Atlantean Kodex
Atlantean Kodex
Interview
Manchmal reicht ein mystischer Name um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeitauf sich zu ziehen. Selbst dann, wenn musikalisch wenig Substanz geboten wird. Im Fall von ATLANTEAN KODEX verhält es sich allerdings komplett anders. Die Band konnte die Vorschusslorbeeren, die sie für ihre Demos bekommen hat, auf dem Debüt “The Golden Bough” vollends erfüllen. Grund genug, um Gitarrist Manuel Trummer zum Rapport zu bitten.
Hi Manuel! Wie geht es dir?
Mir geht es ganz gut, danke. Wie geht’s dir?
Auch gut, danke. Glückwunsch zu “The Golden Bough”. Ziemlich geniale Platte.
Ok, danke schön.
Ihr konntet ja schon allerhand Lob einheimsen, auch für das Demo. Wie erklärt ihr euch das starke Interesse an eurer Musik? Immerhin spielt ihr ja Musik, die nicht wirklich gefragt ist momentan.
Ja, aber das ist vielleicht auch ein großer Vorteil von uns. Es gibt ja nicht so viele Bands, die einen ähnlichen Stil wie wir spielen. DOOMSWORD vielleicht. Aber die spielen ja auch nicht wirklich dieselbe Musik wie wir. Wahrscheinlich haben wir momentan wirklich so etwas wie eine Einzelstellung mit unserer Musik. Zum einen, weil die Musik auf breiter Ebene nicht wirklich angesagt ist. Zum anderen ist es vielleicht so, dass wir mit unserer Musik die Leute begeistern.
In dem Kontext kann man ja auch mal anmerken, dass ihr schon auf den, für eure Musik, renommierten Festivals gespielt habt.
Ja, wir waren unter anderem schon auf dem “Up The Hammers”-Festival oder dem “Keep It True”-Festival vertreten. Joah, war alles nicht schlecht.
Wie lange existiert die Band schon?
Wir haben uns so Ende 2005, Anfang 2006 zum ersten Mal im Proberaum getroffen. Wobei ich anmerken muss, dass Florian (Bass – d.Verf.), unser Drummer Mario und ich uns schon seit Ewigkeiten kennen und in gefühlten tausend Bands zusammen gespielt haben. Es gab natürlich auch bei uns die obligatorischen Besetzungswechsel. Seit 2007 spielen wir aber in dem aktuellen Line-Up zusammen.
Ich stelle die Frage, weil ich über euch recht wenige Informationen zusammen bekommen habe. Auf eurer Homepage und der Myspace-Seite der Band kann man ja nicht so viel heraus bekommen. Dass ihr aus Bayern stammt, habe ich zumindest Metal Archieves entnehmen können.
Myspace ist ziemlich verwaist, das stimmt. Ich weiß aber überhaupt nicht, warum. Wir haben uns einfach nicht um diese ganze Informationspolitik gekümmert.
Es ist jetzt aber nicht so, dass ihr euch jetzt betont mystisch gebt.
Das habe ich jetzt schon öfter gehört. Aber es stimmt einfach nicht, haha. Es steckt kein Plan dahinter. Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass so eine Art Mythos entsteht, aber das war ja gar nicht geplant. Wir sind einfach nicht organisiert genug um uns um solche Sachen zu kümmern. Mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen.
Na gut, dann lasen wir das mal so stehen. Wie lange habt ihr gebraucht um die Songs für “The Golden Bough” zu schreiben?
Die Songs sind eigentlich nach dem letzten Demo entstanden, etwa so 2007. Es sind auch ein paar ältere Sachen dabei, wie “Atlantean Kodex”, der schon aus 2006 stammt. Aber auch absolut neue Sachen, die erst im letzten Jahr entstanden sind. Auch hier war wieder das Problem, uns zu organisieren, alle Leute mal in einen Raum zu bekommen, dass wir ins Studio gehen können. Als wir das geschafft hatten, ging es eigentlich ganz schnell. Das Songmaterial war fertig, es war alles vorarrangiert, etc. Das Problem war wirklich nur, die ganzen Leute zusammen zu bekommen. Das erklärt auch den Zeitraum zwischen den “Pnakotic Demos” und “The Golden Bough”.
Musstet ihr die Kohle für die Platte vorstrecken oder habt ihr das Geld von der Plattenfirma bekommen?
Nee, wir haben uns über die Jahre selbst ein Studio eingerichtet. Im Laufe der Zeit haben wir uns das Wissen angeeignet, wie man sowas aufzieht und haben uns in den letzten Jahren das Studio aufgebaut und dort haben wir da Album in aller Ruhe aufnehmen können. Die Aufnahmen haben uns de facto nichts gekostet, wenn man von den Kosten für das Equipment absieht.
Du wirst dir sicherlich schon denken können, dass die Frage eben einen bestimmten Grund hatte. Ich finde nämlich, dass der einzige Kritikpunkt, den man bei “The Golden Bough” finden kann, die etwas dünne Produktion ist.
Dünn?
Ja. Meiner Meinung nach könnten die Gitarren ein wenig mehr knallen.
Ok, das höre ich jetzt zum ersten Mal. Normalerweise wird gerade der Gitarrensound immer lobend erwähnt.
Hmm…ich habe das im Review auch nicht erwähnt, weil ich mir gedacht habe, dass ihr produktionstechnisch eher in Richtung MANILLA ROAD tendieren und dadurch authentischer als die modernen Produktionen klingen wolltet.
Da hast du natürlich Recht. Wir wollten uns schon abheben von diesen klinischen Plastikproduktionen und den getriggerten Drums, wo jeder Snare-Schlag im Prinzip gleich klingt. Davon wollten wir uns sicherlich abheben. Die Idee war eine möglichst natürliche Produktion zu fahren, die aber trotzdem druckvoll ist. Das mit den Gitarren höre ich wirklich zum ersten Mal. Aber es stimmt, dass wir eher eine 80er Jahre Produktion wollten und nicht das standardisierte Zeug, das heute unter dem Banner Power Metal läuft.
Das passt prinzipiell auch besser zu eurer Musik. Es ist ja so, dass ihr versucht möglichst viel Atmosphäre zu vermitteln und da wäre eine glatte Produktion ja wenig hilfreich.
Ja, genau das ist der Punkt. Atmosphäre ist letztlich wirklich das Wichtigste. Die meisten Songs sind ja sehr langsam, in einem epischen, narrativen Stil gehalten. Das würde mit einer glattgebügelten Produktion den Bach runter gehen.
Wie sieht denn das Konzept von “The Golden Bough” aus? Es ist ja ziemlich cool zu hören, dass ihr die Songs mit Intros und Outros verknüpft. Aber wie sieht es lyrisch bei euch aus?
“The Golden Bough” ist der Titel von einem Buch, das der britische Anthropologe James Frazer Anfang der zwanzigsten Jahrhunderts verfasst hat. Das Buch stellt einen Kern der Platte, wobei ich nicht sagen würde, dass “The Golden Bough” ein Konzeptalbum ist, da einige der Songs nicht mittelbar mit dem Buch zu tun haben. Wir haben aber tatsächlich die Ideen des Buches in den Mittelpunkt der Platte gestellt.
Frazer war der Auffassung, dass alle alten Religionen in Europa auf einen gemeinsamen Ursprung zurück gehen. Das ist eine These, die wissenschaftlich längst überholt ist. Wir fanden es aber faszinierend, dass Frazer beispielsweise behauptet, im heutigen Christentum würden sich noch Spuren dieser Urreligion finden lassen. Er war der Meinung, dass die Urreligion bis in die Jungsteinzeit zurück reicht und dass im Mittelpunkt dieser Religion ein Kult um einen heiligen Priesterkönig stand. Dieser Priesterkönig ist rituell geopfert, danach aber auch wiedergeboren worden. In Bezug auf das Christentum beispielsweise, war Frazer der Auffassung, dass die Kreuzigung und Auferstehung Jesu eben genau diese uralten Elemente wieder aufgreifen. Damit glaubte er den Beweis gefunden zu haben, dass alle Religionen in Europa, auch das Christentum, auf diese Urreligion zurück zu führen sind.
Für uns war es unheimlich spannend, dass Europa noch älter als alle Ethnien, als alle Nationen, als alle Ländergrenzen so etwas wie einen gemeinsamen Ursprung hat. Wissenschaftlich ist das, wie gesagt, längst überholt. Allein die Idee war aber ziemlich faszinierend und der Gedanke was-wäre-wenn, war das Spannende für uns.
Frazer war auch der Auffassung, dass sich Religion aus der Magie heraus über diese Kulte entwickelt hat. Das war auch ein Leitthema für uns, die Zusammenhänge zwischen Religion und Magie heraus zu arbeiten. Wenn man sich zum Beispiel katholische Fronleichnamsprozessionen, gerade hier in Bayern anschaut, ist das Fruchtbarkeitsmagie pur. Wenn der Priester über die Felder geht und sie segnet für Fruchtbarkeit, könnte man tatsächlich solche magischen Vorstellungen herein interpretieren und das war eben das Reizvolle an diesem Thema, dass uns dann dazu bewogen hat, uns mit dem Buch auseinander zu setzen und das Buch dann schlussendlich in das Zentrum der Platte zu stellen. Ist halt mal etwas anderes als Wikinger und Trolle.
Das stimmt wohl. Wie sieht’s mit dem Bandnamen selbst aus? Steckt da ein bestimmtes Konzept dahinter?
Ja, es steckt ja überall eigentlich ein Gedanke dahinter. Ein Kodex ist ja in der Regel ein Text, ein Buch, ein Gesetzestext. ATLANTEAN KODEX ist ein wenig angelehnt an die verbotenen Bücher von Lovecraft oder Robert E. Howard, also wie das “Necronimicon”, “Von unaussprechlichen Kulten” und der Cthulhu-Mythos. ATLANTEAN KODEX ist auch eines dieser verbotenen Bücher und projiziert über die Atmosphäre, über das Flair, über die Aura, dieses uralte Archaische. Auf der anderen Seite steckt der Atlantis-Mythos, den wir immer wieder aufgreifen, im Bandnamen mit drin und es geht letztlich um Atmosphäre, es geht um das Uralte, teilweise auch Eskapismus, sich Gegenwelten erschaffen.
Wie wichtig ist euch denn der Mythos um Atlantis? Lest ihr viele Veröffentlichungen zu dem Thema?
Ja, gut. Wir haben sicherlich einiges zu dem Thema gelesen, sehen den Mythos aber nicht als historisch. Es geht uns nicht um die Frage, ob es tatsächlich Fakt oder Fiktion ist. Wir benutzen das Wort ‘Atlantis’ eher als Metapher für eine vielleicht ideale vergangene Welt, ein ideales Utopia, welches vielleicht einmal existiert hat. Es geht hier letztlich auch wieder um Atmosphäre, Sehnsucht nach etwas Vergangenem. So wie zum Beispiel am Ende von “A Prophet In The Forest”, da geht es ja eigentlich nur um Sehnsucht und da ist das Wort ‘Atlantis’, der Mythos Atlantis ein ganz gutes Vehikel um solche Emotionen zu transportieren.
Wie geht ihr denn an die Songs heran? Du hast ja gerade gesagt, dass es relativ schwierig ist, euch alle unter einen Hut zu bekommen.
In der Regel läuft es so, dass Florian und ich den Großteil der Lieder schreiben. Dann ist es so, dass wir die Sachen in den Proberaum mitnehmen und wir zusammen an ihnen zu arbeiten. Manchmal sind die Ideen schon ausgereift, so dass wir mit einem mehr oder minder fertigen Song herumbasteln. Manchmal ist es aber auch so, dass wir nur ein paar Riffs haben, mit denen wir dann arbeiten müssen. Die Songs entstehen über einen längeren Zeitraum und der letzte Schliff wird ihnen dann im Studio verpasst. Wobei wir immer gewisse Probleme damit haben Gesangsmelodien zu entwickeln, da wir bis auf unseren Sänger Markus alle keine guten Sänger sind. Glücklicherweise hat er immer goldenes Händchen, was das betrifft. Alles andere kommt von Florian und mir, dann kommt der Input von der Band und der finale Schliff stammt dann von Markus und mir.
Nachdem wir uns auch über die Einflüsse in euren Texten unterhalten haben, lass uns mal über die musikalischen Einflüsse reden. Mir sind nach dem ersten Durchlauf auf Anhieb drei Bands eingefallen, die man in eurem Sound erkennen kann, nämlich MANILLA ROAD, BATHORY und MANOWAR zur “Into Glory Ride”-Phase. Wo seht ihr denn eure Einflüsse?
Ja, das sind schon einmal 100 Punkte. Genau das ist es eigentlich. MANOWAR zur “Into Glory Ride”/”Hail To England”-Phase und BATHORY vor allem mit “Twilight Of The Gods”. Das sind die zwei wichtigsten Einflüsse ohne die es diese Band überhaupt nicht geben würde. Es war von Anfang an das Ziel von uns genau diese Musik zu spielen. “Into Glory Ride” und “Twilight Of The Gods” sind unsere Lieblingsplatten und mit der Grund für die Bandgründung. MANILLA ROAD sind auf jeden Fall auch ein Einfluss aufgrund ihrer Kauzigkeit und des ungewöhnlichen Songwritings. Wenn es um die schweren Riffs geht, müssen aber auch noch SOLSTICE aus England und CANDLEMASS genannt werden. In Bezug auf die Leadgitarre gehören auch WARLORD noch dazu und bei den zweistimmigen Gitarrenparts natürlich die NWoBHM.
Um die kommt man in Punkto zweistimmige Gitarren ja nur schwer vorbei.
Ja, richtig. Vorweg natürlich der Einfluss von IRON MAIDEN über etwas obskurere Sachen wie TRAITORS GATE oder ELIXIR. Das ist es dann eigentlich auch schon. Eventuell noch US-Bands wie CIRITH UNGOL oder ganz frühe FATES WARNING. Im Zentrum stehen aber auf jeden Fall die beiden Alben von MANOWAR und BATHORY.
Wie bezeichnest du denn euren Stil? Ihr spielt ja nicht wirklich Heavy Metal, nicht wirklich Doom oder Epic Metal. Ihr habt dadurch den Vorteil, dass ihr aus allen Lagern Fans für eure Musik begeistern könnt. Das gelingt ja auch nicht vielen Bands.
Das ist gut möglich. Wir sitzen ja ein Stück weit zwischen den Stühlen. Ich denke nicht, dass wir direkt Doom Metal spielen. Es gibt zwar diese Einflüsse aus der Ecke, aber Doom Metal ist eigentlich etwas anderes. Mit der Bezeichnung ‘Heavy Metal’ kann ich eigentlich ganz gut leben. Wir haben ja auch diesen epischen, narrativen Stil, also denke ich, dass die beste Bezeichnung für unsere Musik epischer Heavy Metal oder eben Epic Metal ist.
Was unsere Fans betrifft, ist es tatsächlich so, dass wir aus beiden Lagern Fans. Wir haben sowohl aus dem traditionellen Heavy Metal-Lager, als auch aus dem Doom-Lager Fans. Wir werden ja auch auf Doom-Festivals eingeladen, was dann ja auch etwas Besonderes ist. Ich würde uns tatsächlich in der Schnittmenge zwischen den genannten Richtungen.
Wie geht es jetzt mit der Band weiter? Bereitet ihr euch auf eine Tour vor?
Ich denke, dass wir nie die klassische Tour-Band werden. Wir spielen noch ein paar Festivals und schauen dann einfach mal was kommt. In Schweden oder in Skandinavien allgemein zu spielen wäre mal nicht schlecht. Wobei der Süden auch immer gerne genommen wird. Etwas Konkretes haben wir nicht im Blick. Eigentlich sind wir auch hier mal wieder etwas planlos, hahaha.
Manuel, letzte Frage. Möchtest du unseren Lesern noch etwas sagen?
Ja, sie sollen einfach mal in die Platte rein hören. Sie ist echt nicht schlecht. Hmm…tut mir leid, mehr fällt mir im Moment nicht ein, sorry.
Passt doch. Das ist ehrlich, menschlich und kein Verkaufsgespräch an die Leser.
Nee, nee, warte mal, hahaha. Dann sollte man noch erwähnen, dass die Fans auf Konzerten immer gerne zu uns kommen und uns anquatschen können. Es ist immer cool mit den Fans ein Bier zu trinken.
Hahaha, ok. Manuel, ich danke dir für das Gespräch und wünsche dir und ATLANTEAN KODEX alles Gute für die Zukunft.
Vielen Dank für das Interview, Colin. Ciao.
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