Barren Earth
Interview mit Kasper Mårtenson zu "Curse Of The Red River"
Interview
BARREN EARTH ist eine neue finnische All-Star-Band, die sich aufgemacht hat, mit ihren Klängen den ohnehin schon langen Winter noch düsterer einzufärben. Mitschuld daran hat Kasper Mårtenson, der dem Album mit seinem Tastenspiel seinen Stempel aufdrückt. Wir nutzten daher die Gelegenheit, den ehemaligen AMORPHIS-Keyboarder an die Strippe zu holen und ihn über Band und Album auszuhorchen.
Bevor ich zu Eurem neuen Album „Curse Of The Red River“ komme, würde ich gerne ein paar Fragen zu Deiner Person stellen – vermutlich kennen Dich viele noch vom „Tales From The Thousand Lakes“-Album von AMORPHIS. Was hast Du alles getrieben, seit Du 1994 bei AMORPHIS ausgestiegen warst?
Ich habe seitdem gar nicht soviel im Metalbereich gemacht. Für eine ziemlich lange Zeit fühlte ich mich in leichteren Gefilden einfach heimischer. Ich hatte eine eigene Band und habe in verschiedenen Progressive-Rock-Bands gespielt, die aber ziemlich unbekannt sind. Ich habe Musik für das Theater geschrieben und klassische Musik studiert und insgesamt sehr viel Zeit darauf verwendet, meine Fähigkeiten als Komponist und Musiker weiterzuentwickeln.
Ab 2003 habe ich dann wieder verstärkt für Metal-Bands gespielt, als ich auf dem MANNHAI-Album „The Exploder“ mitgewirkt und sie auch live unterstützt habe. Seitdem habe ich immer wieder auf Alben mitgewirkt, beispielsweise auf dem letzten THE-BLACK-LEAGUE-Album „Ghost Brothel“ und auf dem letzten Werk von BLAKE. Seit rund zwei Jahren spiele ich zusammen mit BEN GRANFELDT, dem ehemaligen Gitarristen der LENINGRAD COWBOYS. Daneben habe ich noch meine eigene Band VENHO, die komplett akustische Musik macht, mit zwei Sängerinnen und Geigen, eben mehr Folkmusik.
Was machst Du neben der Musik?
Ich arbeite in der Erwachsenenbildung als Englischlehrer, teilweise für Firmen oder Politiker im Parlament.
Und dann bist Du irgendwann bei BARREN EARTH gelandet. Kannst Du uns einen kurzen Überblick über die Entstehung der Band geben?
Die Band wurde im Herbst 2007 ins Leben gerufen. Olli-Pekka Laine [Bass, ex-AMORPHIS, MANNHAI] wollte wieder Metal spielen, nachdem er für einige Jahre von der Bildfläche verschwunden war. Er nahm ein Demo auf und kontaktierte Marko [Tarvonen, Schlagzeug], Janne [Perttilä, Gitarre] und mich. Wir hörten die Songs, fanden sie stark und dachten, dass es nicht verkehrt sei, sie einzuspielen. Letztendlich hatten wir so viele Songs, dass wir einige noch auf die „Our Twilight“-EP ausgelagert haben. Aber die richtig starken Songs sind auf „Curse Of The Red River“ gelandet.
Aber zurück zu BARREN EARTH: Wir kennen uns teilweise schon sehr lange, weswegen Freundschaft ein großer Teil von BARREN EARTH ist.
Ist BARREN EARTH denn eine richtige Band? Ich meine, Mikko [Kotamäki, Gesang] hat mit SWALLOW THE SUN viel um die Ohren, Sami [Yli-Sirniö, Gitarre] spielt bei KREATOR und WALTARI und damit gleich in mehreren Bands…
Doch, BARREN EARTH ist eine richtige Band, aber sie wird beispielsweise für Mikko nie an erster Stelle stehen, weil er dafür mit SWALLOW THE SUN zu viel zu tun hat. Für ihn hat es dann tatsächlich mehr den Charakter eines Sideprojects, genauso wie bei Sami, für den KREATOR natürlich Priorität genießt. Aber trotzdem fühlt es sich wie eine richtige Band an, denn wir proben jetzt häufig, wenn wir alle in Finnland sind.
Wie habt Ihr das Album aufgenommen? Wart Ihr alle zur gleichen Zeit im Studio?
Anfangs ja, als wir die Basistracks aufgenommen haben. Aber als es dann zu den individuellen Parts kam, war nur derjenige im Studio, der gerade sein Instrument aufgenommen hat – da ist es einfach besser, je weniger Leute im Studio sind, weil man sich besser konzentrieren kann.
Wie zufrieden bist Du mit „Curse Of The Red River“?
Wir sind sehr zufrieden mit dem Album. Ab einem bestimmten Punkt wurde uns klar, dass wir zuviel Material für ein einziges Album geschrieben hatten, weswegen wir einige Songs auf die „Our Twilight“-EP gepackt haben. Insofern konnten wir „Curse Of The Red River“ auf die richtige Länge verdichten, mit der richtigen Anzahl von Tracks. Zur Zeit bin ich wirklich damit zufrieden, ich kann keine Fehler darauf entdecken. Es enthält außerdem Songs von vier verschiedenen Komponisten, weswegen es sehr vielseitig geworden ist. Nicht zuletzt gefällt mir der Klang des Albums. Wir hatten genügend Studiozeit zur Verfügung, so dass wir einzelne Passagen noch einmal aufnehmen konnten, wenn sie uns noch nicht gefielen.
Wie würdest Du das Album in wenigen Worten beschreiben?
Es ist… oh, interessante Frage, haha! Es ist recht bombastisch und schwer, aber aus meiner Sichtweise auch sehr überraschend, weil einige Akustikpassagen und sehr leichter Gesang darauf vorkommen. Es fördert einige unentdeckte Talente der einzelnen Musiker zutage, wenn Du verstehst, was ich meine: Da gibt es das Gitarrenspiel von Sami Yli-Sirniö, den viele wegen seiner Thrash-Gitarren bei KREATOR ja als phänomenalen Gitarristen ansehen. Aber er spielt bei uns auch wirklich hinreißend Akustikgitarre. Selbst bei mir ist das so, denn neben meinem Keyboardspiel habe ich einige kleinere Gesangspassagen. Insgesamt ist das Album auch sehr melodisch und progressiv, ohne jedoch schrecklich progressiv zu sein.
Es ist sehr songorientiert…
Das liegt daran, daß wir die Songs einzeln geschrieben haben: Marko [Tarvonen, Drums] hat zwei Songs geschrieben, ich zwei, und so weiter. Wir haben uns eigentlich nur getroffen, als wir die Stücke zusammen arrangiert haben.
Was war für Dich die größte Herausforderung auf dem neuen Album?
Nun, für mich als Keyboarder ist das im Heavy Metal immer eine besondere Herausforderung. Für mich ist Heavy Metal eine gitarrenorientierte Spielart, und da sollte man ein wenig vorsichtig mit Keyboards umgehen. Keyboards können den Songs gute Effekte geben, aber man sollte die Lieder damit auch nicht überladen. Insofern war es für mich eine Herausforderung, zu wissen, wo Keyboards eingesetzt werden sollten und wo nicht.
Was ist denn der beste Aspekt, in BARREN EARTH zu spielen?
Oh, ich genieße es sehr, bei BARREN EARTH zu spielen. Meine Einflüsse als Keyboarder kommen ja aus dem Seventies-Rock-Bereich. Das kannst Du in den Songs hören, die ich schreibe, aber auch in der Auswahl der Sounds, die ich verwende. In der Hinsicht bin ich sehr nostalgisch, weswegen ich kaum neue Sounds verwende. Es läuft hauptsächlich auf Mellotron, Mini-Moog, Synthesizer, Hammondorgel und Klavier hinaus. Und da kann ich mich bei BARREN EARTH richtig austoben.
Eine andere Sache ist diese: Wenn man mich fragt, ob ich Musik lieber spiele oder schreibe, würde ich mich eher für das Schreiben von Musik entscheiden. Vielleicht ist es vermessen zu sagen, dass ich einen eigenen Schreibstil habe, aber immerhin kann ich für BARREN EARTH meinen Teil beitragen, was mir großen Spaß macht.
Spielt Ihr mit BARREN EARTH auch live?
Ab und zu schon, aber nicht regelmäßig, weil sich das mit dem Terminplan von SWALLOW THE SUN und KREATOR zu sehr überschneiden würde. Letzten November haben wir einen Gig gespielt, und in einigen Wochen werden wir noch mal auftreten. Ob wir eine Tour im Herbst angehen werden, wird sich zeigen, wenn wir die Tourpläne der anderen Bands vorliegen haben.
Wäre eine Tour denn eine Sache, auf die Du Dich freust?
Oh, das kann ich so noch nicht beantworten. Ich habe ja in den Neunzigern mit AMORPHIS eine komplette Europatour gespielt. Damals mochte ich es wirklich nicht, aber das liegt jetzt so lange zurück. Letztes Jahr bin ich mit der BEN GRANFELDT BAND zweimal quer durch Deutschland getourt, und das hat Spaß gemacht. Derzeit kann ich es also generell gar nicht beantworten – ich müsste es einfach mal ausprobieren.
Gibt es irgendeine Band, mit der Ihr gerne touren würdet?
Das müsste eine Band sein, die ein ähnliches Publikum bedient. Ein Publikum, das offen ist für verschiedene Stile. Als Band wäre somit OPETH eine offensichtliche Wahl, weil sie im besten Sinne ambitioniert ist und eine Vielzahl von Stilen miteinander verbindet. Und daher könnte ich mir vorstellen, dass ihr Publikum uns gegenüber sehr aufgeschlossen sein könnte.
Ihr spielt ja im Sommer auf dem Summer Breeze Festival – ich freue mich darauf, Euch mal live spielen zu sehen!
Ja, ich bin auch schon gespannt auf das Summer Breeze! Jetzt sind wir aber erstmal sehr gespannt auf das, was mit der Band und dem Album passieren wird. Wir haben da keinen richtigen Plan, wir schauen einfach, was passiert und nehmen es so hin, wie es kommt, hehe!
Photo: Aki Roukala