Metal Blade Records
Digitalisierung und die 3Gs
Interview
Auch an Labels geht die Corona-Pandemie nicht spurlos vorbei. Andreas Reissnauer von Metal Blade Records blickt trotzdem optimistisch in die Zukunft. Mögliche Lösungen, um einen normalen Kulturbetrieb in Zukunft wieder durchzuführen, liegen für ihn auf der Hand. Nur den Verantwortlichen fehle es an Mut.
„Sollten die GGG-Versuche erfolgreich verlaufen, spricht nichts gegen eine volle Auslastung.“
Wird sich der internationale Reiseverkehr jemals wieder auf einem vor-pandemischen Niveau einpendeln und falls ja, zu welchem Preis? Wird die Live-Kultur zukünftig vielleicht primär auf nationale beziehungsweise kontinentale Acts konzentrieren?
Ich habe keine Kristallkugel hier, aber falls es jemals wieder ein vorpandemisches Niveau in Sachen Infektionen geben wird, dürfte sich auch die Livekultur mit internationalen Künstlern rasch erholen.
Müssen wir die generelle Idee von Massenveranstaltungen mit 10.000 und mehr Menschen künftig gesellschaftlich in Frage stellen? Können mittelgroße Locations mit einer kleineren Auslastung jemals eine ökonomisch sinnvolle Alternative sein?
Nein, ich war selbst vor ein paar Tagen in Budapest auf einer Veranstaltung mit 60.000 Besuchern. Sollten die GGG-Versuche erfolgreich verlaufen, spricht nichts gegen eine volle Auslastung.
„Eine schnellere Entwicklung bei der Digitalisierung würde aber uns allen helfen.“
Wird Konzertkultur zum Luxusgut? Können vielleicht sogar gerade kleinere und nicht-kommerzielle Künstler und Veranstalter die Pandemie besser überstehen als große Umsatz-Maschinen?
Nein, die big seller werden immer ausreichend Tickets verkaufen. Jede RAMMSTEIN- und jede METALLICA-Show wird ausverkauft sein, egal wo. Man muss allerdings hoffen, dass sich die Preisgestaltung wieder normalisieren wird.
Derzeit ist es für manche vorstellbar, dass Konzerte zukünftig immer auf ein ausgiebiges Hygienekonzept werden setzen müssen, was höhere Kosten und damit auch höhere Preise für die Fans zur Folge haben könnte. Wird sich die Publikumszusammensetzung bei Festivals und Konzerten dadurch möglicherweise verändern?
Wenn GGG funktioniert, müssen keine „ausgiebigen Hygienekonzepte“ angeboten werden. Eine schnellere Entwicklung bei der Digitalisierung würde aber uns allen helfen, da sie vieles vereinfacht.
Siehst du eine realistische Chance, dass wir 2022 oder 2023 wieder einen Live-Kultur-Betrieb wie vor 2020 werden erleben können?
In manchen Ländern schon, in Deutschland bin ich mir da nicht so sicher, was 2022 betrifft. Es geht hier doch arg langsam voran und keiner scheint Verantwortung übernehmen zu wollen.
Wie wirken sich die fehlenden Konzerte auf eure Veröffentlichungspolitik aus?
Kaum, man kann ja schlecht den ganzen Laden stoppen. Die Bands sind kreativ und auch daran interessiert, dass ihre aufgenommene Musik veröffentlicht wird. Die Bands, die im Februar, März, April 2020 im harten Lockdown veröffentlicht hatten, haben aber die größte Arschkarte gezogen, da alle ihre Köpfe woanders hatten. Das hat sich aber danach wieder gelegt und Musik wurde und wird weiter gekauft und gestreamt.
„Ich gehe davon aus, dass die großen Ketten ihre Tonträgerabteilungen verkleinern und zum Teil sogar schließen werden.“
Vor welche logistischen Probleme stellen euch die Pandemie und ihre Folgen?
Das hatte schon ein paar Monate gedauert, bis sich alles wieder normalisiert hatte. Insbesondere geschlossene Grenzen und unterbrochene Handelsrouten waren ein großes Ärgernis. Der stationäre Handel war lange Zeit tot und ich wage es zu bezweifeln, dass er jemals wieder so stark sein wird, wie er mal gewesen ist. Ich gehe davon aus, dass die großen Ketten ihre Tonträgerabteilungen verkleinern und zum Teil sogar schließen werden.
Erwartet ihr für die Zeit der ersten Konzerte einen leichten Einnahmerückgang, weil die Fans lieber in Tickets als Platten investieren, um das Verpasste nachzuholen?
Das kann schon passieren, ob es so sein wird, weiß Stand jetzt niemand.
Wie sehr habt ihr mit Bands zu kämpfen, die ihre Alben lieber erst zu einer Tour rausbringen wollen?
Ein paar Alben wurden um ein paar Monate verschoben, aber wir haben jetzt nichts länger auf Halde liegen.