Asmegin
Interview mit Erik Rasmussen zu "Arv"
Interview
Nach fünf Jahren legen die Norweger ÁSMEGIN endlich nach und veröffentlichen ihren zweiten Streich „Arv“. Dass es in dieser langen Zeit im beschaulichen Jevnaker aber nicht nur gemächlich zuging, verrät uns Sänger und Schlagzeuger Erik Rasmussen.
Ahoi Erik! Zuallererst: Euer Debütalbum „Hin Vordende Sod & Sø“ stammt aus dem Jahr 2003. Was ist seitdem bei Euch passiert?
Wir haben ein paar Konzerte gegeben, Leute haben persönliche Tragödien erlitten, und ein paar Krankenhausaufenthalte waren auch dabei. Es war einfach nicht unsere Zeit, sozusagen. Wir haben aber auch an neuer Musik gefeilt.
Wann habt Ihr damit angefangen?
Wir haben damit schon 2004 angefangen. Aber durch den ganzen Scheiß, den wir durchgemacht haben, konnten wir nicht kontinuierlich arbeiten.
Ich habe gelesen, dass Euch die Jungs von Napalm Records den eigentlichen Anstoß gegeben haben, „Arv“ endlich fertigzustellen?!
Ja, so kann man es ausdrücken. Sie haben uns Ende Mai 2008 angerufen und uns gesagt, dass sie bis Ende August das Material haben wollten, das wir bis dahin geschrieben hatten. Wir haben aber Material für ein komplexes Konzeptdoppelalbum, und ursprünglich wollten sie, dass wir genau dieses Material bis Ende August fertig abliefern. Wir haben darauf geantwortet, dass das schlicht unmöglich ist und dass wir mehr Zeit benötigten. Das haben sie abgelehnt, weswegen wir während der Sommermonate etwas völlig neues zurechtzimmern mussten. „Arv“ basiert daher auf einigen alten Songfragmenten von Marius [Olaussen, Gitarre], die er als 17-jähriger geschrieben hatte. Der Rest ist komplett im Sommer 2008 entstanden. Es war ein hektischer Sommer, weil wir alle unsere Pläne umschmeißen mussten. Das bedeutet, dass wir die Sachen zwischen unserer eigentlichen Arbeit fertigzustellen hatten, und unser geplanter Urlaub ging somit auch flöten. Guiness und Single Malt haben uns aber elegant über diesen Berg Arbeit geholfen.
Du bist nicht nur der Sänger bei ÁSMEGIN, sondern sitzt seit neuestem auch hinter der Schießbude. Wir kam es dazu?
Nun, nachdem der erste Streit mit unserem Label ausgefochten war, rief mich Marius an und sagte: „Ich habe gehört, dass Du jetzt auch Schlagzeug spielst.“ Ich antwortete ihm, dass ich seit zweieinhalb Jahren ein wenig nebenher spiele. Und dann fragte er mich, ob ich nicht das Album einspielen wolle. Keine große Sache, das ist die Geschichte dahinter. Grundsätzlich hatten wir aber keine andere Wahl. Um einen Drummer anheuern zu können, hätte die Musik fertig sein müssen. Wir mussten die Musik zur gleichen Zeit schreiben und aufnehmen. Unser alter Drummer Tommy hatte die Band zusammen mit Ingvild und Lazare verlassen, so dass wir alleine damit klarkommen mussten.
Auf „Arv“ habt Ihr sehr viele verschiedene Instrumente aufgefahren, von einem Akkorden über eine Hammond Orgel bis hin zu einem Mini-Moog. Habt Ihr eine generelle Vorliebe für solche Instrumente oder habt Ihr sie Euch für die Aufnahmen nur zusammengeborgt?
Wir haben gewiss eine Vorliebe für unterschiedlichste analoge Instrumente. Es ist damit vergleichbar, als Maler mehr Farben zur Verfügung zu haben. Unterschiedliche Töne erzählen unterschiedliche Geschichten, und uns kommt es sehr auf die Geschichten in der Musik an. Einige von uns haben eine sehr stattliche Anzahl von Instrumenten, so zum Beispiel Lars [Frøislie, Keys], der viele verschiedene Tasteninstrumente besitzt. Und Marius kauft fast jeden Monat ein neues Instrument. Also ja, wir lieben verschiedene Instrumente, aber wir mussten sie nicht extra ausleihen.
Auf dem Album sind auch einige Gastmusiker zu hören. Kannst Du sie kurz vorstellen?
Diesmal haben wir Martin Kneppen, Gunnhild Hovden Kvangarsnes, Anne Marie Hveding und Karolin Broosch eingeladen. Karolin spielt Geige, Gunnhild und Anne Marie sind die Sängerinnen und Martin spielt Schlagzeug beim Track „Prunkende, stolt i Jokumsol“. Sie sind allesamt große Talente und es macht großen Spaß, mit ihnen zu arbeiten.
Warum bist Du zufrieden mit „Arv“?
Ich bin zufrieden, weil wir es geschafft haben, unter all diesen Umständen überhaupt etwas vernünftiges auf die Beine zu stellen. Ich bin darauf stolz, aber natürlich hätte ich lieber mehr Zeit gehabt. Uns klingen immer noch jene Dinge im Ohr, die wir aus Zeitgründen nicht mehr aufnehmen konnten. Ich bin auch zufrieden mit dem Mix, den wir in einer 24-stündigen Session durchziehen mussten, am allerletzten Tag vor der Deadline. Das ist natürlich sehr weit davon entfernt, wie man normalerweise so etwas angeht. Ich bin froh, dass alle wichtigen Elemente gut klingen, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich für solch ein Unterfangen das nächste Mal gerne zwei Wochen zur Verfügung haben. Beim nächsten Album wird es definitiv anders laufen.
Inwiefern unterschiedet sich „Arv“ von seinem Vorgänger „Hin Vordende Sod & Sø“? Und bist Du rückblickend noch zufrieden mit Eurem Debüt?
Die beiden Alben unterscheiden sich auf nahezu jede erdenkliche Weise: Die Songs, der Entstehungsprozess, die Mitglieder. Es gibt also mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Wir sind alle noch zufrieden mit dem ersten Album, auch wenn ich damals noch nicht mit in der Band war. Aber ich mag es natürlich genauso.
In meinem Review habe ich die Songs auf „Arv“ mit einer Reise durch verschiedene Landschaften, Gegenden und Orte verglichen. Wir würdest Du das Album beschreiben?
Eigentlich ganz ähnlich. Wir erzählen mit jedem Song eine Geschichte, und diese Geschichte spielen sich alle in der Natur ab. Wir versuchen also, Plätze und Gefühle in unsere Musik einzubeziehen. Ich würde Dir also diesbezüglich recht geben – guter Mann 🙂
Hehe! Was kannst Du über die Texte sagen? Wovon handeln sie im allgemeinen?
Sie sind Oden an unsere Natur und an unsere Toten. Jedenfalls zum überwiegenden Teil. Es ist kein politisches Album, sondern ein romantisches. Wir hoffen, dass wir niemals unsere politischen Ansichten in unsere Musik einfließen lassen, denn das wäre wie Geschlechtsverkehr mit einem schlaffen Schwanz. Politische Sprache hat einfach keine Magie: Sie dient allein dem Beeinflussen und Nichtbeeinflussen. Aber traditionelle Volksweisen haben eine Art Magie!
„Arv“ bedeutet so viel wie „Erbe“. Über welches Erbe singt ihr, was bedeutet es Euch und warum habt Ihr es als Albumtitel gewählt?
Zunächst einfach nur, weil es gut klingt. Und weil Folkmusik sehr viel mit Tradition und Erbe zu tun hat. Dann, weil der Titeltrack vom Ort der Toten handelt und dem Sterben in unserer modernen westlichen Gesellschaft. Oder vielmehr ist es ein Lied darüber, wie Familien früher ihre Toten in der Nähe ihres Hofes bestattet haben, damit sie weiterhin über die Lebenden wachen können. Eine poetische und positive Beschreibung des Ortes der Toten in Norwegen. Das Lied erzählt von einem jungen Mann, der nach langen Reisen wieder heimkehrt, weil sein Vater im Sterben liegt. Er kommt aber zu spät, begräbt seinen Vater auf dem Grund des Familiensitzes. Am Rande des Grabes schwört er schließlich seinem Vater, das Erbe fortzuführen und es seinen Söhnen weiterzugeben und so fort.
Der Titel des ersten Tracks „Fandens Mælkebøtte“ ist die volkstümliche Bezeichnung von Löwenzahn. Wovon handelt dieser Song?
Es ist eine Ode an den Löwenzahn. Eine poetische Beschreibung einer unerwünschten Pflanze, die alles überlebt, was immer ihr auch angetan wird. Es ist wie ein Stachel in der Seite der Perfektion und ein natürlicher Rebell. Jene, die heidnische Bräuche unter der christlichen Irrlehre praktizierten, haben geglaubt, dass der Löwenzahn durch seine Eigenschaften ein Quell der Stärke und der Heilung sei.
Was sind die außergewöhnlichsten Merkmale von ÁSMEGIN?
Dass wir keinen riffbasierten Standard-Heavy-Metal spielen, sondern viele Harmonien aus der Folkmusik beziehen, weswegen wir unsere Musik auch Folk Metal nennen. Wir beginnen mit einer Geschichte und formen um diese Geschichte die Musik. Das liefert uns eine eigene Identität.
Welches Projekt geht Ihr mit ÁSMEGIN als nächstes an?
Das nächste Album fertigstellen und aufnehmen – damit die Leute nicht wieder fünf Jahre warten müssen, bis wir unsere lahmen Ärsche bewegen.
Und gibt es irgendwelche Pläne für Liveaktivitäten?
Leider nein, da wir keine komplette Mannschaft haben.
Das war’s auch schon. Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören Dir!
Ich hoffe, euch gefällt unsere Musik! Und immer schön euer Fleisch aufessen und das Bier austrinken, sonst kommt irgendwann der Weihnachtsmann und tötet euch, haha!
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