Angantyr
Angantyr

Interview

Ohne großes Brimborium haben ANGANTYR dieser Tage ihr zweites Album „Hævn“ veröffentlicht. Ein überraschend reifes Black-Metal-Album mit eigenem Charme, das das Rohe nordischen Black Metals mit der Melodie skandinavischen Folks verbindet, ohne dabei im entferntesten kitschig zu wirken. ANGANTYR, beziehungsweise sein alleiniger Protagonist Ynleborgaz, befindet sich auf dem aufsteigenden Ast der Black-Metal-Szene und hat sich mittlerweile zum ernst zu nehmendsten dänischen Export dieser Musikrichtung gemacht. Das ist eine imposante Entwicklung, über die es einiges zu sagen gibt.

Soweit ich mich erinnere, war ANGANTYR der Name eines der ersten dänischen Könige. Welche Verbindung hast du zu diesem Mann, was ist Besonderes an ihm?

Als die ersten italienischen Bischöfe und holländischen Apostel das erste Mal probierten, Dänemark zu christianisieren, wollte Er davon nichts hören schmiss sie aus dem Land. Er hat außerdem das dänische Kriegswesen revolutioniert, indem er das „fylking“ erfand und seinen Truppen Kampfformationen beibrachte.

Zu deinem Pseudonym konnte ich leider keine Informationen entdecken…

Es hat eine sehr persönliche Bedeutung für mich. Diejenigen, die mit gut kennen sind sich dessen bewusst, was es bedeutet.

Du spielst alle Instrumente selbst, zumindest auf den Aufnahmen. Wann und wie hast du das gelernt? War da Unterricht im Spiel?

Ich habe Klavierstunden bekommen, als ich jung war. Das hat mir eine gute Grundlage gegeben, auf der ich mir die anderen Instrumente selbst beibringen konnte.

Ich habe mich gefragt, warum ANGANTYR nicht als Band angefangen haben zu spielen. Welche Gründe gab es dafür? Konntest du einfach nicht genug Musiker finden, waren sie nicht gut genug, oder möchtest du einfach immer alle Fäden in der Hand halten?

In den frühen Tagen von TÅGEFOLKET war ich ziemlich kreativ und hatte eine Menge Zeit. So habe ich die Kompositionen, die nicht zu TÅGEFOLKET passten, für das Projekt, das heute als ANGANTYR bekannt ist, benutzt. Es ist schon richtig, dass es damals nicht besonders viele ähnlich gesinnte Musiker in meiner Gegend gab, also war ich gezwungen alles alleine zu machen.

Dänemark ist ein Teil von Skandinavien, der durchaus für einige Black-Metal-Musiker berühmt geworden ist – trotzdem ist Dänemark niemals so bekannt dafür geworden wie beispielsweise Norwegen, führende Black-Metal-Bands hervorzubringen. Warum das? Gibt es dänische Black-Metal-Bands, die dich maßgeblich beeinflusst haben?

Hmmm. Den Grund kenne ich nicht. Vielleicht ist uns Dänen einfach generell kein Bedürfnis eigen, außerhalb unserer Grenzen besonders bekannt zu werden, hehehe. Ich weiß nicht ob sie mich direkt beeinflusst haben, aber ich habe damals wirklich gerne SOLHVERV, SKJOLD, VIGRID und DENIAL OF GOD gehört.

Und von den dänischen abgesehen, welche Bands haben dich zum Black Metal gebracht?

KING DIAMOND ist dafür verantwortlich, mich zum Metal gebracht zu haben, und außerdem kann ich die Tatsache nicht verleugnen, dass ULVERs „Nattens Madrigal“ meine Art des Gitarrenriff-Komponierens beeinflusst hat.

Deine Biografie sagt uns, du habest 1997 damit begonnen, Ambientmusik zu spielen, bevor du zum Black Metal umgeschwenkt bist. Ist irgendetwas von dieser Musik je veröffentlicht worden?

Piano und Keyboard sind immer meine Hauptinstrumente gewesen, so habe ich eben früher meine Musik komponiert. Der erste Ambientsong, den ich je aufgenommen haben, ist auf „Kampen Fortsætter” veröffentlicht worden und heißt “Stilhedens Larm”.

Du hast zwei Demos und ein Album in ziemlicher Undergroundauflage veröffentlicht. „Sejr“, das zweite Album, ist die erste Veröffentlichung gewesen, die breiter gefächerte Aufmerksamkeit bekam. Wie kamst du damals zu deinen Labels Total Holocaust Records und Northern Silence Productions? Wolltest du dringend ein größeres Publikum ansprechen?

Nein. Das war niemals mein Plan mit ANGANTYR. Ich habe nie irgendwelche Labels kontaktiert, und stellte mir vor, alles selbst zu veröffentlichen. Als dann das Angebot kam, dachte ich mir, dass eine Zusage meine Arbeitsbelastung doch arg zurückschrauben würde. Das tat es tatsächlich, und das gab mir die Möglichkeit, meine Fähigkeiten an allen Fronten zu verbessern.

ANGANTYR haben schon mit einigen Labels zusammengearbeitet. Welche Kriterien sind für dich bei der Auswahl eines Labels wichtig? Was muss ein Label erfüllen? Hast du jemals darüber nachgedacht, zu einem noch größeren Label als deinem aktuellen, Det Germanske Folket, zu wechseln?

Es ist sehr wichtig, dass ich die Entscheidungen treffe, und dass das Label nichts ohne mein Wissen tut. Nein, ich habe nie darüber nachgedacht, zu einem größeren Label zu gehen. Warum sollte ich das tun? DGF ist perfekt für ANGANTYR, die Leute dahinter sind absolut klasse. Sie haben sich irgendwann bei mir gemeldet, nachdem „Sejr“ bei BBSA herauskam, und schickten mir einige Promos ihrer Veröffentlichungen. Ich fand ihre Arbeit toll und sagte zu, mit ihnen zusammen zu arbeiten.

Neben ANGANTYR und MAKE A CHANGE… KILL YOURSELF hast du außerdem noch dein Projekt TÅGEFOLKET, du spielst Schlagzeug bei HOLMGANG und Livekeyboards für ZAHRIM. Wie zur Hölle kriegt man das unter einen Hut, vor allem, bei all diesen Bands die Individualität jeder einzelnen zu bewahren? Was unterscheidet für dich alle diese Projekte?

Zunächst: ich spiele nur Sessionkeyboards auf den Aufnahmen von ZAHRIM, und einmal live Schlagzeug, das kostete also nicht besonders viel Zeit.

TÅGEFOLKET gibt es eigentlich schon seit vielen Jahren nicht mehr. Die beiden Songs auf der 7“ habe ich 1998 geschrieben.

MAKE A CHANGE… KILL YOURSELF ist eine sehr langsame, depressive Plattform, auf der die Geschichten von Nattetale, einem Freund von mir, ausgebreitet werden.

ANGANTYR beruht auf semifiktionalen Geschichten aus den alten skandinavischen Tagen, als die Plage des Christentums auf unser Land übergriff, präsentiert auf einer Basis von roher, melodischer Black-Metal-Musik.

HOLMGANG ist eher intensiver Viking/Black Metal mit Geschichten als alten nordischen Mythen und Legenden.

Es hat neun Jahre gedauert, bis du das erste Mal mit ANGANTYR live gespielt hast. Warum das, und aus welchen Personen besteht dein Line Up? Wie fühlte sich das an, diese Songs das erste Mal live zu spielen, was ist wichtig für dich?

Wie ich schon sagte, es gab hier nicht besonders viele Leute, mit denen ich Musik machte konnte, und diejenigen, die ich 2001 als Livemusiker getestet habe, hatten einfach nicht das Zeug dafür. So vergaß ich die Idee zunächst, mit ANGANTYR live zu spielen, und konzentrierte mich auf Gigs mit HOLMGANG.
2006 kam die Frage wieder auf, und ich kam mit drei Kameraden zusammen, die einfach fähig dazu waren mit ANGANTYR live zu spielen.
Das Wichtige an Konzerten ist für mich die Verbindung zwischen Publikum und Band während einer Show.

Welche Bands sind dir heute in der dänischen Szene und generell wichtig?

Von den aktiven dänischen Bands AD NOCTUM, BLODARV, BLODFEST, DENIAL OF GOD, SADOMATOR, STRYCHNOS, VARDLOKKUR und WOLFSLAIR.
Ich weiß momentan wirklich nicht, wo die Szene außerhalb von Dänemark steht. Ich höre mir einfach an, was mir gefällt, und davon gibt es zu viel, um es hier aufzuzählen.

Du hast mir einmal von Freunden von dir, der Band DOMGÅRD, erzählt, die eine Gefängnisstrafe für das Anzünden einer schwedischen Kirche 2002 bekamen. Wie ist deine Meinung zu diesen Zeichen offener Aggression? Welche Rolle spielt für dich Aggression im Black Metal? Muss Black Metal physisch aggressiv sein? Ich hatte von dir eher den Eindruck eines sehr intelligenten und höflichen Mannes, der Aggression nicht nötig hat…

Das stimmt schon, ich fühle nicht den Drang, aggressiv zu sein, aber ich bin immer noch sehr sauer darüber, wie das Christentum so viele Pfade eines so alten Weges hier in Dänemark ausgelöscht hat. Es ist schwer geworden, unsere Wurzeln und unser Erbe noch zu erkennen und zu verstehen, worum es damals ging.
Also sage ich mir und anderen: tun wir ihnen an, was sie den Heiden damals angetan haben! Blod For Blod Liv For Liv!

Was unterscheidet “Hævn“ von seinen Vorgängern?

Ich denke nicht, dass es so anders als „Sejr“ ist, es ist eine Weiterführung dieser Geschichte, und musikalisch ist es auch eine natürliche Entwicklung dieser Kompositionen.

Für mich ist das Album epischer und in einer subtileren Weise melodisch, dabei etwas weniger roh als „Sejr“ beispielsweise. War das dein Ziel, oder gibst du gar nichts darauf, was „Fans“ von dir erwarten?

Ich kümmere mich nicht darum, was irgendjemand von mir erwartet. Ich reagiere nur auf die Inspiration, die mich trifft. Übrigens habe ich neues Equipment bekommen, das ist der Grund für die Veränderungen im Sound.

Auf dem Album hört man ein echtes Cello, was ja im Black Metal nicht gerade der Normalfall ist. Das klingt für mich manchmal direkt ein wenig nach Folk (GARMANA zum Beispiel). Warum hast du dieses Instrument benutzt?

Ich wollte nicht schon wieder eine Violine benutzen, und ich hatte den Eindruck, die Parts, die ich für Streicher geschrieben hatte, würden wohl von einem Cello gespielt am besten klingen.

Du hast das Album auch wieder selbst produziert. Bist du zufrieden damit? Warum lässt du auch hier niemand anderen die Arbeit machen?

Ich habe eben immer mit ANGANTYR alles alleine gemacht, und ich sehe keinen Grund, andere Leute mit einzubeziehen. Ich weiß, wie ANGANTYR klingen soll.

Haben auch deine Livemusiker keine Möglichkeit, zu Alben beizutragen? Wird sich das in der Zukunft vielleicht ändern?

Die Livemusiker hatten mit “Hævn” nichts zu tun, aber wer weiß, hehe… vielleicht werden sie ja künftig etwas zu sagen haben.

Deine Texte sind vollständig in Dänisch geschrieben, soweit ich das beurteilen kann. Die Titel klingen recht mystisch und ein wenig kriegerisch („Blod For Blod Liv For Liv“). Möchtest du ihren Inhalt erläutern?

Semifiktionale Erzählungen aus der altskandinavischen Geschichte, gesehen vom Standpunkt der Heiden aus. Ihr Kampf ums Überleben, ihr Krieg gegen das Christentum und ihre Einsichten in die alten Mysterien der Runen.

Wo wir schon bei Runen sind… Du hast die Tiwaz-/Tyr-Rune im Booklet benutzt. Einige extreme (und meiner Ansicht nach eindimensional denkende) Linksradikale würden dich alleine dafür vermutlich verurteilen wollen. Ich glaube trotzdem, dass das für dich einen tiefen Sinn hat. Welchen?

Diese eine Rune spielt eine besondere Rolle in der Erzählung. Sie wird dem Hauptcharakter als eine Art Schmuck oder Juwel gegeben, um ihn zur Namensgebung seines mystischen Schwertes zu inspirieren, das ihm von den Menschen der nordischen Wälder gegeben wurde. Das Schwert wird in der weiteren Geschichte sehr berühmt werden.

Du wirst sicher gehört haben, dass wir in Deutschland große Probleme mit NSBM und rechtsextremen Einflüssen im Black Metal haben. Das geht weit über jeden heidnischen Glauben und Antichristentum hinaus, die meiner Ansicht nach noch basaler Inhalt des Black Metal sind. Auch ANGANTYR und du als Person sind in diesem Kontext angegriffen worden. Deine Meinung zu diesem Problem?

Ich finde es lächerlich, wie viele Vorkehrungen man treffen muss um zu vermeiden, diesen „Stempel“ zu kriegen. Die Leute, die mich anklagen, ein „Nazi“ zu sein sollten sich mal in ihre Geschichte, Religion, Mythologie und andere Grundlagen einlesen, anstatt mich mit ihren ignoranten Beschuldigungen anzugreifen. Ach ja, und sie sollten Dänisch lernen, damit sie meine Texte verstehen können, anstatt mich danach zu beurteilen, was sie sich VORSTELLEN, worum es in meinen Texten geht.

Vermutlich könnte ANGANTYR, mit dem vorhandenen Potential, eine sehr geschätzte Band werden, die durchaus viel erfolgreicher sein könnte, als sie es jetzt ist. Hast du daran irgendein Interesse? Teilst du deinen Projekten so etwas wie Prioritäten zu?

Ich geben allen meinen musikalischen Aktivitäten die Zeit und die Energie, die sie brauchen. Ich würde auch nie ein Projekt aufgeben. Die Geschichten hören niemals auf. Es gibt immer noch etwas zu erzählen.

Du hast mir erzählt, du würdest das neue Album von MAKE A CHANGE… KILL YOURSELF zusammen mit ANGANTYR aufnehmen. Hat das funktioniert, und was kannst du über das Album erzählen?

Ja, ich habe beide Alben gleichzeitig aufgenommen, und das war verdammt harte Arbeit. Ich habe drei Songs für MAKE A CHANGE… KILL YOURSELF aufgenommen, zwei für das Album und einen für eine Compilation. Dieses Mal habe ich keine weiblichen Vocals benutzt, das Album ist viel düsterer und depressiver als das erste.

Ich finde dieser Pro-Suicide-Bands immer ein wenig seltsam und ambivalent… sie propagieren alle den Selbstmord, aber führen ihn nie selbst durch. Nicht einmal Kvarforth. Warum nicht?

Ich habe keine Ahnung! Vielleicht benutzen sie die Musik als eine Form der Therapie oder um sich selbst davon abzuhalten, Selbstmord zu begehen. Ich benutze die Musik zum Beispiel, um die dunklen Seiten meiner Psyche zu erforschen und die Kontrolle über mich zu behalten, und auch, um jeden Aspekt meines Geistes zu verstehen.

Deine Meinung zu Freundschaft? Hast du viel Kontakt zu Leuten aus der Musikszene?

Freundschaft kann etwas sehr Starkes sein, ohne das das Leben sehr schwer werden kann. Ich habe über die Jahre viele Kontakte gesammelt, die meisten von ihnen haben einen Bezug zur Musik.

Ich hoffe, das Interview hat dir ein wenig gefallen, vielen Dank. Bitte schließe doch mit einem Zitat aus der dänischen Literatur (bitte übersetzt!) deiner Wahl. Prost.

Natürlich habe ich das. Vielen Dank für dein Interesse und die Unterstützung.

“Remember, before life was death. Before light was darkness. Remember that the living has come from the dead, and without death there would be no real life. Only because we see death in front of us, can we live and listen to the voice within us. Look death in the eyes and be alive every moment you breathe.”

Geschrieben von Preben Mørkbak im Buch ”Erik den røde 1: skibet og sværdet”.

30.04.2007
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