Anathema
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Interview

Über fünf Jahre war plattentechnisch bei ANATHEMA Funkstille, von einer Single einmal abgesehen. Eine harte Hungerperiode für die Fans. Mit "Hindsight" hat das Hungern nun ein Ende: Das Semi-Akustik-Album ist mittlerweile draußen, "Horizons", das neue Studio-Album der Band, steht schon in den Startlöchern. Was ANATHEMA in den fünf Jahren gemacht haben; was sie davon halten, wenn ich an "Hindsight" etwas auszusetzen habe; was mit "Horizons" auf die Fans zukommt und ob wir hoffen dürfen, sie live in Deutschland zu sehen – das alles erzählt Euch Danny Canavagh hier bei uns.

AnathemaHi Danny! Erst mal Glückwünsch zu „Hindsight“, das meiner Meinung nach wirklich ziemlich gut geworden ist. Ich erspar Dir die dumme Frage nach der Bandgeschichte – die kann eh auf etlichen Websites nachgelesen werden.
Also können wir auch gleich über „Hindsight“ sprechen. Bist Du zufrieden mit allem, nun da das Album in trockenen Tüchern ist?

Ich denke, das Album ist ziemlich gut geworden. Es gibt nur wenige Dinge, die ich im Nachhinein ändern würde. Es war recht einfach und hat Spaß gemacht, obwohl es wirklich eine Weile gedauert hat. Es war eine gute Forschung, wie so ein Album ganz ohne einen anderen Produzenten aufgenommen wird. Nur mit unserer eigenen Ausrüstung. Zudem haben wir es wirklich 100% selbst zusammengesetzt – auch das Artwork. Ich denke, die Atmosphäre spricht für sich.

Da „Hindsight“ noch nicht draußen ist [Die Fragen wurden einige Wochen vor Release verschickt – Anm. d. Red.], ist die Frage vielleicht etwas schwierig. Nichtsdestotrotz: Wie waren die ersten Reaktionen? Vielleicht von Freunden oder auch der Presse.

Die Reaktionen waren wirklich sehr positiv. Die Fans scheinen die CD zu lieben und die Leute schätzen es sehr, dass wir uns dafür Zeit genommen haben, dass wir da Kraft hineingesteckt haben. Die Verkaufszahlen sollen auch recht gesund sein, was ich so gehört habe.

Mit „Hindsight“ habt Ihr etwas gemacht, das Ihr noch nie zuvor getan habt: ein Semi-Akustik-Album. Habt Ihr darüber schon länger nachgedacht, oder ist diese Idee erst vor kurzem entstanden? Ich meine, es scheint ganz natürlich, Eure Songs in diesen Versionen zu hören; es passt einfach. Zudem ward Ihr ja schon mit dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra auf Tour.

Wir hatten die Idee tatsächlich schon vor einigen Jahren. Nun war die Zeit, sie auch umzusetzen, da. Es ist nicht schwer, die Songs in diesen Arrangements, oder auch in anderen, falls nötig, umzusetzen. Jetzt haben wir diese Akustiksache abgedeckt, nun können wir weitermachen.

Habt ihr nicht auch die Sorge, dass einige der Songs an Kraft verlieren? Ich meine, die Balladen sind dafür ja geradezu prädestiniert, aber einige schnellere Songs, wie „Fragile Dreams“, passen da vielleicht nicht allzu gut.

Ich glaube, dass die Bedeutung der Songs selbst klarer zum Vorschein kommt, wenn die Musik auf das Wesentliche reduziert ist. Die Lyrics schimmern auf eine persönlichere Art und Weise durch. Bei mir hat sich bislang niemand über die Art und Weise, wie die Songs hier präsentiert werden, beschwert. Ich denke, die Leute bewundern, dass wir auf diese Art an unsere Musik herangehen können.

Nun ein bisschen persönliche Kritik: Im Refrain von „A Natural Disaster“ (auf der „Hindsight“), ist ein Frau-Mann-Wechselgesang, wobei der männliche Part eher ein seltsam verzerrtes Flüstern ist. Ich meine, ich mag’s wirklich, wie Lees Stimme in den Strophen zur Geltung kommt – aber der Refrain passt einfach überhaupt nicht. Warum habt Ihr Euch entschieden, das so umzusetzen?

Das ist einfach etwas, das so passiert ist und ich finde das auch ok. Es gibt viele Entscheidungen, die bei so einer Aufnahme gefällt werden. Einige davon werden recht rasch gefällt – so auch diese. Für mich funktioniert das so schon, es ist keines der wichtigen Details und führt mit Sicherheit nicht von dem Song an sich weg.

Euer letztes Album „A Natural Disaster“ ist 2003 erschienen. Es hat also fünf Jahre gebraucht, bis ihr etwas neues veröffentlicht habe. Es gibt schon Gerüchte, dass ihr vor einer Auflösung stündet, was natürlich, wie wir jetzt sehen können, nicht stimmt. Was habt Ihr mit der Zeit wirklich angefangen?

Touren, uns als Menschen und als Band weiterentwickeln, Musikschreiben und eine Menge anderer guter Sachen!

Wo wir beim Thema Gerüchte sind: einige Leute (überwiegend im Internet, natürlich) haben behauptet, dass viele Labels, darunter auch Majors wie Nuclear Blast, Interesse daran gezeigt haben, mit Euch zu arbeiten – ihr allerdings habt einen Vertrag bei allen abgelehnt. Wenn das stimmt, was war dann Euer Antrieb dazu? Wenn es nur ein Gerücht ist, wie denkst Du, sind die Gerüchte zustande gekommen?

Letztlich haben wir beschlossen, dass es das beste ist, wenn wir das Album aufnehmen, BEVOR wir einen Vertrag irgendwo unterschreiben. Aus einer ganzen Menge Gründe bringt uns das in eine bessere Position, nicht zuletzt da es uns mehr Macht und Einfluss auf unsere eigene Karriere ermöglicht. Das ist es, was wir momentan tun; und „Hindsight“ hat uns geholfen, dass wir es finanzieren können.

„Hindsight“ wird via Kscope Music erscheinen. Kannst Du uns ein paar Infos über das Label geben?

Auf der Webseite (www.kscopemusic.com) findest Du alles, was Du wissen musst.

Ist Kscope jetzt Euer neues Label über das auch „Horizons““ erscheinen wird, oder war die Zusammenarbeit nur eine Ausnahme und ihr bleibt independent?

Diese Entscheidung werden wir nicht fällen, bevor die nächste Aufnahme ganz abgeschlossen ist.

Zurück zu „Hindsight“: Erzähl uns bitte ein wenig von Deinen persönlichen Gefühlen und Assoziationen zu der CD. Was für eine Bedeutung hat „Hindsight“ für Dich?

Das Album ist sehr atmosphärisch und hat viele einzigartige, herrliche Momente. Das ist auch alles, was ich dazu sagen kann. Ich bin mittlerweile ziemlich konzentriert auf das nächste Album, auf die neuen Songs… und diese Songs, die kommen von woanders und bedeuten mir jetzt einfach mehr…

Du hast „A Natural Disaster“ im Alleingang komponiert, nicht? Wer hat die Songs für „Hindsight“ umgeschrieben? Auch Du?

Den Großteil der Arrangements auf „Hindsight“ habe ich geschaffen, aber das neue Album ist eine gemeinsame Leistung.

Nun mal zum Schreibprozess ganz allgemein: Wie entsteht ein ANATHEMA-Song, wie entwickelt er sich?

Die Idee entsteht meistens durch mich oder John. Eventuell wird diese Idee dann zu etwas, wenn wir Vincent da erst mal involviert haben. Wenn das soweit ist, werden die Songstrukturen dem Rest der Band vorgestellt und weiterentwickelt.

Seit Darren die Band verlassen hat, ist Dein Bruder Vincent für den Gesang verantwortlich. Auf „A Natural Disaster“ hast Du ebenfalls hinterm Mikro gestanden („Are You There“, „Electricity“…). Wie wird sich das zukünftig entwickeln? Wird Vincent immer noch den Großteil der Vocals übernehmen, oder gleicht sich das an?

Wir haben mit Lee Douglas insgesamt drei Sänger in der Band und hoffen den vollen Umfang der Stimmfähigkeiten eines jeden einzelnen nutzen zu können.

In einigen Eurer Songs ertönt die wunderbare Stimme Eurer Sängerin Lee Douglas. Über sie hätte ich gerne einige weitere Informationen. Inwiefern gehört sie zur Band fest dazu, da sie ja nur in einigen Songs vertreten ist? In welchen weiteren Bands singt sie?

Lee ist die Schwester von unserem Drummer und eine geborene Sängerin. Zudem ist sie ein guter Freund von uns. Sie um uns zu haben, das tut der ganzen Band wirklich gut und bringt zudem einen femininen Einfluss in unsere Arbeit, was eine gute Sache ist. Das macht die Musik variabler. [Lee Douglas singt oder sang auch bei THE TULIPS, SALOWENA’S MERMAID und BINYUN PREYLENE. Diese Frage hat Danny wohl übersehen. – Anm. d. Red.]

Die neuen Songs vom kommenden Album, die man auf eurer Webseite hören kann, lassen annehmen, dass Ihr in Zukunft noch stärker auf die weiblichen Vocals setzen werdet. Stimmt das, oder ist das eine falsche Annahme?

Ja, das stimmt.

Euer neues Album wird „Horizons“ heißen. Kannst Du uns die neusten Infos darüber geben? Wie weit seid ihr mit der Arbeit daran und was erwartet die Fans?

Die Fans können sich auf etwas großes, ausladendes mit vielen Facetten, viel Leidenschaft und Intensität freuen.

Ich nehme an, dass ihr mit „Horizons“ auf Promotour gehen werdet. Besteht Hoffnung, Euch in Deutschland zu sehen?

Ja! Auf unserer „Hindsight“-Tour sind viele Konzerte in Deutschland geplant, auch im nächsten Jahr wollen wir häufiger in Deutschland auftreten.

Gibt es ältere Songs, die ihr lieber nicht mehr live spielt? Ich las, dass Ihr „A Dying Wish“ nicht mehr spielen wollt. Warum?

Manchmal spielen wir es gerne, manchmal überhaupt nicht. Wir haben uns einfach nur sehr entwickelt. Es ist nichts ungewöhnliches, dass es Bands so geht.

Da wir grade von älteren Songs sprechen, ist es jetzt Zeit für ein Frage über Eure Geschichte generell. Da Du eines der ANATHEMA-Gründungsmitglieder bist, kannst Du auf über 18 Jahre Bandgeschichte zurückblicken. Jahre, die ereignisreich waren und auch viel Stress mit sich brachten. Euer Line-Up hat sich wieder und wieder verändert, Ihr habt Euer Label verloren… Wie würdest Du die Entwicklung der Band rückblickend bewerten?

Ich ziehe es vor, mich auf das Positive zu konzentrieren. Eine sehr starke Entwicklung von uns hat sich in diesen Jahren vollzogen, wir haben eine Menge dazugelernt. Viele gute Freundschaften und viel gute Musik.
Die schlechten Zeiten sind da, um von ihnen zu lernen. Wenn Du diese Zeiten hinter Dir hast, ist es wichtig, sie ziehen zu lassen…

Scheint so, als wären das jetzt tatsächlich alle meine Fragen. Wenn Du noch irgendetwas loswerden willst, die letzten Worte gehören Dir!

Life is beautiful…

Galerie mit 19 Bildern: Anathema - The Optimist Tour 2017 in Berlin
11.09.2008

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