Amenra
"Wir sind keine Easy-Listening-Band."
Interview
AMENRA veröffentlichen die beiden EPs „De Toorn“ und „With Fang And Claw“, die jeweils eigenständige Werke darstellen. Trotzdem nehmen beide Bezug auf die Anfänge von AMENRA und bilden gleichzeitig eine Brücke zum kommenden „Mass VII“, das sich klanglich wieder mehr auf die früheren Werke besinnen sollen. Wir sprechen mit Sänger Colin H. Van Eeckhout über Unterschiede und Gemeinsamkeiten der neuen EPs und die bisherige Reise von AMENRA.
Ursprung & Evolution
Kreisläufe zu vollenden, scheint für euch ziemlich wichtig zu sein. Wie siehst du diese Zyklen speziell in der Reise von AMENRA?
Wir greifen in gewisser Weise auf unsere Vergangenheit zurück. Mit diesen Veröffentlichungen haben wir uns die Zeit genommen, zurückzublicken, um zu verstehen, woher wir kommen, wo wir jetzt stehen und wie wir klingen. Was ist unser Ziel, was sind unsere individuellen Ambitionen oder Sehnsüchte?
Es war ein Moment, in dem wir miteinander sprechen und auch dankbar sein konnten, dass wir seit 26 Jahren existieren. Wir haben uns hinterfragt und uns ausgetauscht. Deshalb haben wir die beiden Veröffentlichungen gemacht, um diesen Moment in der Zeit festzuhalten.
Ich denke, wir werden versuchen, uns wieder ein Stück weit auf unsere Wurzeln zu besinnen, anstatt uns weiterzuentwickeln und zu etwas zu werden, das wir nie sein sollten. Viele Bands verändern sich mit der Zeit so stark, dass sie nicht mehr klingen wie früher. Das ist etwas, das wir immer versuchen uns zu bewahren. Wir wollen uns nicht verändern, sondern bleiben, wer wir sind, und das tun, was wir tun.
Habt ihr euch vor diesen Veröffentlichungen auch intensiver eure frühen Werke angehört? Natürlich verändert man sich, aber habt ihr sie jetzt anders wahrgenommen als damals?
Ja, natürlich, man entwickelt sich als Mensch und als Musiker weiter, wenn man älter wird. Heute würden wir die Dinge nicht mehr so machen wie mit 20 – allein schon wegen der ganzen Erfahrung, die wir inzwischen haben. Aber es ist interessant zu sehen. Wir müssen unsere alten Songs nicht einmal hören, um zu wissen, was wir damals gefühlt haben. Wir waren unglaublich begeistert von dem, was wir geschaffen hatten, und haben wirklich daran geglaubt.
Es ist schön, zurückzudenken, denn jetzt, im Rückblick, fühlt es sich irgendwie naiv an. Aber es ist verrückt zu sehen, wie weit wir gekommen sind. Wir haben so ziemlich alles abgehakt, das wir jemals wollten, alle Träume, die wir hatten, alle Leute, mit denen wir gerne gearbeitet oder die wir gerne getroffen hätten. Es ist also verrückt, an diesem Punkt unserer Karriere zu stehen.

AMENRA – „De Toorn“
Ihr habt einen Großteil eures Lebens der Kunst generell gewidmet, nicht nur der Musik. Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass ihr in gewisser Weise bereits unsterblich seid? Ihr habt euren Namen auf dieser Welt verewigt – ein seltsamer Gedanke, oder?
Es ist wirklich merkwürdig, sich selbst in dieser Weise zu betrachten. Wir werden uns immer als Außenseiter sehen und uns selbst kleinreden. Wir wissen nicht genau, wo wir für unsere Fans oder Zuhörer stehen, aber es ist sehr erfüllend und je länger wir existieren, desto dankbarer sind wir, dass wir das noch immer tun können.
Wir haben erkannt, dass wir in gewisser Weise frei sind, weil wir es bis hierher geschafft haben. Deshalb haben wir auf die Vergangenheit zurückgeblickt und uns gefragt, was wir machen wollen und wie das nächste Album klingen soll. Letztendlich folgen wir einfach unserem Instinkt und schreiben das, was aus uns herauskommt. Wir wollen uns nicht künstlich in eine Richtung lenken oder bestimmte Erwartungen erfüllen.
Wird das Songwriting mit zunehmender Erfahrung leichter oder schwieriger?
Es wird einfacher, neue Projekte oder Bands zu starten, weil man dort völlig frei ist. Aber es wird schwieriger, das sechste, siebte oder achte Album innerhalb derselben Band zu schreiben. Es gibt viele Parameter und Erwartungen, die man bewusst oder unbewusst erfüllen möchte. Man will sich weiterentwickeln, aber nicht zu sehr. Man muss sich fast selbst kopieren.
In gewisser Weise muss man sehen, welche Möglichkeiten man beim Schreiben von Musik noch hat, ohne den Stil zu ändern oder wilde, neue Instrumente oder was auch immer einzuführen. Ich würde also sagen, ein bisschen von beidem. Es ist einfacher zu schreiben, wenn man mit anderen Leuten arbeitet und neue Bands gründet, und es wird schwieriger, neue Alben für AMENRA zu schreiben.
Einer unserer Gitarristen hatte deshalb zeitweise eine Schreibblockade. Aber jetzt hat er seine „zweite Luft“ gefunden, und deshalb haben wir uns bewusst mit unserer Vergangenheit beschäftigt. Wenn wir unsere Zeitachse betrachten und sehen, wo wir herkommen und wo wir jetzt sind, dann werden wir wieder zu einem ursprünglichen Ansatz zurückkehren, denke ich, mit beiden Gitarristen, die wieder schreiben können.
Gab es eine Phase von AMENRA, die für euch besonders prägend war?
Ich glaube, für mich war der Moment, in dem wir unsere Richtung gefunden haben, als wir “Mass III“ schrieben. Da haben wir den ersten Song geschrieben, bei dem ich oder einige von uns eine Gänsehaut bekamen, und da hatten wir das Gefühl: „Oh Scheiße, wir haben etwas, das fühlt sich irgendwie interessant an.“
Wir hatten den Mut, es simpel zu halten – nur zwei Riffs in einem Song, jeweils fünf Minuten lang. Keine übertriebene Komplexität, sondern purer Fokus auf Emotion. Wenn es für uns funktioniert, dann ist es gut. Wir hatten Angst, dass es zu lang sein würde und wir ein Riff oder ein paar Noten zu lang für das Publikum spielen, aber wir haben uns davon verabschiedet und sind einfach unserem Bauchgefühl gefolgt, also denke ich, dass “Mass III“ prägend war.
Ein weiterer wichtiger Moment war, als wir unser erstes Konzert in der Natur gespielt haben – in einem Wald, mit Generatoren. Da haben wir gemerkt, dass wir selbst bestimmen können, wo und wie wir spielen, das hat uns auch sehr geprägt. Und “Mass VI“ war auch sehr prägend. Alles hat seine Momente und alles hatte seine Funktion im großen Ganzen.
Galerie mit 20 Bildern: Amenra - Summer Breeze Open Air 2023


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Band | |
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Stile | Post-Hardcore, Post-Metal, Sludge |
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