Pure Steel Records
Logistische Herausforderungen
Interview
Die Zukunft des Konzertbetriebs ist immer noch geprägt von Ungewissheit. Währenddessen bemühen sich Labels wie Pure Steel Records, ihren Betrieb möglichst normal weiterlaufen lassen. Soweit die Situation das eben zulässt. Michaela Baumann-Härtel von Pure Steel Records berichtet davon, wie Corona auch an der Plattenfirmenfront den Alltag seit anderthalb Jahren beeinflusst.
„Für mittelgroße Locations könnten Beschränkungen des Gesetzgebers durchaus ein Problem werden“
Wird sich der internationale Reiseverkehr jemals wieder auf einem vor-pandemischen Niveau einpendeln und falls ja, zu welchem Preis? Wird die Live-Kultur zukünftig vielleicht primär auf nationale beziehungsweise kontinentale Acts konzentrieren?
In die Zukunft sehen, kann leider keiner. Aber so wie es Moment aussieht wird sich dort in Bezug auf die immer mehr entstehenden Varianten sicherlich etwas ändern, sprich bürokratischer werden und länger dauern. Das wird auch die internationalen Acts betreffen. Es wird eventuell auch mehr der Fokus auf Online-Livekonzerte gelegt werden, da dies für viele Bands unproblematischer sein könnte.
Müssen wir die generelle Idee von Massenveranstaltungen mit 10.000 und mehr Menschen künftig gesellschaftlich in Frage stellen? Können mittelgroße Locations mit einer kleineren Auslastung jemals eine ökonomisch sinnvolle Alternative sein?
Nein, das denke ich nicht generell, aber wer weiß. Aber es wäre auch hier durchaus möglich, dass auch dort der Einlass länger dauern wird. Für mittelgroße Locations könnten Beschränkungen des Gesetzgebers durchaus ein Problem werden, zum Beispiel durch Auflagen.
Wird Konzertkultur zum Luxusgut? Können vielleicht sogar gerade kleinere und nicht-kommerzielle Künstler und Veranstalter die Pandemie besser überstehen als große Umsatz-Maschinen?
Da viele Bands, die ihren Lebensunterhalt mit Musik verdienen, tatsächlich eher auf Konzerte als Einnahmequellen angewiesen sind, könnten dort tatsächlich auch langfristig Einbußen zu verzeichnen sein. Von daher ist diese These gar nicht so weit hergeholt.
Derzeit ist es für manche vorstellbar, dass Konzerte zukünftig immer auf ein ausgiebiges Hygienekonzept werden setzen müssen, was höhere Kosten und damit auch höhere Preise für die Fans zur Folge haben könnte. Wird sich die Publikumszusammensetzung bei Festivals und Konzerten dadurch möglicherweise verändern?
Bei großen Events, so sie denn stattfinden, dürfte sich der prozentuale Anteil in Grenzen halten, sodass es dort keine größere Veränderung geben wird. Bei kleineren und mittleren Locations wird sich dieser aber spürbar erhöhen, was speziell im Underground Bereich mit seinen eher schon niedrigeren Besucherzahlen negativ auswirken könnte. Ob Fans die höheren beziehungsweise angepassten Preise mittragen werden, wird sich zeigen.
Siehst du eine realistische Chance, dass wir 2022 oder 2023 wieder einen Live-Kultur-Betrieb wie vor 2020 werden erleben können?
Sieht man das aktuelle Geschehen, dass auch Länder mit bereits recht hoher Impfquote wie England oder Israel wieder mit stark steigenden Inzidenzen zu kämpfen haben, möchte ich eher keine Prognose abgeben, hoffe aber für 2022 wieder auf ein halbwegs normales Geschehen. Wir sollten nach vorne schauen und das Beste hoffen.
Wie wirken sich die fehlenden Konzerte auf eure Veröffentlichungspolitik aus?
Wenig bis nicht. Man kann ja nicht alles jahrelang zurückhalten und Planungen bezüglich Touren sind aktuell so viel wert wie eine Wetterprognose für 3 Monate.
Vor welche logistischen Probleme stellen euch die Pandemie und ihre Folgen?
Logistisch war der nahezu Zusammenbruch des Güterhandels mit den USA schon ein Problem. Es hat zu einigen Änderungen bei den Dienstleistern geführt, da speziell die Deutsche Post und DHL hier alles andere als eine gute Figur gemacht hat.
Erwartet ihr für die Zeit der ersten Konzerte einen leichten Einnahmerückgang, weil die Fans lieber in Tickets als Platten investieren, um das Verpasste nachzuholen?
Durchaus möglich, es ist auch weiterhin damit zu rechnen, dass Dinge wie Urlaub, Immobilien, etwaige Neuanschaffungen, und so weiter erst einmal wichtiger sind.
Wie sehr habt ihr mit Bands zu kämpfen, die ihre Alben lieber erst zu einer Tour rausbringen wollen?
Gar nicht.