Annihilator
Annihilator
Interview
23 Jahre ANNIHILATOR, 12 herausragende Studioalben, zig Compilations, Livealben, Singles und EPs. Dazu ein wirklich feines, neues Album namens "Metal", auf welchem sich ganze Heerscharen an Gästen die Klinke in die Hand gaben. Und dann noch die gemeinsame Tour mit TRIVIUM. Es gab also genügend Gründe, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und anlässlich des Konzertes im Stuttgarter Longhorn ein Gespräch zu suchen. Da Jeff Waters selbst bereits mit anderen Interviews beschäftigt war, hatte ich die Möglichkeit, im Tourbus mit Sänger Dave Padden folgendes Interview zu führen.
Hi Markus! Vielen Dank, ich bin auch gerade ziemlich ausgepowert! Aber es hat wirklich verdammt viel Spaß gemacht, die Fans waren unglaublich!
Euer neues Album ist schlicht „Metal“ betitelt. Steckt dahinter irgendein bestimmtes Konzept, eine Intention?
Ähm, nun unsere einzige Intention war es, das Album recht simpel (äh, wie bitte? Anmerkung des überraschten Verfassers) zu halten und alle verschiedenen Stile des Metals hierauf zu verknüpfen. Wir wollten in Verbindung mit all den verschiedenen Gästen ein ziemlich straightes, geradliniges Album einspielen und einen einfachen Titel dafür haben, und welcher Name wäre passender für diese Platte als „Metal“? Es enthält auf jeden Fall all die verschiedenen Stilelemente, welche die Musik von ANNIHILATOR ausmachen.
In jedem Song ist mindestens ein Gast zu hören, die Liste ist ja ewig lange. Wie kam es zu dieser Idee, und wie stellte Jeff den Kontakt mit all den verschiedenen Leuten her? Hatten diese auch direkten Einfluss auf die Musik?
Ich denke es begann alles damals, als Jeff auf Roadrunner United Show in New York spielte und dort dann ziemlich viele Musiker von größeren Bands traf und kennenlernte, welche ihrerseits auf ANNIHILATOR stehen. Corey Beaulieu von TRIVIUM fragte dann später telefonisch, während die Aufnahmen zu „Metal“ schon liefen, ob er nicht auf dem Album ein Solo beisteuern dürfte, worauf Jeff sich damit einverstanden erklärte und darauf freute. So kam dann langsam die ganze Sache ins Rollen.
Es wurde dann ein befreundeter Musiker nach dem anderen gefragt, und ich kann mit Fug und Recht sagen, dass alle Leute, welche du auf „Metal“ hören kannst, Fans von ANNIHILATOR sind. Wir riefen also die Leute an und fragten, ob sie Lust auf einen Beitrag hätten. Als zweiter wurde Michael Amott von ARCH ENEMY gefragt, und so ging es weiter, es war eigentlich sehr einfach, obwohl das alles in letzter Minute geschah. Die Musik war fertig komponiert, die Gastmusiker hatten also eher weniger einen Einfluss darauf, wobei natürlich jeder seinem Beitrag die eigene Note aufdrückte.
Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es da aber ganz schön zuging im Studio, das war doch sicherlich mit viel Arbeit bei der enormen Anzahl an Gästen verbunden?
Oh nein, das ging schon! Einige Leute kamen ins Haus von Jeff, um dort aufzunehmen, andere schickten einfach ihre Beiträge, da sie selbst auf Tour oder in einem anderen Studio waren, wie bspw. Corey, der gerade das „The Crusade“ Album aufnahm und eben dort auch das Solo einspielte und Jeff schickte. Andere haben zu Hause ein eigenes Studio etc., diese bekamen den jeweiligen Song zugeschickt, die Beiträge entstanden auf unterschiedlichste Weise.
Was ich auch sehr cool fand war die Teilnahme der EXCITER Leute als Background-Sänger!
Oh ja, sie leben in Ottawa, sie sind große Fans von uns, und auch wir mögen ihre Musik sehr. Das war keine große, aber eine wirklich coole Sache!
Warum befinden sich eigentlich auf „Metal“ keine Texte aus deiner Feder, wo du doch nun mal der Sänger bist?
Ich weiß nicht so recht, es hängt viel von der notwendigen Zeit ab. Ich war beschäftigt mit meinem Leben zu Hause, Jeff war beschäftigt mit der neuen Platte, er war in seinem Studio und sammelte die ganzen Ideen, brachte sie zusammen und schrieb auch gleichzeitig die Texte. Er weiß einfach auch, was zu tun ist, Jeff hat in dieser Hinsicht einfach eine unglaubliche Erfahrung.
Als ich dann endlich mitbekam, dass er an einem neuen Album arbeitet, hatte er bereits alle Songs geschrieben. Ich kam also nur hin und sang die Sachen ein, wobei wir im Studio schon noch einige verschiedene Dinge ausprobierten. Das macht mir aber überhaupt nichts aus, ganz im Gegenteil. Ich bin sehr langsam, wenn es um Songwriting geht, ich schrieb einen Titel für „Schizo Deluxe“, ansonsten bin ich eher der Typ, der einfach ins Studio geht und losrocken will. Alle Texte auf „Metal“ stammen von Jeff, bis auf „Couple Suicide“, wofür sich Danko Jones verantwortlich zeichnet.
Mir kommt es so vor, als ob auf „Metal“ der größte Anteil an Soli von allen ANNIHILATOR Alben ist. War das von Jeff so geplant?
Ich weiß nicht genau, ich glaube schon, dass er wieder etwas zurück wollte, ein richtiges, krankes Gitarrenalbum schreiben wollte. Und dann waren da eben noch die ganzen Gastmusiker. Also wir hätten auch mehr Gäste am Gesang haben können, aber das wollten wir nicht, es sollten nicht so viele verschiedene Sänger in den einzelnen Songs zu hören sein. Da hätten wir auch keine Möglichkeit, das Live in irgendeiner Form zu reproduzieren. Nimm bspw. „Couple Suicide“, in dem Stück sind Danko Jones und Angela Gossow (ARCH ENEMY) zu hören, wir spielen den Song nicht auf Konzerten, das würde einfach nicht funktionieren, wenn nur ich und Jeff singen würden.
In diesem Zusammenhang kann ich sagen, dass es mir eigentlich ganz gut gefällt, dass du nun seit drei Alben singst, wodurch nun schon eine gewisse Linie gehalten wird. Früher musste man sich ja auf nahezu jedem ANNIHILATOR Longplayer an einen neuen Sänger gewöhnen!
Ja stimmt, hahaha, die Vergangenheit von ANNIHILATOR war manchmal schon etwas verrückt! Auf den ersten drei Alben jeweils verschiedene Sänger, danach hat Jeff selbst gesungen, dann wieder Randy Rampage, danach Joe Comeau, und seit 2003 ich. Jeff Waters war die einzige Konstante! Mittlerweile bin ich ja schon fast ein Veteran!
„Army Of One“ ist nicht nur ein verdammt geiler Song mit Steve „Lips“ Kudlow von ANVIL als Gast, sondern auch noch ein tolles Statement, die oldschool Metal Bands stehen vereint zusammen!
Ähm, also viele der Gruppen sind die Lieblingsbands von Jeff! Viele von ihnen hat er als Kid gehört, als alles begann. Alle diese großen Bands entstanden vor oder im gleichen Zeitraum von ANNIHILATOR, und all diese großartigen, alten Gruppen sind noch immer präsent und rocken! Wir hätten noch gerne mehr Bands aufgezählt, aber es gab nicht mehr Platz für Worte in diesem Song, haha! Diese starken Gruppen haben auch Jeff definitiv beeinflusst.
Wie bspw. JUDAS PRIEST!
Ja genau, JUDAS PRIEST waren immer eine der Lieblingsbands von Jeff, ganz klarer Fall! Schau dir all die alten Metalbands an, sie sind immer noch aktiv. Die Stile haben sich geändert, Trends kommen und gehen, aber die alte Garde ist noch immer stark!
Und da gehören ANNIHILATOR ja definitiv mit dazu!
Richtig! ANNIHILATOR sind eine verdammt alte Band, hahaha! Irgendwie verkörpert dieser Song auch die Idee hinter „Metal“! Die wahre Metalszene ist heute kleiner als in den Achtzigern, und die Bands sollten einander helfen und unterstützen.
Und welchen Song auf dem neuen Album magst du am meisten?
Oh, die Frage ist recht schwierig. Ich denke, mein Lieblingssong ist „Haunted“, da es sich hierbei um das intensivste und vielleicht auf vielseitigste Stück auf dem Album handelt. Wir hatten auch versucht, es Live zu spielen, aber es hat leider nicht geklappt, da wir hierfür zu viel Zeit zum Proben benötigt hätten, es ist ein schwierige zu spielendes und zu singendes Stück. Der Song hat viele Wechsel, zeigt viele Facetten von ANNIHILATOR, coole Soli, kranke Riffs und abgefahrenes Schlagzeugspiel, es ist auch gleichzeitig einer der härtesten Songs auf „Metal“.
Ja, „Haunted“ ist wirklich klasse, gerade der IRON MAIDEN ähnliche Part gefällt mir sehr gut!
Du meinst nach dem Solo? Ja das stimmt, die Stelle hat schon was von IRON MAIDEN, und klar, sie waren immer ein wichtiger Einfluss für Jeff.
Wo wir gerade noch bei den Einflüssen sind, bei „Detonation“ schimmert ein wenig BLACK SABBATH durch!
Das ist richtig, wobei natürlich keineswegs richtig abgekupfert wurde, aber eine gewisse Ähnlichkeit ist schon vorhanden!
Euer Set heute Abend begann ja mit „Operation Annihilation“, auf welchem Jeff mal wieder selbst singt.
Ja, das ist ein wütender Song von Jeff, in welchem er ein wenig mit den Schattenseiten des Business aufräumt. Ein guter Einstieg für ein Metalkonzert, wie ich finde.
Wie läuft denn die Tour mit TRIVIUM bisher? Was kannst du uns über die Reaktionen der TRIVIUM-Fans berichten und wie versteht ihr euch mit den Jungs?
Bisher lief es wirklich gut für uns, die Fans waren immer unglaublich, wir hatten immer eine Menge Spaß! Die Reaktionen waren immer positiv! Die Jungs von TRIVIUM, als auch von SANCTITY und der Crew sind sehr cool zu uns, alle behandeln sich mit viel Respekt. Vor allem die Shows im UK waren verrückt, da TRIVIUM dort drüben ganz groß sind, das waren dann richtig große Auftritte von einer hohen Anzahl an Fans, es war unglaublich! Natürlich kannten uns die meisten Leute nicht, aber ich denke, wir konnten schon einige neue Fans dazu gewinnen.
Hier sind die Hallen zwar nicht ganz so voll, aber es läuft trotzdem wirklich cool! Die Jungs von TRIVIUM sind auch wirklich sehr nett, wir haben schon ein wenig zusammen gejammt, haben uns gegenseitig einige Sachen gezeigt. Wir alle mögen die gleiche Musik, wodurch es natürlich auch einfach ist, zusammen abzuhängen. Gleiches gilt für SANCTITY!
Wenn du zurückschaust auf „Schizo Deluxe“, bist du noch voll zufrieden mit der Platte oder würdest du im Nachhinein gerne etwas ändern?
Nein, ändern würde ich daran nichts wollen! „Schizo Deluxe“ war für uns ein sehr massives Album, wir sind damit immer noch sehr glücklich, bei den Aufnahmen damals lief alles recht einfach, es sind darauf richtig gute Songs enthalten. Ja, ich halte das Album für sehr gut und höre es mir auch immer wieder mal gerne an! „Metal“ war eine etwas schwerere Geburt, mit all den verschiedenen Gästen usw., aber der Aufwand hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Über all die Jahre gab es bei ANNIHILATOR schon einige Veränderungen in der Musik, im Sound als auch natürlich im Line-Up, wobei die Basis, die Trademarks immer beibehalten wurden. Würdest du mir zustimmen, dass Jeff jemand ist, der immer wieder nach Weiterentwicklung strebt?
Natürlich! Er versucht immer, den Sound und andere Dinge voranzubringen, zu verbessern, neues auszuprobieren, um die Musik interessant zu gestalten. Andererseits bleibt Jeff sich selbst und dem originalen, traditionellen ANNIHILATOR Sound immer treu. Er versucht also immer beides miteinander zu kombinieren.
Und wie würdest du die Person Jeff Waters beschreiben?
Oh nein! Das ist eine verdammt gemeine Frage! Du willst wohl, dass ich Ärger bekomme, hahaha! Jeff ist sehr professionell, wenn er es sein muß, andererseits ist er einfach der verrückte Kumpel, wenn wir auf Tour sind, macht viele Späße und albert herum. Gerade auf dieser Tour haben wir zusammen verdammt viel zu lachen! Aber er achtet auch darauf, dass alles vor der Show bereit ist. Wir versuchen, so viel Spaß wie möglich zu haben, was bedeutet, dass Schlaf momentan sehr kostbar ist, haha!
Inzwischen bist du ja schon seit drei Alben bei ANNIHILATOR. Wie würdest du dein Verhältnis zu Jeff beschreiben? Bitte erzähle uns auch ein wenig über deinen Einstieg!
Ich spielte mit einem Kumpel zusammen in dessen zu Hause, als mir ein Freund meiner alten Band erzählte, das Jeff Waters gerade nach einem neuen Sänger für ANNIHILATOR sucht. Er gab mir einfach die Telefonnummer von Jeff, ich rief ihn an und erzählte ihm, dass ich bereits in einigen Bands zuvor gesungen hatte. Ich hatte damals wirklich große Geldschwierigkeiten, hatte keine einzige Gitarre mehr und dachte einfach „Hey, versuch es doch einfach, vielleicht hast du eine Chance!“. Also ging ich zum Vorsingen, und einige Wochen später war ich auf Festivaltour in Europa mit ANNIHILATOR! So einfach kann das manchmal passieren. Ich und Jeff sind mittlerweile wirklich gute Freunde.
Du benutzt ja Mikrophone und Systeme von Shure. Was denkst du ist das besondere an Shure?
Nun, Shure sind ja wirklich eine Standardmarke, und das schon seit verdammt vielen Jahren, vor allem, wenn es um Live-Geschichten geht! Guter Sound, hervorragende Qualität, sehr robust in nahezu jeder Lebenslage. Fast jeder benutzt etwas von Shure, ich würde diese Marke auch verwenden, wenn wir keinen Endorsement-Deal hätten! Und das tue ich schon eine sehr lange Zeit.
Außerdem spielst du Live eine Gibson Explorer!
Ja, wir haben dieses Jahr einen neuen Endorsement-Deal mit Gibson abgeschlossen! Gibson ist auf jeden Fall eine meine bevorzugten Marken, und gerade die Explorer mag ich wirklich sehr, diese Form ist einfach klasse! Ich liebe diese Gitarren! Und wer würde sich schon beklagen, einen Endorsement-Deal mit Gibson zu haben? Daneben mag ich auch die Gitarren von ESP!
Wann hast du angefangen, professionell zu singen?
Professionell? Das war mit ANNIHILATOR, also vor vier Jahren! Davor sang ich Background in meinen früheren Bands, und ich war auch Gast in der einen oder anderen Karaoke-Bar, hahaha, aber professioneller Leadsänger bin ich erst seit ANNIHILATOR.
Hast du irgendwelche Tipps für junge Gitarrenschüler?
Üben, üben, üben, üben und nochmals üben! Und Geduld haben, viel Geduld! Wenn du richtig gut werden möchtest, passiert das nicht einfach in einer magischen Nacht, das ist ein langer und harter Weg! Du musst an kleinen, lästigen und dumm erscheinenden Sachen immer wieder arbeiten, aber wenn man diese Dinge immer wieder macht, wird man immer besser und sehr schnell.
Ich musste auch nochmals von Vorne anfangen, und viele Dinge lernen, die nicht gerade viel Spaß machen, da Jeff viele verrückte Sachen spielt. Dadurch hat sich mein Gitarrenspiel entschieden verbessert. Die Grundlagen sind das wichtigste! Wenn du die Grundlagen nicht beherrschst, kannst du nicht richtig spielen, das gilt bspw. auch für Schlagzeuger. Wenn du keinen einfachen AC/DC Beat spielen kannst, kann dir auch der ganze Grindcore der Welt nicht weiterhelfen! Daher nochmals: üben, üben, üben!
Vielen Dank für das Interview!
Vielen Dank und einen schönen Abend noch!