Aosoth
Interview mit MkM

Interview

Aosoth

 

Aus ANTAEUS hervorgegangen, sind AOSOTH inzwischen zu einer wahren Größe des französischen Black Metal herangewachsen. Mit „III“ ist nun auch das dritte Album fertiggestellt und zeigt einmal mehr, dass AOSOTH ein Gespür für eine finstere und gewaltige Atmosphäre haben, ohne dabei permanent auf Highspeed zu setzen. MkM erzählte uns eine Menge über AOSOTH, die Schwierigkeiten der Labelsuche, des Tourlebens und blickt gar in die Vergangenheit.

 

 

Aosoth


Soweit mir bekannt ist, war AOSOTH zunächst eher etwas wie ein Projekt und wurde dann wirklich zur Band, als ANTAEUS sich zurückzog. Das ist jetzt eine ganze Weile her, und ihr seid weit davon entfernt, nur noch als Projekt zu gelten. Eventuell kannst du dennoch einen Blick zurück werfen und erzählen, wer AOSOTH eigentlich ist und wie es zur Gründung der Band kam.

Zurückzublicken würde mich nur verbittern. AOSOTH wurde nach einer Reihe unglücklicher Ereignisse ins Leben gerufen, was irgendwie die Aura erklärt, die der Musik innewohnt und über die Jahre nur noch böser und quälender geworden ist.

In der Vergangenheit hattet ihr auch bei AOSOTH mit Line-Up-Problemen zu kämpfen. Seit wann besteht das jetzige Line-Up, und denkst du, dass es stabil bleibt?

Es gibt kein “Line-Up” im eigentlichen Sinne. Bst komponiert den Großteil der Musik, und ich kümmere mich um die Texte, das Optische und das Konzept. InrVI ist jetzt ein dauerhaftes Mitglied und hat seine Bass-Parts selbst komponiert. Was das Schlagzeug angeht, haben wir bisher noch niemanden gefunden, der als permanentes Mitglied in Frage käme. Wir suchen zwar immer noch, aber hatten in der Hinsicht ziemlich viel Pech in letzter Zeit… Außerdem ist ein zweiter Gitarrist wieder im Gespräch, da die meisten unserer Stücke live nur mit zwei Gitarristen funktionieren.
Man weiß nie, wie lange ein Line-Up Bestand hat, besonders wenn alle daran beteiligten Personen mehr oder weniger wahnsinnig sind.

Aus meiner Sicht ist euer neues Album „III“ das bisher stärkste und dunkelste. Stimmst du mir zu wenn ich sage, dass es mehr langsame Momente gibt und es dadurch ungleich dunkler als seine Vorgänger wirkt?

Das ganze Konzept des Albums basiert tatsächlich auf Unterdrückung und einem erstickendem, letzten Atemzug. Wir sind Gewalt und seine Variationen. “Ashes of Angels” war die brutale Seite, hauptsächlich schnelle Stücke, während wir hier tiefer gehen, was auch zu dem, was in den Texten geschildert wird, passt. (Sie sind diesmal auf dem Album enthalten, sowohl in der CD- wie auch der LP-Version)

Gerade die Gitarren haben es mir persönlich sehr angetan, sie wirken teils verstörend, dann unglaublich verquer. Was für eine Stimmung soll deiner Meinung nach „III“ transportieren? Ich empfinde sie als sehr finster, makaber, bösartig.

Bösartig, das ist das richtige Wort, gegen Ende irgendwie makaber… Ich denke, man muss sich die Texte durchlesen und dann das Album nochmal ganz anhören, so wie es ursprünglich komponiert war. Auf eine Art repräsentiert es den Moment, wenn du kurz davor stehst, deine Selbstkontrolle zu verlieren und die Grenze zu überschreiten, einen Wunsch wahr werden zu lassen und somit einen anderen zu zerstören.

Ich denke, lediglich mit dem Sound werden einige Hörer ihre Probleme haben, wirkt „III“ doch teils sehr verwaschen, dadurch zwar geschlossen, aber für Sound-Puristen sicher ein Dorn im Auge. Wie schätzt du die Produktion des Albums ein?

Mmh, verwaschen? Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich finde die Produktion wuchtiger als bei den vorherigen Alben, aber vielleicht hat die Mischung aller Instrumente und vor allem der vielen Gitarren eine beklemmende Aura erschaffen, fast klaustrophobisch? Und was die Sound-Puristen angeht, das hängt davon ab, auf welcher Seite du stehst. Es gibt immer noch so viele Leute, die es lieber sehen würden, wenn heutiger Black Metal noch genauso klingen würde wie frühe DARKTHRONE. Ich höre mir immer noch viele dieser Werke an, aber wir wollen dem Hörer etwas anderes bieten. Satanische Anbetung triumphiert…

Auf „III“ gibt es keinerlei Songtitel, sondern lediglich Kapitel. Meiner Erfahrung nach bedeutet es häufig ein geschlossenes Konzept, gibt es sowas auf eurem aktuellen Album? Und kannst du uns etwas mehr darüber verraten?

Ein Kapitel (III) und sechs Szenen, also eigentlich hätte ich die Tracklist “Kapitel 3, Szene 1” bis hin zu “Kapitel 3, Szene 6” schreiben müssen. Schlussendlich habe ich mich dem normalen Konzept von Theaterstücken bedient. Inhaltlich, und das habe ich schon an früherer Stelle im Interview erwähnt, enthüllt das Thema etwas SEHR persönliches. Ich denke die Texte kann jeder Hörer für sich selbst auslegen, während die Bedeutung für die Menschen, die mich kennen, offensichtlich sein wird.

AOSOTH ist jetzt auch schon eine ganze Weile aktiv, und ihr alle habt bereits lange Erfahrung im Metal gesammelt. Aktuell seid ihr seid zwei Jahren bei Agonia Records unter Vertrag, ein Label, das in der Regel sehr hochwertige Musik veröffentlicht, bei der es aber teils auch kritische Stimmen gab. Wie zufrieden seid ihr mit der Arbeit des Label?

Das werden wir oft gefragt, hauptsächlich von anderen Bands, die wissen wollen, wie es uns bei Agonia bisher ergangen ist. Ich kann nur sagen: soweit, so gut. Wir sind der Meinung, dass sie uns unterstützen, auch wenn wir eine Band sind, die kein Potential auf dem Musikmarkt hat. Im Grunde kann ein Label ja auch nur dann weiter machen, wenn die Verkaufszahlen ok sind, und ich bezweifele, dass wir eine jener Bands sind, für die das Verhältnis gut aussieht. Also, soweit, so gut!

Ihr habt immer wieder Split-Veröffentlichungen gemacht, unter anderem mit ANTAEUS und TEMPLE OF BAAL. Diese Form von Veröffentlichungen werden oft skeptisch betrachtet, da die Qualitätsunterschiede des öfteren sehr massiv sind. Was veranlasst dich dazu, an diesem Format festzuhalten, was schätzt du daran, und gibt es Pläne für weitere?

Diese Veröffentlichungsform ist mir am liebsten, und meine Vinyl-Sammlung enthält viele Split-EPs. Wir haben die Bands, mit denen wir etwas zusammen veröffentlichten, sehr sorgfältig ausgesucht, es sind also keine Compilations oder sowas, bei denen die Bands wahllos durcheinander gewürfelt werden. Unsere letzte Split-Vinyl war mit den Franzosen von VI, die EP kam bei Necroterror Production raus, und das Ergebnis ist unglaublich, sowohl was den Druck als auch den Inhalt betrifft. Noch haben wir keine Pläne für eine neue Split, aber es wird bestimmt irgendwann passieren. Ich wünsche mir auch, ich könnte eine sehr limitierte Edition mit einem speziellen Artwork selbst herausbringen.

Inzwischen ist AOSOTH im Underground doch ziemlich angesehen, dennoch las ich in einem Interview, dass ihr es aufgrund eurer Herkunft bislang sehr schwer hattet, einen wirklich festen Labeldeal zu bekommen (abgesehen von dem jetzigen mit Agonia). Wie schätzt du die Lage der aktuellen französischen Szene ein bzw. auch der des gesamten Black Metal Undergrounds? Es gibt doch immer mehr Labels und teilweise auch dermaßene Scheiß-Veröffentlichungen, was siehst du für Gründe, weshalb es wirklich gute Bands dennoch häufig schwer haben, ihr Material unter dem Banner einer Plattenfirma zu veröffentlichen? Sofern sie nicht aus Norwegen stammen, versteht sich.

Es war hart für uns und es wird auch schwierig bleiben. Wir sehen das ständig bei neuen Bands, die uns fragen, wie die Dinge im Musik-“Business” laufen, sozusagen. Viele von ihnen sind überrascht, dass du heutzutage sogar Label BEZAHLEN musst, um einen Vertrag zu bekommen. Ich selber würde das nie machen, ich habe kein Verlangen danach, etwas zu dem Preis zu veröffentlichen… viele denken auch, dass sie eines Tages richtige Berühmtheiten sein werden. Kommt wieder auf den Boden, sowas wird NIEMALS passieren. Ein Album und ein Vertrag: Das ist ein Opfer, das du bringen musst, und du musst selbst dafür sorgen, dass es passiert.

Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wie es mit dem Veröffentlichungszahlen so genau aussieht. Es gibt immer noch Labels, die ein Album auf 500 Einheiten pressen, davon bestenfalls 100 Stück verkaufen und nebenbei 200 mit anderen Labels tauschen… Es gibt nicht viele Bands, die von sich behaupten können, 1000 Kopien verkauft zu haben (was schlussendlich nicht mal viel ist, und doch erscheint es mir in letzter Zeit als etwas Außergewöhnliches). Mir fällt keine Band ein, die vor kurzem einen Vertrag unterzeichnet haben und dann zurück zu uns gekommen sind und uns erzählten “Dieses Label ist toll, ihr solltet mit ihnen zusammenarbeiten”. Vinyls und limitierte Editionen sind eine ganz andere Geschichte. In der Hinsicht gibt es viele Labels, die wirklich gute Arbeit leisten…

Um auf AOSOTH und unsere Zusammenarbeiten mit Agonia zurückzukommen: Die Tatsache, dass wir durch ANTAEUS früher Kontakt zu ihnen hatten, hat den Deal möglich gemacht. Wenn das nicht gewesen wäre, bezweifle ich, dass wir woanders einen Vertrag bekommen hätten. Wir müssen sehen, wie es für die Hauptband unseres Gitarristen läuft, aber wir haben wirklich eine gute Position bei Agonia.

Um mal kurz auf ANTAEUS zu sprechen zu kommen. Ihr werdet in diesem Jahr auf die Bühne zurückkehren, wird das einmalig sein oder tut sich da auch wieder etwas? Wie wird denn das Line-Up aussehen, denn schließlich war es ausschlaggebend für die Pause der Band?

Es soll mehr oder weniger ein einmaliges Ereignis werden. Momentan kann ich da nicht viel zu sagen, da wir uns einer schwierigen Situation gegenübersehen. Wir versuchen das Problem zu lösen, dass uns einen Monat vor dem Auftritt in Deutschland ein Musiker (der grundlegend für die Band ist) wieder einmal in den Rücken gefallen ist, und das ärgert mich sehr.
Außerdem werden wir im Dezember in Texas spielen, und das sollte es dann sein. Es wird keine Tour oder etwas Ähnliches geben. Wir haben Jahre gebraucht, um unsere letzte Tour im Jahr 2006 zu verarbeiten, für die wir in letzter Minute einen Session Drummer einstellen mussten, da unser eigener Schlagzeuger die Band verlassen hatte, kurz bevor es losgehen sollte… Und wir sind dann mit einem Drummer auf Tour gegangen, der die Stücke nicht mal spielen konnte.Das führte zu Spannungen in der Band und dem Gefühl, unsere eigene Arbeit zu verraten. Danach haben wir uns lange Zeit überhaupt nicht mehr gesehen. Den Hauptkomponisten von ANTAEUS habe ich in den letzte Jahren vielleicht zweimal pro Jahr gesehen. Wir sind in der Hinsicht verflucht… Und wenn wir Session-Mitglieder bezahlen, vermasseln sie es am Ende oder fallen uns in der letzten Minute in den Rücken.

Ihr wart vor kurzem auf ausgiebiger Tour mit SHINING und WATAIN, beide Bands sind aktuell mächtig angesagt, was für Eindrücke habt ihr sammeln können?

Die Tour fand zwischen Februar und März statt. Insgesamt 17 Gigs, die sich hauptsächlich auf Spanien, Portugal, Nord-England, Frankreich, die Schweiz, Belgien und Holland konzentrierte, und es gab nur einen Auftritt in Deutschland. Die Bedingungen waren für uns etwas schwierig, da wir keinen eigenen Soundtechniker dabei hatten (auf den meisten Touren gibt es einen Techniker, der den Sound für alle Bands übernimmt. Meistens laufen die Dinge dadurch geordneter ab, und selbst wenn sie deine Musik nicht kennen, haben sie sich nach ein-zwei Auftritten darauf eingestellt und können das Beste für die Band rausholen.) Nun, SHINING und WATAIN hatten ihrer eigenen Techniker mitgebracht, während wir von den lokalen Sound-Technikern abhängig waren, denen es meistens völlig egal war, wenn sie denn überhaupt mal ihre Arbeit richtig gemacht haben. Es gab keine Soundchecks für uns, nur eine schlechte Erfahrung nach der anderen… Zum Beispiel hatten die Veranstaltungsorte in Deutschland und Belgien keinen Soundtechniker. Wir haben in letzter Sekunde eine Lösung gefunden, ansonsten hätten wir den Auftritt absagen müssen. Ohne einen Mann hinter der Soundanlage läuft gar nichts. Das war sehr frustrierend. In Belgien haben sie zehn Minuten bevor der Auftritt starten sollte jemanden gefunden, der den Sound übernommen hat…

Insgesamt erinnere ich mich an zwei gute Gigs, nämlich in Montpellier und Liverpool. Die Promotor waren großartig, und wir hatten einen brachialen Sound. Die anderen Gigs waren dagegen Enttäuschungen für uns als Musiker. Es war ziemlich ärgerlich zu wissen, dass wir in tollen Ort und vor großem Publikum spielen würden, da WATAIN und SHINING eine große Fangemeinde haben, aber eben mit solch schlechten Bedingungen zu kämpfen hatten. Nochmal vielen Dank dafür an Rock the Nation! Zum Glück hat unser Tour-Manager Mike exzellente Arbeit geleistet.

Auf der persönlichen Ebene war es ein tolles Erlebnis WATAIN wieder zutreffen und ihre Liverituale zu sehen, da ich die Jungs schon seit vielen Jahren kenne. Außerdem war es eine tolle Überraschung zu sehen, wie sie ihre Setlist ändern konnten und in manchen Nächten eineinhalb Stunden gespielt haben, und alte Stücke gespielt haben, wie zum Beispiel “My Fists are Him”, welches ich damals mit meinem Label als Split-Vinyl herausgebracht habe.

Mit SHINING war ich nicht weiter vertraut, da es nicht die Art von Musik ist, die man bei mir zu Hause finden würde, aber es sind echt tolle Leute und sehr gute Musiker. Zu schade, dass sie die Tour mit nur einem Gitarristen beenden mussten, da der andere in Liverpool abreiste.

Und du hast völlig recht, sie sind sehr populär, und das nicht nur im Black Metal Bereich. Zum Beispiel war es in einer Nacht wirklich nicht das typische Metal-Publikum, das man erwartet hätte. Das war echt eine Überraschung. Und in anderen Nächten war das Publikum mehr als bewegungslos. Was uns angeht, ich wusste, dass keiner großes Interesse für uns hatte, wir waren nur “die französische Opening Band”.

Mir bleibt zum Abschluss nur zu sagen, dass ich das Schaffen AOSOTHs seit jeher sehr respektiere und ich mich auch gerade deshalb für die Möglichkeit des Interviews bei dir bedanken möchte. Die letzten Worte überlasse ich selbstverständlich dir.

Danke, dass ihr in eurem Magazin über uns berichtet.
AMSG

MkM

14.05.2011

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