Beyond Creation
Interview mit Simon Girard zu "The Aura"
Interview
Das erste und in Eigenregie veröffentlichte Album der kanadischen Tech- und Prog-Death Metaller BEYOND CREATION dürfte jeden geneigten Hörer kribbelig werden lassen. „The Aura“ weist einen neuen, frischen Weg im Bereich des technischen Death Metals und erhöht zugleich den allgemeinen musikalischen Anspruch um ein gehöriges Maß. Ob man diese Band jetzt schon als (kleine) Götter bezeichnet, ist jedem selbst überlassen, unbestritten dürfte jedoch sein, dass BEYOND CREATION mit ihrem Album ein Genre-Meisterwerk abgeliefert haben, das die Band mit scheinbarer Leichtigkeit an die Spitze katapultiert hat und neben die Größen der Szene stellt. Das nun zu lesende Gespräch mit Bandgründer und Hauptsongwriter Simon Girard erhöht sicherlich nicht nur den Sympathiebonus der Band, sondern regt auch hier und da ein wenig zum Nachdenken an.
Hi Simon, bevor wir auf das Album eingehen wäre es hilfreich, wenn du euch unseren Lesern erstmal vorstellst. Wo genau kommt ihr her, wie habt ihr euch zusammengefunden und was war der ausschlaggebende Punkt, um genau diese Musik zu machen, die ihr mit BEYOND CREATION zelebriert?!
Hey man! Also mein Name ist Simon Girard, ich bin der Hauptsongwriter bei BEYOND CREATION und komme aus Montreal, Kanada. Ich habe die Band 2005 ins Leben gerufen und all meinen Ehrgeiz verwendet, eine Technical Death Metal Band zu erschaffen. Damals war ich erst 15 und es war sehr schwer Leute zu finden, die auch genau diese Art Musik spielen wollten. Nicolas Domingo Viotto, ein guter Freund von mir, war interessiert als Gitarrist einzusteigen und so fingen wir an gemeinsam zu proben. Ich habe für zwei Gitarren komponiert und sämtliche Percussions mit einem Drumcomputer programmiert. Danach haben wir die Stücke immer und immer wieder geprobt um genau die Musik und die Band zu formen, von der wir immer geträumt haben.
Im Jahre 2008 habe ich Kevin Chartré (Gitarre) während der Jobsuche kennengelernt. Wir haben dann zusammen in einem Laden gejobbt und die Leute mit denen wir dort zusammengearbeitet haben, haben eine Menge Metal gehört. Dadurch haben wir oft die Tage damit verbracht, Bands wie THE BLACK DAHLIA MURDER, NECROPHAGIST, SEPULTURA und viele mehr zu hören. Es war eine geile Zeit, hahaha. Ich habe mit ihm über BEYOND CREATION gesprochen und dass uns noch die richtigen Musiker fehlen. Er hat mich Guyot Begin-Benoit (Schlagzeug) vorgestellt. Nachdem ich ihn spielen gehört habe war sofort klar, dass unsere Stile sehr gut miteinander harmonieren. Ich habe mich dann dazu entschlossen, ihm die Stücke zu schicken, damit er sie lernen und die Feinheiten der Drumtracks nach seinen Wünschen abändern kann. Nach einigen Monaten Proben als Trio hat Nicolas aus persönlichen und professionellen Gründen die Band verlassen. Da ich meinen Arbeitskollegen Kevin und seine Vorliebe für technischen Death Metal bereits kannte und wusste, was er kann, habe ich ihm das Angebot gemacht, ein offizielles Mitglied von BEYOND CREATION zu werden, was er ohne zu zögern sofort annahm. Letzendlich haben wir im Januar 2010 Dominic „Forest“ Lapointe kontaktiert und ihn einfach gefragt, ob er mitmachen möchte. Zu unserer absoluten Überraschung hatte er großes Interesse mitzuwirken. Wir haben dann alle gemeinsam sehr hart an den Stücken gearbeitet, die ich geschrieben habe und nicht länger als ein Jahr, nachdem unser Line-up komplett war, wurde „The Aura“ veröffentlicht.
Vielen Dank für die Ausführung. Nun eine tiefe Verneigung vor euren musikalischen Künsten. Nachdem ich „The Aura“ gehört habe, hat es mich sehr schnell gepackt. Nun rotiert das Teil seit einiger Zeit täglich, mitunter sogar mehrfache komplette Runden in meinem Player. Absolut irre, was ihr da abgeliefert habt. Ich möchte ohne zu übertreiben behaupten, dass ihr eine der derzeit besten kanadischen Death-Metal-Bands mit technischer Ausrichtung seid. Bevor ich mit meiner ultimativen Lobhudelei weitermache, würde mich interessieren, wie die bisherigen Resonanzen sind. Seid ihr zufrieden oder hätte mehr passieren können bis jetzt?
Wir sind sehr glücklich mit den Reaktionen der Leute. Sie lieben das Album wirklich und es tut gut zu sehen, wie unsere Arbeit rund um den Globus gewürdigt wird.
Ihr seid nicht nur alle verdammt begabte Musiker und mit viel Spielfreude am Start, sondern ihr könnt dieses Können auch noch in verdammt geniale Melodien umsetzen. Viele Hammerings sind der absolute Hammer und klingen einfach nur toll. Zudem gebt ihr immer wieder amtlich Gas und schleppt euch nicht nur langweilig im Midtempo herum. Viele technische Bands dümpeln entweder nur im Midtempo oder man hört nur noch überwichstes Gitarrengeklirre. Bei euch hält sich alles nach meinem Geschmack perfekt in der Waage. Vielleicht ist es auch genau das, was mich so begeistert: von allem etwas.
Habt ihr eine besondere Herangehensweise oder sogar eine Formel, nach der ihr eure Musik konzipiert? Wie muss ich mir BEYOND CREATION im Proberaum beim komponieren vorstellen?
Vielen Dank, Mann! Ich habe keine Formel beim Songwriting weil ich denke, dass jedes Stück seine eigene Charakteristik haben sollte. Ich komponiere immer mit Herz und Seele und voller Hingabe für den speziellen Moment eines Liedes. Persönlich denke ich, dass zu viele Musiker im Bereich des technischen Death Metals zu sehr mit dem Kopf schreiben und zu wenig mit dem Herz. Man muss diese beiden Seiten immer gut abwägen, um die gelungene Kombination zu finden. Ich habe einige Jahre klassische Musik studiert und ich spiele verschiedene Instrumente recht gut, wodurch mein Bewustsein während des Schreibens sehr leidenschaftlich geprägt ist.
Was bedeutet dir Spieltechnik und wie wichtig ist dir dieser Aspekt bei BEYOND CREATION? Ist erhabene Technik Pflicht, also BEYOND CREATION = Technik oder geht es manchmal auch einfach nur ums Feeling? Wie haltet ihr die Waage, damit alles noch rund klingt und nicht nur nach Gefummel?
Um ehrlich zu sein, ich denke nicht sehr über den technischen Aspekt nach, wenn ich Musik schreibe, weil ich nicht glaube, dass es das ist, was einen Song besser machen würde. Ich mag es, mich selbst mit Technik herauszufordern, wie wohl jeder Musiker seine Grenzen und sein Können erweitern möchte, aber die wichtigsten Unterschiede zwischen einer menschlichen und einer computerhaften Herangehensweise sind das Gefühl und der Ausdruck, die man einem Song verleihen kann. Das ist es, was bei BEYOND CREATION immer im Vordergrund stehen soll und wird. Gefühle sind der Hauptgrund, warum Menschen Musik hören und so wird es immer sein.
Ich denke da im speziellen an „The Deported“, den hammermäßgen Abschluss des Albums. Das Stück kommt mit einigen klasse arrangierten Dynamiken daher, die aus dem Lied ein wahres Epikmonster machen. Hier stimmt einfach alles.
Fällt es dir schwer, so lange Songs zu schreiben oder geht das so locker von der Hand wie es scheint?
Es hat lange gedauert, diesen Song fertigzustellen, weil ich einfach die Zeit brauchte um mich reinzufühlen. In der Zeit, in der das Stück entstanden ist, habe ich noch einige andere Songs geschrieben. Ich liebe „The Deported“, weil er wirklich progressiv ist und so viele unterschiedliche Arten an Gitarren-Riffs beinhaltet. Es gibt viele Parts in dem Song aber man fühlt sich davon nicht angepisst oder gelangweilt in der Mitte des Songs weil die Riffs sehr gut harmonieren und ineinander gleiten. Man kann sich richtig Zeit nehmen und sich in der Atmosphäre des Stückes fallen lassen.
Thematisch handelt er davon, dass Menschen von Außerirdischen deportiert werden um woanders neu zu beginnen, wenn ich das richtig verstehe. Stimmt das?
Ja, aber dies ist nur die spezielle Bedeutung von „The Deported“. Ich schreibe allgemein gerne über sämtliche Bereiche des menschlichen Lebens. Hier geht es um das Thema, das und wie der Mensch sich selbst und seine Ressourcen zerstört. Ich denke, wir sollten unsere Augen öffnen und die Art, wie wir im und mit dem Leben umgehen verändern. Zudem schreibe ich über Korruption, Politik, Krieg und Religion, aber in einer eher philosophischen Art und Weise.
Hast du eigentlich einen Favoriten auf dem Album? Wenn ja, warum gerade jenes Lied?
Hm, das ist, als wenn man du einen Vater fragst, welches sein liebstes Kind ist, haha. Ich liebe jeden Song weil sie alle für sich stehen und ihre eigene Charakteristik besitzen. Naja, OK, um ehrlich zu sein, mag ich „Omnipresent Perception“ sehr gerne, weil es insgesamt sehr energiegeladen klingt. Du kannst genau hören, worum es bei jedem Instrument geht, bzw. was es ausdrücken soll und ich liebe zudem die philosophische Art, wie ich die Worte im Text benutze. „The Deported“ ist natürlich auch eines meiner Favoriten, weil du dich tief in diesen Song fallen lassen kannst und er nicht wie ein elfminütiges Lied wirkt.
„The Aura“ ist von April 2011. Ich gehe mal davon aus, dass ihr bereits neue Songs am Start habt?! Wo geht die Reise hin und unterscheidet sich das neue Zeugs von den Stücken des Debüts?
Yeah, wir arbeiten gerade an neuem Material für das nächste Album. Das Teil wird insgesamt ein bisschen progressiver und wird auch mehr jazzige Anteile beinhalten, ohne natürlich die Intensität zu verlieren, für die BEYOND CREATION stehen. Man wird halt viele verschiedene Stilelemente auf dem Album entdecken können.
Klingt spannend! Sag mal, haben sich eigentlich vernünftige Labels bei euch gemeldet? Wie ist die Lage?
Ja, wir befinden uns gerade in einem Signing-Prozess mit einem Major Label aber ich kann da derzeit leider nicht mehr drüber sagen, sorry. Mehr Infos hoffentlich in Kürze.
Aha, na da bin ich ja mal gespannt. Ein Freund und ich sprechen in letzter Zeit übrigens häufiger darüber, ob es wohl darauf hinausläuft, dass sich jede (kleinere) Band irgendwann grundsätzlich alleine vermarkten wird. Durch das Internet und den damit verbundenen Handelsmöglichkeiten dürfte diese Idee nicht weit entfernt sein. Sind Labels überhaupt noch die Zukunft? Was meinst du?
Es ist durch das Internet für Bands viel einfacher geworden, sich selbst zu bewerben, ihre Musik zu vertreiben und überhaupt sich über den Globus bekannt zu machen. All diese virtuellen Dinge helfen sehr dabei, eine Band zu pushen und sich ‚als Musiker Respekt zu verschaffen‘. Die Metal-Szene kann allerdings sehr rau sein und manchmal ist es schwer, in dieser Industrie kommerziell Fuß zu fassen. Eine Menge Leute im Business scheinen zu denken, dass ein Musiker keinen Wert hat aber die Arbeit, die wir jeden Tag in unsere Kunst investieren sollte anerkannt werden. Ich denke, dass ein gutes Label einem Künstler diese Möglichkeit geben kann.
Gibt es eigentlich eine Verbindung zu CRYPTOPSY? Wie habt ihr deren Gitarrist Chris Donaldson als Produzent ranholen können?
Ich kannte Chris Donaldson seinerzeit noch nicht persönlich, habe aber schon einiges vom dem Zeugs gehört, das er aufgenommen hat. Ich wusste, dass er ein kleiner Meister seines Fachs ist. Er ist sehr nett und wir hatten eine Menge Spaß beim Aufnehmen. Er weiß was zu tun ist arbeitet sehr zielstrebig. Das ist auch der Grund, warum wir die neue Scheibe wieder mit ihm aufnehmen werden.
Ich finde, dass „The Aura“ fantastisch ausgesteuert ist und nicht zu klinisch klingt. Die Scheibe knallt und pustet dir die Birne sauber und trotzdem kommt in den seichteren Passagen eine starke Feinfühligkeit auf…
Der Endmix ist sogar noch intensiver geworden als ich es erwartet habe. Ich wusste, dass es großartig klingen wird, denn Christian ist ein echtes Tier wenns um Aufnahmen für diesen speziellen Stil geht. Wir haben allerdings auch sehr gute Instrumente benutzt und dieses Zusammenspiel hat den Sound des Albums maßgeblich beeinflusst.
Siehst du eine Chance für euch, dass ihr zeitnah euer Können in Europa und Deutschland präsentiert? Mir fallen da NECROPHAGIST oder OBSCURA als passende Bands ein…
Ja, absolut, das wären tatsächlich die richtigen Partner für uns!!! Wir haben bereits mit OBSCURA gespielt und sie sind richtig gute Musiker und Freunde. Wir werden sicher nach Europa kommen aber wir brauchen erstmal unsere Zeit fürs Drumherum und die exakte Planung einer Tour.
Wir erwarten euch! Vielen Dank für das Interview. Ich hoffe, dass wir noch viel von BEYOND CREATION hören werden. Ihr seid für mich DIE Neuentdeckung 2011. Viel Glück weiterhin!
Ich danke dir! Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mit dir das Interview zu führen. Und für alle da draußen: Regelmäßige Updates und Neuigkeiten erfahrt im am besten über unsere Facebook-Seite.
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Stile | Death Metal, Melodic Death Metal, Progressive Death Metal, Technical Death Metal |
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