Amon Amarth
"Wikinger würden unsere Musik hören."
Interview
AMON AMARTH veröffentlichen am 5. August ihr neues Album „The Great Heathen Army“, das auch bereits das zwölfte Album der Vollzeitwikinger aus Schweden darstellt. Kinder, wo ist bloß die Zeit geblieben? Ist „The Pursuit Of Vikings“ wirklich schon 18 Jahre alt? Dass der Band die Ideen noch nicht ausgegangen sind, könnt ihr der Rezension entnehmen, alle weiteren Informationen zum Album und drumherum haben wir Gitarrist Olavi Mikkonen entlockt.
Hallo Olavi, ihr habt ein neues Album am Start. Kannst du mir sagen, wer genau die „Great Heathen Army“ ist?
Die „Great Heathen Army“ war die große Wikingerarmee, die England im Jahr 874 überfallen hat. Es war die größte Invasion in deren Geschichte. Die Wikinger waren schon vorher da, aber dieses Mal haben sie sich zusammen getan. Es waren um die 10.000 Schiffe und jedes Schiff hatte eine ganze Armee an Bord.
Ich denke, das ist eine spannende Epoche und etwas, das wir thematisch vorher noch nicht abgedeckt haben. Wir haben natürlich schon immer Songs über Wikinger schrieben, aber diesen Teil haben wir noch nie behandelt. Wir haben einen coolen Albumtitel gefunden und damit auch etwas, auf dem wir den nächsten Albumzyklus drauf aufbauen können.
Das Albumcover könnte in Zusammenhang mit dem Titel auch aussagen, dass die Fans die „Great Heathen Army“ sind. Im Vordergrund steht ihr, im Hintergrund die Fanschar.
Ja definitiv! Das ist auf jeden Fall eine richtige Interpretation. Wir stehen da selbstbewusst, weil wir wissen, dass wir Rückhalt von all unseren Fans haben.
Wie habt ihr euch für das Cover entschieden und wer hat es entworfen?
Als wir uns für den Albumtitel entschieden haben, haben wir verschiedene Ideen im Kopf gehabt. Und eine davon war eben diese, wir hatten schon länger darüber nachgedacht, ein Cover mit uns vorne drauf zu machen, wie KISS mit „Destroyer“ oder MANOWAR. Mit solchen Alben sind wir aufgewachsen und wir finden es einfach cool. Zudem musste es nicht bierernst sein.
Als wir das Video zu „Put Your Back Into The Oar“ gefilmt haben, haben wir das Coverfoto aufgenommen und es an Tom Thiel geschickt, der fast alle unsere Cover designt hat. Er hat dann das Foto gezeichnet, also was du auf dem Cover siehst ist die Zeichnung des Ursprungsfotos.
Es ist auf jeden Fall etwas komplett anderes als die Cover der früheren Tage, die sich ja farblich und gestalterisch teils recht ähneln.
Ja, das war auch beabsichtigt, wir wollten mal Farben benutzen, die wir noch nicht so häufig benutzt haben.
Der Promotext sagt, ihr geht ein wenig zurück zu den Wurzeln mit dem Album. Wie spiegelt sich das auf dem Album wieder?
Nur weil der Promotext das sagt bedeutet das nicht, dass es auf einmal eine ganz andere Stimmung auf dem Album gibt. Ich sehe es so, dass wir „Berserker“ als Heavy-Metal-Album schreiben wollten. Als wir dann darüber gesprochen haben, ein neues Album zu schreiben, haben wir beschlossen, es wieder heavier angehen zu lassen und mehr am Death Metal orientiert.
Das war jedenfalls, das was wir gesagt haben, aber was dann passiert, ist eine andere Geschichte. „Get In The Ring“ ist ein recht traditionelles AMON-AMARTH-Stück, auch der Titelsong ist ziemlich heavy. Aber dann steht dem „Heidrun“ gegenüber, der überhaupt nicht heavy ist. „Oden Owns You All“ ist wiederrum vermutlich der schnellste Song, den wir jemals geschrieben haben. Es ist im Endeffekt so, dass wir nur, weil wir sagen, dass wir in eine Richtung gehen wollen, nicht nur in diese Richtung Songs schreiben. Aber ich denke schon, dass es ein härteres Album als „Berserker“ geworden ist.
„Get In The Ring“ ist die Einlaufmusik für Erick Redbeard, euren Wrestlerfreund. Was hat der Song textlich mit Wikingern zu tun?
Mehr als du denkst. Erick hat uns gefragt, ob wir einen Einlaufsong für ihn schreiben wollen, also musste der Text zu ihm passen. Aber es war während der Wikingerära nicht unüblich, dass du, wenn du ein Problem mit jemandem hattest, zu ihm gesagt hast, dass ihr das jetzt im Ring klärt. Es war jetzt kein Boxring, mehr ein Kreis, der auf den Boden gemalt wurde, aber du bist da rein gegangen und hast dann bis zum Tod gekämpft. Derjenige, der dann gewonnen hat, konnte sich alles vom Toten nehmen, seine Frau, sein Haus oder was auch immer.
„Saxons & Vikings“ hat Biff Byford als Gastsänger. Abgesehen vom Songtitel, wie kam es dazu?
Wir hatten die Idee, einen Song über die Sachsen und die Wikinger zu machen schon lange. Und natürlich wollten wir dann SAXON haben, um die Sachsen zu interpretieren und wir wollten die Wikinger sein. Aber die Zeit passte nie und wir hatten auch noch nicht die richtige Idee. Als wir dann das neue Album bei Andy Sneap aufgenommen haben, passte es alles, weil SAXON nicht weit weg wohnten, das war also gutes Timing. Und wir hatten einen guten Song parat, der sowohl cleane Vocals als auch Growling aufnehmen konnte.
Warum hat es „Put Your Back Into The Oar“ nicht auf das Album geschafft?
Das sollte immer eine Stand-Alone-Single werden. Wir haben eigentlich geplant, den Song für die Sommerfestivals 2020 zu veröffentlichen. Als die nicht stattfanden, wollten wir ihn 2021 veröffentlichen. Wir wollten ein Video dazu von unseren Fans machen, wie sie auf einem Festival rudern. Das ist aber nicht passiert, darum kam er später.
Wie liefen die Aufnahmen ab? Gab es noch Restriktionen?
Das Album wurde im November und Dezember des vergangenen Jahres in England aufgenommen. Es gab noch ein paar Restriktionen, aber das war nicht schlimm. Wir haben mehr selbst Vorkehrungen getroffen und sind auf Andys Farm (Andy Sneap, Produzent, Anm. der Redaktion) geblieben, damit sich keiner den Virus einfängt und wir den Zeitplan einhalten können. Wenn Johan beispielsweise seine Stimme verliert, dann würde es einen Monat dauern bis er wieder fit ist und dann hätte Andy wieder keine Zeit mehr, weil er mit JUDAS PRIEST touren muss.
Wie du schon sagst habt ihr wieder mit Andy Sneap zusammen gearbeitet, der ja schon mehrere Alben von euch produziert hat. War die Entscheidung, wieder zu ihm zu gehen, schon von vorne herein klar?
Wir haben „Berserker“ ja mit jemandem anders aufgenommen. „Deceiver Of The Gods“ und „Jomsviking“ haben wir mit Andy aufgenommen und danach wurde er sehr beschäftigt mit JUDAS PRIEST. Manchmal ist es auch gut, wenn man den Produzenten wechselt, um eine andere Perspektive zu bekommen. Aber wir sind eher Menschen, die Sachen so machen, wie wir sie schon immer gemacht haben. Also ja, wir wollten wieder mit Andy zusammenarbeiten und haben gefragt, ob er Zeit hat uns zu unserem Glück hatte er sie.
Mit Andy zusammen zu arbeiten ist großartig, er mag uns als Band sehr gerne und wir mögen ihn. Klar, jeder Produzent wird prinzipiell mit jeder Band zusammen arbeiten, aber wenn man sich nicht wirklich mag, dann stimmt die Chemie auch nicht. Andy ist zudem auch ein toller Musiker, er spielt sehr gut Gitarre. Das hilft einem, wenn man mit jemandem zusammen arbeitet, der noch ein paar Tipps und Tricks geben kann. Es geht nicht darum, ganze Riffs zu ändern, mehr darum, dass er dir auch erklären kann, warum du etwas erneut aufnehmen sollst und was du verändern könntest, zum Beispiel wie du deine Finger hältst und welche Auswirkungen das auf den Sound hat.
Wie schafft ihr es, nach zwölf Alben mit Wikingerthematik noch neue Themen zu finden?
Naja, es ist einfach Songs zu schreiben, die anderen Songs ähneln. Darum versuche ich immer, noch etwas Neues zu finden. Doch manchmal passiert es schon, dass manche Sachen sehr ähnlich zu anderen Sachen sind. Oder ich finde eine tolle Idee in einem alten Song, für den sich keiner mehr interessiert und dann benutze ich die Idee nochmal. Natürlich kannst du nicht das gleiche Riff benutzen, aber es muss auch nicht immer das Riff sein, manchmal ist es nur ein Stück eines coolen Drumbeats oder so etwas.
Wenn ich etwas schreibe, das zu ähnlich zu etwas anderem ist, dann versuche ich aber schon, es zu verändern, bis es anders klingt oder ich verwerfe dich Idee komplett. Zumindest auf jedem Album versuchen wir, dass es nicht zwei Songs darauf gibt, die zu ähnlich klingen. Aber ich habe nunmal auch meinen Stil und fühle mich in diesem auch wohl, darum mache ich diese Art von Musik.
Stimmt. Die Fans erwarten ja auch einen bestimmten Sound von euch. Wenn das nächste Album wie DREAM THEATER klingen würde, wären einige verwirrt.
Ja klar, da wären vermutlich einige Fans nicht glücklich drüber, aber um ehrlich zu sein, denke ich da nicht wirklich drüber nach. Wir machen eigentlich immer das, was sich in unseren Ohren gut anhört. Ich bin mir auch recht sicher, dass wir ein DREAM-THEATER-Riff schreiben könnten. Aber es würde sich trotzdem nach AMON AMARTH anhören.
Denkst du, AMON AMARTH wird jemals Songs schreiben, die nichts mit Wikingern zu tun haben?
Das glaube ich nicht. Ok, vielleicht irgendwann, aber wir planen nichts in die Richtung. Wir sind glücklich da wo wir sind und überlassen es anderen Bands, über anderen Kram zu singen. Und es ergibt für uns einfach Sinn. Wenn es in modernen Zeiten noch Wikinger geben würde, würden sie Musik machen, die sehr heavy klingt, wie unsere eben.
Du sagtest ja, du greifst manchmal coole Ideen alter Alben auf. Aber gibt es auch Alben oder Songs in eurer Vergangenheit, mit denen du nicht mehr zufrieden bist?
Ja, ich denke da gibt es auf fast jedem Album etwas, das mehr Potential gehabt hätte. Irgendwann würde ich sehr gerne einige der alten Songs neu aufnehmen, um ihnen eine bessere Produktion und eine bessere Performance zu verpassen. Ich meine, auf den alten Alben waren wir manchmal betrunken, als wir die Gitarren aufgenommen haben. Wir können heute auch definitiv besser spielen.
Ich denke gerade besonders an ein Stück von „Fate Of Norns“, nämlich „An Ancient Sign Of Coming Storm“. Ich finde, das ist ein großartiges Lied, aber die Produktion ist beschissen und unsere Performance ist auch nicht die beste. Die Melodien kommen nicht richtig rüber, die Gitarren sind zu trocken. Den könnte man so viel besser machen, der hat ein riesen Potential.
Nach gefühlt einer Ewigkeit geht ihr nun bald wieder auf Tour mit MACHINE HEAD und THE HALO EFFECT. Wie fühlt sich das an?
Ich hoffe, dass es Spaß machen wird und erfolgreich sein wird. Wir werden unser Bestes dafür geben. MACHINE HEAD und wir spielen beide komplette Sets, es macht also keinen Unterschied, wer wann spielt. Wir werden eine größere Show abliefern als wir 2019 gemacht haben, hoffentlich wird es gut. Hoffentlich werden uns nicht wieder Steine in den Weg gelegt.
Danke für deine Zeit, die letzten Worte gehören dir.
Ich hoffe, ihr kommt zu unseren Shows. Ich verspreche euch, es wird noch besser als 2019!