Begrafven
“Black Metal kann kein Spaß sein”

Interview

BEGRAFVEN, das sind zwei Schweden, die sich dem schnörkellosen, in der alten Schule gelehrten Black Metal verschrieben haben. Das stellt noch keine Seltenheit dar, doch als 2013 das Demo erschien, war sofort klar: BEGRAFVEN beherrschen das klassische Handwerk außerordentlich gut und haben zudem ein prächtiges Händchen für Melodien.

Danach? Stille. Und der Sabber versiegte allmählich. Wir haben mit Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger Maturz über die Gründe der Verzögerung, die Band an sich und das Debütalbum gesprochen. Außerdem fragten wir uns und ihn, ob Black Metal eigentlich Spaß machen darf.

“Ein Fluch über dem Album”

Ja, der Weg zum Reich der Toten, wie sich der Albumtitel “Dödsriket” übersetzen lässt, war lang und steinig. Zumindest das Steinige passt im Sinne der Kühle und Rohheit zum Black Metal, doch allzu glücklich wirkt Maturz nicht, wenn er über die Entstehung des Debüts spricht: “Manchmal fühlt es sich an, als würde ein Fluch über dem Album liegen”. Das Bild ist stimmig, denn die Songs von “Dödsriket” waren schon fertig, als das Demo veröffentlicht wurde. Wieso hat es dann sieben Jahre bis zum ersten Studioalbum gedauert? “Nun, der erste Grund ist das Studio, in dem ich Miteigentümer bin. Wir hatten Pläne, es mit neuer Ausrüstung umzubauen, und wollten das Album aufnehmen, wenn es fertig ist. Doch das hat viel länger gedauert als erwartet, da in unserem Privatleben sehr viel passiert ist”, erklärt Maturz.

Weil es bekanntlich oft schlechter wird, wenn es eh schon nicht so gut läuft, riss die Pechsträhne keineswegs ab. “Als wir endlich mit den Aufnahmen begannen, war mein Schlagzeugspiel scheiße und ich wurde richtig wütend. Aus Frust trat ich gegen einen Stuhl und brach mir fast meinen großen Zeh. Also konnte ich ein paar Monate lang nicht spielen. Später bemerkten wir einige Probleme mit Ursus‘ Gitarre und da er Linkshänder ist, konnte er meine nicht benutzen. Und seine andere Gitarre war ebenfalls im Arsch. Dann zog sich das Mixing auch noch in die Länge.”

Nach all den Problemen verwundert es kaum, dass im Jahr der Veröffentlichung eine globale Pandemie ausbrach und – natürlich – auch das geplante Release-Datum tangierte, weil die finalen Songs nicht rechtzeitig im Presswerk ankamen. Atmen wir gemeinsam einmal tief durch, denn das lange Warten hat sich allemal gelohnt. “Dödsriket” bietet über eine Stunde lang exakt das, was das Demo angedeutet hat: qualitativ hochwertigen schwedischen Black Metal mit ausgeprägten Melodien und Liedern, die “auf die eine oder andere Weise vom Tod” handeln, wie Maturz betont, sich von einer konzeptionell zusammenhängenden Geschichte aber distanziert: “Wir betrachten es in diesem Sinne nicht als Konzeptalbum.”

“Black Metal kann kein Spaß sein”

Auffällig ist das Cover-Artwork, das sich in seiner comicartigen Optik stark von der typischen und in BEGRAFVEN-Promofotos durchaus transportierten Black-Metal-Ästhetik entfernt. Maturz klärt auf: “Es wurde von unserer ehemaligen Bassistin gezeichnet. Wir mochten es und wählten es aus genau diesem Grund, denn es sah nicht wie ein typisches Black-Metal-Cover aus. Aber das Thema passt auf jeden Fall.” Die besagte Bassistin war zur Zeit des Demos Mitglied von BEGRAFVEN, folgte dann aber dem Mutterglück und verließ die Band.

In unserer Kritik beschreiben wir “Dödsriket” als “Black Metal-Unterhaltung in Perfektion” und stellen die Frage, ob Black Metal Spaß machen kann. Maturz hat eine klare Antwort: “Nein, Black Metal kann kein Spaß sein. Es sei denn, man denkt, dass Tod, Krieg und Satan Spaß bedeuten, was eine Möglichkeit ist.” Doch der Musiker will auch nicht komplett grimmig aus der schwarzen Wäsche blicken und ergänzt: “Aber wir sind nicht engstirnig. Es ist auch Musik und natürlich wird man von ihr unterhalten. Man genießt sie, wenn sie einem gefällt.”

Zustimmung. Black Metal als reine Unterhaltung zu definieren, wäre fatal. Auf der anderen Seite widerspricht gerade die Engstirnigkeit etlicher Trveheimer dem Gedanken von Freiheit und Individualismus und legt der Musik auf diese Weise Ketten an. Welche Bedeutung hat Black Metal denn für Maturz persönlich? “Für mich ist BEGRAFVEN das, was Black Metal ausmacht, und das ist der Grund, warum die Band entstanden ist.”

“Keine weiteren sieben Jahre”

“Dödsriket” ist draußen und die Qualität des Albums rechtfertigt die Wartezeit. Doch das aktuelle Hoch reduziert sich schneller als gedacht, wenn BEGRAFVEN sich wieder so lange Zeit lassen – weil sie sich selbst verletzen, die Instrumente versagen oder weil sich der Fluch als besonders hartnäckig entpuppt.

Oder handelt es sich bei dem vielversprechenden Duo eh nur um ein Projekt? Glücklicherweise verneint Maturz hier und liefert eine Perspektive, die hoffen lässt: “BEGRAFVEN ist eine Band und die gesamte Musik für das nächste Album war schon vor der Aufnahme von ‘Dödsriket’ und alle Texte sind seit etwa Anfang dieses Jahres fertig. Wir proben die Songs momentan und planen, im Laufe des Jahres mit den Aufnahmen zu beginnen.” Bevor allein gedankliche Jubelschreie ausufern, hakt der Realist ein. “Aber unsere Pläne neigen zum Platzen, also werden wir sehen. Doch es sollte keine weiteren sieben Jahre dauern. Das ist aber kein Versprechen.”

Auch mögliche Live-Aktivitäten von BEGRAFVEN sind derzeit vernebelt – und das nicht nur wegen Corona. “Die Zukunft wird zeigen, ob es möglich sein wird. Dafür brauchen wir einen Live-Schlagzeuger und Live-Bassisten und wir haben im Moment niemanden in Sicht”, sagt Maturz. Auf der anderen Seite: Ein klares “Nö” klingt auch anders. Also haben die Fans doch einiges, worauf sie sich freuen können. Oh. Ist Freude kompatibel mit Black Metal?

Quelle: Begrafven
30.10.2020
Exit mobile version