Amon Amarth
Interview mit Johan Hegg zu "Twilight Of The Thunder God"
Interview
Johan Hegg ist ein wenig angespannt. Nicht nur, dass der Frontwikinger von AMON AMARTH einen dichtgepackten Terminkalender hat und an diesem Vormittag und Mittag bereits Interviews im Akkord absolvieren musste. Als er sich bei uns per Internettelefon meldet, ist die Leitung teilweise so schlecht, dass sie schließlich abbricht und er erneut anrufen muss. Für ihn aber kein Grund, den Humor zu verlieren, und so gibt der Schwede bereitwillig Auskunft über das neue Album „Twilight Of The Thunder God“.
Hi Johan, wie geht’s?
Nicht schlecht! Ich mache aber gerade Unmengen an Interviews und sonstige Promotion für das neue Album, und außerdem müssen wir noch einiges für die anstehenden Touren regeln.
Du hast also zwischen den Sommerfestivals und der Tour im Herbst kein bisschen Freizeit?
Welche Freizeit, es gibt keine freie Zeit – die Antwort ist also: Nein! There is no rest for the wicked, hahaha!
Euer neues Album „Twilight Of The Thunder God“ wird in Kürze veröffentlicht – wie fühlt es sich an, die Aufnahmen dazu beendet zu haben und nun die fertige CD in Händen zu halten?
Es ist großartig. Wir sind einfach sehr froh über das Endresultat, das Album ist einfach gut geworden. All die Ideen, die wir für das Album hatten, sind wirklich prima umgesetzt worden. Und auch die ganzen Reviews und Interviews für das neue Album sind sehr positiv. Wir sind sehr gespannt, was die Fans letztlich dazu sagen werden.
Diesmal wart Ihr wieder in den Fascination Street Studios in Örebro. Ihr wart also zufrieden mit dem Studio und Jens Bogren als Produzent?
Ja, wir haben schon für das letzte Album sehr erfolgreich und angenehm mit Jens Bogren zusammengearbeitet. Insofern war es eine ganz natürlich Wahl. Er hatte es mit „With Oden On Our Side“ geschafft, unseren Sound weiterzuentwickeln. Diesmal wollten wir aber mit der Produktion noch ein höheres Level erreichen, und ich denke, das ist uns auch gelungen.
Was war der Einfluss von Jens Bogren auf das neue Material?
Er hat wirklich gute Ideen eingebracht, beispielsweise beim Aufbau der Songs. Er hat einfach eine Vorstellung davon, wie wir zu klingen haben und wie wir die Songs am besten schreiben.
Wenn Du das Album in wenigen Worten beschreiben solltest, wie würden die lauten?
Fucking Killer, hahaha! Ich denke, es ist das vielfältigste Album, das wir bislang gemacht haben. Es ist brutal, es ist aggressiv, es ist aber auch melodisch und episch. Es sind einfach all diese Teile, die sich zu einem Ganzen fügen.
Wenn Du „Twilight Of The Thunder God“ mit Eurem letzten Album „With Oden On Our Side“ vergleichst – wo siehst Du die größten Unterschiede?
Ich hasse Vergleiche, hahaha! Ich denke, die Produktion von dem neuen Album ist ein wenig mehr ausgefeilt. Wir haben darauf geachtet, die Melodien ein wenig mehr in den Fokus zu rücken. Außerdem haben wir diesmal mehr experimentiert und ganz neue Elemente in unseren Sound integriert, wie Cellos, Blechbläser und so fort, um den Sound ein wenig aufzupeppen.
Du hast ja schon erwähnt, dass die Reaktionen auf Euer neues Album durchaus positiv sind. Nun gibt es aber bei neuen AMON AMARTH-Alben immer zwei Meinungen: Die einen sagen, dass das neue Material großartig ist, und die anderen sagen, dass es der gleiche Kram wie sonst auch ist. Wer hat recht?
[überlegt einen Augenblick] Beide! Ich sehe einfach nichts Falsches daran, wenn wir als Band uns treu bleiben. Ich verstehe einfach nicht, wie Leute erwarten, dass man mit einem neuen Album seinen Stil jedes Mal ändert. Wir wollten das nie! Wir wollen, dass die Leute unsere Musik wiedererkennen, aber auf der anderen Seite wollen wir natürlich auch neue Ideen in unseren Sound einbringen, um die Sache interessant zu gestalten. Aber wir möchten das auch nicht auf die Spitze treiben und uns zu sehr verändern. Aber das Problem von den Leuten, die uns vorwerfen, immer wieder die gleichen Sachen zu machen, ist doch, dass sie nicht genau hinhören! Das kann mehrere Gründe haben, sei es, dass sie die Band nicht mögen und uns deshalb keine Chance geben möchten. Oder es ist eine generelle Einstellung. Aber wenn sie uns nicht mögen, dann kann ich kaum sagen, dass sie das Falsche fühlen. Das ist einfach unmöglich. Es kommt immer auf den Hörer an.
Es gibt ja eine Menge Bands, die auf jedem Album gleich klingen. Das ist doch aber auch nichts Schlimmes. Ich kann nicht verstehen, wie Leute erwarten, dass solche Bands sich immer wieder verändern. Wir respektieren sehr die Meinung unserer Fans, und unsere Fans wollen, dass wir nach AMON AMARTH klingen. Sie wollen nicht, dass wir plötzlich nach Hardcore, Metalcore oder Nu Metal klingen.
Wie soll sich ein AMON AMARTH-Album anhören?
Wie „Twilight Of The Thunder God“!
O.K. Diesmal habt Ihr ja einige Gäste auf dem Album. Wie seid Ihr gerade auf Roope, L.G. und APOCALYPTICA gekommen, und wie seid Ihr in Kontakt mit ihnen getreten?
Nun, L.G. (Petrov, Sänger von ENTOMBED) haben Olli (Olavi Mikkonen, Gitarrist von AMON AMARTH) und ich in einem Pub in Stockholm angetroffen. Wir haben ihn einfach gefragt, ob er auf dem neuen Album singen möchte, und er hat sofort zugesagt. Bei Roope (Latvala, Gitarrist von CHILDREN OF BODOM) war es so, dass Olli und Johan (Söderberg, Gitarrist von AMON AMARTH) ein wirklich schnelles Solo haben wollten, und wir haben uns halt überlegt, WER das spielen könnte. Na, und da ist uns sofort Roope eingefallen, weil wir CHILDREN OF BODOM vom Touren her kennen und wir einfach seinen Stil mögen. Insofern war das eine ganz einfache Wahl. Bei APOCALYPTICA war es so, dass wir in dem Stück „Live For The Kill“ einen Cello-Part haben wollten. Die Idee, dass wir in irgendeinem Stück Cellos haben wollten, geistert wirklich schon seit langer Zeit in unseren Köpfen herum, aber bislang hatten wir einfach nicht die Gelegenheit, das zu realisieren. Als es dann konkret wurde, hatte Jens einen Cellisten vorgeschlagen, aber dann kam Olli mit der Idee, doch einfach bei APOCALYPTICA anzufragen. Und sie haben zum Glück zugesagt.
Um ehrlich zu sein, bin ich etwas enttäuscht, dass APOCALYPTICA in dem Song nur so wenig Raum für ihre Darbietung bekommen haben…
Hahaha! Weißt Du, die Jungs von APOCALYPTICA waren wiederum erstaunt, dass wir ihnen so viel Platz in dem Song eingeräumt haben. Na, und außerdem ist „Twilight Of The Thunder God“ auch ein AMON AMARTH-Album und kein APOCALYPTICA-Album! Der Grund, warum wir APOCALYPTICA haben wollten, ist, dass sie nicht nur großartige Musiker sind, sondern Metal besser verstehen als ein anderer Cellist. Deswegen haben wir ihnen außer dem Riff auch keine Vorschriften gemacht. Sie haben letztendlich ihr Arrangement selbst ausgearbeitet.
Andererseits mag ich aber sehr die Blechbläser in „Tattered Banners And Bloody Flags“ – wessen Idee war das?
Das war Jens‘ Idee. Wir waren anfangs zwar etwas skeptisch, aber als wir dann das Ergebnis gehört hatten, waren wir rundum überzeugt, dass das fuckin‘ killer ist. Wir waren einfach sehr erstaunt darüber, dass das so gut zu dem Song passt.
Gibt es einen Track, auf den Du besonders stolz bist?
Oh Mann, Du stellst Fragen, hahaha! Alle, natürlich! Wenn ich mir das Album anhöre, dann bin ich wirklich auf alle stolz! Wir haben allerdings die Songs noch nicht live gespielt. Was ich aber sagen kann, ist, dass wir den Titeltrack für ein Video ausgewählt haben. Nicht, weil er uns irgendwie besser gefällt als andere, sondern einfach, weil er das Album in all seinen Facetten perfekt repräsentiert.
Worum dreht es sich denn im Video?
Es wird jede Menge Action geben, hahaha! Wir haben das Video in Polen gedreht, auf dem alten Wikingerplatz Jomsborg. Es waren jede Menge Wikinger beteiligt, die Bruderschaft der Jomswikinger, die sehr viel Erfahrung mit solchen Darstellungen hat. Während der Dreharbeiten ist dann auch noch ein Sturm über das Gebiet gefegt, weswegen das Video wirklich wüst und chaotisch wirkt. Na, und es fließt natürlich jede Menge Blut, aber nur Kunstblut, hahaha!
Um auf die Texte zu sprechen zu kommen: In einem anderen Interview hat Fredrik (Andersson, Drummer von AMON AMARTH) gesagt, dass der Albumtitel immer auch die Stimmung innerhalb der Band zu der jeweiligen Zeit ausgedrückt hat. Wie war die Stimmung diesmal in der Band?
Auf die Vergangenheit bezogen hat Fredrik auf jeden Fall recht. Dieses Mal aber trifft das nicht so ganz zu. Wir dachten einfach, dass „Twilight Of The Thunder God“ ist ein kraftvoller Titel, der das gesamte Album repräsentiert, ohne dass deswegen ein zusammenhängendes Konzept hinter allen Texten steht. Aber genauso wie das Coverartwork steht er für die heftigen wie für die epischen Momente.
„Twilight Of The Thunder God“ bezieht sich also nur auf den Titeltrack. Was bedeutet der Titel?
Um es ganz kurz zu machen: Es geht um Thors finalen Kampf mit der Midgardschlange während der Ragnarök. Thor kann die Schlange schließlich erschlagen, geht dabei aber selbst zugrunde.
Zu etwas anderem. Ich habe schon mehrfach gelesen, dass Du das Etikett „Viking Metal“ für Euch gar nicht so gerne hörst. Was denkst Du über all diese Genres, gerade vor dem Hintergrund, dass sie sich immer mehr vermischen?
Nun, zunächst einmal existieren diese Bezeichnungen und mir ist es eigentlich egal, in welche Schublade man uns steckt. Für mich war Viking Metal aber immer mit Bands wie ENSLAVED und EINHERJER verbunden, die ja eher aus der Black-Metal-Schiene kommen. Und heute sind Bands wie ENSIFERUM und TURISAS dazugekommen, die auch als Viking Metal bezeichnet werden. Aber ich glaube, dass das völliger Quatsch ist, weil das völlig verschiedene Bands sind. Das Etikett Viking Metal bezieht sich ja immer auf den textlichen Aspekt, nicht aber auf die Musik. Daher finde ich es einfach falsch, dieses Etikett zu benutzen. Wir haben uns in erster Linie immer als Death-Metal-Band gesehen, als Melodic-Death-Metal-Band, um ganz genau zu sein. Wobei wir heute fast eher eine Classic-Heavy-Metal-Band sind, zwar mit tiefergestimmten Gitarren und Death-Metal-Gesang, aber trotzdem… hahaha! Wir sind einfach AMON AMARTH, und wie andere uns etikettieren, ist mir ziemlich egal!
Wenn Du einen Blick in die Zukunft erlaubst: Was dürfen wir von AMON AMARTH in nächster Zeit erwarten?
Erstmal werden wir für das Album touren. Aber was darüber hinaus geht – soweit gucken wir eigentlich nie! Aber nach der Tour, die annähernd zwei Jahre dauern wird, würde ich gerne mal eine kleine Pause einlegen. Wir haben das noch nie gemacht, aber irgendwann müssen wir mal unsere Batterien aufladen. Keine Ahnung, ob wir das nach der Tour dann wirklich brauchen – vielleicht sind wir dann auch gerade so euphorisch, dass wir sofort ein neues Album aufnehmen, aber aus der Erfahrung in der Vergangenheit sollten wir dann einfach mal ein Päuschen machen, haha!
Im Herbst steht aber zunächst eine Tour mit SLAYER an. Ist das immer noch etwas Besonderes, auch wenn Ihr so häufig tourt?
Na klar, SLAYER sind für uns immer inspirierend gewesen, ein großer Einfluss, und mit ihnen auf Tour zu gehen, ist einfach eine große Ehre für uns.
Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören Dir…
Danke an alle Fans und die Leser! Ich hoffe, Euch gefällt das neue Album! Wir sehen uns im Herbst auf der Tour mit SLAYER!