Athorn
Athorn
Interview
Das Hannoveraner Quintett ATHORN wirbelt mit seinem Debüt-Album "Phobia" gerade mächtig Staub in der Metal-Presse auf. Der explosive Mix aus Power- und Progressive Metal, vermengt mit einem Schuss Thrash und einem Quentchen Göteborg-Death Metal dürfte Freunden von Bands wie NEVERMORE trefflich munden. Grund genug für ein Interview mit der sympathischen Truppe.
Hi Jungs! Erstmal Glückwunsch zum Deal mit AFM! Wie kam der denn so schnell zustande?
Nachdem wir letztes Jahr im September die „Livable Hatred“-EP in Eigenregie quasi als erstes Lebenszeichen rausgebracht hatten, bekamen wir darauf durchweg sehr gute Resonanzen. Sandra Eichner von Rosenheim Rocks war auch sehr beeindruckt und bot uns ihre Hilfe bei der Labelsuche an. Da zögert man natürlich nicht sehr lange. Nachdem sie einige Labels angesprochen hatte, zeigten die Jungs von AFM reges Interesse, mit uns ein Album zumachen. Ja, und so ist’s dann passiert.
Das Album kam jetzt recht schnell nach dem „Livable Hatred“-Demo. Hattet Ihr bereits genug Material oder standet Ihr kurzfristig unter Druck?
Nö, unter Druck standen wir nicht wirklich, da wir schon während der EP-Produktionsphase an neuen Songs geschrieben hatten. Die Nummer „From Beyond“ hatten wir zum Beispiel schon vor der EP-Produktion fertig, wollten diese aber fürs Album aufheben. Auch wenn wir keinen Deal mit einem Label bekommen hätten, hätten wir „Phobia“ dieses Jahr eben als Eigenproduktion gemacht.
Ihr habt nicht alle Demo-Stücke für das Album verwendet. Gefielen Euch die anderen nicht mehr gut genug oder werden sie später noch verwendet werden?
Naja, wir hatten genug Stoff für ein komplettes Album geschrieben und wollten nicht alle vier EP-Nummern nochmals verwenden. In der Tat haben wir aber beschlossen „The Ferryman“ und „Humanize The Demon“ mit aufs Album zu packen, da diese beiden Nummern doch sehr stark sind. Allerdings haben wir die beiden Stücke nochmals neu eingespielt und leicht verändert. Da ist also nix Aufgewärmtes auf „Phobia“. Die beiden Nummern, die jetzt nur auf der EP zu hören sind, sind aber weiterhin Bestandteil des Livesets. Und wer weiß, vielleicht soll „Phobia“ mal für Japan lizenziert werden, da bräuchten wir ’nen Bonustrack und könnten zum Beispiel den „Wink Of Death“ verwenden.
Die Presse scheint „Phobia“ ja unisono zu mögen. Überrascht Euch das? Irgendein Nörgelkopp ist ja normalerweise immer dabei.
Du hast Recht, „Phobia“ ist sehr gut aufgenommen worden und konnte einige Lobeshymnen einfahren. In gewisser Weise waren wir doch recht positiv überrascht, dass neunzig Prozent der Reviews die Platte abfeiern. Damit hatten wir in der Form nicht gerechnet, da wir uns bewusst waren und es weiterhin sind, dass unser Stilmix nicht immer einfach zu verdauen ist. Da musst du die Scheuklappen schon absetzen und offen rangehen, damit die Stücke ihre volle Wirkung entfalten.
„Phobia“ braucht einige Durchläufe, es gibt immer neue Sachen in den einzelnen Nummern zu entdecken. Mal schnell durchskippen bringt da nicht viel. Es gibt natürlich auch einige recht verhaltene Reviews, bei denen man merkt, dass wir nicht in die eine Schublade passen, die der jeweilige Rezensent ausschließlich bedient. Man merkt einfach beim Lesen der Reviews, ob sich mit „Phobia“ und ATHORN bei der Beurteilung etwas eingängiger auseinandergesetzt wurde. So gibt es auch durchaus nachvollziehbare Kritik, mit der wir auch etwas anfangen können. Im Großen und Ganzen sind wir aber sehr, sehr zufrieden, wie die Platte aufgenommen wird.
Das Demo wurde von Jeff Loomis bereits gelobt, das Album von Hansi Kürsch in den Adelsstand gehoben. Was bedeuten Euch diese prominenten Stimmen?
Wir fühlen uns natürlich geschmeichelt, wenn solch renommierte Musiker Gefallen an unserer Musik finden. Wir sind aber genauso stolz, wenn ein „normaler“ Metalhead auf uns zukommt und uns sagt, er hat die Platte gekauft und findet sie geil. Die Kundenrezis bei Amazon sprechen ja auch eine durchweg positive Sprache. Für uns bedeutet das, einfach zu wissen, dass das nicht so verkehrt sein kann, was wir da fabriziert haben. Letztendlich müssen aber wir fünf bei ATHORN rundum zufrieden mit unserer Musik sein, und das sind wir definitiv.
Es mangelt nicht an versuchten Vergleichen Eurer Musik mit der anderer Bands. Welche davon findet Ihr schmeichelhaft, welche vielleicht weniger?
Wirklich schmeichelhaft, also im Sinne von schmeicheln, finden wir keine der Vergleiche. Wir werden oft mit NEVERMORE verglichen, das liest man natürlich gern. Obwohl wir nicht wirklich nach einer bestimmten anderen Band klingen, unser Sound ist schon sehr eigenständig.
Und welche der Vergleiche sind zumindest angebracht?
Es stimmt, dass Leute, die NEVERMORE oder ältere ICED EARTH („Dark Saga“ / „Something Wicked This Way Comes“) mögen, auch ganz gut auf ATHORN abfahren könnten. Vergleiche, mit denen wir nun rein gar nichts anfangen können, gab’s aber bisher noch nicht. Außer vielleicht, wenn man Metalcore-Einflüsse heraushören will. Diesen Stil mag eigentlich keiner in der Band. Wie gesagt, unser Ziel ist es nach ATHORN zu klingen.
Ihr habt „Phobia“ wieder in den Waveland-Studios in Hannover aufgenommen. Einerseits mag es komfortabel sein, mit Freunden im mehr oder weniger eigenen Studio arbeiten zu können. Fehlt einem nicht trotzdem manchmal der Abstand?
Ja, es ist in der Tat sehr komfortabel quasi da aufzunehmen, wo wir proben und die Songs schreiben. Den nötigen Abstand besorgen wir uns selbst, da es keinen wirklichen einzigen Produzenten gibt. Stefan hat zwar, was die Produktion der Scheibe angeht, am meisten im Studio gearbeitet. Allerdings hat jeder mal die Regler und Aufnahmeknöpfe bedient und die Endabnahme eines Parts, Solos, einer Nummer oder des kompletten Mixes und Masters wurde durch uns Fünf bestimmt. Wenn einer also mal den Durchblick verloren hatte, waren immer noch vier weitere Bandmitglieder am Start, um objektiv urteilen zu können. Sollten wir aber jemals an einen Punkt kommen, wo wir als Band nicht mehr alleine weiterkommen, werden wir auch für Außenstehende offen sein. Im Moment ist das aber nicht der Fall.
Eure Stücke sind allesamt relativ komplex. Gehen Euch die Songs leicht von der Hand oder erfordern einige besonders viel Konzentration?
Konzentration erfordern sie alle. Die eine Nummer mehr, die andere weniger. Du musst beim Spielen schon aufpassen, an welcher Stelle du im Song gerade bist. Aber wir haben’s uns ja so ausgesucht, haha. Stefan hat definitiv am meisten zu bedenken, der Hund muss neben seinen Leads und Soli ja auch noch ständig auf seinem Floorboard rumtanzen, um die Sounds zu wechseln. Sören hat’s auch nicht gerade einfach hinter seinem Kit, da er neben körperlicher Schwerstarbeit auch am progressivsten von uns allen musiziert. Aber wie gesagt, wir wollten’s ja so haben und da müssen wir nun durch!
Gab es im Studio den einen oder anderen Part, der einfach nicht klappen wollte? Oder vielleicht irgendwelche Pannen anderer Art?
Oh ja, da gab es einige Parts, die recht verzwickt waren. Da wir aber keinen Druck hinsichtlich der Produktionskosten hatten, konnten wir solange probieren, bis alles so im Kasten war, wie wir uns das vorgestellt hatten. Stefan hatte jedenfalls ordentlich Knoten in den Fingern.
Und Pannen gehören im Waveland-Studio einfach dazu, anders wollen wir da auch gar nicht produzieren, haha. Am ersten Tag, kurz bevor Sören mit seinen Drumspuren anfangen wollte, ging erst mal ein 19″-Preamp aus dem Rack in Rauch auf. Geiles Gefühl. Stefan und Carsten lagen danach erstmal wieder da, wo sie am liebsten im Waveland liegen: unter ihrer Technik. Aber abgesehen davon lief es ganz gut.
Ihr habt das Album „Phobia“ getauft. Was sind Eure persönlichen Phobien?
Ach, im Prinzip haben wir alle unsere kleinen Phobien. Davon handelt das Album aber weniger. Wovor wir uns aber wirklich fürchten, ist, dass wir eines Tages aufwachen und RTL ist Wirklichkeit geworden. Echt gruselig, der Gedanke.
Ihr verlost ein Fantreffen im Insektarium des Kölner Zoos. Kommen alle Bandmitglieder mit Insekten und Spinnentieren klar?
Nun, das werden wir dort wohl rausfinden müssen, hahaha.
Textlich scheint es auf dem Album eher realistisch als fantasievoll zuzugehen. „Emperor Of Ruins“ etwa beschäftigt sich mit dem Untergang der Menschheit. Wie malt Ihr Euch den aus?
Also großartig ausmalen müssen wir uns da nichts. Geh einfach raus auf die Straße, schau dir die Nachrichten an, lies Zeitung oder pfeif dir ne Folge „DSDS“ rein. Wir sind mitten drin im Untergang, statt nur dabei.
„After The End“ schlägt in eine ähnliche Kerbe und beschreibt „die Sehnsucht nach einer besseren Welt“. Wie sollte diese aussehen?
Vielleicht wie in Wacken? Obwohl, dann hat man ja nix mehr, worauf man sich das ganze Jahr freuen kann. Mal ne Woche keine Negativschlagzeilen, das wäre schon mal was. Ach scheiß drauf: Wacken ist perfekt. Hat man davon mal die Faxen dicke, fährt man halt für ein paar Tage aufs Summerbreeze in den Süden. Wegen der Abwechslung, verstehste?
Den Kommentar im Track-By-Track zu „A Matter Of Time“ kann man in mehrere Richtungen auslegen. Wie ist er gemeint?
Den Text kann man verschieden auslegen, am Ende kommt aber immer dasselbe bei raus. Wenn du dich nicht wehrst, nicht Stellung beziehst, nicht aufstehst, nicht Flagge zeigst, hast du verloren. Carsten hat den Text auf das Gebaren unserer Politiker bezogen und mit dem Stuttgarter Bahnhofsprojekt zeigt sich dessen Aktualität. Jedoch sollte man den Text zu „A Matter of Time“ nicht rein politisch ansehen. Er gilt allgemein. Hast du Stress mit deiner Plattenfirma? Steh‘ auf und wehre dich, haha. Oder so ähnlich …
„Angel Of The Fall“ und „Schizophrenia“ handeln von zweigesichtigen Menschen. Gründen diese Stücke auf persönlichen Erfahrungen?
Bei „Angel Of The Fall“ gibt’s tatsächlich direkte Schnittpunkte mit persönlichen Erfahrungen. „Schizophrenia“ bezieht sich einfach auf einen Großteil der Menschen, die diesen Planeten bevölkern. Im Prinzip haben wir alle einen am Helm.
Auf Euren letzten Bandfotos habt Ihr Euch gegenseitig verdroschen, diesmal baut Ihr an einem Kartenhaus, das bekanntlich jederzeit einstürzen kann. Kann man das auf Euch selbst beziehen? Ist das Eure Phobie, dass die Karriere zum Beispiel genau so schnell einknicken kann, wie sie beginnt?
Auch bei unseren Promofotos lassen wir die Bilder in Metaphern sprechen. Alles ist vergänglich. Was du heute aufbaust, kann morgen schon Geschichte sein. Wichtig ist, dass du deinen Weg gehst, etwas aufbaust und nicht passiv bleibst und nur lamentierst, dass ja eh alles vergebens ist. Nach dem Motto: Die Anderen werden’s schon richten und wenn nicht, sind eben diese Anderen dran schuld.
Phobien bezüglich unserer „Bandkarriere“ quälen uns allerdings nicht, da kann noch nichts einknicken.
Für „Humanize The Demon“ habt Ihr bereits ein tolles Video gemacht. Kommt da noch ein weiteres?
In dieser Richtung gibt es in der Tat Überlegungen. Wir müssen schauen, ob wir die Zeit dazu finden. Aber cool wäre es schon. Mal sehen, ein langer, dunkler Winter steht bevor, da könnten wir ein paar Phobien verfilmen.
Wieso habt Ihr eigentlich das Logo getauscht? Das alte sah irgendwie Metal-mäßiger aus…
Das ist ganz einfach: Das alte Logo passte einfach nicht so recht aufs Cover. Das jetzige ist relativ simpel, aber effektiv und sehr gut verwendbar. Außerdem kann es jeder sofort lesen.
Einige Leute haben schon Probleme den Bandnamen richtig auszusprechen, jetzt kann man ihn wenigstens sofort entziffern. Aber Metal-mäßiger war das alte Logo schon, da hast du Recht.
Ihr habt bisher nur wenige kommende Gigs auf Eurer Homepage. Ist da noch was Größeres geplant?
Da sprichst du einen wunden Punkt bei uns an. Wir hätten das Album schon gerne im Rahmen einer Support-Tour für eine renommierte Band vorgestellt, nur hat es mit unseren derzeitigen Partnern noch nicht so recht klappen wollen. Es ist einfach super schwierig für eine unbekannte Band, einen Slot auf einer guten Tour zu ergattern. Kaum jemand von den „Business-Leuten“ ist bereit, ein wenig Geld für solche Dinge wie Tour-Support auszugeben. Da werden lieber irgendwelche Wettbewerbe veranstaltet und der Sieger dann mit viel Energie und Geld als großes Thema dargestellt. Wir hoffen, dass es in Zukunft mit dem richtigen Bookingpartner für uns besser läuft. Also: bucht uns!!!
Was habt Ihr sonst noch loszuwerden?
Ihr könnt uns übrigens auch gerne buchen. Wir machen garantiert nichts kaputt, trinken nur all euer Bier weg. Versprochen!
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