was rauskommen, wo wir uns sicher sind. Wir stimmen natürlich auch nicht immer überein, wir haben auch unterschiedliche Ansichten, verschiedene Geschmäcker, aber da wo es zusammenkommt, da wo die Schnittmenge ist, da sind wir sicher, dass es auch anderen Leuten gefällt. Das dritte Qualitätssiegel ist dann unser Produzent Charlie Bauerfeind, mit dem wir dann alles auch nochmal aus einer ganz anderen Perspektive betrachten. Was ist produktionstechnisch möglich, welche Sachen harmonieren gut miteinander, wo sind wir zu weit abgedriftet – auf Charlies Meinung legen wir da viel wert. Drumherum haben wir dann das ganze Team, die so in die Materie eingewiesen werden, dass etwas Gutes rauskommt.“
Und welche Reaktionen erwartet man bei so einem Release? Ist man da nervös? André gibt sich recht entspannt: „Nervös bin ich eigentlich nicht, denn ich habe meine innere Ruhe immer direkt nach dem Mix gefunden. Der Mix ist nicht beendet, bevor ich nicht 100% zufrieden bin – und ich fasse ein Album dann auch nicht mehr an – zu diesem Zeitpunkt habe ich dann alles getan. Trotzdem bin ich natürlich gespannt auf die Reaktionen, insbesondere der Leute, die BLIND GUARDIAN schon seit vielen Jahren hören. Da hat es ja in der Vergangenheit schon die unterschiedlichsten Reaktionen gegeben. Ich freue mich natürlich, wenn die Fans das Album annehmen und genießen können – und auch wenn es Nörgler gibt, im Internet oder so, dann lasse ich mich davon nicht irritieren, ich freue mich mehr über diejenigen, die das Album dann wirklich genießen können.“
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Stile | Heavy Metal, Progressive Metal, Symphonic Metal |
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