Anaal Nathrakh
Interview mit Dave Hunt zu "Passion"

Interview

Anaal Nathrakh

ANAAL NATHRAKH, und kein Ende der Extreme: Mit „Passion“ hat das britische Zerstörungskommando erneut ein Album vorgelegt, bei dem einem die Spucke wegbleibt. Dave Hunt stand uns geduldig Rede und Antwort:

Ahoi Dave! Euer neues Album hat mich regelrecht sprachlos gemacht, weil ich mir dachte: „Was soll ich noch zu einer Band schreiben, der es immer wieder gelingt, zu beeindrucken, die nie enttäuscht – und zu der ich womöglich bereits alles gesagt habe, was es zu sagen gibt?“ Ich hab‘ dann doch noch ein paar passende worte gefunden, und für viele Fans ist „Passion“ das beste Album eurer Karriere. Herzlichen Glückwunsch, ihr Dämonen!

Vielen Dank – wenn die Fans das sagen, kann das nur ein gutes Zeichen sein. Wir sind auch sehr glücklich damit, auch wenn dieses Album ein bisschen Zeit braucht, um sich voll zu entfalten. Natürlich war schon stolz auf das Album, als wir endlich damit fertig geworden sind, aber dieser Eindruck hat sich, jetzt wo etwas Zeit vergangen ist, noch verstärkt.

Wenn man sich die Masse der Meinungen unter den Fans anschaut, dann scheint ihr mit jedem Album besser zu werden. Spürt ihr ein gewisses Bedürfnis, euch immer wieder zu übertrumpfen, oder steht jedes Album für sich alleine?

Jedes Album steht für sich alleine. Mick und ich, wir versuchen schon einen gewissen Kontrast zum Vorgängeralbum herzustellen, z. B. war „Constellation“ wesentlich düsterer als „Hell Is Empty“, und „Passion“ ist bewusst emotionaler und intensiver als „Constellation“ geworden. Abgesehen davon aber legen wir uns keine anderen Maßstäbe auf und lassen jedes Album seinen eigenen Weg gehen. Selbstverständlich ändern sich Menschen, wie auch wir, im Laufe der Zeit, und ich denke, es ist ein hoffnungsloses Unterfangen, diese Veränderung irgendwie beeinflussen oder steuern zu wollen. Wir versuchen einfach das zum aktuellen Zeitpunkt Beste aus uns herauszuholen.

Der Titel „Passion“ trägt eine ziemlich schwere Bürde, und zwar die der Klischees. Das italienische „passione“ und auch die deutsche „Leidenschaft“ assoziiert man ja eher mit romantischen Vorstellungen und Tangotanz. wenn ich eine kleine Interpretation wagen darf, dann ist das Album genau das, was ‚passion‘ ausmacht: Das Bedürfnis, den Drang genau das, genau diese Musik zu spielen. Der Song „Drug-Fucking Abomination“ erscheint mir da ikonisch – eine in jeder Hinsicht überwältigende, den Körper atomisierende Brachialorgie die das Hirn zum Schmelzen und das Blut zum Kochen bringt. Was ist für euch ‚passion‘, vor allem vor dem Hintergrund des zersägten Mannes auf dem Cover?

Im Englischen ist es im Prinzip genauso, ‚passion‘ wird von ziemlich weichgespülten Konnotationen begleitet, weil es inflationär gebraucht wird und auch nichts mit dem eigentlichen Sinn dieses Wortes zu tun hat. ‚Passion‘, Leidenschaft frisst dich auf, sie brennt. Leidenschaft heißt nicht vor dem Fernseher zu sitzen oder Eis zu essen, Leidenschaft ist nicht der unbefriedigende Sex mit jemdandem, für den du sowieso kaum etwas Nennenswertes empfindest. Und genau deshalb haben wir uns für diesen Titel entschieden – als ob wir damit ausdrücken wollen: Das ist es, was Leidenschaft, ‚passion‘, für uns bedeutet. Das Wort entstammt ja ursprünglich dem Begriff für das Leiden, und die westliche Gesellschaft hat eine ziemlich verkrüppelte Einstellung zu diesem Thema. Jeder, der Eric Wilsons „Against Happiness“ oder ähnliche Werke gelesen hat, wird verstehen, was ich meine.

Das Coverbild unterstreicht das auf indirekte Weise, aber es verlangt auch das Wissen um das Verderben in konzeptionellem Horror, von dem ein Großteil des Albums handelt. Es ist Micks Interpretation eines Bildes, welches wir auf Tour irgendwo gesehen hatten. Es beeindruckte uns durch seine unverhohlene Grausamkeit und der Tatsache, dass das Opfer bei dieser Prozedur so lange wie nur möglich bei Bewusstsein gehalten wurde. Sowas ist tatsächlich passiert. Micks Interpretation verleugnet den ganzen Kontext, diese ganzen Erklärungen, die Identität – was bleibt, ist pures Leid. Ich denke, dass ist ein sehr starkes Bild.

Nach meinem Empfinden geht es auf dem Album nicht vordergründig um Brutalität oder Geschwindigkeit, der Fokus scheint dieses Mal eher auf den Details, auf einzelnen Momenten zu liegen. Ich habe allerdings auch Meinungen gelesen, in denen „Passion“ tatsächlich als weniger brutal, progressiv und der Sound als „zu clean“ beschrieben wurde. Mit welchem Ziel im Kopf seid ihr an „Passion“ herangetreten?

Nun ja, wir sind ANAAL NATHRAKH, deswegen kann man bei uns immer mit ungebändigter Aggression und Härte rechnen. Aber du hast schon recht, wir hatten dieses Mal auch ein Auge auf einzelne Momente, weil es uns darum ging, ein atmosphärischeres und emotional fokussierteres Album zu schreiben. Aber „zu clean“? Nicht brutal genug? Unsinn. Haben sich die Leute mal „Post Traumatic Stress Euphoria“ angehört?

Ihr werdet ja seit Anfangstagen mit Grindcore assoziiert, obwohl davon eigentlich nicht mehr viel in eurer Musik zu finden ist, gleiches gilt für den Begriff Industrial. Liegt das allein an der unglaublichen Brutalität eures Sounds? 1999 war das noch etwas Unerhörtes, aber dennoch begleiten ANAAL NATHRAKH diese Genrezuordnungen bis heute.

Für mich persönlich sind bei uns schon ein paar Grindcore-typische Riffs und Rhythmusstrukturen zu hören. Wenn du uns z. B. mal mit THORNS oder CLOAK OF ALTERING vergleichst, sind wir deutlich grindlastiger als die. Was die Industrialseite betrifft, liegt das sicherlich an den Sounds und Samples, die wir immer in unsere Musik eingebunden haben; die nicht wirklich Metal waren aber bei denen wir auch nie versucht haben, Industrialmäßig zu klingen. Aber um ehrlich zu sein: Uns interessiert dieses Schubladendenken gar nicht. Uns ist es egal, welche Stempel man unserer Musik und Musik im Allgemeinen aufdrückt. Solche Kategorien sind vielleicht für Journalisten interessant, um etwas Greifbares bei der Beschreibung von Musik zu haben. Uns allein geht es nur um das Kreieren und Erleben.

Deskriptive Begriffe wie „schnell“, „langsam“, „düster“, „fröhlich“ und so weiter, ergeben für mich einen Sinn, aber Genres spielen in unserem Denken keine Rolle. Deshalb hatten damals auch viele Journalisten große Probleme, uns überhaupt einzuordnen und benutzten dementsprechend eine ganze Menge von Begriffen. Man könnte meinen, wir hätten es auf diesen Stilmix bewusst angelegt, doch die Tatsache ist, dass uns das schlicht und ergreifend völlig egal war. Ein Streicherquartett würde z. B. nicht wirklich zu dem passen, was wir mit unserer Musik ausdrücken wollen – aber wenn dem so wäre, würden wir das auch bei uns einsetzen. Wir geben aber einen Scheiß drauf, ob jemand denkt, wir würden einen auf „Grind Barock“ machen, oder so… Uns geht es nur um Atmosphäre, um einen Sound, und das war noch nie anders.

Die einzige Kritik, die ich vorzubringen habe, ist eher eine Beobachtung. Ihr habt nach meinem Gefühl eure Klangwelt ziemlich weit ausgelotet – seid ihr da nicht langsam an einer Grenze angelangt, an der es neue Wege zu beschreiten gilt? Oder anders gefragt: Wir werdet ihr uns in Zukunft zerstören?

Interessante Frage vor dem Hintergrund, dass wir einigen Fans zu „progressiv“ geworden sind… Aber klar, natürlich wollen wir auch in Zukunft nicht auf der Stelle treten und neue Dinge ausprobieren. Wir planen sowas allerdings nicht weit im Voraus, und haben auch noch nicht mit den Arbeiten zu einem neuen Album angefangen, deshalb kann ich dazu auch nichts weiter sagen. Es läuft im Prinzip nur auf Eines hinaus: Wir werden sehen, was passiert.

Mit „Eschaton“ habt ihr den hymnenhaften Gesang in euer Repertoire übernommen, der teilweise die Grenzen zum Power und Heavy Metal touchiert. Das gefällt einigen Metalheads, die eher den extremen Gesang bevorzugen, nicht so sehr. Welchen Eindruck habt ihr, was kommt bei euren Fans eigentlich besser an – die extremen Schreie oder die Höllenoper?

Diese Art von Gesang gab es eigentlich schon wesentlich früher bei uns, nur dass wir ihn bis dahin nicht auf die Alben übernommen hatten, bzw. stand er bei den Vorgängern stark im Hintergrund. Man kann es natürlich nicht allen Leuten recht machen, und unsere Devise lautete schon immer, dass es uns egal ist, was andere Leute denken – wir machen, was wir wollen. Wenn ich von den Meinungen und Reaktionen ausgehe, die ich bisher in direktem Kontakt mit den Leuten erfahren habe, dann scheint dieser Kontrast der Gesangsstile sehr gut anzukommen. Ablehnende Kritik kam eigentlich immer aus dem Internet, wovon man jetzt halten kann, was man will. Wir denken jedenfalls, dass uns das wunderbar steht, und unserer Musik eine starke, differenzierte Note verleiht.
Wenn Leute das ebenso sehen, ist das schön – und wenn nicht, haben die damit ja nicht unrecht, sondern einfach ihren eigenen Geschmack. Das Schöne an den Songs mit diesem Gesang ist auch, dass sie live wunderbar funktionieren, und das deckt sich auch mit meinen persönlichen Erfahrungen, wenn ich Konzerte von anderen Bands besuche. Ich liebe es, wenn DISGORGE oder BRODEQUIN ohne Gnade drauflos holzen, aber wenn ich Festivals besuche, dann sind es vor allem die wagemutigen und experimentierfreudigen Bands, die den Unterschied machen.

Ihr hattet ja schon einige namhafte Gastauftritte, u.a. von Attila Csihar, aber den besten Gastsänger habt ihr euch für „Passion“ aufgehoben: Rainer Landfermann. Meiner Meinung nach gehört er zu den besten Sängern im Extrembereich, die die Welt je gehört hat. Aus Landfermanns Kehle hat man allerdings schon seit Jahren nichts mehr hören können, die beeindruckendste Leistung hat er auf „Dictius Te Necare“ von BETHLEHEM abgeliefert. Wie schwer war es denn, ihn für euer Album zu gewinnen?

Ja, von „Dictius…“ kannten wir ihn auch. Zunächst mussten wir erstmal herausfinden, was er zur Zeit macht. Er spielt in einer Death Metal Band namens PAVOR, also haben wir versucht, über sie irgendwie an ihn ranzukommen. Ich glaube nicht, dass er in naher oder ferner Zukunft vorhat, ein vielbeschäftigter Sänger zu werden, also mussten wir ihm auch beweisen, wie ernst es uns mit ihm war. Auch wenn ich nicht weiß, was er in Zukunft so machen wird, denke ich, dass sein Beitrag bei „Tod huetet Uebel“ ein vergleichsweise seltenes Ereignis war. Als wir ihm dann zeigen konnten, was wir mit dem Song vorhatten, wohin die Reise musikalisch gehen sollte, war er sehr angetan von der Idee und hat einen exzellenten Job abgeliefert. Er hat wirklich viel zu bieten.

…und dann wäre da noch Alan Dubin von KHANATE, noch so eine kranke Stimme. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Wir haben ein paar gemeinsame Bekanntschaften – ich sprach mit einem Freund, der ihn kannte, und fragte, ob er uns mal miteinander bekannt machen könnte. Ich liebe diese kranke, boshafte Atmosphäre von KHANATE. Songs wie „Skin Coat“ sind so bildgewaltig und klaustrophobisch, deshalb waren wir sehr glücklich, als Alan sich einverstanden gezeigt hat. Und wie konnte es auch anders kommen – sobald sein Gesang einsetzt, schwirrt in meinem Kopf nur noch ein Gedanke herum: „evil“. Alan hat ebenfalls beste Arbeit geleistet, sein Gesang passt sehr gut zu uns. Und in beiden Fällen ist es eine große Ehre für mich, dass diese beiden Männer, die ich jahrelang bewundert habe, nun etwas singen, was ich ihnen gegeben habe.

In unserem Interview vor fünf Jahren haben wir über das Internet als nützliches Werkzeug für’s Entdecken neuer Musik gesprochen. Natürlich war damals schon Musikpiraterie ein großes Thema, an dem sich bis heute nichts geändert hat. CD-Verkäufe sind immer noch auf dem absteigenden Ast, während immer mehr Leute Gefallen an Onlineportalen finden, um dort ihre Musik zu kaufen, egal ob nun im Albumformat oder nicht. Wie siehst Du die derzeitige Entwicklung?

Tja, über die Effekte von Musikpiraterie für Bands gibt es eine ganze Menge zu sagen, und größtenteils nichts Gutes, egal was die unsinnigen und teils arroganten Behauptungen vieler Piraterie-Befürworter verlautbaren. Der Aspekt mit dem Entdecken stimmt natürlich. Was das CD-Problem betrifft, so befinden wir uns wahrscheinlich an einem unglücklichen Mittelpunkt der technologischen Entwicklung. Bandbreite und Speichermedien sind an einem Punkt angelangt, an dem das MP3-Format praktisch und effizient ist, auch wenn jeder Musikenthusiast im gleichen Atemzug die schlechtere Qualität bemängeln wird. Auch beim optischen Aspekt einens musikalischen Werks, den Texten und allem, was klassische Tonträger aufzubieten haben, hinken die digitalen Formate noch hinterher.
Das wird sich ändern, wenn wir erstmal in Sachen Bandbreite und Speicherplatz auf einem Level sind, was uns unkomprimierte Audiodaten erlaubt und Benutzeroberflächen bietet, die die angesprochenen Elemente eines Werks angemessen präsentieren können. Das physische Produkt wird vielleicht verschwinden, aber es wird auf jeden Fall neue Möglichkeiten geben, um all die Informationen unterzubringen, die man bei den meisten mp3s heutzutage einfach nicht bekommt. Das digitale Erlebnis würde dadurch enorm aufgewertet. Am Horizont kann man entsprechende Innovationen schon erkennen, sie gehören halt noch nicht zur Norm.

Ich habe ja die Befürchtung, dass die sog. digitale Generation in die eigene Falle tappt – Stichwort Datenverlust. Crashende Festplatten, gestohlene Smartphones, fehlende Backups bei ausgefallenen Cloud-Servern – je mehr Daten wir anhäufen (und dazu gehört ja in zunehmenden Maße auch Musik), umso höher wird das Risiko, dass wir selbige aufgrund simpler wie verheerender technischer Defekte unwiderbringlich verlieren. Etwas überspitzt dargestellt könnte es für zukünftige Archäologen sehr schwierig werden, z.B. Fotografien, Texte oder eben Musik – also kulturelle Zeugnisse vergangener Zeiten – aufzufinden, weil diese Artefakte auf verrotteten, nicht mehr lesbaren Datenträgern schlummern oder schlichtweg im Datennirvana verschwunden sind. vor diesem Problem steht man ja schon seit Jahren, und es wird in Zukunft entschieden größer werden. Ist die digitale Zukunft tatsächlich eine Falle? Ist Kunst, die exklusiv nur in die digitale Welt entlassen wird, nicht von Anfang an „verloren“?

Ich sehe das ein bisschen anders. Ich denke, die digitale Zukunft in Form der „cloud“ wird den Großteil von Kunst und Kultur ausmachen. Physische Produkte wie CDs, Bücher oder Fotos zu besitzen, wird zu einem Nischeninteresse werden, in etwa wie das heute für das Vinylformat zutrifft. Digitaler kultureller ‚content‘ wird immer leichter verfügbar werden, nicht alleine weil er immer in Konkurrenz mit der Piraterie steht. Es wird dazu führen, dass die Menschen individuellen Kunstwerken immer weniger Wert beimessen – denn wenn etwas de facto „kostenlos“ ist und man es innerhalb von Sekunden auf der Festplatte haben kann, ist der wahrgenommene Wert äußerst gering. Erinnerst du dich noch daran, dass dir deine Eltern gesagt haben, dass du dein Taschengeld sparen sollst, wenn du irgendein tolles Spielzeug haben wolltest? In Zukunft gibt es kürzere Aufmerksamkeitsspannen aufgrund der Gewöhnung an sofortige Bedürfnisbefriedigung, mehr Trends, weil die Akzeptanz der Masse und nicht die persönliche Wahrnehmung das Maß für Wertschätzung sind, in Einklang mit der Aktivität in sozialen Netzwerken, die als Maßstab für sozialen Wert betrachtet wird. Die Zukunft ist in meinen Augen ein seelenloser Fall von ADHS.

Stichwort soziale Netzwerke: MySpace stirbt zur Zeit den Gnadentod, Facebook ist das große Ding, Google Plus im Anmarsch, und dann hätten wir noch solche Portale wie Soundcloud und Spotify als viell. größte Feinde des Musikereinkommens. Wie aktiv seid ihr auf dieser Ebene, und was hältst du persönlich von der ganzen Netzwerkerei?

Ich habe eine generelle Abneigung gegenüber diesen sogenannten sozialen Netzwerken, und wie die sich alle im einzelnen bezeichnen. Aber das liegt auch daran, dass ich generell sehr misanthropisch veranlagt bin, nicht nur in der Musik. Aber natürlich haben wir als Band auch entsprechende Profilseiten auf diesen Portalen, die wir auch regelmäßig aktualisieren. Ich poste dort nur Dinge, die ich auch persönlich interessant finde, aber mehr mache ich da nicht. Wir stimmen nicht ein in dieses endlose Geblubber, was ja scheinbar sehr angesagt ist. Ich kommuniziere gerne mit Leuten, wenn sie wirklich einen Standpunkt oder eine Frage haben, egal auf welchem Weg, aber ich unterwerfe mich nicht dieser debilen Mentalität á la wenn es nicht auf Facebook war, ist es nicht passiert. Mick ist da etwas sozialer eingestellt, er benutzt diese Portale auch viel häufiger als ich und gestaltet unsere Bandprofile deshalb auch eher nach seinem Gusto.

Die BBC hat euch eins zur Liveband gemacht, und mittlerweile habt ihr auf einigen großen Bühnen wie dem Hellfest oder dem Summer Breeze gespielt. Wie sieht es aktuell in Sachen Tour aus?

Wir haben vor ein paar Wochen einige Shows gespielt, in der Schweiz und weiter östlich in Europa, in Polen und dann wieder rüber nach Frankreich. Das lief exzellent, manche Gigs natürlich besser als andere, aber speziell Budapest und Paris waren echt gut und schon lange vorher ausverkauft. Diesen Sommer haben wir uns von Festivals ferngehalten, allerdings wird es später dieses Jahr noch Konzerte geben. Es gibt auch schon Verhandlungen mit Veranstaltern in den USA. Es sieht also sehr gut aus, außerdem ist es immer wieder herrlich, wenn sich die Leute zu deiner Musik die Köpfe einschlagen. Danke an alle Fans, die zu unseren Konzerten gekommen sind und kommen werden.

Was wäre dein Traum-Tourpaket, wenn ihr die Möglichkeit hättet?

Da wären KING DIAMOND und WHITEHOUSE dabei, und jede Menge Körperflüssigkeiten. Und vermutlich schweres Gerät.

Welche Projekte habt ihr derzeit noch nebenher laufen?

Mick ist momentan sehr kreativ mit Malerei und Porträts beschäftigt, außerdem ist er noch bei SUFFER WELL in den USA dabei. Ich glaube, er steckt auch gerade in der Vorproduktion von BLEEDING THROUGH, Freunde von ihm. Ich war kürzlich mit BENEDICTION unterwegs, vor einer Woche waren wir in Litauen, wo wir das erste Mal überhaupt gespielt haben und uns die Fans sehr herzlich empfangen haben. Es sind noch weitere Gigs geplant, und dann geht’s hoffentlich Anfang kommenden Jahres ins Studio, um das neue Album aufzunehmen.

Mal eine nicht ganz so ernst gemeinte Frage: Wenn eure Musik als Soundtrack zu einem Film dienen sollte, wie würde der wohl aussehen?

Ich fänd’s großartig, wenn unsere Musik in einem Film von Lars von Trier vorkommen würde, weil die Atmosphäre in seinen Filmen teilweise einfach krank ist, was ich sehr inspirierend finde. Aber ich glaube, das wäre eher cool für mich, als wirklich angebracht für so einen Film. Wenn ich mir unser neues Album anhöre und mir überlege, zu welchem Film das passen würde, dann kommt mir als einziges, was wirklich gewalttätig genug ist, die Horus Heresy Reihe in den Sinn, falls die mal jemand verfilmen sollte. Schwer zu beantworten die Frage, denn auch wenn ich bei visueller Kunst ziemlich abkacke, habe ich ein reiches Vorstellungsvermögen. Der beste Film zu unserer Musik läuft sozusagen ständig in meinem Kopfkino, haha. Irgendein krankhaft brutaler, apokalyptischer Endzeitfilm würde das wahrscheinlich werden.

„Total Fucking Necro“ ist bei euren Fans nach wie vor gefragt, obwohl (oder gerade weil?) es schon ein paar Mal neu aufgelegt wurde. Die neueste Version wurde auf eurem eigenen Label Feto Records verlegt. Kannst du nachvollziehen, warum das Teil so begehrt ist?

Mich überrascht das auch. Ich hatte z. B. noch ein paar Exemplare von der Originalpressung, die ich dann auf ein paar Konzerten an unserem Stand angeboten habe, damit die Leute das für einen günstigen Preis abgreifen können. Da kam dann ein Fan zu mir und meinte, dass ich damit auf eBay locker 50 Pfund rauskriegen könnte. Ich verkaufe sowas dann aber lieber bei unseren Konzerten. Und solange die Leute das kaufen wollen, werden wir das Teil auch neu auflegen. Gerade neue Fans interessieren sich ja immer für das ältere Zeug und sind davon sehr angetan. Kann also nur ein gutes Zeichen sein.

Ihr seid ja jetzt seit mehr als einem Jahrzehnt aktiv – was waren denn bisher die größten Eindrücke, die besondersten Momente, die schönsten Erinnerungen für dich?

Die Anerkennung von John Peel, unser allererstes Konzert, das Inferno Festival, das Hellfest und Scion, und im Grunde noch eine ganze Liste von Dingen, die ich als besonderes Privileg betrachte. Aber die Zeit für derlei Reflektionen kommt eigentlich immer erst am Ende. Frag mich danach, wenn die Band unter der Erde liegt. Im Hier und Jetzt konzentriere ich mich lieber auf die Dinge, die noch vor uns liegen – was auch immer das sein mag.

Ist gebongt, die Frage wird solange im Tresor verschlossen! Besten Dank für das Interview und schönen Gruß an Mick!

Danke ebenfalls!

Galerie mit 23 Bildern: Anaal Nathrakh - Party.San Metal Open Air 2024
20.08.2011

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