Bison B.C.
Bison B.C.

Interview

Im amerikanischen Rock-Untergrund geht was. MASTODON sind nur die Spitze des Eisbergs und für ihre Verhältnisse fast schon Popstars. An ihre alte Stelle treten nun Bands wie BARONESS, AKIMBO, die wilderen Brüder im Geiste, KYLESA mit ihren Groovebrocken, und BISON B.C. aus Vancouver. Allzu viele haben vermutlich von letzteren bisher noch nicht gehört, doch mit "Quiet Earth", dem Metal Blade-Einstand der vier Kanadier, dürfte und sollte sich das schnellstens ändern.

Bison B.C.„Die bisherigen Presseechos zu ‚Quiet Earth‘ könnten besser nicht sein“, freut sich Dan And, Gitarrist von BISON B.C. „Wir haben viel Zeit und Mühe in das Album investiert und wie es sich nun zeigt, hat sich dies bezahlt gemacht. Die Leute sind begeistert.“ Mit einem großen Label und einem großartigen Album im Rücken sollte es tatsächlich mit dem Teufel zugehen, wenn sie nicht im großen Stil Fans aufgabeln sollten. „Metal Blade ist ein Label, das seit rund 25 Jahren für Qualität steht und den unter Vertrag stehenden Bands viele Freiheiten bezüglich ihres kreativen Inputs gewährt. Das war uns mit das wichtigste.“, so Dan. „Schau dir nur mal die aktuellen Releases des Labels an, jedes brutaler und schneller als das andere, da passen wir auch auf den zweiten Blick nicht wirklich rein. Aber nach den ersten Gesprächen kristallisierte sich schnell heraus, dass sie auf unsere Musik abfahren und wirklich überzeugt sind von dem, was wir machen.“

In der Tat zeigten 2007 bereits die sechs Songs ihrer ‚Earthbound‘-EP, dass Dan And mit BISON B.C. zu den genannten Bands aufschließen würde. Die Platte erschien in einer Auflage von nur 1100 Einheiten auf Forest, dem Mini-Label eines Kumpels, und ist längst vergriffen: „‚Earthbound‘ wird vorerst nicht wiederveröffentlicht, es bleibt also eine exklusive Forest Records-Veröffentlichung. Unser Kumpel Nick Hart hat sich mächtig für uns ins Zeug gelegt und wir wollen, dass diese EP als sein großer Verdienst für BISON B.C. in Erinnerung bleibt.“ Die EP hat sich zu einem gesuchten Sammlerstück entwickelt. Im Zuge der Veröffentlichung von „Quiet Earth“ wir sie zwar nicht als CD oder Vinyl veröffentlicht, digital ist sie aber demnächst für einen kleinen Obolus zu haben.

S.T.R.E.E.T.S – „Skateboarding Totally Rules, Everything Else Totally Sucks“ – hieß Dans erste Band und rotzte klassischen Skate-Thrash raus. Schnell entschieden sich die Mitglieder ein paar Schritte weiterzudenken. Zu Beginn im Jahr 2006 firmierte man noch unter dem Namen „Bison“. Das „B.C.“ wurde erst vor der Veröffentlichung des Debüts angehängt – ob es nun für British Columbia steht, die kanadische Provinz, aus der sie stammen, oder für „Before Christ“, lässt er offen: „Wir haben ein wenig recherchiert und heraus gefunden, dass es bereits einige Bands mit demselben Namen gibt. Die ganzen Horrorgeschichten, die kursieren, um etwaige Rechtsschwierigkeiten, dass sich Bands wegen etwas so bescheuerten wie einem Bandnamen gegenseitig verklagen, haben uns dazu bewogen, auf Nummer sicher zu gehen.“

Metal und Kanada, das ist so eine Sache, ein sich scheinbar dichotomisch abgrenzendes Begriffspaar. Allzu viele aktuelle Bandnamen kennt man jedenfalls aus der kanadischen Szene nicht. Zu nennen wären natürlich Bands wie STRAPPING YOUNG LAD oder die Hardcore-Aufsteiger CURSED. Dan gibt uns eine Idee davon, wie es um die Metalszene in dem rein flächenmäßig zweitgrößten Land der Erde steht: „Die Metalszene in Vancouver ist großartig! Hier kulminieren so viele verschiedene Substile harter Musik. Es gibt viele Stoner- und Doombands, Crust, Grind, Punk, Thrash…ach, nenn‘ mir einen Stil und ich zeig‘ dir eine Band. In letzter Zeit sind auch viele größere Metalbands nach Vancouver gekommen, was früher nicht sehr häufig der Fall war. Es mangelt jedoch an Locations und Auftrittsmöglichkeiten für lokale Bands. Nur wenige Clubs veranstalten Metal- oder Punkkonzerte, die meisten richten sich an die Hipster und Raver, in erster Linie um Geld einzutreiben. In dieser Hinsicht ist Vancouver keine ideale Stadt für Livebands.“

Immer wieder muss Dan klarstellen, dass er kein reiner Metalhead ist; seine Wurzeln liegen im Punk und Hardcore: „Ich höre Metal seit ich Musik höre, seit ich denken kann. Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen und hörte die ganze Bandbreite von Punk, Hardcore, Crust, Classic Rock über Metal natürlich. Es war dort schwierig jemanden zu finden mit dem man jammen und Musik machen konnte. Dann lernte ich James Farwell kennen [Sänger und Gitarrist von BISON B.C.].“ Doch sollten sie erst Jahre später in Vancouver ihre erste Band gründen. „In einem so kleinen Dorf aufzuwachsen ist nicht einfach. Man lernt kaum neue Leute kennen, schon gar nicht welche, die zur selben Musik steil gehen wie du.“

Es ist Liebe, die ihn zum Sound von BISON B.C. gebracht hat und die ihn antreibt, neue Bands kennen zu lernen und die Vorgänge in der aktuellen Metalszene mit Akribie zu verfolgen. „Es gibt wirklich Unmengen an Bands, die mich in letzter Zeit schwer beeindruckt haben. Die aktuelle Platte von FUCK THE FACTS hat mich nicht nur sprichwörtlich aus den Socken gehauen, brutal und doch intelligent. Ebenso Bands wie PIG DESTROYER, ED GEIN, DOOMRIDERS und TODAY IS THE DAY. Ich steh‘ eben auf solche Bands, die ihr eigenes Ding durchziehen wie beispielsweise BARONESS, AKIMBO und BIG BUSINESS.“ Auch wird Dan nicht müde, auf die Szene vor seiner Haustür hinzuweisen: „Wir haben in Vancouver und Umgebung viele gute Bands, zum Beispiel unsere Buddies von 3 INCHES OF BLOOD, COBRA oder MASS GRAVE; das sind alles gute Freunde von uns.“

Bei BISON B.C. kommt alles in den Topf, was irgendwie authentisch, dreckig und im Zweifel nischig ist. Ein großes Ganzes aus 60s-/70s-Hardrock, Prog, Psychedelic. Metal in den Schattierungen Doom und Thrash. Etwas Sludge, etwas Stoner und auch eine grobe Kelle Crust-Punk und -Hardcore. Das Riff muss stimmen. Es macht seine Band und ihre Songs aus. Wenn der Gitarrist darüber spricht, klingt das nach Schwärmerei: „Normalerweise kommen entweder John oder ich mit einem Riff an und spielen es den anderen im Proberaum vor. Wir jammen dann so lange auf diesem Riff, bis wir alles überzeugt sind, dass das funktionieren könnte. Das Riff, eine Melodielinie, ein Beat verwandelt sich dann zu etwas Gemeinsamem; etwas, zu dem alle in der Band ihren Teil beitragen und am Ende steht dann der Song. Einige Songs auf ‚Quiet Earth‘ sind erst im Studio entstanden, haben dadurch einen sehr spontanen Vibe.“ Dan ist durch und durch Kanadier, er liebt sein Land, was sich auch in seinen Lyrics widerspiegelt: „Meine Songtexte für ‚The Wendigo 1 + 2‘ handeln von den früh-kolonialen Fellhändlern in Kanada. Ihnen liegt eine Legende der Algonquin-Ureinwohner aus der Region Ontario / Quebec zugrunde. Vermutlich wird es noch einen dritten Teil geben, um die Geschichte abzurunden. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.“

Die Musik steht und stand immer im Vordergrund: „Wir nehmen ausschließlich unsere Musik ernst. Schau‘ uns doch mal an. Zu uns würde kein verkaufsförderndes Image passen. Das überlassen wir anderen Bands. Sollen die doch ihren Fans vorgaukeln, sie seien böse Krieger und leben in dunklen Schlössern, kämpfen bis sie umfallen. Wir sind ein Haufen vernarrter Musikliebhaber, die aussehen wie sie nun mal aussehen, als ob sie gerade vom Supermarkteinkauf kommen…wir sind schließlich nicht KISS.“ Rund um die Welt (wieder-)entdecken Hörer den Heavy-Sound mit mächtigen Riffs, und es ist sicherlich kein Zufall, dass METALLICA ihre Kollegen THE SWORD mit auf Tour genommen haben. Bei BISON B.C. gibt es bislang noch keine konkreten Tourpläne. „Wir ruhen uns nun erstmal aus und schreiben an neuem Material. Irgendwann Ende Februar nächsten Jahres versuchen wir auf einen Tourtross durch Europa aufzuspringen. Danach beackern wir in jedem Fall die USA. Abwarten, irgendetwas wird sich schon ergeben. Ich bin wirklich scharf darauf, nach Deutschland zu kommen, um mit euch gemeinsam auszurasten.“

24.11.2008

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