Arroganz
"Supportet Underground-Musik!"

Interview

Euer Line-up besteht nun schon seit über zehn Jahren und gerade auf “Quintessenz” hört man diese Erfahrung in Bezug darauf, wie sich die Instrumente untereinander ergänzen, sehr gut. Speziell das Zusammenspiel von Bass und Gitarre will ich hier erwähnen. Da ihr ein Trio mit nur einer Gitarre seid, müsst ihr bestimmt häufiger mal eine Entscheidung treffen, ob da jetzt ein Overdub kommt, weil das geiler klingt, oder ob ihr es weglasst, weil es live nicht mehr reproduzierbar ist. Tendiert ihr eher dazu, den Song bühnentauglicher zu gestalten oder ist das egal, dass er dann im Zweifelsfall anders klingt.

Ich schreibe die Songs schon für ein Trio. ARROGANZ hat als Trio begonnen und wird auch immer ein Trio bleiben. Es gibt natürlich Ausreißer, wie zum Beispiel “Alles” von unserem Album “Tod & Teufel”. Der wurde aber direkt so konzipiert, dass sich da mehrere Riffs und Melodien, die alle etwas anderes spielen, übereinander schichten. Der Song hat eine bestimmte Aufgabe – deswegen machen wir da punktuell, aber sehr, sehr selten eine Ausnahme. Das sind dann aber Songs, die wir nicht live spielen.

Klar kommt es auch mal vor, dass während des Gitarrensolos auf der Platte das Riff weiterläuft, was wir live nicht umsetzen können – das muss aber nicht immer so sein. Auch bei den Bass-Leads machen wir es mal so, mal so. Es kommt immer darauf an, was dem Song dient. An sich sind wir ein Trio, die Songs sind für eine Gitarre geschrieben. Auch wenn das für Außenstehende sicherlich einengend wirkt, pusht das meine Kreativität eher.

Ihr seid in Puncto Auftreten und Ästhetik ein bisschen anders als viele andere Black/Death-Bands der Gegenwart. Ihr steht musikalisch schon zwischen zwei bis vier Stühlen und macht auch nicht beim Okkultismus-Bingo mit; lauft generell in vielen Punkten etwas abseits der Klischees. Manchmal habe ich das Gefühl, dass dieser ganze Lovecraft-Crowley-Mönchsroben-Kram für viele Fans schon die halbe Miete ist, sich zu einer Band hingezogen zu fühlen. Habt ihr manchmal das Gefühl, eine etwas „übersehene“ Band zu sein?

Nee, das Gefühl haben wir nicht. Natürlich gibt es immer mal Hypes und Trends in Bezug auf Themen, Images, Artwork-Künstler und so weiter. Natürlich ist man dann mehr an der Oberfläche als andere Bands, aber darüber machen wir uns überhaupt keinen Kopf. Wir ziehen einfach unseren Stiefel durch. Wir wissen, was wir machen wollen, dass wir uns stetig weiterentwickeln wollen und das wir niemandem hinterherrennen wollen.

Kreative Freiheit bei ARROGANZ

Klar lassen wir uns für viele nicht in eine bestimmte Schublade stecken, aber ich sehe das gar nicht so, dass wir zwischen verschiedenen Stühlen stehen. Ich will uns nicht unbedingt mit DARKTHRONE vergleichen, aber seit deren fünfter oder sechster Platte läuft es da freestyle. Wir machen es natürlich nicht so wie sie, aber wir lassen uns eine ähnliche Freiheit. So haben sich auch unsere Platten entwickelt – mal direkter, mal atmosphärischer, mal verspielter und so weiter. Immer nur die gleiche Platte zu machen, wäre eine zu leichte Übung. Bei Kunst, wenn man es mal so nennen will, geht es ja darum, zum jeweiligen Zeitpunkt auszudrücken, was man will oder sogar muss. Lieber ein Leben lang Underground und dahinter stehen können, was man macht, statt sich auch nur mit einem Ton anbiedern zu müssen.

Wenn ich richtig informiert bin, entsteht die Musik bei euch schon sehr gemeinschaftlich. Was waren die wichtigsten gemeinsamen Nenner, wenn ihr in den vergangenen vier Jahren zusammen Musik gehört habt?

Den Großteil der Musik schreibe ich alleine zu Hause, dann arbeiten wir gemeinsam im Proberaum die Details aus. Die letzten fünf bis zehn Prozent sind genauso wichtig für einen Song wie das, was davor passiert. Bei einem Gemälde trägt schließlich auch jeder Pinselstrich zum Gesamtwerk bei.

Wir haben gemeinsame Nenner, das stimmt. Aber alleine ich höre schon extrem viel unterschiedliche Musik und das nicht auf ein Genre reduziert. Es gibt gute und nicht so gute Musik. Und selbst bei guter Musik, gibt es Musik, die ist aus Sicht eines Musikers schon gut, die aber einfach “nicht meins” ist. Gute Musik kann für mich natürlich Death, Black, Doom und Thrash, aber auch Jazz und Blues sein. Das hat auf jeden Fall heute noch Einfluss auf uns. Gestern zum Beispiel habe ich auch mal wieder ein, zwei Stunden EARTH gehört. Auch 70s-Funk höre ich zum Beispiel super gern – alles hat seine Spuren bei uns hinterlassen.

Bands, die wir alle gern hören, sind zum Beispiel ASPHYX, NAPALM DEATH oder URFAUST. Aber es sind wirklich viele. Gerade auf Tour zeigen wir uns auch gegenseitig gern unsere neuen Lieblinge.

Ihr habt jüngst mit dem „Lusatian Grim Fest“ ein eigenes Festival organisiert. Schlimmer organisatorischer Horror oder habt ihr Pläne, das irgendwann gegebenenfalls zu wiederholen?

Das Lusatian Grim Fest fand dieses Jahr schon das zweite Mal statt. Es entstand ursprünglich aus unserem Jubiläumswochenende 2022, als wir uns dachten, anlässlich des Jubiläums unseres Debütalbums ein paar Freunde und befreundete Bands einzuladen und selbst zwei Sets zu spielen. Das war im Muggefug in Cottbus, dort hat für ARROGANZ alles angefangen. Da haben unser erster Gitarrist M. und ich mit 13, 14 unsere ersten Death-Metal- und Grindcore-Konzerte besucht. In dem Verein gibt es ein paar Leute, die die Metal-Fahne hochhalten. Grüße an Robert, an der Stelle.

Nach dem Jubiläum haben wir beschlossen, das jedes Jahr zu machen, so ist daraus das Lusatian Grim Fest entstanden und fand dieses Jahr das zweite Mal statt. Es ist halt Arbeit, man steckt viel Zeit hinein. Aber so ist es ja auch, wenn man ’ne Band hat. Wenn man sagt, man hat Bock darauf, arrangiert man sich damit. Wir haben aber auch große Unterstützung vom Muggefug, die unsere Bands bekochen und Frühstück machen und so weiter. Ich hoffe sehr, dass wir das jedes Jahr weiter machen können.

Was stehen sonst noch für weitere Live-Aktivitäten bei euch an?

Wir gehen im Juni auf Tour mit MASTER und ZEIT. [Die Tour ist inzwischen gelaufen – Anm. d. Red.] Für uns eine sehr coole Sache, weil wir Paul Speckmann und MASTER schon länger, wahrscheinlich etwa seit der Gründungszeit von ARROGANZ kennen. Wir hatten ihn mal bei einer Clubshow getroffen und uns gut verstanden, dann hin und wieder mal eine Show zusammen gespielt und letztes Jahr hatten wir sie auch zum Lusatian Grim Fest eingeladen – so kam die Idee der Tour zustande.

Mit ZEIT sind wir auch schon länger befreundet. Die haben gerade eine sehr empfehlenswerte EP gemacht, holt euch das Tape davon! Alles DIY, sehr coole Leute. Dann sind wir neun Mann in einem Sprinter und werden zehn Tage unterwegs sein.

Im Sommer machen wir ein kleines Päuschen, um ab September wieder einzelne Clubshows mit verschiedenen Bands zu spielen. Wir sind noch am Arbeiten, was nächstes Jahr passieren wird. Größere Touren und Festivals mit Sicherheit, aber noch ist nichts spruchreif.

Wenn ihr noch was loswerden wollt, könnt ihr das hier tun …

Vielleicht ein kleiner Appell, den ich heute wichtiger denn je finde: Supportet Underground-Musik! Geht zu kleinen Shows, lasst euch inspirieren und schaut im Internet nach Underground-Juwelen. Seid offen beim Musik hören – nicht nur in Bezug auf Metal oder extremen Metal. Es lohnt sich, mit offenen Ohren durch die Welt zu gehen. Der Spirit muss am Leben erhalten werden, denn genau daher kommen ja auch die vermeintlich großen und bekannten Bands. Niemand braucht Schubladendenken, vor allem nicht in der Musik – dann klappt’s auch mit den Nachbarn.

Galerie mit 7 Bildern: Arroganz – Reflective Dimensions Tour 2018, Oberhausen

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Quelle: Arroganz
21.06.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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