Austere
Austere
Interview
Mit ihrem Debut-Album "Withering Illusion And Desolation" konnte die Australische Band AUSTERE zwar im Untergrund erste Erfolge verbuchen, hier zu Lande sind sie bisher aber noch ziemlich unbekannt. Die allgemeingültigste Kategorie für ihre Musik, wäre zwar sicherlich "Depressive-Black-Metal", wie das Duo dies selbst beurteilt und noch einige andere Themen, behandelt das folgende Interview.
Sorrow: AUSTERE ist Elend in musikalischer Form, ich würde uns nicht „Black-Metal“ nennen. Meiner Meinung nach trifft es die Beschreibung „Bleak Music“ (=Düstere Musik) besser.
Desolate: Für mich ist es Aufgrund der Menge an Emotionen und Gedanken, die ich einfließen lasse, ziemlich schwer, AUSTERE zu beschreiben, aber ich würde sagen, es ist eine persönliche Reise durch Elend und Verzweiflung, ein Ventil für düstere Stimmungen… Ich würde zwar schon sagen, dass wir eine Verbindung zum Black-Metal-Sound haben, und wenn Leute uns als Black-Metal beschreiben, stört mich das auch keineswegs, aber um ehrlich zu sein, würde ich uns als dunkle und deprimierende Musik beschreiben. „Austere“ (=ernst, entsagend..), wenn man so will…
Im Jahre 2007 wurde Euer Debut-Album „Withering Illusions and Desolation“ veröffentlicht. Rückblickend, seid Ihr zufrieden mit der Veröffentlichung und dem Feedback, das Ihr dazu bekommen habt?
Sorrow: Ja und nein. Ich denke, es ist ein gutes Album, besonders das Lied „Coma“, das Desolate alleine eingespielt hat. Allerdings bin ich sehr viel zufriedener mit den Liedern, die wir für die Split mit LYRINX aufgenommen haben, besonders mit meinen Vocals, die mir auf dem Album nicht recht gefallen haben.
Desolate: Ja, ich persönlich bin immer noch mit dem Album zufrieden und ich denke, ich werde es auch in den kommenden Jahren sein. Wie jede Aufnahme zeigt diese natürlich auch Dinge auf, die noch verbessert werden können, ich beziehe mich hier hauptsächlich auf die eigentlichen Aufnahmen. Da sie ein wichtiger Teil meines „Lebens“ sind, müssen sie richtig gemacht werden. Was Feedback anbetrifft, gab es positive und negative Meinungen, aber so oder so werden wir so weitermachen, wie wir es für AUSTERE für richtig empfinden.
Du hast mir bereits erzählt, dass, obwohl besagtes Album das erste offizielle „Lebenszeichen“ darstellt, Du bereits geraume Zeit vorher Musik für AUSTERE geschrieben hast. Ich begrüße solche Einstellungen sehr, da ich denke, dass in der heutigen Szene zu viele Bands und Projekte viel zu viel Material veröffentlichen, das weit davon entfernt ist, wirklich ausgereift zu sein.Daher ist alles mit durchschnittlichen Veröffentlichungen überschwemmt und viele gute Bands bekommen nicht die verdiente Aufmerksamkeit. Siehst Du das ähnlich? Darf ich außerdem fragen, wie lange Ihr an diesem Album gearbeitet habt?
Desolate: Ja, das ist richtig. Ich habe einiges an Material aufgenommen (welches auch niemals öffentlich zugänglich gemacht werden wird), auf dem ich selbst alle Instrumente spiele. Ich denke aber nicht, dass es AUSTERE auf die richtige Art und Weise, wie es heute ist, darstellen würde und daher habe ich es nicht veröffentlicht. Ich stimme Dir zu, dass sehr viel veröffentlicht wird. Musik sollte niemals leer sein und sollte immer eine Aussage und eine Bedeutung haben, anstatt dass Musik veröffentlicht wird, um einfach nur irgendwas heraus zu bringen. Manchmal wünsche ich mir, ich wäre produktiver, aber damit meine ich mehr die Tatsache, dass Musik eine Bedeutung haben muss, um zu existieren, und niemals überstürzt sein darf. Die Geschwindigkeit des Komponierens wird von dem Bedürfnis danach bestimmt.
„Myspace“ hat zusätzlich noch einen neuen Weg hervorgebracht, eine Band zu promoten, ohne dafür großen Aufwand betreiben zu müssen. Die Zeiten in denen man Zeit und Arbeit in eine Demo-Kassette stecken musste, um überhaupt gehört zu werden, scheinen demnach vollends Geschichte zu sein. Die Schattenseite dessen ist sicherlich, dass jeder, der eine Gitarre halten und Drums programmieren kann, die Möglichkeit hat, sich selbst eine „Band“ zu nennen und sein „Werk“ zu verbreiten, ohne jemals einen Proberaum von Innen gesehen zu haben. Viele (Black-Metal-)Musiker verabscheuen Myspace und sogar das Internet an sich. Wie ist Euer Standpunkt hierzu? Da die einzige offizielle AUSTERE-Netzpräsenz eine Myspace-Seite ist, scheint Ihr nicht zu der eben beschriebenen Fraktion zu gehören.
Sorrow: Für mich ist Myspace einfach nur ein weiterer Weg, unsere Musik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Daran finde ich nichts Falsches, und selbstverständlich werden wir keine 600 Bulletins mit dem Inhalt „check out my pics“ oder ähnlichen Schwachsinn posten. Ich finde, wie gesagt, nichts Falsches daran, Myspace als eine Werkzeug zu benutzen, um seine Musik zu verbreiten.
Desolate: Das geliebte Demo-Tape, es scheint, als hätte Myspace wirklich dieses „ausgestorbene“ Format vollständig ersetzt, was eine Schande ist. Wir hatten einfach Glück, einen CD-Deal zu bekommen, nachdem Winterreich unser Album auf Kassette veröffentlicht hat. Jetzt im Bezug auf das Myspace-Thema, sehe ich ebenso nichts Falsches daran, seine Musik Hörern zugänglich zu machen. Im Grunde genommen kann man sich fragen, warum strebt man überhaupt danach, seine Musik zu veröffentlichen? Damit man hoffentlich jemanden in irgendeinem entfernten Winkel dieser verwesenden Welt erreicht, der sie versteht. Ich sehe kein Problem daran, dies über eine Website zu machen. Unsere Myspace-Seite wurde erst nach der Kassette eingerichtet, und wegen einigen Leuten, die kein Interesse an einem Tape hatten (nicht, dass das wirklich wichtig wäre), machten wir eine Internet-Präsenz. Ich plane auch ebenso eine reguläre Website einzurichten, sobald ich die Zeit dafür finde!
Ihr beide seid und wart noch in einigen anderen Projekten aktiv. Erzählt mal bitte, was Ihr musikalisch außer AUSTERE sonst noch so macht und welchen Status AUSTERE im Vergleich dazu für Euch hat! Musstet Ihr Euch bisher schon mal zwischen Bands entscheiden, damit sie zeitlich nicht mit einander kollidieren?
Sorrow: Die einzige andere Band, in der ich zur Zeit aktiv bin, heißt „LORD“. Wir spielen Rock/Heavy-Metal, was sich natürlich stark von der Musik AUSTEREs unterscheidet. Keine von beiden Bands genießt bei mir eine höhere Priorität.
Desolate: Im Moment ist AUSTERE meine einzige Band, ich habe außerdem ein Soloprojekt – FUNERAL MOURNING, aber da wir mit AUSTERE mittlerweile so klingen, wie ich es mir vorgestellt habe, liegt FUNERAL MOURNING erst einmal für eine gewisse Zeit auf Eis. Auf Grund der Emotionen, die ich in die Musik stecke, könnte ich bei beiden Projekten gleichzeitig alles geben. Ich fühle mich mit der Musik und den dazugehörigen Ansichten von AUSTERE und FUNERAL MOURNING sehr eng verbunden, aber es war für mich eine klare Entscheidung, für welche Band ich von nun an bluten würde.
Eure Musik ist eine sehr düstere Metal-Spielart, könntet Ihr Euch vorstellen, eines Tages komplett andere Musik zu machen? In einer Blues-Rock-Band zum Beispiel? Welche Bedeutung hat Black-Metal für Euch in Eurem täglichen Leben?
Sorrow: Also, ich spiele tatsächlich in einer komplett anderen Band.
Desolate: Ich persönlich könnte mir nicht vorstellen, in einer Band zu spielen, die nicht auf irgendeine Art und Weise düster wäre. Ich würde daraus einfach für mich nichts ziehen. Black-Metal hat mir Dinge im Leben gezeigt, die „normale“ Menschen niemals verstehen würden, man kann dem nicht einfach den Rücken zukehren und auf eine Art bin ich auch dankbar dafür. Aber die wichtigste Lektion, die ich gelernt habe, war es, meinen eigenen Weg zu gehen. Um seinem Schaffen eine Wirkliche Bedeutung zu geben, ist das unabdingbar! Unter diesem Gesichtspunkt würde ich sagen, dass Black-Metal eine Rolle in meinem täglichen Leben spielen muss.
Sehr viele Black-Metal-Musiker (besonders aus Skandinavien) beschreiben die Landschaften ihrer Heimatländer als starken Einfluss für ihre Musik. Trifft etwas Ähnliches auf AUSTERE zu? Ich denke, viele Deutsche stellen sich Australien als immer sonnig vor und dass alles eine große Strandparty ist, auf der die ganzen Kangaroos und Koalabären durch die Gegend hüpfen. Selbstverständlich ist das jetzt das totale Klischee, aber vielleicht könnt Ihr diesen
(höchstwahrscheinlich falschen) Eindruck ein wenig zerstreuen, indem Ihr uns ein wenig von der Realität erzählt?
Sorrow: Ich werde Desolate zu dieser Frage etwas mehr antworten lassen, aber ich sage dazu nur: „Nein, es ist keine große Strandparty“!
Desolate: Um ehrlich zu sein, nein! Man könnte mich an jeden anderen Ort dieser Erde bringen und meine Musik wäre immer die Selbe, die sie auch hier in Australien ist. Aber ich würde trotzdem sagen, das Skandinavien einige wirklich atemberaubende Szenerien gemeinsam hat mit Australien. Ich glaube, die Menschen aus jedem Land nehmen ihre Landschaft einfach als gegeben hin und sind einfach an sie gewöhnt, anstatt sie wirklich zu würdigen. Wir brauchen gar nicht darüber zu diskutieren, dass unberührte Natur etwas sehr Schönes ist und ich bevorzuge sie stark im Vergleich zu diesen von Menschenhand erbauten Betonschandflecken.
Wo wir gerade bei Australien sind, könntet Ihr einige interessante Untergrund-Bands aus Eurem Land empfehlen?
Sorrow: SLEEPMAKESWAVES sind recht gut, glaube ich. Sie bezeichnen sich selbst als „Post-Rock“, was auch immer das ist. Aber sie sind damit ziemlich gut und sie verzichten komplett auf Gesang. Was Black-Metal anbelangt, denke ich, dass DROWNING THE LIGHT einige exzellente Veröffentlichungen hatten, und GERM’S SEWERCIDE ist auch ziemlich gut, allerdings gibt es davon noch nichts Offizielles. Das kommende RIFT-Album klingt auch vielversprechend!
Desolate: Neben den älteren Klassikern wie NAZXUL und VIRGIN BLACK etc., Würde ich die folgenden Bands empfehlen: WOODS OF DESOLATION, NOX INFERI, ORRERY, DROTHNUNG und FOREST MYSTICISM, alle von ihnen haben ihren eigenen Zugang zum Black-Metal. Ich würde außerdem Sorrow zustimmen, dass SLEEPMAKESWAVES sehr gut sind, definitiv eine einzigartige Band!
Habt Ihr mit AUSTERE irgendein Ziel oder eine Agenda abgesehen davon, dunkle Musik zu erschaffen? Es gibt einige Black-Metal-Bands, die aktiv Selbstverletzung und Suizid durch ihre Musik bewerben wollen. Was denkt Ihr darüber, würdet Ihr dem vielleicht sogar zustimmen? Oder, um das Ganze noch einen Schritt weiter zu bringen, wie würdet Ihr reagieren, wenn jemand sich unter Einfluss Eurer Musik ernsthaft verletzen oder sogar umbringen würde?
Sorrow: AUSTEREs Musik ist etwas sehr Persönliches und es ist mir egal, was irgendwer sonst daraus für sich zieht!
Desolate: Mein Ziel mit AUSTERE ist es, mich tiefer in meinem verwesenden Verstand zu vergraben und davon das zu offenbaren, was ich für angebracht halte. Wenn das jemand verstehen kann, ist das wunderbar… Was Selbstverletzung / Selbstmord betrifft: Um ehrlich zu sein, wenn jemand sich zu meiner / unser Musik verletzen würde und dabei das Leid fühlen könnte, das ich an jedem einzelnen Tag empfinde, dann ist das in meinen Augen positiv (für mich). Es würde bedeuten, dass ich mich 100%ig ausgedrückt habe und alles in meiner Musik gegeben habe. Ich habe dieser geistlosen, konsumierenden menschlichen Rasse dann etwas von dem zurückgegeben, was sie mir aufgezwungen hat.
Ein weiterer Trend im Black-Metal sind sicherlich politische Themen. Ich persönlich kann es nicht verstehen, welches Sinn es ergeben soll, hasserfüllte, verzweifelte und vor allen Dingen offen heraus negative Musik zu spielen, wenn man versucht, seine eigenen Vorstellungen einer „besseren“ Welt zu propagieren. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass totalitäre Regimes, die doch so häufig in Texten verehrt werden, einer Musikrichtung wie dem Black-Metal Sympathien erwidern würden, die „die Jugend verdirbt“. Besonders wenn selbsternannte „depressive“ oder „suizidale“ Gruppen so etwas verbreiten, halte ich das für ziemlich unsinnig, da solche Attribute von jeglicher radikaler politischer Kraft als schwach und minderwertig verdammt wurden. Habt Ihr eine Meinung dazu?
Sorrow: Ich kümmere mich nicht um politische Ansichten in der Musik, AUSTERE hat damit auf jeden Fall nichts zu tun.
Desolate: Ich denke, dass weiße Haut sich als genauso bösartig wie jede andere Hautfarbe erwiesen hat, also könnte ich mich persönlich gar nicht um Politik kümmern, Fleisch ist Fleisch – zerstöre es! Musik ist Ausdruck, keine Schock-Taktik und damit meine ich, das AUSTERE niemals in Verbindung mit irgendeiner politischen Bewegung auftauchen wird, AUSTERE ist Depression!
Okay, um dieses Gespräch wieder zu etwas greifbareren Themen zu bringen: Wie beurteilt Ihr die Arbeit Eures Lables Goatowarex soweit? Es gibt eine Menge Käufer und Bands, die schlechte Erfahrungen mit Dani (Besitzer von Goatowarex) gemacht haben, was ist Euer Standpunkt hierzu oder wollt Ihr das nicht kommentieren?
Sorrow: Ich kenne Dani noch nicht mal wirklich gut, ich habe ihn nur ein paar Mal getroffen, von daher kann ich gar nicht viel Positives oder Negatives über ihn sagen. Vielleicht hat Desolate hier mehr zu sagen.
Desolate: Ich bin dankbar für die Unterstützung, die wir in der Vergangenheit und heute von Dani bekommen haben. Ich habe einige Nachrichten bezüglich unseres Albums bekommen, von Leuten, die von Goatowarex keine Antwort bekommen haben, da Dani direkt nach der Veröffentlichung von „Withering Illusions And Desolation“ im Urlaub war. Von daher kann ich die momentane Arbeit noch nicht so recht beurteilen. In der Vergangenheit war ich allerdings immer zufrieden mit seiner Arbeit und es wäre nicht fair, irgendetwas Negatives über unser Label zu sagen!
Ihr habt Anfang des Jahres zwei Split-Alben geplant, erzählt uns doch bitte ein wenig mehr und darüber, was man von Eurem neuen Material erwarten kann? Gibt es irgendwelche dramatischen Veränderungen und wo meint Ihr, hat AUSTERE sich im Vergleich zu „Withering Illusions..“ weiterentwickelt? Ihr habt auch schon ein zweites Album angekündigt, wollt Ihr darüber schon etwas sagen?
Sorrow: Ich denke, das neue Material ist eine große Steigerung zum Debut, aber das sagt ja jede Band.
Desolate: Ja, wir haben zwei Split geplant. Das Material für die Split mit LYRINX aus England ist bereits aufgenommen und sowohl Sorrow als auch ich sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis, musikalisch ist es dem Debutalbum sehr ähnlich, nur mit sehr viel besserer Soundqualität dieses Mal. Auch wenn ich die Qualität auf dem Album mag, ist es für uns eine natürliche Steigerung. Erwartet nichts als Leid… Die zweite Split ist mit ISOLATION aus Deutschland, das neue Material ist bereits geschrieben und geprobt worden und wir werden während des Dezembers 2007 und Januars 2008 aufnehmen. Diese Lieder sind auf der selben Wellenlänge wie der Rest, aber wir haben hier ein wenig mit dem Einsatz von Keyboards, cleaner Gitarre und klaren Vocals experimentiert. Es wird sich zeigen, wenn die Aufnahmen fertig sind, in wie weit sich die Dinge weiterentwickelt haben. Es ist immer möglich, dass sich während der Aufnahmen noch mal einiges verändert. Über das zweite Album möchte ich noch nichts weiter sagen, erwartet einfach eine Reise durch Leid und Verzweiflung… Empfangt den Tod…
Damit wären wir dann auch am Ende des Interviews. Danke für Eure Antworten und wenn Ihr noch irgendetwas ergänzen wollt, habt Ihr jetzt die Chance dazu!
Sorrow: Nein, nicht wirklich.
Desolate: Death, it is there from the beginning to the end and nothing will make it go away, when the light of day, will never again be seen… there is no peace…