Anti-Flag
Interview mit Bassist Chris#2 zum Album "American Spring"
Interview
„American Spring“ heißt das aktuelle Album der Punk-Legende ANTI-FLAG. Da stellt sich natürlich prompt die Frage, was es mit dem Albumtitel auf sich hat und welche Rolle der Frühling hier tatsächlich einnimmt. Wir sprachen mit Bassist, Chris Barker, besser bekannt als Chris #2: „Der Frühling steht ja durchaus sinnbildlich für die Wiedergeburt und Neuerungen. Beide Themen passen einerseits zu unserem ungebrochenen Glauben an Änderungen im politischen und sozialen Sinne und natürlich auch zu dem, was ANTI-FLAG 2015, nach 20 Jahren und mit dem zehnten Album, brauchen.“
Inhaltlich erwartet den Hörer keine aufmüpfige Abrechnung mit der Realität, sondern in erster Linie eine Ansammlung von hoffnungsvollen Liedern: „Eine Menge Verlust, Trauer und Mitgefühl wurde in den Songs verarbeitet. „American Spring“ beinhaltet die Hoffnung, in ein paar Jahren auf diese Zeit zurückzublicken und zu wissen, dass die Geschichte von da an den richtigen Verlauf genommen hat.“ Das klingt äußerst positiv und steht im kompletten Gegensatz zu dem, wie die Presse den Sound von ANTI-FLAG gerne als antagonistisch und aggressiv abstempeln mag. Die Melodien der Politpunk-Rocker klingen zuckersüß, harmonisch und schon fast poppig, sodass der Hörer nicht auf Anhieb eine tiefgehende Botschaft vermutet. Absicht von ANTI-FLAG? „Harmonie und Melodie sind für unseren Sound sehr wichtig“, legt Chris #2 offen. „Wir möchten ja, dass die Menschen von unserem Sound eingefangen werden. Dann unterwandert die politische Botschaft ihre Köpfe und gelangt leichter ins Hirn. Unsere Lieblingsbands gehen allesamt genauso vor, das werden wir auch immer genauso beibehalten.“
erreichen möchte, antwortet er: „Es muss mehr geben, als selbstgefällig zu sein. Mir gefällt definitiv nicht, wie viele Dinge ablaufen. Wie uns Dinge diktiert werden. Wie wir getrennt werden, sichtbar und unsichtbar. Wir müssen empathischer leben. Wissen, dass es Leute gibt, die leiden, und dass wir ihnen helfen können. So stelle ich mir ein erfülltes Leben vor!“
Es sind leider immer die Schwachen und Armen der Gesellschaft, die als Erste daran glauben müssen. Wenn man auf der anderen Seite steht, fällt es leicht, wegzuschauen. Schon SYSTEM OF A DOWN werfen in ihrem Song „B.Y.O.B.“ die Frage auf „Why do they always send the poor?“. Doch viele ziehen sogar freiwillig in den Krieg, weil sie der Meingung sind, es sei löblich für ’sein‘ Land zu kämpfen und im schlimmsten Fall dafür zu sterben. Wäre somit Bildung ein erster Schritt, um die Meinung strikt gegen Krieg zu sein, zu verbreiten? Chris #2 stimmt entsprechend zu: „Sicherlich. Das ist ja auch der Grund, warum über gewisse Grenzen hinaus keine Bildung mehr stattfindet. Es wird als Hilfsmittel eingesetzt, um eine Elite zu erschaffen. Bildung sollte aber ein Grundrecht und für jeden Menschen frei zugänglich sein.“
ANTI-FLAG werden seit 20 Jahren nicht müde, die Politik immer wieder kritisch zu besingen. Also darf man voraussetzen, dass die Band die Erfahrung gemacht hat, dass ihr Einsatz letztendlich etwas verändern kann. „Wir sind glücklich, fast jeden Tag Leute zu treffen, die bezüglich Punk Rock ähnlich fühlen. Menschen, die ACLU-Anwälte (Anm.d.Verf.: American Civil Liberties Union, eine amerikanische Nichtregierungsorganisation) sind, bei Co-op arbeiten (Anm.d.Verf.: Heute Green America, engagieren sich für ethischen Konsum), Schlüsselfiguren der Occupy-Bewegung oder andere Protestführer. Wir haben Brunnen in Afrika gebaut, eine Partnerschaft mit Amnesty International und enorme Sachspenden gesammelt. Wer also sagt, dass sich nichts bewegt hat, der liegt definitiv falsch!“
ANTI-FLAG selbst fanden den Zugang zum Punk Rock unter anderem durch THE CLASH, was man ihrem Sound auch nicht selten anhört. Bei einer Begegnung mit Joe Strummer in Las Vegas, stellte Chris #2 auch entsprechend ähnliche Denkweisen fest: „Es gab so viele Übereinstimmungen über Songs und die Idee darüber, was wir an die Leute vermitteln möchten.“ Aber trotzdem gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Punk Bands früher und den heutigen Aktiven. „Es war viel schwieriger, eine direkte Verbindung zu den Leuten zu bekommen, das Internet war da sehr hilfreich und hat gleichzeitig eine schmerzhafte Distanz geschaffen. Menschen halten über alle Ecken der Welt Kontakt, aber die Möglichkeit der Instant-Befriedigung geht mit einer starken Bequemlichkeit einher.“
Also macht euch auf, wenn ANTI-FLAG im Herbst die Bühnen rocken. Denn im Vorfeld stecken die Punk Rocker eine Menge Arbeit in die Livetauglichkeit ihrer Songs.“Wir denken immer daran, denn in erster Linie sind wir eine Live-Band und wir möchten, dass unsere Stücke im Punk Club genauso funktionieren, wie auf dem Festival. Die Leute sollen genauso laut und euphorisch auf die Bühne schreien, wir wir ihnen entgegenbrüllen.“
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