Benediction
Interview mit Frank Healy zu "Killing Music"
Interview
Ganze sieben Jahre nach ihrem letzten Album veröffentlicht die britische Death-Metal-Instritution BENEDICTION mit „Killing Music“ neues Material. Die Frage steht also im Raum, was die Band in der Zwischenzeit so getrieben hat. Alles halb so schlimm, findet Bassist Frank Healy, dem die letzten sieben Jahre gar nicht so lang vorgekommen sind.
Hi Frank, wie geht’s Dir?
Mir geht’s gut, ich sitze gerade am Computer, rauche Zigaretten und beantworte per E-Mail Fragen über unser wunderbares, neues Album.
Die letzten Tage und Wochen wart Ihr auf ein paar Sommerfestivals. Wie sind die gelaufen?
Die Festivals sind sehr gut gelaufen. Die Reaktionen vom Publikum waren wirklich großartig. Wir waren richtig überrascht über dieses massive Interesse an uns. Wir sind ja schon so lange dabei, aber das war doch etwas Besonderes.
Ihr habt ein neues Album im Kasten, „Killing Music“, das jetzt ganze sieben Jahre nach Eurem letzten Release „Organized Chaos“ von 2001 veröffentlicht wird. Was ist bei BENEDICTION in der Zwischenzeit alles passiert?
Eigentlich waren wir mit BENEDICTION immer beschäftigt. Wir haben in fünf Jahren fünf Touren durch die ganze Welt absolviert. Wir haben alleine für „Organized Chaos“ vier Touren gefahren, während andere Bands für ein Album gerade mal eine Tour absolvieren. Dann hatten wir ja einen doppelten Drummerwechsel, und letztes Jahr haben wir alle Festivals abgegrast, die es gab. Warum also ein Album machen? Uns ist gar nicht aufgefallen, dass in der Zwischenzeit so viele Jahre ins Land gegangen sind. Niemand hat ein neues Album eingefordert, auch nicht unser Label. Wir gehören halt nicht zu den Bands, die jedes Jahr ein Album rausbringen, nur um ein Album rauszubringen. Wir nehmen nur ein Album auf, wenn wir denken, dass es auch Sinn macht. Man muss den Leuten doch etwas bieten können.
Aber irgendwann war es doch so weit…
Genau, das älteste Stück auf unserem neuen Album stammt sogar noch aus dem Jahr 1995, während die jüngsten beiden Stücke erst im Studio entstanden sind. Als wir ins Studio gingen, hatten wir über vierzig Songs zur Auswahl. Wir haben noch eine ganze Menge Zeug in der Hinterhand, was wir noch nicht veröffentlicht haben. Das sind keine schlechten Sachen – wir hatten nur alle sehr unterschiedliche Meinungen, welche Tracks letztendlich auf „Killing Music“ erscheinen sollten. Aber wir sind wirklich zufrieden mit „Killing Music“!
Wie war das mit Eurem Drummer Neil Hutton? Er war zwischenzeitlich gegangen, dann hattet Ihr Nick Barker in Euren Reihen und schließlich ist Neil wieder dazugestoßen?
Oh ja, das ist richtig. Neil ist gegangen, weil er was anderes machen wollte. Nick Barker wiederum ist ein guter Freund von uns, der mich häufig in Birmingham besucht. Und dann haben wir ihn einfach gefragt, ob er bei uns einsteigen wollte, und er hat zugesagt. Aber schon kurze Zeit später hatte er das Angebot, mit TESTAMENT zu touren, und da hat er nicht lange überlegt, weil das schon immer eine seiner Lieblingsbands war. Aber wie das dann so ist: Aus einer Handvoll Gigs sind dann viele Gigs geworden, daraus ist eine kleine Tour geworden, daraus eine große, und aus der großen schließlich eine Welttournee. Und bei uns tat sich in der Zwischenzeit ja auch was, denn wir waren mitten im Songwritingprozess für „Killing Music“. Ja, plötzlich stand Neil also in unserem Proberaum und hat uns bei den Drumparts geholfen. Und dann hat es „klick“ gemacht, da war wieder diese Magie zwischen uns fünf. Also haben wir ihn einfach gefragt, ob er wieder bei uns einsteigen wolle, und er hat nicht einen Moment gezögert. So einfach ist das! Mit Nick sind wir aber immer noch sehr gut befreundet, und wir werden mit ihm definitiv wieder etwas zusammen machen. Wir haben ja immer sehr viele Gäste auf unseren Alben, und er wird definitiv einer von ihnen sein. „That’s the story of the drummer-syndome, it’s Spinal Tap-ish“.
Was hat es mit dem Titel „Killing Music“ auf sich?
Im Grunde ist das ein Statement für den Inhalt des Albums. Weißt Du, wir sind eine old school band, und wir wollten dieses Album so einfach wie möglich machen. Vor langer Zeit habe ich das „Black Metal“-Album von VENOM gesehen, und auf der Rückseite steht „Hometaping is killing music“, und dieser Spruch blieb immer in meinem Unterbewusstsein. Als wir dann für das neue Album geprobt haben, habe ich es einfach vorgeschlagen. Und die anderen waren gleich begeistert. Dave [Hunt, Sänger] hatte erst „Music to Kill“ vorgeschlagen: Die Texte handeln eben von fürchterlichen, dreckigen und abscheulichen Mördern und Serienkillern. Wir haben den Titel dann einfach Venom-isiert, hehe! Und du weißt bei dem Titel einfach, was du bekommst – du wirst keine Balladen hören. „Killing Music“ hat einen schönen, einfachen Titel und ein schönes, einfaches Cover und Du weißt damit ganz genau, was Dich erwartet. „It’s a statement of intensity!“
Dazu passt die musikalische Ausrichtung, denn Ihr habt diesmal alle Effekte in der Trickkiste gelassen – keine Solos, kaum Leads – warum habt das alles gleich so stark reduziert?
Ganz einfach: Wir mögen keine Solos, weder ich noch die Gitarristen! Was du auf dem Album hörst, ist haargenau das, was du von BENEDICTION live erwarten kannst. Wir sind halt nicht die begabtesten Musiker, die Tag und Nacht im Proberaum die Sachen üben. Es gibt viele fantastische Bands, die ihre Fähigkeiten zur Schau stellen – wir gehören definitiv nicht dazu! Wir mögen lieber die Punk-Rock-Schiene mit einfachen Riffs. Wir bangen uns dazu lieber den Kopf von den Schultern und trinken ein Glas mehr, haha! Bei BENEDICTION geht es halt mehr ums Riff. Das einzige Solo auf dem Album stammt übrigens von Jock [GBH] auf einem der Cover-Songs.
Folgerichtig beschreibt Ihr den Stil auf Eurer MySpace-Site als Mix von Death Metal, Thrash und Punk…
Na klar, damit sind wir aufgewachsen. Wir spielen Death Metal, aber davor gab’s ja nur Punkrock, es ist die rohe Intensität einer Band wie GBH, DISCHARGE oder THE EXPLOITED. Sie sind einfach brillant und sie haben übrigens alle keine Solos. Wir sind sehr stolz auf unsere Death-Metal-Roots, aber wir versuchen halt, ein wenig darüber hinaus zu machen, aber nicht viel! Weißt Du, Punk und Hardcore hatten am Anfang ja so einen großen Einfluss auf die Extreme-Metal-Szene. Aber uns war dieser Einfluss auf unsere neuen Songs gar nicht so bewusst, da haben uns dann erst andere drauf gebracht, wie beispielsweise Jock von GBH, der uns im Proberaum genau das sagte.
Auf „Killing Music“ habt Ihr zwei Coversongs von den Uralt-Punk/Crust-Bands BROKEN BONES und AMEBIX. Warum habt Ihr genau diese Songs ausgewählt?
Na, wir hätten eigentlich Ideen für drei vollständige Alben gehabt! Den AMEBIX-Song wollte Daz [Darren Brookes, Gitarre] unbedingt spielen, nachdem er das Stück in einem Club gehört hatte. Und ich wiederum bin schon seit vielen Jahren mit den DISCHARGE-Typen befreundet, und ich habe deren Ableger BROKEN BONES immer schon gemocht. Dann habe ich die vorgeschlagen, wir haben uns das angehört, ausgewählt – and here we are! Da steht kein großer Plan hinter! Aber wir haben noch viel mehr aufgenommen…
Aber Ihr plant nicht ein Album wie NAPALM DEATH mit ihren „Leader Not Followers“-Scheiben?
Sag niemals nie! Das ist eine Idee, die wir mögen, und wir könnten sofort damit beginnen. Ich würde das gerne mit Mitgliedern von BOLT THROWER und NAPALM DEATH machen, das wäre eine schöne Idee. Aber es ist einfach ein großer Spaß und entspannend, so etwas einzuspielen, wenn das Album fertig im Kasten ist.
Auf dem AMEBIX-Cover singt Karl Willets von BOLT THROWER, und für mich klingt der Song insgesamt durch seine prägnanten Vocals nach BOLT THROWER…
Das stimmt schon. Wir kommen ja alle aus derselben Szene, BENEDICTION, NAPALM DEATH, BOLT THROWER und so weiter, und wir waren früher auf allen AMEBIX-Gigs! Als ich 1987 als Gitarrist bei Napalm Death war, haben wir allein fünfmal mit AMEBIX die Bühne geteilt. Und am Anfang war das mit BOLT THROWER natürlich dasselbe… Wir haben uns alle irgendwie beeinflusst.
Ein wichtiger Teil des neuen Albums sind die Vocals von Dave Hunt. Er klingt wirklich angepisst! War er wirklich so wütend?
Er hat halt diese Wildheit und kann diesen extremen Ekel rüberbringen. Er ist ja auch der Sänger von ANAAL NATHRAKH, wo er ebenfalls sehr extrem singt! Er hat sich die Songs angehört, und dann gesagt, wie der Gesang sich anhören soll. Es sind ja auch sehr verschiedene Gesangsstile auf dem Album vereint, von Death-Metal-Grunzern bis hin zu Schreien. Ich denke, er hat einen fantastischen Job auf dem Album gemacht! Ich glaube auch, dass sein Partner-in-Crime, Mick Kenney, dazu seinen Teil beigetragen hat. Er wollte als Produzent von „Killing Music“ die Wildheit von ANAAL NATHRAKH mit den typischen BENEDICTION-Songs verbinden. Weißt Du, Dave ist jetzt seit zehn Jahren in der Band, länger als jeder Sänger zuvor, und er kennt sich damit inzwischen so gut aus. Er ist so aggressiv, und das Beste ist eigentlich, dass er live das genauso rüberbringen kann. Es gibt so viele Death-Metal-Shouter, die bei Konzerten nur ein Grundgrunzen rausbekommen, aber Dave kann live genauso singen wie auf Platte.
Was war der Input von Mick Kenney als Produzent auf „Killing Music“?
Ihm ist es schließlich zu verdanken, dass „Killing Music“ so aggressiv klingt. Er hat den verdammten Sound zusammengeschustert, haha! Wir haben ihn schon während des Songwritings mit eingebunden, und er hat uns gesagt, was scheiße klingt und uns bessere Vorschläge gemacht. Es ist zwar das typische BENEDICTION-Riffing zu hören, aber ein deutlich modernerer Sound, ähnlich wie bei seiner Band ANAAL NATHRAKH. Der Sound hat sich geändert, nicht aber die Musik. Es ist „basic old school death metal“, wir wollen einfach nichts anderes spielen! Es ist völlig egal, ob neue Bands neue Stile erfinden, wir spielen Death Metal seit 20 Jahren und wissen, wie wir zu klingen haben. Keiner hat uns da reingeredet, auch nicht Mick.
Um ein wenig in die Zukunft zu schauen: Meinst Du, Ihr werdet mit BENEDICTION bis ins hohe Alter weitermachen?
Das kann man so sagen. Es kommt nur darauf an, wer dann noch am Leben ist, haha! Nein, aber im Ernst, wir sind in einer solch tollen Position, dass wir nach 20 Jahren immer noch mit BENEDICTION machen können, was wir wollen. Wir können touren, wann und wie wir wollen. Es gab in den sieben Jahren zwischen den Alben so viele Bands, die gegründet wurden und schon wieder Geschichte sind… Und dass es immer noch so ein großes Interesse an uns gibt, schockiert, erstaunt uns. Ja, macht uns sogar dankbar. Wir wissen, dass wir auf jeden Fall das nächste Album machen werden, wir haben es ja schon fast fertig geschrieben. Aber wir fünf sind ja auch außerhalb von der Band so gute Freunde, dass es überhaupt keinen Grund gibt uns wegen irgendeiner Nichtigkeit aufzulösen. Solange Leute uns live sehen möchten und unsere Alben kaufen, solange gibt es keinen Grund die Dinge zu ändern. Aber man kann ja nie wissen, was passieren wird, in zehn Jahren bin ich 56, haha! Na, schau Dir Lemmy von Motörhead an, der ist viel älter und immer noch dabei. Er ist einfach ein großes Idol!
Meine letzte Frage: Ihr kommt im Herbst nach Deutschland…
Jaja, wir kommen im September nach Deutschland und wir halten fast an jeder Milchkanne. Wir sind eigentlich immer gerne in Deutschland, schließlich haben wir auch ein deutsches Recordlabel und unsere Roadcrew besteht hauptsächlich aus Deutschen, hehe! Wir kommen zusammen mit NOMINON und HOLY MOSES. Und es wird das erste mal seit sieben Jahren so sein, dass wir neue Songs spielen.
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören Dir!
Wir werden uns auf Tour sehen! Ich versichere Dir, wir haben keine große Bühne, aber wir werden uns den Arsch aufreißen. Es werden definitiv viel Blut, Schweiß und Tränen vergossen werden. Wenn Du uns live siehst, wirst Du es garantiert nicht vergessen! Das nur als Warnung an Dich, haha!
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