Beardfish
Interview mit Rikard Sjöblom
Interview
Mit ihrem aktuellen Album „Mammoth“ haben Beardfish ein ganz dickes Ausrufezeichen in der aktuellen Prog-Rock-Szene gesetzt. Und das, obwohl der Sound der Schweden ausgesprochen „retro“ klingt. Grund genug also, um Gitarrist und Bandkopf Rikard Sjöblom einmal auf den Zahn zu fühlen und herauszufinden, woher die Inspiration für diese extrem vielseitige Musik kommt.
Zunächst einmal muss ich dir zu eurem neuen Album gratulieren. Nach dem, was ich bisher von BEARDFISH kannte, hat mich „Mammoth“ wirklich umgehauen. Ich denke, ihr habt einen großen Schritt nach vorne gemacht und ein wahres Meisterwerk abgeliefert. Was denkst du ist es, das „Mammoth“ zu einem deutlich stärkeren Album als eure vorherigen macht?
Naja, ich tue mich etwas schwer damit zu sagen, dass es ein besseres Album als die vorherigen ist. Ich meine, natürlich bin ich jetzt gerade total begeistert von dem neuen Material, aber wer weiß, wie ich in zwei Jahren darüber denke, wenn ich auf es als Teil unserer Discografie zurückblicke? Ich denke aber, dass das Album viel zugänglicher ist als „Destined Solitaire“ zum Beispiel, weil es nicht so dicht ist und nicht so viele überraschende Wendungen nimmt. Und natürlich ist es auch nicht 78 Minuten lang! Die Songs sind geradliniger und ich denke, wir bleiben innerhalb der Songs länger bei einzelnen Riffs als wir es jemals zuvor getan haben. Es ist wahrscheinlich ein erwachseneres Album, was ich persönlich noch vor zehn Jahren sehr langweilig gefunden hätte, wenn ich gehört hätte, dass eine meiner Lieblingsbands so etwas machen. Aber hey – jetzt finde ich mich in genau derselben Situation wieder!
Ich habe eine Weile lang viel MASTODON gehört und ich glaube, ich war wirklich neidisch auf die coolen Gitarrenriffs, die sie gespielt haben. Da könnte also zum Beispiel die Inspiration zu „The Platform“ hergekommen sein. Aber abgesehen davon habe ich jede Menge Metal gehört, so weit ich mich zurückerinnern kann, schon wesentlich länger als Prog, das ist sicher! Ich schätze, wir hatten einfach das Bedürfnis danach, die Amps bis zum Anschlag aufzudrehen und einfach dreckig abzurocken. Aber natürlich immernoch im BEARDFISH-Style…
Mit „Mammoth“ habt ihr einen eher ungewöhnlichen Albumtitel gewählt. Was ist die tiefere Bedeutung dahinter, wofür steht das „Mammut“?
Eigentlich gibt es keinen tieferen Sinn dahinter. David (Zackrisson, zweiter BEARDFISH-Gitarrist – Anm. d. Red.) hat bemerkt, dass er Mammuts liebt, als wir einmal einen alten japanischen Cartoon im Fernsehen gesehen haben und darin eines auf dem Bildschirm auftauchte. Ich war der Meinung, dass es ganz gut zu einigen der Songs auf dem Album passt, insbesondere zu „And The Stone Said: If I Could Speak“, aber auch zu „The Platform“ und „Akakabotu“. Ich erinnere mich auch daran, wie mir zum ersten Mal ein bestimmter Part in „And The Stone Said…“ eingefallen ist, wo das Lied langsamer wird und die Bass-Linie sehr präsent ist. Dieser Part ist mir in den Sinn gekommen, während ich im tiefsten Winter 2009 eine lange, gerade Straße entlang gefahren bin und der Schnee im Wind über die Straße vor mir wirbelte, beinahe tanzte. Ich hatte dabei das Bild eines großen Tieres vor Augen, das durch die vereiste Tundra stapft, vielleicht nicht explizit ein Mammut, aber trotzdem fühlte sich der Name einfach richtig an.
Gibt es ein allgemeines Thema, das sich durch alle neuen Stücke zieht? Und worum geht es allgemein in den Texten?
Das Album beschäftigt sich ein wenig mit dem selbstzerstörerischen Verhalten der Leute und was wir einander und der Welt, in der wir leben, alles antun. Im Wesentlichen spiegelt der Titel aber nur das Feeling wieder, das wir bei diesem Album hatten.
Eure Musik klingt ja reichlich psychedelisch und auch die Texte sind oftmals etwas merkwürdig. Woher nimmst du die ganzen Ideen dafür?
Ich weiß es nicht. Wenn ich es wüsste, gäbe es inzwischen bestimmt 200 BEARDFISH-Alben! Die Inspiration überkommt einen einfach völlig unvorhersehbar. Es kann passieren, dass ich gerade durch die Stadt bummle und mir plötzlich eine Melodie in den Sinn kommt und ich anfange, über die Akkordfolgen nachzudenken und was so alles dazu passen würde. Und dann muss ich ganz schnell nach Hause rennen (naja, nicht wirklich rennen… ich bin nämlich ziemlich faul) und mich ans Klavier setzen oder die Gitarre zur Hand nehmen und das direkt niederschreiben. Normalerweise kommt dann ganz automatisch eine Menge neues Zeug dazu, sobald ich den ersten Teil vervollständigt habe. Dann probieren wir das zusammen aus und wenn ich die anderen mein Zeug spielen höre und es gut klingt… Boah! Das ist auf musikalischer Ebene das Größte für mich, diese Momente kann nichts toppen! Natürlich spornt mich das an, noch mehr Zeug zu schreiben, so dass immer eine Menge dabei rumkommt, wenn ich in einer kreativen Phase bin.
Hast du auch schon einmal das Bedürfnis verspürt, deine Kreativität durch die Einnahme irgendwelcher Drogen zu steigern? Oder wie kann man sonst auf die Idee kommen, mit „And The Stone Said: If I Could Speak“ ein Lied über einen sprechenden Stein zu schreiben (das nebenbei bemerkt absolut brilliant geworden ist)?
Danke für die Blumen! Drogen nehme ich aber keine, wenn man einmal von Alkohol absieht. Ich hatte nie viel Glück mit Drogen, also habe ich alle Versuche in dieser Richtung inzwischen eingestellt, so wenig „Rock’n’Roll“ bin ich also! Aber das kann man auch mit anderen Dingen wie dem Reisen vergleichen, von dem ich auch kein großer Fan bin, und trotzdem schreibe ich gerne elaborierte Texte über fremde Orte und Menschen und Dinge. In meinem Kopf gehe ich oft auf weite Reisen und ich empfinde es nicht als notwendig, dazu irgendwelche Drogen zu nehmen. Ich bin aber auch nicht total dagegen, das war ich nie. Ich denke, dass Drogen einem helfen können, die eigene Fantasie anzuregen, wenn man selbst die Kontrolle darüber hat und nicht andersrum. Es entspricht auch nicht meinem Wesen, andere Leute zu verurteilen, denn das Leben ist viel zu kurz als dass ich es auf so einen Scheiß verschwenden möchte, wie herumzugehen und den Leute vorzuschreiben, wie sie sich zu verhalten haben.
Eure Alben klingen ziemlich bodenständig, warm und natürlich. Daher vermute ich, dass du nicht der größte Fan der verschiedenen Möglichkein bist, die einem die digitale Aufnahmetechnik heutzutage so bietet?
Ich weiß nicht… Wenn man dieses ganze Zeug braucht, um eine gute Aufnahme hinzubekommen, dann nur zu! Immerhin haben wir abgesehen von „Sleeping In Traffic: Part One“ (welches wir auf klassisch analogen Tonspulen aufgezeichnet haben) auch immer mit digitalem Equipment gearbeitet. Die meiste Zeit über benutzen wir es aber auch nur als Kassettenrecorder.
In eurer Musik kann man oftmals einen sehr feinen und subtilen Sinn für Humor erkennen. Wie ernst sollte man deiner Meinung nach Musik im Allgemeinen und eure Songs im Besonderen nehmen?
Im Grunde muss das jeder selbst entscheiden. Ich nehme unsere Musik sehr ernst, aber ich bin auch nicht beleidigt, wenn andere das nicht tun.
Euer erstes Album hatte noch einen schwedischen Titel und einige schwedische Liedtexte, seitdem habt ihr alle Stücke auf Englisch geschrieben. Ist es nicht viel leichter, Texte in eurer Muttersprache zu verfassen?
Tatsächlich ist es das überhaupt nicht. Zumindest nicht für mich. Ich habe seit „Fran En Plats Du Ej Kan Se“ noch nicht einmal mehr versucht, schwedische Texte zu schreiben. Irgendwie ist das auch schade, denn diese drei schwedischen Liedtexte gehören meiner Meinung nach zum coolsten, das ich jemals geschrieben habe.
Wie schätzt du den Status von BEARDFISH in Schweden und international ein? Bist du zufrieden mit dem, was ihr bisher erreicht habt? Und wie weit könnt ihr es mit dem neuen Album wohl bringen?
Wir hoffen, dass die Metal-Fans das Album mögen werden, aber ich weiß nicht… vielleicht ist es immernoch zu proggig? Ich meine, wir wollen einfach soviel wie möglich spielen und es wäre sehr schön, wenn wir nur noch das tun könnten, statt all der Dinge, mit denen wir unseren Lebensunterhalt verdienen müssen. Das nimmt eine Menge kostbarer Zeit weg.
Nachdem ich „Mammoth“ gehört habe, bin ich ziemlich heiß darauf, euch demnächst auch einmal live zu sehen. Kannst du uns schon etwas über kommende Live-Shows oder eine geplante Tour erzählen?
Wir freuen uns auch schon tierisch darauf, ein paar Shows spielen zu können! Wir haben einige der Stücke bereits live ausprobiert, aber wir sollten wirklich viel mehr touren. Die einzigen Gigs, die wir momentan geplant haben, sind auf dem „Crescendo“-Festival in Frankreich im August und ein weiterer in Schweden im selben Monat. Aber keine Sorge, wir werden unseren Kalender dieses Jahr noch mit weiteren Gigs füllen!