Bird Cocaine
Wir müssen niemanden überzeugen!

Interview

BIRD COCAINE haben sich während der Pandemiezeit damit beschäftigt, was sie selber brauchen und was die Welt eventuell gebrauchen könnte. Die Band aus München, die eigentlich immer schon Musik zusammen gemacht hat, entschloss sich, ein paar Schritte weiter zu gehen. Warum ihre Musik im dunklen Studiokeller verstecken? Warum die Songs nicht einfach mal veröffentlichen – komme, was wolle? Es kam, was wollte (oder sollte). Am 13. September veröffentlichten BIRD COCAINE ihr gleichnamiges Debütalbum. Eine Scheibe, die nach Lagerfeuer riecht, sich nach Roadtrip anfühlt und sich vor allem nach einer Mischung aus Rock, Grunge und Folk anhört.

Der ungewöhnliche Stilmix wirft Fragen auf und wir wollen der Band die Gelegenheit geben, sich vorzustellen und unsere Fragezeichen auszuradieren. Und so kommt es, dass wir an einem Donnerstagabend mit Gitarrist und Sänger André, der gerade Urlaub auf Korsika macht und kurz vorher noch Wein und Spaghetti genossen hat, online verbunden sind. Drummer Johannes springt später im Chat dazu, während er irgendwo in München auf einem Supermarktparkplatz im Auto sitzt. Also beste Interviewvoraussetzungen, um BIRD COCAINE kennenzulernen.

Ich muss euch direkt sagen, dass ihr mir die Vorbereitungen auf dieses Interview und die Recherche zur Band nicht ganz leicht gemacht habt. Gibt man nämlich in den Suchmaschinen BIRD COCAINE ein, bekommt man relativ schnell Hilfsangebote zum Drogenkonsum angezeigt. Was habt ihr euch denn bei dem Bandnamen gedacht?

André: Die Idee stammt von Oli, unserem Sänger, und mir. Wir haben einfach mit der Idee eines Side-Projekts herumjongliert. Wir fanden es eigentlich ganz lustig. In erster Linie wegen des Wortspiels mit „Kurt Cobain“. Als wir dann für die Band mit den ganzen Accounts online gegangen sind, haben wir realisiert, dass der Bandname doch etwas spezieller ist. Wir fanden es aber gerade deswegen auch irgendwie cool und haben es einfach dabei belassen. Und eigentlich hat es keinen Sinn, sondern ist einfach nur witzig gemeint.

Euer Debütalbum ist ja ein kleines Corona-Baby, wenn ich das richtig gelesen habe. Also habt ihr alle während der Pandemie einen Lagerkoller gehabt und spontan entschieden: Die Welt braucht mehr „Southern-meets-Grunge-meets-Rock-meets-Alles“?

André (lacht): Haha, ich glaube, WIR brauchen das! Und die Welt hoffentlich auch. Was ich besonders cool an dem Album finde, und ich hoffe, das merkt man auch beim Hören, sind einfach die unterschiedlichen Einflüsse, die da zusammengekommen sind. Wir haben ein umfassendes Spektrum zugelassen. Natürlich spürt man die Southern-, Folk- und Country-Einflüsse sehr deutlich. Aber wir haben auch etwas „Metalliges“ mit dabei oder auch mal etwas Rockigeres. Und das kommt daher, weil wir uns alle mit einbringen und ich persönlich finde, wir haben da ein gutes Level gefunden. Wir haben viel von Wüste, der weiten Ferne und Cowboys mit dabei. Das ist aber etwas, was uns als Band und unsere Philosophie deutlich macht. Trotz unterschiedlicher Einflüsse hat das Album einen musikalischen, roten Faden. Natürlich haben wir lange an dem Album gearbeitet und gehofft, dass wir alles richtig machen. Es hängt viel Herzblut daran.

Das heißt, ihr habt beim Songwriting alle mitgemischt?

André: Genau. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Stilrichtungen und erarbeiten Songs auf eigene Art. Oli und ich zum Beispiel verarbeiten oftmals Dinge, die wir selber erlebt haben. Michi dagegen hat einfach coole Ideen von Melodien und zieht dann aus dieser Richtung das Ganze auf. Das sind sehr unterschiedliche Herangehensweisen, die wir alle haben. Gleichzeitig muss man auch sagen, dass wir alle nicht gemeinsam tagelang im Proberaum abhängen können und wollen. Wir sind Ü30 und haben Familie, da gibt es genug zu tun. Deshalb läuft es eher so, dass ich, wenn ich unterwegs bin, meine Gitarre dabei habe, und wenn dann so ein paar Ideen in den Kopf kommen, werden die ausgearbeitet und in Rohform der ganzen Band geschickt. Natürlich könnten wir heutzutage auch alles programmieren – Gitarre, Bass, Drums. Und am Ende findet es jede/r Scheiße (lacht). Deshalb mache ich das nicht mehr. Die anderen ebenfalls nicht. Wir nehmen eher das rohe Format, dann bespricht man es in der Band und versucht den Rest von der Idee zu überzeugen. So nach dem Motto: „Fühlt ihr, was ich fühle, wenn ihr das hört? Und wenn ihr das auch fühlt oder anders, wie würdet ihr das Bild jetzt ausmalen?“

Lief dieser Prozess immer reibungslos ab?

André (lacht): Natürlich ist das nicht immer reibungslos abgelaufen. Aber das liegt auch an den unterschiedlichen Charakteren in der Band. Oli, unser Fronter, der die meisten Songs auf diesem Album geschrieben hat, ist ein ziemlich relaxter Typ. Der sagt dann immer: „Macht euer Ding, ich mach’ mein Ding und zusammen machen wir das cool.“ Ich bin dagegen mit meinen Vorstellungen schon konkreter und muss mich da auch überzeugen lassen. Das geht mal schneller oder langsamer. Aber wir sind uns deswegen noch nie an die Kehle gegangen.

In Zeiten, wo Bands eher dazu neigen, ihre Songs über- und glattzuproduzieren, entscheidet ihr euch für den dreckigen, grungigen Sound, der roh und nach Straße klingt. Warum diese Entscheidung? Warum jetzt mehr Mandoline und mehr Banjo?

An dieser Stelle kommt Schlagzeuger Johannes zum Gespräch dazu und übernimmt die Frage direkt.

Johannes: Das ist bei uns niemals eine „Wir müssen auf einen Trend aufspringen“-Sache gewesen. Wir haben das vor Jahren schon so gemacht. Auch wenn das Album jetzt neu ist und wir uns als Band neu präsentieren, haben wir vor Corona schon angefangen, an Songs dieser Art zu arbeiten. Wir hatten eigentlich schon immer diesen Vibe und nutzen eine Mischung aus all unseren Einflüssen. Ich bin eher so grungig unterwegs, Oli hört Black Metal, was aber in seinem Songwriting meistens überhaupt nicht so spürbar ist, und Michi kommt eigentlich aus dem Metalcore. Das vermischt sich dann alles zu unserem Stil, was ich ganz gut finde. Kommerziell ist es aber nicht, weil wir nicht straight genug sind, wir sind aber zumindest abwechslungsreich. Das ist mir persönlich immer ganz wichtig. Man kennt ja auch die Bands, die sehr erfolgreich sind und dann hörst du das Album und jeder Song klingt relativ ähnlich, was ja auch okay ist, wenn es zu einem Album gehört. Aber dann kommt die nächste Veröffentlichung und es klingt wieder genauso, wie das, was schon funktioniert hat. Ich finde das auf Dauer langweilig. Wir versuchen, das ein bisschen anders zu machen.

André: Wir haben Musik nie für andere gemacht, sondern immer für uns. Auch das Album. Jetzt ist es halt „Bird Cocaine“ geworden. Wir haben Bock darauf, es herauszubringen und vor allem zu spielen. Aber dafür haben wir es nicht produziert und deswegen hört es sich an, wie es sich anhört, weil nie der Gedanke dabei war, jemanden davon überzeugen zu müssen. Es ist genau das gleiche wie mit dem Bandnamen. Wir haben halt einfach gesagt: Scheiß darauf, wir machen es einfach!

Johannes: Klar, ist es vielleicht nicht so geil, eine Droge im Namen zu haben, gerade wenn es um Suchergebnisse bei einigen Plattformen angeht. Aber das interessiert uns halt nicht. Unsere Musik funktioniert für uns. Wenn es für andere ebenfalls passt, dann wunderbar.

Man neigt ja dazu, Bands gerne in eine Genre-Schublade zu packen. Das schaffe ich bei euch nicht. Ihr seid irgendwie alles.

André: Mission accomplished! Ich finde, das ist ein richtig gutes Kompliment. Ich muss über diese ganze Genre-Sache auch echt immer schmunzeln. Klar kennt man das, und ich weiß, dass es auch sinnvoll ist, aber ich freue mich immer über Musik, die ich nicht kategorisieren muss.

Johannes: Das gibt uns natürlich auch die Freiheit, in dem Sinne, dass wir nichts erfüllen müssen. Denn wenn du nicht „Nordic-Dingsbums-Metal“ bist, dann musst du das auch nicht machen. Sondern wir können uns heute alle treffen und alles ausprobieren, was wir wollen. Entweder man mag uns mit dem Kram, den wir machen, oder halt nicht. Dann kann das auch komplett anders klingen, weil es einfach Wurscht ist! Bei uns ist der kleinste gemeinsame Nenner Rock. Das ist natürlich den Instrumenten geschuldet und der Art und Weise, wie wir spielen, aber das kann in alle Richtungen abdriften, jederzeit.

Ihr habt gerade gesagt, ihr seid nicht dazu da, um die Wünsche anderer zu erfüllen. Aber anders gedacht: Was würdet ihr euch denn für die Band BIRD COCAINE wünschen?

André: Mein größter Wunsch wäre es, dass wir im nächsten Jahr mit der Band sehr viel live spielen können. Da hätte ich Bock drauf. Vielleicht irgendwann noch eine geile Scheibe machen, ein paar coole Videos drehen.

Wir sind fast am Ende unseres Interviews. Aber die letzten Worte überlasse ich natürlich euch.

André: Ich finde es superklasse, dass ihr euch von metal.de die Zeit für uns genommen habt, damit alle da draußen BIRD COCAINE besser kennenlernen könnt. Schaut uns an, hört uns gerne mal an. Meldet euch gerne, wenn ihr uns irgendwo sehen wollt. Danke, dass ihr das hier lest und unsere Platte hört.

Quelle: Bird Cocaine
19.09.2024

It`s all about the he said, she said bullshit.

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