Amesoeurs
Interview mit Neige und Fursy über das Konzept der Band, ihre Herangehensweise und über Zukünftiges
Interview
Bereits mit dem ersten Album endet die Karriere von AMESOEURS auch schon wieder. Grund genug, mit den Herren Neige und Fursy ein Gespräch über das Konzept der Band, ihre Herangehensweise und Zukünftiges zu sprechen.
Das Album ist insgesamt sehr inhomogen oder eher vielfältig, würde ich sagen, von New Wave bis zu Black Metal und harschem Industrial. War die Arbeit daran auch so Flickenteppich-artig?
Neige: Wir sind uns dieses Aspekts unserer Musik vollkommen bewusst und tun das freiwillig. AMESOEURS‘ Hintergrund und Konzept sind vielschichtig, also muss die Musik das originalgetreu wiedergeben. Fursy und ich haben alles für unsere Teile selbst geschrieben; wenn ein Stück fertig war, haben wir es dem Schlagzeuger gezeigt und mit ihm die Rhythmen ausgearbeitet. Wir hören viele verschiedene Musikgenres (von richtig harten Sachen bis hin zu Rock und New Wave) und wollten nie in einem einzigen Stil eingeschlossen sein. Das ist das Charakteristische an AMESOEURS‘ Klang.
Fursy: Ja, es ist wirklich inhomogen. Einerseits wegen des Konzepts des Albums, andererseits haben wir uns auch jeder einzeln unsere Stücke ausgedacht im Gegensatz zur Arbeitsweise vieler anderer Bands.
Das Riff des ersten Stückes beginnt doch wirklich wie „Breaking the Law“ von JUDAS PRIEST, oder? War das Absicht?
Fursy: Hahaha, ja, auf jeden Fall. Ich lache, weil Markus Stock, der Tontechniker, die ganze Zeit deswegen gewitzelt hat; er hat tausende Male „Breaking the Laaaw, Breaking the Laaaw“ gesungen. Ich hatte das Lied aber vorher nicht gehört, das war also purer Zufall!
Was dachtet ihr über den „Hype“ um AMESOEURS, oder zumindest der Geheimtipp, zu dem ihr wurdet, nur aufgrund von „Ruines Humaines“?
Neige: Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich habe das mit all meiner Aufrichtigkeit gemacht und wollte mit diesem Projekt meine Vision des modernen Lebens ausdrücken. Sicher, eine sehr graue, verlassene, hoffnungslose Vision, aber immer irgendwie romantisch. Das hat uns von der Depressive-Black-Metal-Szene unterschieden. Wir haben nie von irgendwem erwartet, sich die Adern aufzuschneiden oder zu posen oder so einen Kram, und wir haben nie auf dumme Provokation für Jugendliche gesetzt. Ich denke, die Veröffentlichung der EP 2006 passt gut in die Zeit, weil die Leute da bereit waren, ihre Qualitäten anzuerkennen und wertzuschätzen. Ich vermute mal, dass es zehn Jahre früher vollkommen anders aufgenommen worden wäre.
Und hatte das irgendwelche Auswirkungen auf eure Herangehensweise an „Amesoeurs“?
Fursy: Dieser „Hype“ war sehr überraschend und ermunternd, weil wir wussten, dass dieses Album nun von den Hörern erwartet wurde. Die einzige Sache, die meine Herangehensweise verändert haben könnte, war der Druck, dass ich und wir etwas wirklich Gutes machen mussten. Aber die Hauptidee war definitiv festzulegen, was AMESOEURS für uns von Anfang an bedeutet hat, kein Bedauern haben zu müssen und nach dieser Veröffentlichung nichts mehr zu sagen zu haben.
Ich habe das Gefühl, dass man eure Musik hauptsächlich im Kontext von Black Metal hört. Würdet ihr das für eine beschränkte Interpretation eurer Musik halten und liegt das vielleicht auch daran, dass Black Metal wegen seiner musikalischen Flexibilität leicht andere Genres in sich aufnehmen kann?
Fursy: Ich würde nicht sagen, dass Black-Metal-Hörer so aufgeschlossen sind. Manche von ihnen hören vielleicht tatsächlich auch andere Arten von Musik als Black, Death und alten Metal, aber für gewöhnlich sind sie diesen Stilen sehr treu. Nun, es ist Tatsache, dass AMESOEURS versucht, verschiedene Seiten der urbanen und modernen Welt zu erkunden, was mit sich bringt, dass wir verschiedene Stile benutzen, um zum Ziel zu gelangen.
Neige: Außer Black Metal hört der typische Metalhead… Heavy, Thrash, Death Metal und vielleicht noch ein bisschen Folk oder Industrial, das ist alles! Nur ein Witz, oder zumindest zur Hälfte. Einige Tore haben sich anscheinend in den letzten zwei, drei Jahren weiter geöffnet und wir können da wirklich interessante Sachen hören. Ich habe Anfang 2000 fast aufgehört, Black Metal zu hören, aber jetzt habe ich diesen Stil neu entdeckt mit den unglaublichen Veröffentlichungen wie „Om“ von NEGURA BUNGET, alles von DRUDKH, die letzte Scheibe von NACHTMYSTIUM, MENACE RUIN, DARKSPACE, DEATHSPELL OMEGA und so weiter. Black Metal ist sehr flexibel, was Genres wie Folk oder Industrial angeht, aber in unserem Fall war es ein bisschen schwerer, 80er-Rock und Metal unter einen Hut zu bekommen, ohne dass wir uns lächerlich anhörten. Ich weiß nicht, ob das noch eine andere Band schon früher gemacht hat (außer FORGOTTEN WOODS vielleicht). Das Gute ist, dass auf dem Album alles irgendwie miteinander verbunden ist, eine gewisse konstante Stimmung, die gleiche Richtung, auch wenn der Stil sich die ganze Zeit über verändert.
Du, Neige, bist auch bei ALCEST engagiert. Da ALCEST irgendwie mit AMESOUERS verglichen werden kann, würde mich interessieren, wo du die Grenze zwischen diesen beiden Projekten siehst. Woran merkst du, dass eine Idee zu dem einen oder dem anderen gehört?
Neige: Du denkst, dass die beiden Projekte vergleichbar sind? Ich denke, dass sie ziemlich gegensätzlich sind, schau dir doch nur die Themen und die Ästhetik an. Die einzig Gemeinsamkeit der beiden Projekte bin ich und eine gewisse Art von „Melancholie“, die charakteristisch ist für meine Art, Musik zu schreiben. Ich wusste fast immer, in welcher Band ich welches Riff verwenden musste, das war für mich ziemlich offensichlich.
Wenn ich nicht falsch liege, habt ihr in eurer ganzen Laufbahn nur ein einziges Konzert gespielt. Hat sich das als nicht passend für AMESOEURS herausgestellt oder was war der Grund, dass ihr niemals wieder eins gespielt habt?
Neige: Hm… ich denke, dass wir einfach deswegen nie wieder nochmal ein Konzert gespielt haben, weil wir nicht die Zeit und die Gelegenheit dazu gehabt haben, ansonsten hätten wir das gerne getan. Wir alle sind ziemlich beschäftigt mit unseren jeweiligen Projekten.
Ihr habt euch vor einiger Zeit entschlossen, euch aufzulösen. Zunächst mal, wenn euch die Frage nicht stört: Warum?
Neige: AMOSEURS‘ Konzept ist wie ein fertiges Gemälde und hat sich seit der Bandgründung nicht verändert. Ich war der Meinung, dass wir es mit der EP und dem Album bestmöglich erkundet haben und jetzt aufhören müssen. Ich sehe uns nicht als „Totgeburt“, es ist eher so, wie wenn man ein bestimmtes Bild im Kopf hat, es malt, fertigstellt und dem Moment überlässt. Ich wollte meine Schaffenskraft auch ALCEST widmen. Erwartet Neuigkeiten in den kommenden Monaten!
Gab es da also keine Dinge, die ihr mit AMESOEURS vorhattet, oder, mit anderen Worten, planen welche von euch einen Nachfolger zu AMESOEURS?
Fursy: Überhaupt nicht. Hauptsächlich, weil ich gar nicht wüsste, was es noch zu tun gäbe und zweitens, weil ich jetzt LES DISCRETS habe, um meine Ängste und Dunkelheit zu verarbeiten.
Neige: Das AMESOEURS-Abenteuer ist beendet, aber wir haben natürlich immer noch viele Dinge mit unseren anderen Bands auszudrücken.
Wie war die Stimmung in der Band insgesamt wegen der Auflösung und wie hat das die Komposition und die Aufnahme des Albums beeinflusst?
Fursy: Um ehrlich zu sein, war es ein paar Wochen wirklich angespannt und nervös zwischen uns. Die Aufnahmen sind zu einem guten Teil Audrey zu verdanken, die wirklich darauf bestand, dass wir das machten. Und man muss zugeben, dass sie Grund hatte, damit ständig zu drängeln. Was die Kompositionen angeht, war ja schon fast alles fertig geschrieben und für die Aufnahmen waren die Sachen auch geklärt, sodass alles gut ging.
Neige: Was schön ist, ist, dass wir wussten, dass die Band sich auflösen würde, sobald wir das Album aufgenommen haben. Das kann man irgendwie heraushören. Die Stimmung ist kühl, entrückt und sehr traurig. Wir sagten uns: Wenn das hier unser Letztes ist, müssen wir alles geben.
Es gibt da diesen Zahlencode auf der Titelliste, der übersetzt „Amesoeurs Is Dead“ lautet. Kann man das wörtlich nehmen oder lagern in den Archiven noch Tonnen von Musik von euch, die jetzt rausgekramt werden?
Neige: Wir haben da ein oder zwei ordentliche unveröffentlichte Lieder, Demoversionen, die vielleicht auf der Vinylversion des Albums als Bonus drauf sein werden.
Fursy: Wenn wir gerade bei diesem „Amesoeurs Is Dead“ sind: Ich habe da in Blogs und Foren gelesen, dass die Leute denken, diese angekündigte Auflösung sei eine Methode, um mehr Geld zu machen, weil es ein gutes Verkaufsargument sei. Aber sie sollten in Betracht ziehen, dass wir eine Welttournee, Tonnen von neuen Produktionen und eine wundervolle Zukunft angekündigt hätten, wenn wir Geld hätten machen wollen, und garantiert keine Auflösung. Das ist nämlich der beste Weg, um nicht viel zu verkaufen…
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Band | |
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Stile | Melodic Black Metal, Post-Rock |
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